Geschichte hautnah, Ort des Erlebens, Staunens und Lernens, beliebtes Ausflugsziel - es gibt viele Möglichkeiten, das Hagener Freilichtmuseum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) zu beschreiben. Einmalig in seiner Art ist es auf jeden Fall.
Der 10-minütige Fußweg vom Parkplatz zum Eingang des Museums Hagen-Selbecke beginnt hier am alten Der 10-minütige Fußweg vom Parkplatz zum Eingang des Museums Hagen-Selbecke beginnt hier am alten Schwungrad der ersten Kolbendampfmaschine des Wasserwerkes Hagen-Hengstey von 1896 bis 1962. Das Schwungrad hatte eine Drehzahl von 50 Umdrehungen pro Minute, ein Gewicht von 26 t und einen Durchmesser von 6.200 mm. Hersteller war die Gutehoffnungshütte Sterkrade. Aufgestellt wurde das Rad vom Architekten- und Ingenieurverein Mark Sauerland e.V. im Mai 1982.
Einzigartig in Europa: Das Museum zeigt Momente der Handwerks- und Technikgeschichte Westfalens und Lippes vom endenden 18. bis ins 20. Jahrhundert. Unverwechselbar ist das Konzept: Es ist das einzige Freilichtmuseum in Europa, das sich ausschließlich der Geschichte von Handwerk und Technik widmet.Lodernde Schmiede- Feuer, schlagende Hämmer, quietschende Treibriemen, geschäftige Betriebsamkeit: Das Freilichtmuseum ist lebendig. In zahlreichen Werkstätten sind historische Arbeits-Techniken erlebbar. Wie man Nägel oder Sensen schmiedet, Zigarren rollt, Öl presst, Löffel schnitzt oder Seile schlägt, wird im reizvollen und weitläufigen Mäckingerbachtal nicht nur erklärt, sondern in vielen Werkstätten anschaulich gezeigt. So werden unbekannte oder in Vergessenheit geratene Techniken und Arbeitsbedingungen begreifbar. Die historischen Werkstätten sind Ausgangspunkte für Fragen zur geschichtlichen Entwicklung von Handwerk und Technik, zu wirtschaftlichen, sozialen und regionalen Zusammenhängen. Welche Folgen hat der technische Wandel für unsere Gesellschaft und unsere Umwelt? Die begleitenden Dauer- und Sonderausstellungen setzen die Zeugnisse alter Technik und vergangener Lebenswelten in neue Zusammenhänge.
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Die Lohmühle des Freilichtmuseums stammt aus Plettenberg. Das um 1820 gebaute Haus konnte 1978 abgetragen werden. Ursprünglich war das gesamte Gebäude als Fachwerk errichtet, im Museum wurde das Untergeschoss aus Stein ausgeführt. Die über ein Wasserrad angetriebene Mühle und die Betriebseinrichtung waren nicht mehr vorhanden und mussten rekonstruiert bzw. aus anderen Gerbereien ergänzt werden. Loh- oder Rotgerber bearbeiten Häute mit Eichenrinde, einem pflanzlichen Gerbstoff. Als Lohe wird die abgeschälte Rinde bezeichnet, die in Lohmühlen gemahlen wurde. In der Lohmühle Schulte wurde gemahlen und gegerbt.
In dieser Werkstatt aus Grund im Siegerland fertigte Wilhelm Krämer Kuhschellen aus Blech, die er mit einem Messing-überzug versah. Die Herstellung von Kuhschellen im Siegerland ist eng mit der dortigen Weidewirtschatt verbunden: In den unübersichtlichen Niederwäldern der Hauberge grenzten keine Zäune die Weiden ab. Mit Schellen (Geläut) versehen, blieb die Herde besser zusammen, verirrte Tiere konnten leichter gefunden werden. Mit den Haubergen verschwanden seit den 1950er Jahren auch die dort weidenden Herden. Doch Wilhelm Krämer gab sein Handwerk nicht auf: Statt für Kühe fertigte er Schellen nun als nostalgisches Souvenir für Touristen. Das Gebäude der Kuhschellenschmiede ist eine Rekonstruktion der 1968 abgerissenen Schmiede: Ein 1868 erbautes und 1905 erweitertes Fachwerkhaus. Die Inneneinrichtung ist original. Anders als eine Glocke aus Metallguss wird eine Schelle geschmiedet und gebogen: Nach einer Schablone wird ein Stück Blech ausge-schnitten, zur Schellenform zusammengebogen und vernietet. Dann wird der "Galgen" eingesetzt, an dem später innen der Klöppel und außen die Lederriemen befestigt werden, mit denen die Schelle am hölzernen Schellenbogen hängt. Zunächst aber erhält die Schelle einen Messingüberzug. Hierzu wird sie zusammen mit Messing-stücken in einen Lehmmantel gehüllt und im Schmiedefeuer erhitzt. Dabei schmilzt das Messing und verteilt sich durch Schwenken der Lehmform aus dem Schellenkörper und "verlötet" dabei auch die Schellennähte. Abschließend wird der Klang der Schelle durch gezieltes Behämmern und Befeilen des Schellenrandes gestimmt.
Im 19. Jahrhundert übernahmen verstärkt Blindenwerkstätten Arbeiten der Bürsten- und Besenmacherei sowie der Stuhl- und Rahmenflechterei. Sie entwickelten sich zu speziellen, sogenannten "Blindenhandwerken", den wenigen Bereichen, in denen blinde und sehbehinderte Menschen arbeiten konnten. Eine solche Werkstatt wurde 1999 im Westfälischen Freilichtmuseum Hagen in Kooperation mit dem Berufsbildungswerk des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe und der Bundesversicherungsanstalt Münster eingerichtet. Die Einrichtung erfolgte in Zusammenarbeit der beiden genannten Kooperationspartner; sie geht nicht auf historische Vorbilder zurück. Im gleichen Haus findet man auch einen originalgetreu eingerichteten Friseursalon.
Die Betriebseinrichtung des Messingstampfhammers stammt, wie die Anlagen der Gelbgießerei, aus Iserlohn. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Iserlohner "Bronze"- Waren weltweit gehandelt: Möbelbeschläge, deren Form nach Mode und Zeitgeschmack wechselte, Lampen und Leuchter, Weihwasserbecken und Sargzier. Noch weit nach 1950 waren viele messingverarbeitende Betriebe in der Stadt ansässig. Die Einrichtung seines Hammerwerks hatte Otto Metzler Ende der 1930er Jahre gebraucht aus zwei älteren Betrieben zusammengekauft, bis 1966 produzierte er Messingwaren auf den vier fußbetriebenen Stampfhämmern. Herrn Metzlers letztes Betriebsgebäude wurde im Zuge der Stadtsanierung Iserlohns abgetragen. Das heutige Gebäude, in dem die originalen Stampfhämmer untergebracht sind, wurde in Anlehnung an Vorbildanlagen aus Iserlohn gebaut, ebenso das Nebengebäude, in dem eine Werkstatt zur weiteren Bearbeitung der Messingwaren eingerichtet ist. Die Blechprägung mit Stampfhammer/Patrize und Amboss/Matrize bzw. im Gesenk erfolgt in mehreren Arbeitsgängen. Damit das Messingblech beim Hämmern von tiefen und konturenreichen Formen nicht reißt, wird zunächst eine Vorform in ein Paket aus mehreren Blechen geschlagen. Dann wird in mehreren Arbeitsgängen die Anzahl der Messingbleche immer weiter reduziert und immer konturenschärfere Prägungen geschlagen. Zuletzt werden die geprägten Messingteile mit der Dekupiersäge ausgesägt und nachbehandelt, abgebeizt, poliert, bemalt oder mit einer Firnis aus Schellack überzogen.
Ein Zentrum der Messingverarbeitung in Westfalen war bis ins 20. Jahrhundert die Region um Iserlohn mit ihren Galmei-vorkommen. Messing ist eine Legierung aus dem im Galmei enthaltenen Zink und Kupfer. Gelbguss wiederum ist eine besondere Messinglegierung, die 65-67% Kupfer und 33-35% Zink enthält. Die originale Einrichtung der Gießerei hat das Museum 1970/71 von der Iserlohner Firma Wilhelm Gotthold Kunstmann übernommen. Wie bei vielen kleinen Gießerei-besitzern waren Herrn Kunstmanns ganzes Kapital seine Werkzeuge, Formen und Modelle. Einen eigenen Fabrikbau besaß er nicht, geeignete Hallen musste er anmieten. Anders als die meisten Gießereibesitzer produzierte Herr Kunstmann weniger für das Installationsgewerbe und den Maschinenbau, seine Spezialität waren vielmehr Glocken, Büsten und Medaillen. Das Gebäude ist kleinen Gießereianlagen um 1900 nachempfunden. Die Werkstatteinrichtung hingegen ist original: In der Gießhalle wurde in einem koksbeheizten Ofen im Grafittiegel aus Kupfer und Galmei die schmelzflüssige Messinglegierung erzeugt. Das flüssige Messing wird mit einem Gießlöffel entnommen und mehr als 1000° Celsius heiß in Formkästen gegossen. In diesen Kästen war in Form- oder Ölsand die Negativform des künftigen Werkstücks heraus-modelliert. Die zum Herstellen der Gussform erforderlichen Modelle waren in einem Lagerraum neben der Gießhalle untergebracht. In einem weiteren Raum erfolgte das Entgraten ("Putzen") der Werkstücke und ihre abschließende Bearbeitung.
Heutigen Betrachtern erscheint der Kupferhammer als Idyll frühindustriellen Gewerbefleißes. Doch Mitte des 19. Jahr- hunderts war das eine leistungsstarke Fabrik- und wurde von manchen Zeitgenossen als massiver Eingriff in Landschaft und Umwelt empfunden. Hier, in den Betrieben der Frühindustrialisierung, herrschten härteste Arbeitsbedingungen. Krankenversicherung, Altersvorsorge und Arbeitsschutz waren unbekannt. Vorbild für das Gebäude war der Hammer in Osterode/Harz, die originale Inneneinrichtung hingegen wurde aus mehreren Betrieben zusammengetragen und arrangiert. In einem Schmelzofen wurde angeliefertes Rohkupfer aufgeschmolzen und dabei gereinigt und schmiedbar "hammergar" gemacht - eine belastende Arbeit aufgrund der giftigen Kupferdämpfe. Unter den drei wasserrad-getriebenen Hämmern, dem flachköpfigen Breit; dem spitzen Tief- und dem Schlichthammer wurde das Kupfer zu Halbzeug verarbeitet. Zum Beispiel zu Blechen, Stäben und Kesseln, die zur weiteren Bearbeitung in die Schmiede gebracht wurden. Zwischen den Hammervorgängen musste das Werkstück in der Glüh-Esse wieder auf Schmiedetemperatur erhitzt werden. Die Blasebälge der Esse wurden über ein Gestänge von einem weiteren Wasserrad angetrieben.
Kupferschmieden verarbeiteten die in den Kupferhämmern vorgefertigten Halbzeuge zu fertigen Produkten. Bevor Kunst-stoffe in viele Anwendungsfelder der Nichteisenmetalle vordrangen, bot der Kupferschmied eine breite Produktpalette an: Becken und Schalen, Töpfe und Pfannen, Kuchenformen, Wasserkessel... Manche Kupferschmiede spezialisierten sich auf Produkte für den Baubereich: Dacheindeckungen, Abdeckungen von Dachgauben, Fallrohre, Fassadenornamente, Wetter-fahnen... Wie bei der Eisenverarbeitung boten im 19. Jahrhundert kleine Kupferschmieden ihren Besitzern die Gelegenheit zu selbstständiger Arbeit. Aber auch größeren Kupfer-Hammerwerken waren meist eigene Schmieden als weiterverarbei- tende Betriebe angegliedert. So waren die großen Betriebe in der Lage, neben Halbzeug auch Fertigprodukte anzubieten. Um diesen Betriebszusammenhang zu verdeutlichen, wurde der Schmiedebetrieb in direkter Nähe zum Kupferhammer aufgebaut und architektonisch dem Hammerwerk angepasst. Die Inneneinrichtung der Kupferschmiede stammt aus ver- schiedenen Betrieben in Westfalen. Hölzerne und eiserne Treibhämmer zur Bearbeitung von Kupferblech und Ambosse mit verschiedenen Kopfformen zählten zu den wichtigsten Arbeitsgeräten des Kupferschmiedes, hinzu kam Gerät zum Löten, Abkanten, Schneiden und Runden von Blechen.
Typische Werkstatteinrichtung mit Amboss, Bohr- und Sickenmaschine
Schmiedearbeit - Feuerarbeit. Oft verklärt und zum Mythos erhoben, ist Schmieden vor allem eins: Harte und zugleich qualifizierte Arbeit. Neuen Medien und Internet zum Trotz: Schmiedeprodukte zählen bis heute zu den wichtigsten Grund-gütern der Wirtschaft. Den steigenden Anforderungen der verarbeitenden Industrie folgend sind Schmiedeprodukte heute schon lange hochpräzise High-Tech-Werkstücke. Seit 1983 zeigt das Freilichtmuseum Hagen die Sammlung des Deutschen Schmiedemuseums. Seinen Standort hat das Schmiedemuseum in einem barocken Fachwerkbau aus dem Siegerland gefunden - einer Region, in der die Eisenverarbeitung eine Jahrhunderte alte Tradition hat. Das Gebäude ist das im 18. Jahrhundert erbaute ehemalige Rathaus der Stadt Neunkirchen bei Siegen. Das Untergeschoss des Schmiedemuseums, der "Schmiedekeller“ kann für Feiern und verschiedene Veranstaltungen gemietet werden.
Die Erkenntnis, dass die bisherige Gaststätte "Haus Letmathe" durch einen Neubau ersetzt werden musste, hatte sich zu Beginn des neuen Jahrtausends durchgesetzt. Dass das altehrwürdige Haus Letmathe, hoch oben im Wald an dem zum Eingang im Tal diametral entgegengesetzten höchstgelegensten Punkt des Museumsgeländes so nicht wirklich Bestandsschutz haben konnte, war lange klar. Außerdem: Haus Letmathe entsprach nicht mehr den Anforderungen an eine zeitgemäße Gastronomie: Die Kücheneinrichtung war überholt. Anfang 2007 wurde ein Entwurf ausgewählt, den das Architekturbüro "Matern und Wäschle" aus Paderborn verwirklichte. Der Entwurf griff in Material und Gestaltung die Architektur des Schmiedemuseums auf: Der Sockel der Museumsterrassen besteht wie der des Schmiedemuseums aus heimischer Grauwacke. In der Fensterfront mit ihren vertikalen Elementen spiegelt sich das Fachwerk des Schmiedemuseums wider und die Außenverkleidung der Museumsterrassen zitiert mit ihren Kupferplatten die Struktur der Schieferverkleidung des Daches des Schmiedemuseums. Kupfer wurde ausgewählt, da dieses Material im Freilichtmuseum im Kupferhammer und in der Kupferschmiede verarbeitet wird. Das neue Restaurant und sein Standort reagieren nicht nur besser auf die Besucherströme und die Besucherinteressen, als dies bislang möglich war.
Zeitgleich mit dem Neubau der "Museumsterrassen" wurde die Fläche im Kleinschmiedebereich neu gestaltet. Vier der kleinen Schmieden in diesem Bereich wurden etwas weiter entlang des Fußweges zwischen den Gebäuden "Hammer Ante" und "Sensenhammer" platziert und gleichzeitig renoviert. Durch die Umsetzung der Fachwerkhäuschen ist der Bereich rund um das Schmiedemuseum großzügiger angelegt. Das Museum plant, auf diesem neu gewonnenen Platz in Zukunft mehr Aktionen zu veranstalten. Der umgestaltete Schmiedebereich und die "Museumsterrassen" sind jetzt durch den Umbau über einen neuen barrierefreien Weg erreichbar.
„Wir befinden uns im Jahre 50 v.Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt... Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die römischen Legionäre,...“
Bei diesem Bild denke ich immer sofort an die Asterix-Geschichten mit dem „gallischen“ Dorf. Apropos Asterix: Der berühmteste aller Gallier wurde im gleichen Jahr, als dieses Bild entstand, 50 Jahre alt! Der erste Asterix-Comic erschien im Oktober 1959.
2009/10 wurden umfangreiche Konzepte erarbeitet, das LWL-Freilichtmuseum Hagen stufenweise barrierefrei zu gestalten. Auch ältere Gebäude oder Wege wurden bereits oder werden sukzessive umgebaut. Eine vollständige Barrierefreiheit ist wohl kaum zu erreichen. Bedingt durch die Lage, sind Höhenunterschiede und lange Wege im Museum schwierig zu überbrücken. Zudem stehen manche Anforderungen auch im Widerspruch zur Museums-Aufgabe, Handwerk und Technik aus den vergangenen Jahrhunderten möglichst im Originalzustand zu zeigen. Dazu gehört zum Beispiel Kopfsteinpflaster, das für manche Besucherinnen und Besucher mit Handicaps eben nicht so einfach zu überwinden ist.
Der märkische Raum war und ist das Zentrum der deutschen Drahterzeugung. Eine alte wasserkraftgetriebene Drahtrolle aus dem Altenaer Nettetal, der Begriff "Rolle" steht für das Wasserrad, wurde im Museum ab 1967 wieder aufgebaut. Diese Drahtrolle, die "Pfeffermühle", besaß im 18. Jahrhundert zwei Wasserräder, die zwei Bankzögersbänke für die Herstellung von gröberen und vier Kleinzögersbänke für die Herstellung von feinerem Mitteldraht antrieben. Die Umstellung von Zögers-bänken auf Grob- und Mittelzüge, wie sie in der jetzigen technischen Ausstattung des Gebäudes zu sehen sind, erfolgte in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ergänzt wurde die Einrichtung durch eine Glühofenkonstruktion, wie sie um 1900 in Altena üblich war. Das "Drahtwaschen", bei dem die Drahtringe blankgescheuert wurden, fand außerhalb des Gebäudes auf der Polterbank statt, die auch von einem Wasserrad angetrieben wurde. In den kleineren Drahtrollen war der Drahtzieher für den gesamten Fertigungsprozess "seines" Drahtes zuständig. Drahtherstellung war eine "Kunst"; die erzeugten Qualitäten und Quantitäten hingen eng mit der Erfahrung des Drahtziehers zusammen. Nicht theoretische Kenntnisse, sondern Erfahrungswissen, Intuition und die Fähigkeit zur Improvisation sowie körperliche Kraft zeichneten einen guten Drahtzieher aus.
Voraussetzung für das Drahtziehen ist das Zieheisen. Es wird erstmals um das Jahr 1100 erwähnt. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts stellten Drahtzieher ihre Zieheisen selbst her. Durch den steigenden Bedarf an Zieheisen Ende des 19. Jahrhunderts kam ein neuer Beruf auf, die „Locheisenmacher“ oder „Holmacher". Sie kauften Rohlinge von den Hammerwerken, stellten daraus durch Kaltlochen fertige Zieheisen her und lieferten sie an die Drahtzieher. Das im Museum gezeigte Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert wurde ursprünglich in einer Drahtzieherei als „Glühhaus“ zum Glühen der Drähte genutzt. Von 1896 bis 1910 mietete Friedrich Löttgers das Häuschen und richtete darin eine Holmacherwerkstatt ein. Die Ausrüstung bestand aus einem Schmiedefeuer mit Blasebalg, einem Ofen zum Anwärmen der Zieheisen, Ambossen, Werkbank, Schleifstein und dem Werkzeug zum Schlagen der Löcher. Auf dem Rohling wurden die Löcher angerissen und gekörnt, dann wurde der Rohling angewärmt. Grobzieheisen lochte der Holmacher zunächst vor und schlug sie dann durch. Feinzieheisen brauchten wegen ihrer geringeren Dicke nicht vorgelocht zu werden, sie konnten sofort durchgeschlagen werden. Der Holmacher saß dabei vor dem Amboss, auf dem ein Ende des Zieheisens ruhte, das andere Ende lag auf einem Bügel über seinen Knien. Grate, die sich beim Lochen gebildet hatten, entfernte er auf einem Schleifstein.
Neben den typischen Haubergs- und Meliorationsgeräten wurden hier bis zur Stilllegung der Schmiede in den 1950er Jahren auch Dinge des täglichen Gebrauchs hergestellt. Der hintere Teil des Hammerwerks beherbergt die alte Schwanz-hammeranlage und den von Muskelkraft betätigten Blasebalg. Im rechten Teil wurde der ursprüngliche Schwanzhammer durch einen, vom Wasserrad über ein Vorgelege und eine Transmission betriebenen, Federhammer mit einer viel größeren Arbeitsleistung ersetzt - eine technische Innovation des 19. Jahrhunderts. Die Luft für das Schmiedefeuer erzeugt in diesem Teil des Hammerwerks ein an die Transmission angeschlossenes Gebläse. Ebenfalls von einem Wasserrad über ein Vorgelege angetrieben wird ein Schleifstein für die abschließende Bearbeitung der geschmiedeten Werkzeuge und Geräte.
Zu den typischen Kleinschmieden, die sich auf bestimmte Artikel spezialisierten, gehörten die Bohrerschmieden auf den Höhen des Sauerlandes. Bereits 1667 wird im Kirchenregister von Holte bei Halver von einem Bohrerschmied Melchior berichtet. Im Jahre 1870 erlebte dieses Handwerk im Raum Halver mit Z5 Kleinbetrieben seine größte Blüte. Von dort stammt auch die im Museum gezeigte Bohrerschmiede Sauerbrey. Eiserne Bohrer für Holz, wie sie in der hier gezeigten Schmiede hergestellt werden, gibt es schon als Funde aus der Salburg (1. bis 3.Jahrhundert n. Chr.).
Ein wichtiges Werkzeug zur Materialbearbeitung ist die Feile. Die Feilenhauerei der Familie Jung aus Mesenohl bei Halver, in der seit Generationen Feilen geschmiedet und gehauen wurden, konnte 1969 in das Museum transloziert werden. Die Anordnung der Räume in diesem Gebäude entsprach dem Arbeitsablauf. Im vorderen Schmiederaum wurden die Feilrohlinge auf dem hörnerlosen Amboss ausgeschmiedet, dann maßgenau geteilt oder geschliffen. Dann gelangten sie in den Feilenhauraum. Beim Hauen lag die Felle in einem Bleibett auf dem Hauamboss, der auf einem Holzklotz ruhte, gespannt wurde sie mit einem Lederriemen, den der Feilenhauer mit seinen Füßen niedertrat. Die Angel war stets dem Hauer zugekehrt. Das Hauen mit Meißeln, die genau der Feilengröße und -art angepasst waren, begann an der Spitze und endete an der Angel. War der Unterhieb fertiggeschlagen, wurde die Feile leicht abgezogen und der um 60 Grad versetzte Oberhieb angebracht. Danach wurde die Feile nochmals abgezogen und abschließend im hinteren Teil des Schmiederaumes mit Salz und Hornspänen im Feuer geglüht und im Wasser abgeschreckt.
Die Herstellung und der Vertrieb von Sensen im In- und Ausland waren wichtige Einnahmequellen im märkischen Raum, vor allem im Gebiet der Ennepe. Gerade in dieser Region siedelten sich im 17. Jahrhundert zahlreiche Sensenschmiede aus dem nahegelegenen Herzogtum Berg an, die infolge von Zunftstreitigkeiten keine Betriebe führen konnten und auswandern mussten. Vom Sensenhammer "Suberg" in Haspe, in dem noch bis in die 1960er Jahre mit Schwanzhämmern produziert wurde, konnte die Betriebseinrichtung übernommen werden. Das Gebäude wurde am Originalstandort ausgemessen und in leicht abgewandelter Form nachgebaut. Um vom Wasser als Antriebselement unabhängig zu werden, elektrifizierten die damaligen Besitzer, die Gebr. Falkenroth, 1919 den Betrieb; die Hämmer konnten nun auch über Transmission von einem Elektromotor angetrieben werden. Drei originale Schwanzhämmer dokumentieren die Herstellung in dieser für die Region typischen, mittelgroßen Betriebsanlage. Eine Vielzahl von Arbeitsgängen - je nach Sensentyp und Ausführung bis zu 32 - war nötig, um aus einem Stück Eisen eine fertige Sense zu machen.
Die wichtigsten „Maschinen“, die bei der Eisenbearbeitung bis ins 20. Jahrhundert eingesetzt wurden, waren wasser- oder dampfgetriebene Hammer. Im Frischherd wurde dem Roheisen Kohlenstoff entzogen; das Ergebnis war ein schmiedbarer „gefrischter“ Eisenklumpen. Diese „Luppe“ war noch mit Schlacke und Blasen durchsetzt und musste, um ein homogenes Gefüge zu bekommen, auf einem Rohstahlhammer geschmiedet werden. Zum Verdichten dienten Aufwurfhämmer mit einem Bargewicht bis 350 kg und einer Schlagzahl von etwa 80 Schlägen in der Minute. Die im Aufwurfhammer ausgeschmiedeten Stäbe wurden mittels der Raffinier-, Reck- und Breitehämmer weiterverarbeitet. Eine Bauaufnahme des Rohstahlhammers in Oberrödinghausen diente als Vorbild für die Rekonstruktion des Aufwurfhammers im Museum. Dieser Betrieb war Teil der 1751 erstmals erwähnten „Rödinghauser Eisenfabrigue“, die Bergwerke, einen Hochofen, zwei Frischhütten und Hammerwerke umfasste: Ein frühes Beispiel für das in Deutschland typische „integrierte“ Hüttenwerk, das von der Rohstoffgewinnung an alle Herstellungsschritte unter einem Konzerndach vereinte. Beim Aufwurfhammer ist der Hammerstiel („Helf“) ein einarmiger Hebel. Die von einem Wasserrad angetriebene Welle liegt parallel zum Helf. Am Ende der Wasserradwelle sind Daumen („Frösche“) befestigt, die den Hammerstiel erfassen und in die Höhe werfen - daher der Name „Aufwurfhammer“. Über dem Hammerstiel befindet sich ein Holzbalken („Reitel“), gegen den der Hammerstiel beim Aufwärtsgang geworfen wird. Vom Reitel prallt der Hammer zurück nach unten und schlägt mit großer Kraft auf den Amboss. Blasebälge mit Wasserradantrieb erzeugen die Luftzufuhr („Wind“) für die Essen.
Das in den Rohstahlhämmern durch Frischen und Schmieden entstandene Rohprodukt wurde in Reck- und Breitehämmern zu Artikeln wie Spaten, Schaufeln, Pfannen, Pflugscharen, Zieheisenrohlingen etc. verarbeitet. Die technische Einrichtung dieser Hammerwerke bestand in der Regel aus schnell schlagenden „Schwanzhämmern”, die den Werkstoff verdichteten und ihm ein geeignetes Gefüge und dem Endprodukt genaue Formen und Abmessungen gaben. Zahlreiche Hammerwerke dieser Art waren an Ennepe, Volme und Lenne mit ihren Nebenflüssen zu finden. Ein Betrieb mit zwei Hämmern („Geschlägen“) auf einer Welle, die häufigste Ausführung, wurde im Museum nach Plänen des Bröckingschen Hammers bei Milspe unter Verwendung von Originalsubstanz des Herzogschen Hammers aus dem Rahmedetal rekonstruiert.
Winden benötigte man zum Heben großer Lasten; für den Reise- und Fuhrbetrieb waren sie unentbehrlich und gehörten zur „Grundausstattung“ eines jeden Fuhrmannes. Die älteste deutsche Abbildung einer Wagenwinde befindet sich in einer Weimarer Handschrift aus dem Jahre 1430. Als Vorbild der im Museum aufgebauten Windenschmiede diente die alte Windenschmiede von Johann Diederich Niggehus, Witten-Heven, aus dem Jahre 1741. In einem solchen Schmiedekotten, häufig als Nebengebäude einer Hofanlage zu finden, wurden bis etwa 1910 die wesentlichen Teile der Winde, wie die Zahnstange, noch „von Hand” geschmiedet. Neben den Wagenwinden wurden auch Keller- oder Fasswinden sowie Winden für Hammerteiche und Schleusen gebaut, ebenso waren Winden für den Bergbau, Nietwinden für den Brückenbau, Winden für die Eisenbahn und den Gleisbau gefragte Artikel der Winden-Schmiede.
Handgeschmiedete Eisennägel waren bis zum 18. Jahrhundert weit verbreitet. Erst dann lösten fabrikmäßige Verfahren wie Gießen, Walzen und Gesenkschmieden sowie Drahtstifte die handgeschmiedeten Nägel allmählich ab. Im sauerländischen Bruchhausen, aus dem das als Schmiede genutzte Gebäude stammt wurden 1856 noch in 60 Nagelschmieden überwiegend im Nebenerwerb Nägel hergestellt. Die Werkzeuge des Nagelschmiedes bestehen hauptsächlich aus dem Stapel - einem standfesten Holzklotz, auf dem ein kleiner Blockamboss, ein Blockmeißel und das Nageleisen befestigt sind - sowie einem Handhammer mit nur einer einzigen flachen, quadratischen Bahn. In der Regel verarbeitet der Nagelschmied ein vierkantiges Stabeisen. Es wird in der Schmiedeesse erwärmt. Sie ist so gebaut, dass mehrere Arbeiter mit ihren Stapeln ringsherum sie gemeinsam benutzen können. Nach dem Erhitzen auf Weißglut wird die Spitze des Nagels auf dem Amboss ausgeschmiedet. Danach schlägt der Schmied auf dem Blockmeißel das Eisen in der gewünschten Länge fast ganz durch, steckt es in das Nageleisen und bricht es ab. Mit wenigen Schlägen wird der Kopf geformt; mit dem noch in der Hand befindlichen Eisenstab wırft der Schmied den Nagel dann von unten aus dem Nageleisen heraus. Ein geübter Arbeiter konnte an einem Arbeitstag (12 Stunden) 2000 bis 2500 kleine Schuhnägel oder 500 bis 600 Brettnägel herstellen.
Nach dem Vorbild von Getreide- und Gewürzmühlen wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts die Kaffeemühle entwickelt. Die ersten Kaffeemühlen mit schmiedeeisernem Mahlwerk tauchten Mitte des 17. Jahrhunderts in Nürnberg auf. Von dort fanden sie langsam ihre Verbreitung im übrigen Deutschland. Mit der steigenden Beliebtheit des Kaffees wuchs auch der Bedarf an Kaffeemühlen. Im bergischen Raum etablierte sich ab Mitte des 18. Jahrhunderts die fabrikmäßige Kaffeemühlenproduktion; die Herstellung in Nebenerwerbsbetrieben kam nur vereinzelt, meist in Verbindung mit der Erzeugung von anderen Kleineisenprodukten vor. Eine solche Kleineisenzeugschmiede, in der neben Kaffeemühlen noch Handwerkszirkel, Feuerzangen, Schlüssel und Türschlösser gefertigt wurden, war in einem Anbau der ebenfalls im Freilichtmuseum gezeigten „Mairie Boele" untergebracht. Rohmaterialien für das Mahlwerk bezog der Kaffeemühlenschmied vom Hammerwerk. Er schmiedete den konischen Reibring und den Reibstock in seiner Werkstatt aus, teilte und härtete die Eisenteile selbst. Weitere Konstruktionsteile wie Kurbel, Trichter und Schrauben, die aus verschiedenen Materialien, z.B. Messing, Gusseisen, Eisen gefertigt waren, wurden meist von Zulieferern bezogen, ebenso das Holz für die Gehäuse. In der Werkstatt wurden die Teile zu einer fertigen Kaffeemühle zusammengebaut.
Kettenschmieden entstanden zu Beginn des l9.Jahrhunderts vor allem als landwirtschaftliche Nebenerwerbsbetriebe. Ein Zentrum mit circa 500 Heimschmieden bildete der Ort Oestrich bei Letmathe. Im Museum wurde als Gebäude die Kettenschmiede von Friedrich Teves aus Oestrich nachgebaut. Die Inneneinrichtung stammt aus der Schmiede Josef Bierhoff aus Tiefenhagen. Rohmaterial für Ketten ist Draht, der von einer Drahtrolle abgeschnitten und vorgeformt wird. Die vorgebogenen Kettenglieder hängen an einem schrägen Eisenstab zum Vorglühen über dem Feuer. Zum Verschweißen erhitzt man die Enden auf Weißglut, fasst das Kettenglied mit der Knüpfzange, die je nach Drahtstärke profilierte Backen hat, und schlägt es um das Ambosshorn herum zusammen. Dabei werden 3 Schläge von jeder Seite geführt, der 7. Schlag dient der Gratentfernung an der Schweißstelle. Ein guter Kettenschmied knüpfte das neue Glied an die Kette und verschweißte es mit sieben Schlägen, ohne es zwischenzuglühen. Dies bedurfte jedoch langjähriger Erfahrung, sowohl im Vorglühen als auch im schnellen und gezielten Zuschlagen.
Eine besondere Wirtschaftsform, die im 20. Jahrhundert auch in ihrer letzten Form allmählich aufgegeben wurde, gab es seit dem Mittelalter im Siegerland: Die Haubergswirtschaft. Sie beruhte auf der unterschiedlichen Nutzung der Haubergsflächen in einem bestimmten Rhythmus als Wald, Acker- oder Weideland. Die Geräte, z.B. Haubergsmesser, Kniepen, Beile, Äxte, Hacken und Sicheln wurden von den Dorfschmieden hergestellt. Wilhelm Klebs Schmiede aus Hilchenbach-Allenbach, in der diese Art von Werkzeugen produziert wurde. konnte in das Freilichtmuseum transloziert werden. Schon im Jahre 1788 urkundlich erwähnt, arbeitete sie bis zum Jahr 1947. Eine Besonderheit dieser Handschmiede ist der Anbau eines Schleifkottens, in dem mit Wasserkraft Schleifstein und Polierscheibe angetrieben wurden. Wilhelm Kleb beantragte diesen Anbau 1855.
Mit Einführung der Dampfkraft entstand auch die Idee, diese Energiequelle für die Umformung zu Hilfe zu nehmen: Die zu bearbeitenden Werkstücke wurden immer größer - Handhämmer reichten schon lange nicht mehr aus, und auch die Wasserhämmer stießen an ihre Grenzen. Erstmals 1784 wurde mit einem dampfgetriebenen Stielhammer geschmiedet - der Dampfmaschinenpionier James Watt selbst hatte hierauf ein Patent angemeldet. Überlegungen, den Wirkungsgrad zu erhöhen, führten zur Konstruktion eines direkt wirkenden Dampfhammers. 1806 erstmals von dem Engländer William Deverell vorgeschlagen, entwickelte der englische lngenieur James Nasmyth bis 1842 einen einsatzfähigen Dampfhammer. Nasmyth hatte sein Schmiedewerk erdacht, um einen Auftrag zur Herstellung einer Schiffswelle für das Dampfschiff "Great Britain" abwickeln zu können, dann freilich änderte sich das Schiffsbaukonzept und Nasmyth blieb auf seinem Dampfhammer sitzen.
Der Name „Gasthof zur Post“, den auch heute noch viele traditionsreiche Hotels tragen, steht für die ursprüngliche Kombination aus Poststelle und Gasthaus für Reisende. Diese Gasthöfe entstanden an Hauptverkehrswegen als Stationen für Postkutschen, als mit der regelmäßigen Brief- und Paketbeförderung auch eine zunehmende Reisetätigkeit mit der Post einsetzte. Neben einem Gastraum und Zimmern zur Übernachtung für die Passagiere existierte in den Postgasthöfen ein Schalter, an dem Briefe und Pakete aufgegeben und Plätze für eine Fahrt mit der Postkutsche reserviert werden konnten. Das Amt des Posthalters war damals noch mit geringem Zeitaufwand verbunden und wurde daher meist nur als kleiner Nebenerwerb ausgeübt, neben der Tätigkeit als Gast- oder Landwirt. In der Grafschaft Mark wurde 1782 mit der Strecke Elberfeld- Hagen - Hamm der regelmäßige Postkutschendienst auch für die Personenbeförderung eingeführt. Aus dieser Zeit stammt auch das Gebäude, das im Freilichtmuseum als Postgasthof errichtet wurde. Es handelt sich dabei um ein Wohnhaus aus Hagen-Haspe, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch als Gasthaus genutzt wurde. 1966 wurde es am Originalstandort abgebaut und ins Museum überführt. Die Einrichtung wurde aus verschiedenen Häusern zusammengetragen.
WER AUS UND EINGEHT DURCH
DIESE TÜR DER MUS BEDEN
AN CKEN FÜR UND FÜR DAS UN NO
17 SER HEILAND JESUS CKRIST 97
DIE RECHTE TÜR ZUM HIMMEL IST.
Wer aus- und eingeht durch diese Tür, der muss bedenken für und für,
dass under Heiland Jesus Christ, die rechte Tür zum Himmel ist.
ANNO 1797
Auf dem Platz hinter dem Gasthof zur Post wurde im Museum eine Remise errichtet. Solche Wagenschuppen wurden im 18. Jahrhundert mit der zunehmenden Brief-, Waren- und Personenbeförderung durch die Post notwendig. Sie boten Unterstellmöglichkeiten für Kutschen, Stallplätze für die Pferde, Räume für Sattelzeug und Gepäck und zumeist auch einen Schlafraum für die Kutscher, die ihre wertvollen Pferde und das Frachtgut nachts nicht unbewacht lassen Wollten. Auf langen Strecken, und für die schnelle Beförderung, war es auch notwendig, die ermüdeten Pferde austauschen zu können, um ihnen Ruhepausen zu gönnen, und mit frischen Pferden schneller ans Ziel zu kommen. Nach amtlichen Verordnungen stellten die Posthalter in Preußen an ihren Stationen ab Mitte des 18. Jahrhunderts lediglich die Räume bereit, für die Versorgung mit Wagen und Kutschen sorgten private Fuhrunternehmen. Bis in die 1920er Jahre florierte das Geschäft der Fuhrunternehmer mit Kutschen und Pferden, dann wurden diese durch die Eisenbahn und Automobile abgelöst.
Das 1847 gebaute Zinkwalzwerk gibt eine Vorstellung davon, wie die Industrialisierung die Welt im 19. Jahrhundert ver- änderte. Der Bau von Walzwerken war eine Reaktion auf die steigende Nachfrage nach Metallhalbzeug: Durch Walzen konnte in derselben Zeit weit mehr Blech hergestellt werden, als durch Aushämmern. Die Walzbarkeit von Zink wurde erst Ende des 18. Jahrhunderts entdeckt, doch dann setzte sich das nichtrostende Zinkblech schnell durch. In der Papier-industrie wurde Zinkblech zum Glätten von Papierbögen verwendet, Dacheindeckungen und Fassadenteile aus Zinkblech waren verbreitet, viele Haushaltswaren Wurden aus Zinkblech gefertigt. Der im Museum gezeigte Betrieb besteht aus originalen Teilen des Zinkwalzwerks Hoesch aus Schneidhausen bei Düren von 1847. Die Walzhalle selbst ist eine Rekon-struktion nach Originalplänen. Weil Blech aus reinem Zink weich ist, musste es aus einem Paket mehrerer übereinander gelegter Einzelbleche gewalzt werden. So erhielt es die nötige Stabilität. In einem kohlebeheizten Ofen wurde das in Barren angelieferte Zink geschmolzen und mit einer schweren Kelle in die Formen auf dem Gießkarussell geschöpft. Hier erstarrte es zu Gussblöcken. Die Gussblöcke wurden zunächst 200° Celsius heiß zu dünnen Platinen vorgewalzt. Diese Platinen wurden zu einem Paket übereinandergelegt und mehrmals quer zur vorhergehenden Walzrichtung auf die endgültige Blechstärke heruntergewalzt (Kreuzwalzen). Die Arbeit der Gießer und Walzer im Zinkwalzwerk war Schwerstarbeit. In Westeuropa ist dieses Verfahren heute durch ein kontinuierliches Gieß-Walzverfahren abgelöst, durch Einsatz einer Titan-Zink-Legierung sind die Bleche auch ohne Paketwalzen stabil.
Die Papier- und Pappemühle Karbach (seit 1964 im Freilichtmuseum) ist, bis auf den Holz-Schleifer, eine detailgetreue Rekonstruktion einer Pappemühle in Karbach bei Wangen im Allgäu. Diese wurde 1595 gegründet und erst 1959 stillgelegt. Somit ist sie eine der ältesten Papiermühlen Deutschlands. Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts die ersten Fabriken Maschinenpapier produzierten, konnte die Karbacher Mühle noch zwei Generationen lang handgeschöpftes Papier herstellen. Neben Kanzleipapier für die Stadt Wangen stellte die Karbacher Mühle wenigstens vier Papiersorten her. Hierzu gehörten auch Pappen. Die Rohstoffkosten wurden gering gehalten, indem die Verpackungspappen überwiegend aus Altpapier hergestellt wurden. Dieser Produktionszweig sicherte bis zur Schließung der Mühle die Auftragslage. Die Karbacher Mühle erlebte seit ihrer Gründung im Jahre 1595 eine wechselvolle Geschichte. 1873 übernahm Johann Baptist Schultheiss die Mühle von seinem Vater. Mit der Inbetriebnahme der Rundsiebmaschine No 33. in den Jahren 1883/84, wurde die Produktion vollständig auf die Herstellung von Pappen aus Altpapier umgestellt. Bis zur Stilllegung des Betriebes war die Rundsiebmaschine No. 33 im Einsatz.
Die Papiermühle "In der Calle" stand ursprünglich in Iserlohn in der Nähe des Seilersees. Die Entstehungsgeschichte dieser Büttenpapiermühle geht auf das Jahr 1721 zurück. Sie wurde im Jahre 1817 von dem in Hagen-Delstern geborenen Friedrich Schulte (1802-1872) für 3600 Reichsthaler erworben. Er erweiterte das Mühlengebäude durch einen mehr- geschossigen Fachwerkbau. Das Untergeschoss wurde mit Bruchsteinen aufgemauert. Die Umbauarbeiten Friedrich Schultes wurden durch den Mühlenbaumeister Johann Hermann Stindt unterstützt. Das Gebäude der Papiermühle bestand bis 1962. Zur Mühle gehörte ein Wohnhaus, welches 1973 abgerissen wurde. Das gesamte Inventar des Wohnhauses und der Mühle ging verloren, 1974 wurde das Papiermühlen-gebäude im Freilichtmuseum wieder errichtet und mit einem rekonstruierten Inventar ausgestattet, das typisch für eine vorindustrielle Papiermühle ist: ein Mühlrad mit Stampfwerk, ein Papiermacher-arbeitsplatz mit Bütte und eine Papierpresse. Heute werden in der Museumspapiermühle verschiedene Büttenpapiere nach handwerklicher Tradition hergestellt. Die Nebenräume des Gebäudes werden von der Museums-pädagogik genutzt. Im Obergeschoss befindet sich die Ausstellung "Papier und Umwelt".
Das Haus Vorster, in dem sich die Museumsdruckerei befindet, wurde 1712 im spätbarocken Fachwerkstil errichtet. Auf Grund der Auflagen der Feuerversicherung war die Fassade lange mit einem Zementputz versehen. Anfang der 1950er Jahre wurde der Putz entfernt und die repräsentative Fachwerkkonstruktion wieder freigelegt. Haus Vorster war Teil eines großen Firmenkomplexes, der Papierfabrik A. D. Julius Vorster in der Stennert bei Hagen-Eilpe. Gegründet wurde der Betrieb von den beiden Söhnen von Mathias Vorster, Dietrich und Adolf, im Jahre 1712. Die erste Papiermaschine wurde bei Vorster um 1850 aufgestellt. Vor allem in den 1920er und 1930er Jahren folgten umfangreiche Investitionen in die technische Ausstattung.
Durch Kriegseinwirkungen im Herbst 1943 war die Produktion so stark eingeschränkt, dass die Stilllegung des Betriebes beschlossen wurde. Aber schon 1946 wurde der Um- und Ausbau des Werkes begonnen. Im Jahre 1959 übernahm die Feldmühle AG das Werk in Eilpe mit seinen rund 850 Mitarbeitern, weiches dann aber 1965 stillgelegt wurde. Seit 1991 gehört die Feldmühle-Gruppe zum Konzern der Stora bzw. Stora Enso Kabel. Das Haus Vorster symbolisiert die lange Tradition der Papierherstellung in der ehemaligen Grafschaft Mark. Im Obergeschoss des Gebäudes befindet sich die Dauerausstellung "Bütten, Siebe und Tamboure" zur Geschichte der Papierherstellung.
Dass die Bauern zusammen mit dem Vieh das Haus teilten, war bis in das späte 19. Jahrhundert üblich. Allerdings wurden Schweine und Schafe in eigenen Ställen untergebracht, während Kühe und Pferde sich den Platz im vorderen Bereich der Haupthäuser teilten. Immer wieder wird uns der Typ des niederdeutschen Hallenhauses begegnen, mit einer sog. „Diele“ als Unterbringung für die Tiere und als Arbeitsplatz und dem direkt dahinter liegenden „Flett“, dem großen Küchen- und Aufenthaltsbereich.
Druckerpresse Columbia
Die aufwendige Gestaltung dieser 1817 von George Clymer erfundenen Presse sollte den Stolz der Drucker auf ihr Handwerk ausdrücken und fördern.
Diese Presse hat Seltenheitswert.
Bedeutung der Symbole:
Weißkopf-Seeadler (Amerika): Macht
Füllhorn:
Reichtum
Drachen:
Chinesen, Papier erfunden
Federkiel:
Vorfahren mit geschrieben
Halbmond:
Araber, gute Mathematiker, die „0“ gebracht
Rad:
Stadtwappen von Mainz, Gutenberg
Heroldstab:
Hermes, der Götterbote, Nachrichtenübermittler
Die Linotype ist eine Setzmaschine, die in der historischen Entwicklung der Satzverfahren wie der zeitlich folgende Fotosatz ein Bindeglied zwischen Handsatz und Desktop-Publishing (DTP) darstellt. Sie wurde von Ottmar Mergenthaler entwickelt und erstmals 1886 als sogenanntes „Blower“-Modell vorgestellt. Die „Linotype“ war Namensgeber für das Linotype-Unternehmen (mit Firmen bzw. Produktionsstätten in USA, England und Deutschland), das die Linotype-Setzmaschinen herstellte und weltweit verkaufte.
Der Setzer bedient eine Tastatur, über die er den zu setzenden Text eingibt. Tippt der Setzer einen Buchstaben, fällt aus einem Magazin eine Matrize, eine metallene Gussform für einen Buchstaben. Diese einzelnen Matrizen werden zu Zeilen aneinander gereiht, bis die Breite des Satzspiegels annähernd erreicht ist. Wortzwischenräume werden durch in der Breite veränderbare Spatienkeile gebildet; diese Spatienkeile schließen die Zeile durch Veränderung der Wortabstand-Breiten automatisch auf volle Zeilenbreite aus.
Die fertig zusammengestellte Zeile wird sodann mit flüssigem Metall (Legierung aus Blei (85%), Antimon (11%) und Zinn (4%)) ausgegossen – es entsteht als eine Einheit eine Zeile mit erhabenen Buchstaben (Gesamthöhe 23,567 mm), die namengebende line of types. Bei Setzfehlern muss bei diesem Verfahren die gesamte betroffene Zeile neu gesetzt und gegossen werden. – Die mit der Linotype erstellten Zeilenblöcke werden anschließend per Hand seitenweise zu Druckstöcken angeordnet. Die zum Gießen der Zeilen benutzten Buchstabenmatrizen gelangen nach dem Guss per "Elevator" und über eine kodierte Zahnstange zurück zum Matrizenmagazin; mittels unterschiedlicher Zahnkodierungen an den einzelnen Matrizen gelangen sie automatisch in die zugehörigen Buchstabenkanäle des Matrizenmagazins und sind dort zur erneuten Verwendung verfügbar. – Die Spatienkeile zur Bildung der Wortabstände durchlaufen einen ähnlichen Kreislauf, befinden sich aber in einem separaten Magazin. Die Linotype-Setzmaschine wurde in erster Linie für den Zeitungssatz genutzt; das Einzellettern erzeugende Satzsystem Monotype kam dagegen meist für den Satz von Büchern zur Anwendung. – Weiterentwickelte Modelle der Linotype-Setzmaschine besitzen bis zu sechs Magazine für unterschiedliche Schriftarten und Schriftgrößen. Mit der Linotype-Setzmaschine können 5.000 bis 6.000 Buchstaben stündlich gesetzt werden.
1969/70 wurde die um 1800 erbaute Tabakfabrik aus Glandorf im nördlichen Westfalen ins Freilichtmuseum transloziert. Bei der Translozierung wird das Gebäude dokumentiert, abgebaut und anschließend möglichst originalgetreu an anderer Stelle wiederaufgebaut. Der Betrieb gehörte zum Anwesen der Familie Herbermann, die eine erstmals 1833 nachweisbare Rauchtabakfabrik betrieb. Mit Zigarren handelte die Familie nur in geringem Maß. Die Verarbeitung von Rohtabak zu Zigarren begann in Westfalen in den 1830er Jahren, zu einem Zeitpunkt, zu dem europaweit ein Siegeszug der Zigarre begann. Erforderte das im 17. und 18. Jahrhundert verbreitete Pfeifenrauchen ein ganzes Arsenal von Gerätschaften und Handgriffen, so musste die Zigarre nur noch beschnitten und in den Mund gesteckt werden. Tabakgenuss war somit schneller und leichter geworden. Das Zentrum der westfälischen Tabakverarbeitung lag in den Kreisen Minden, Lübbecke und Herford. Im späten 19. Jahrhundert verlagerte sich die Herstellung dann in ländliche Gebiete Ostwestfalens, in denen genügend Arbeitskräfte zur Verfügung standen. Um Zigarren in Handarbeit herzustellen, sie zu rollen, werden nur wenige Hilfsmittel benötigt: Zur Grundausstattung gehören Arbeitstisch, Rollbrett und Zigarrenblätter, seit den 1860er Jahren ergänzt durch Wickelformen und Zigarrenpresse. Die im Westfälischen Freilichtmuseum Hagenhergestellten Zigarren können im Krämerladen erworben werden.
Bei der Anfertigung der Zigarren nimmt die Wickelmacherin die Einlage für eine Zigarre in die linke Hand, ordnet das Material und legt das Bündelchen auf das Umblatt, wickelt dies darum und rollt den Wickel auf dem Tisch, um ihm einige Festigkeit zu geben. Man benutzt auch 2-teilige Wickelformen, in welchen die Wickel 12 - 24 Stunden gepresst und dabei auf 40 - 50° erwärmt wurden. Die meisten der aus so zugerichteten Wickeln hergestellten Zigarren können alsbald geraucht werden; sie brauchen weniger Lager, und bei der Fabrikation wird Tabak erspart. Der Zigarrenmacher rollt das Deckblatt um die Zigarre und hat darauf zu achten, dass die Rippen der Blätter sich möglichst der Länge nach an die Zigarre anlegen. Die Spitze erhält durch einen aus Stärkemehl und Cichorien bestehenden Klebstoff die nötige Festigkeit. Für die Fabrikation im Großen hat man auch Zigarrenwickelstühle gebaut, welche die Wickel formen und mit Umblatt versehen. Die kantigen Zigarren erhalten ihre Form durch Pressen in Kisten. Die Zigarren, welche infolge zu fester Wickelung keine Luft haben, quetscht man zwischen 2 Brettchen oder mit einer kleinen Maschine, bei welcher die Zigarren durch 2 Paar sich drehende, horizontal liegende Walzen, deren Achsen rechtwinkelig gegeneinander gerichtet waren, hindurchgehen. Die fertigen Zigarren werden getrocknet, sorgfältig sortiert und dann verpackt. Sie gewinnen durch Ablagern infolge einer Nachgärung, auch wurde noch 1895 empfohlen, sie in einem luftdicht verschließbaren Kasten aufzubewahren, in welchem gleichzeitig, von den Zigarren sorgfältig getrennt, gebrannter Kalk oder Calciumchlorid lag; der Kalk zerfiel allmählich zu Pulver, indem er die in den Zigarren enthaltene Feuchtigkeit anzog und sich löschte, und das Calciumchlorid zerfloss, worauf das Material erneuert werden musste. Bei zu schnellem Trocknen oder zu langem Lagern verloren die Zigarren an Aroma.
In der deutschen Tabakindustrie arbeiteten um 1850 hauptsächlich Männer. Seit 1875 stieg jedoch der Frauenanteil stark an. Im Jahre 1907 waren in Ostwestfalen fast 42 Prozent aller Beschäftigten Frauen, reichsweit lag ihr Anteil in der Tabakindustrie sogar über 50 Prozent. Doch stellten noch weit mehr Frauen Zigarren her, die Statistiken erfassten die Heimarbeiterinnen nicht systematisch. Diese Entwicklung stand im Gegensatz zu dem Leitbild des Familienklischees der "bürgerlichen Frau". Sie sollte nur für die Familie zuständig sein: als Ehefrau, Mutter und Hausfrau, wie es teilweise noch heute propagiert wird. Tatsächlich sah die Lebenssituation vieler Frauen damals wie heute anders aus. Sie mussten gegen Billiglohn arbeiten, um zum Familien-Einkommen beizutragen. So erging es damals häufig auch ihren Kindern.
Krämer, die Betreiber kleiner Läden insbesondere in Städten, führten ein breites Warensortiment: Haltbare Lebens- und Genussmittel, Gewürze, kleine Haushaltsartikel und die später so bezeichneten Kolonialwaren. Die Versorgung der Bevölkerung in den Städten wurde mit der fortschreitenden Industrialisierung immer wichtiger, da die Möglichkeiten der städtischen Bevölkerung, sich selbst zu versorgen immer mehr abnahmen. Das Gebäude, in dem Kolonialwarenladen und Fleischerei untergebracht sind, besteht aus Teilen eines Iserlohner Wohnhauses. Die Inneneinrichtung wurde aus mehre- ren Ladeneinrichtungen zusammengestellt. Solche Krämer- oder Kolonial-warenladen waren bis weit ins 20. Jahrhundert hinein kleine Ladenlokale, in denen schon aus Platzgründen wenig Gewicht auf eine besondere Warenpräsentation gelegt werden konnte. im Jahr 1913 beschrieb der Volkswirtschaftler Werner Sombart einen solchen Laden: "Treten wir in einen solchen alten Kram, so erhalten wir denselben Eindruck, wie wir ihn heute noch an ganz weltfremden Orten erleben können, wo sich alle überhaupt zum Verkauf vorkommenden Gegenstände - als da sind Konfekt, Spirituosen, Zigarren, Rauch-, Kau-, Schnupftabak, Schiefertafeln, Papier und andere Schreibwaren, Stoffe, Nähgerätschaften, Spaten, Ketten, Sensen, Peitschen, Farben, Heringe, Sirup usw. - in der einen Gemischtwarenhandlung beieinander finden". Kaum weniger bunt ist die heutige Angebotspalette des Kramerladens.
1988 übernahm das Freilichtmuseum aus Arnsberg eine Ende des 19. Jahrhunderts erbaute Räucherei mit der gesamten Inneneinrichtung und baute sie in den Jahren 1989 und 1990 im oberen Museumsbereich wieder auf. Diese Räucherei war bis 1976 als Lohnräucherei betrieben worden, die Betriebszeit ging von Oktober bis Mai. Das von den Kunden zum Räuchern gebrachte Fleisch wurde zunächst in Salzfässern eingelegt - je nach Größe, drei bis vier Wochen. Der eigentliche Räuchervorgang begann dann mit dem Einbringen der Ware in die geheizte Räucherkammer; in Arnsberg wurde mit Sägemehl abgedecktes Buchenholz verwendet, wie auch heute im Museumsbetrieb; möglich gewesen wären aber auch andere Holzspäne oder Sägemehl von Eiche, Erle oder Wacholder. Der Rauchabzug erfolgte durch eine Seitenklappe in der oberen Etage. Der beim Schwelen entstehende Rauch enthält verschiedene Stoffe, die das Eiweiß gerinnen lassen und so konservierend wirken, durch die Wärme des Rauchs wird der Ware zudem, besonders oberflächlich, Wasser entzogen. Heute werden im Freilichtmuseum auf diese traditionelle Weise Mettenden und gelegentlich auch Schinken geräuchert, die in der dem Kolonialwarenladen eingegliederten Fleischerei erworben werden können.
Ziel bei der Entwicklung und Handhabung von Waagen war seit jeher, Genauigkeit und Fälschungssicherheit zu verbessern. Bei den öffentlichen Waagen gab es daher seit dem Mittelalter das Amt des Waage- und Zeichenmeisters, der das exakte Gewicht ermittelte, korrekt notierte, und so die Händler und Kunden vor Betrug schützte. Auch die Gemeinde selbst profitierte davon, da durch exaktes Wiegen die genaue Summe an Steuern und Abgaben festgelegt wurde; zusätzlich musste für jeden Wiegevorgang eine Steuer bezahlt werden, das sogenannte „Wiegegeld".
Brücken- und Fuhrwerkswaagen wurden schon im 18. Jahrhundert eingeführt. Wie bei der Balkenwaage wurde das Gewicht des zu wiegenden Gegenstandes über Gegengewichte ermittelt. Bei Fuhrwerkswaagen erfolgte die Übersetzung des Gewichts jedoch mittels einer Kombination ungleicher Hebel. Dies ermöglichte die drastische Reduktion der benötigten Gegengewichte: Nur noch ein zehn- oder hundertfach kleineres Gegenwicht war notwendig, auch schwere Lasten konnten so gewogen werden. Die 1980 im Museum errichtete Brückenwaage mit 15 Tonnen Tragkraft stammt von der Bau- und Brennstoffhandlung Brauckmann in Hagen-Haspe. Unter den Holzbohlen der Wiegefläche befinden sich mehrere versetzte Hebel, die das gemessene Gewicht auf eine Vorrichtung im nebenstehenden Wiegehäuschen übertragen. Hier konnte das Gewicht abgelesen und auf die Wiegekarten aufgedruckt werden. Samit wurden Fehler bei der Notierung ausgeschlossen.
Aus Sümmern im Sauerland wurde Mitte der 1970er Jahre das Haus „An der Burggräfte 12“ ins Freilichtmuseum transloziert. Als Renteigebäude*, um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert gebaut, gehörte es zum „Haus Sümmern“. Dessen Geschichte reicht bis 1204 zurück, als das Gut vom Kölner Domkapitel dem Gerlach von Sumberen und seinen Nachkommen in Erbpacht übergeben wurde. Das Renteigebäude wurde, nachdem es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in bürgerliche Hände übergegangen war, als Gaststätte und zuletzt als Gastarbeiterunterkunft genutzt. Seit dem 1. April 1988 dient das Haus als Wechselausstellungsgebäude. In zwei Geschossen stehen sieben Räume zur Verfügung. In Sonderausstellungen werden hier übergreifende Aspekte zur Sozial-, Wirtschafts- und Technikgeschichte vermittelt.
*Als Hofkammer, Kammer, Kastenamt, Rentkammer oder Rentei wurden im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit Behörden bezeichnet, die Einkünfte des Landesherrn verwalteten. Die unterschiedlichen Bezeichnungen richteten sich nach örtlichem Herkommen. Die Bezeichnung Rentkammer oder Rentei ist darauf zurückzuführen, dass die Einkünfte auch als „Renten“ bezeichnet wurden. Später bezeichnete Rentamt auch eine Behörde zur Verwaltung grundherrschaftlicher Einnahmen. Von der Bezeichnung Kammer leitet sich der Begriff Kämmerer ab, der in einigen Regionen noch heute in der kommunalen Finanzverwaltung verwendet wird.
Ein kleines Mühlenensemble prägte lange Zeit den Anblick eines „Gielauer Mühle“ genannten Anwesens in Gielau im niedersächsischen Kreis Lüchow-Dannenberg. Es bestand aus einer Öl- und Sägemühle sowie einer Kornmühle. Die 1380 erstmals erwähnte Anlage war seit 1876 im Besitz der Familie Dietrich, die sie als Nebenerwerb neben der Landwirtschaft betrieb. Diese Anlage lieferte das Vorbild für die im Museum errichtete kombinierte Öl- und Sägemühle.
Das Gebäude wurde mit leichten Veränderungen nachgebaut, die Inneneinrichtung konnte weitgehend übernommen oder anhand originaler Vorlagen rekonstruiert werden.
Sägemühle
In der Holzbearbeitung stellte die Sägemühle die erste Station nach dem Fällen der Bäume dar. Hier wurden die Stämme zu Brettern und Bohlen zurechtgeschnitten und für die weitere Verarbeitung vorbereitet. Die Bezeichnung Mühle rührt von der ursprünglichen Antriebsform, einem Wasserrad, her. Bis 1932 wurde auch die Gielauer Anlage auf diese Weise betrieben, danach wurde ein Elektromotor eingebaut. In dem Betrieb wurde mit zwei Formen der Gattersäge gearbeitet: dem Vertikal- und dem Horizontalgatter. Diese bestehen beide aus einer Vorschubmechanik, bei der der Holzstamm mit einem auf Schienen gelagerten Schlitten gegen das Sägeblatt geschoben wird. Das Sägeblatt ist in einen rahmenartigen Aufbau fest eingespannt und schneidet den Stamm in der gewünschten Dicke. Bei der Einstellung der Stärke muss auch auf den Faserverlauf im Holz geachtet werden, damit es anschließend optimal weiterzuverarbeiten ist. Bei einer Vertikalgattersäge sind mehrere Sägeblätter senkrecht gespannt, bei einem Horizontalgatter nur eines in waagerechter Richtung. Sägegatter mit vertikalen Sägeblättern gab es bereits im Mittelalter, die horizontale Variante wurde 1815 von dem Franzosen Cochot entwickelt. Ihr Vorteil liegt in einem ruhigeren laut und daher einer höheren Schnittqualität. Aus diesem Grund wurden die Horizontalgatter häufig für den Schnitt edlerer Hölzer eingesetzt. Mit dem funktionsfähigen Horizontalgatter der Gielauer Sägemühle können immer noch Holzstämme von bis zu zehn Metern Länge und einem Meter Dicke bearbeitet werden.
Ölmühle
Zur Herstellung von pflanzlichem Öl werden in dem wasserradgetriebenen Stampfwerk Leinsamen, Raps, Sonnenblumen- kerne oder Bucheckern zerquetscht. Der Ölmüller füllt den entstandenen Brei in grobmaschig gearbeitete Matten, die er unter dem Stampfwerk mit Hilfe von Holzkeilen zusammenpresst. Die Matten sind aus Kuhschwanzhaaren gefertigt und können sich nicht mit Öl voll saugen. Bei der ersten, "kalten" Pressung, entsteht goldgelbes Speiseöl von hoher Qualität. Der in den Matten verbleibende Ölkuchen wird zerkleinert, erhitzt, nochmals in Matten gefüllt und erneut gepresst. Der Vorgang des Warmpressens kann noch bis zu zwei weitere Male vorgenommen werden, das gewonnene Öl wird allerdings immer minderwertiger. Die zuletzt übrigen Ölkuchen wurden getrocknet als Futter für Schweine verkauft.
Lokomobile
Viele Betriebe erfuhren im Laufe ihrer Geschichte die ganze technische Entwicklung von der Naturkraft (Muskel, Wasser, Wind) über die Dampfkraft, den Verbrennungsmotor bis zum Elektroantrieb. Von der Dampfkraft wurde im 19. Jahrhundert immer mehr in der Industrie, im Gewerbe und in der Landwirtschaft Gebrauch gemacht. Sie diente als Kraftquelle zur Erzeugung von Elektrizität, zur Wasserversorgung, sie wurde in allen Branchen eingesetzt - vom Bergbau über die Papierherstellung bis zur Metall- und Holzverarbeitung. Lokomobilen, für die Bezeichnung als Lokomobile maßgebend ist die unlösbare Verbindung zwischen Kessel und Maschine in der Form, dass die Maschine auf dem Kessel angeordnet ist, wurden in größerem Umfang Ende des 19. Jahrhunderts eingesetzt. Konnten 1885 in Preußen 8990 Lokomobilen gezählt werden, so gibt die Statistik für 1904 bereits 23013 Lokomobilen an, von denen allein 6543 im Gewerbe eingesetzt wurden. Die bedeutendsten Lokomobilfabriken in Deutschland waren in dieser Zeit die Firma Wolf, Magdeburg-Buckau und die Firma Lanz, Mannheim, Von Lanz stammt die im Museum gezeigte Lokomobile des seltenen Typs ZF mit einer Leistung von 13 PS bei 10 bar Dampfdruck. Sie ist eine der letzten bei Lanz gebauten Maschinen.
Der Betrieb in der Museumsbrauerei wurde zu Beginn der Saison 2016 wieder aufgenommen. Je nach Jahreszeit und den Wünschen der Kundschaft werden verschiedene Biersorten in der Brau-Manufaktur hergestellt. Für Museumsgäste wird vor allem das „Keller-Bier“ – naturtrüb, unfiltriert gebraut. Während der Saison wird das Bier in der Braustube ausgeschenkt, dem Gasthof Post, dem Schmiedekeller und den Museumsterrassen, der Verkauf erfolgt im „Ausschank“ und im „Museums-Shop“ und über den lokalen Getränkehandel sowie Gastronomie. Das Brauerei-Gebäude wurde 1800 vom Eisenwarenfabrikanten Johann Caspar Harkort (1753-1818) auf dem Gut Harkort in Haspe erbaut und als Brennerei, Speicher, Kelterei und Brauerei genutzt. Gebraut wurde dort für die Familie, das Personal sowie auch als Deputat für Lieferanten. 1974 wurde die Brauerei Stein für Stein abgebaut und fand im Freilichtmuseum Hagen einen neuen Platz. In den 90er Jahren wurde eine moderne Brauanlage eingebaut – die seit 2016 wieder zum Einsatz kommt.
Die Brauerei erstreckt sich über zwei Geschosse eines Gebäudes, das Johann Caspar Harkort IV, Angehöriger der bekannten westfälischen Unternehmerfamilie, in den Jahren 1800/180l bei Hagen-Haspe errichten ließ. Das Gebäude wurde während des 19. Jahrhunderts für unterschiedliche Zwecke genutzt: Als Brennerei, Speicher und Kelterei. Die Translozierung in das Freilichtmuseum erfolgte in den 1970er Jahren. Die Museumsbrauerei zeigt die zum Brauen notwendigen Anlagen für die Arbeitsschritte des Mälzens, der Herstellung der Würze als dem eigentlichen Brauvorgang und der anschließenden Vergärung.
Baujahr 1888: Gesellschaft für Linde's Eismaschinen, Wiesbaden 1888
Schon im 18. Jahrhundert hatten die Brauereien in der Region in und um Hagen eine große Bedeutung. Heute existiert von den zahlreichen Brauereien nur noch die Vormann-Brauerei in Dahl. Viele Hagener können sich aber noch an Andreas und Bettermann erinnern. Am 30.06.2015 berichtet Radio Hagen:
"Das Hagener Andreas-Pils gibt es demnächst nur noch im Fass. Die Radeberger-Gruppe wird die Flaschenproduktion heute einstellen. Grund dafür ist die mangelnde Nachfrage. Die Andreas-Brauerei selbst gibt es schon seit 20 Jahren nicht mehr. Damals wurde die Brauerei in Haspe dichtgemacht, Andreas-Pils wird seitdem von der Dortmunder Actien-Brauerei hergestellt".
Etwas bleibt bei einer Firmenschließung immer übrig, hier sind es Bierfässer aus dem ehemaligen Bestand.
Durch das „Brennen“, durch Destillation wird aus gegorenen Flüssigkeiten ein alkoholreiches Getränk oder auch ein trinkbares Ge-misch von Alkohol und Wasser mit Aromastoffen. Als Grundlage für solche Branntweine wurden und werden in Westfalen vorwiegend Getreide, Kartoffeln und auch Obst genommen. Bis in das 19. Jahrhundert hinein wurde hier vorwiegend Kornbranntwein hergestellt, noch heute wird Branntweinherstellung in Westfalen entsprechend häufig mit Kornbranntwein gleichgesetzt. Dann dominierte der Kartoffelschnaps: Mit der Ausdehnung des Kartoffelanbaus wurde die Brennerei in Westfalen willkommenes landwirtschaftliches Nebengewerbe, anfallende Rückstände konnten als wertvolles Viehfuttermittel verwendet werden. Neben Gerste und Kartoffeln wurde in Westfalen auch Obst als Ausgangsmaterial genutzt. Auch die Brennerei des Freilichtmuseums ist eine Obstbrennerei. Der Betrieb wurde völlig überarbeitet, um die Herstellung von Obstbränden unter Berücksichtigung der heute umfangreichen zolltechnischen und lebensmittel-rechtlichen Vorschriften zu ermöglichen.
Über Jahrhunderte stellte die Bevölkerung Essig und Senf selbst her, die anders als z.B. Pfeffer oder Zimt nicht mit hohen Kosten importiert werden mussten. Essigfabriken entstanden in Deutschland erst im Lauf des 19. Jahrhunderts. Wichtig für die Produktion sind Sauerstoff und eine große Oberfläche. In Essigbildnern aus Keramik rieselt die meist aus Getreide oder Kartoffeln gewonnene Maische herab; Maische bedeutet hier eine von Fest- und Trübstoffen freie Flüssigkeit. Die Essigbildner sind mit Holzspänen gefüllt, an denen Essigbakterien siedeln. Sie wandeln die alkoholhaltige Maische in Essig um. Der Rohessig wird in Holzfässer gefüllt, um dort mehrere Monate zu reifen. Vor dem Verkauf wird das Erzeugnis gefiltert und verdünnt. Zur Senfherstellung werden die Senfkörner gereinigt, geschrotet und weitgehend entölt. Übrig bleibt der Ölkuchen, der zu Senfmehl zerkleinert wird. Das Senfmehl wird mit Wasser, Essig und Gewürzen vermischt. Um eine gleichmäßige Verbindung der Zutaten zu erreichen, wird die Mischung mehrmals im Nassmahlgang gemahlen. Zur Reifung wird der Senf in Lagerbehälter abgefüllt.
Die Tasse Kaffee zum Frühstück, zur Besprechung oder einfach zwischendurch - für viele heute ein unverzichtbarer Teil des Lebens. Noch vor rund 100 Jahren jedoch war Kaffee ein Luxusgut, das sich nicht jeder leisten konnte, auch bedeutete das Rösten der Bohnen einen erheblichen Aufwand. Roh schmeckt Kaffee nicht, erst beim Rüsten entsteht der typische Geschmack- gute Inhaltsstoffe werden veredelt, schlechte verdampfen. Dieser wichtige Verarbeitungsschritt, das Rösten oder Brennen, wie es früher genannt wurde, sollte erst kurz vor dem Mahlen und Verbrauchen durchgeführt werden, weil das Aroma bei längerer Lagerung verloren geht. Darum waren Kaffeeröstereien früher absatznah angesiedelt. Noch bis Mitte der 1950er Jahre gab es in vielen Städten Kaffeeröstbetriebe oder Einzelhändler, die die grün angelieferten Bohnen vor den Augen der Kunden rösteten - ein Vorgang, der heute auch im Freilichtmuseum verfolgt werden kann. Die Betriebseinrichtung der Kaffeerösterei des Museums stammt von der Iserlohner Firma Bommers & Schuchart. Die Geschichte der Kaffeerösterei Bommers beginnt 1887, als August Bommers eine bestehende Colonialwarenhandlung übernahm. Die Kaffeerösterei bestand bis 1996, vier Jahre später erfolgte die Übernahme und Einrichtung des Betriebes im Freilichtmuseum.
Ein Kohlenmeiler im Freilichtmuseum. In diesem gibt es immer wieder Vorführungen.
Der Rennofen im Freilichtmuseum am Hang oberhalb der Schmiede soll den Wissenschaftlern Erkenntnisse darüber bringen, wie Kelten vor Jahrtausenden mit Öfen wie diesem Stahl erzeugten und quasi eine eisenzeitliche Montanindustrie erschufen. Aus diesem Grund rekonstruierte eine Forschungsgruppe im Frühjahr auf der Basis archäologischer Funde den Rennofen im Museum, um in einem europaweit einmaligen Projekt der keltischen Stahlverhüttung auf den Grund zu gehen. 2017 schichteten sie ihn voll Holz, brachten ihre aufwändige Messanalytik an und erweckten das Feuer in ihm zum Leben. Alle Erkenntnisse bis zum Abstich wurden penibel dokumentiert und in einem Fachaufsatz zusammengefasst.
Beteiligt sind neben der LWL-Archäologie und dem Freilichtmuseum auch das Deutsche Bergbaumuseum Bochum, die Ruhr-Universität Bochum, das Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz und das Essener Institut für Ziegelforschung.
Von einem guten Hufschmied wurde nicht nur erwartet, dass er die Eisen aufschlug, sondern auch auf die Besonderheiten des zu beschlagenden Tiers einging, die verschiedenen Verhältnisse von Bodenbeschaffenheit und Witterung bei der Auswahl der Eisen berücksichtige und die Hufeisen ebenso wie die Nägel selbst herstellte. Fabrikhufeisen, die nur noch angepasst werden mussten, gab es erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Hufschmiede des Freilichtmuseums stammt aus dem Ort Zurstraße bei Hagen: 1793 gründete der Schmied Hakenberg hier eine Schmiede - ein verkehrsgünstiger Standort direkt an der alten Handelsstraße zur Hansestadt Breckerfeld. Über Generationen hinweg wurden in dieser Schmiede neben dem Hufbeschlag auch alle eisernen Teile für Karren, Schlitten und Wagen hergestellt. 1970 wurde die Hufschmiede in abgewandelter Form ins Freilichtmuseum umgesetzt. Die erhaltenen Anschreibebücher aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verzeichnen neben dem Hufbeschlag auch Arbeiten wie Pflugschare schleifen, Küchengeschirr löten, Schürhaken schmieden usw. Das Beschlagen eines Pferdes mit neuen Hufeisen kostete nach diesen Unterlagen 1876 4,40 Mark, für das Umlegen vier alter Eisen verlangte Hakenberg 1,20 Mark. Im selben Jahr verdiente ein qualifizierter Fabrikarbeiter 5 bis 6 Mark täglich.
Das Gebäude „Haus Petersen", benannt nach seinem Besitzer, stand bis in die 1960er Jahre an der Wasserstraße in Hagen. Mit circa 200 Jahren gehörte es zu den ältesten Fachwerkgebäuden der Stadt. Nachdem es einer neuen Straßenführung weichen musste, wurde es 1973 im Museum wieder aufgebaut. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war im linken, erhöhten Teil des Hauses eine Schreinerei untergebracht. Die anderen Räume dienten als Wohn- und Lagerräume. Für die Präsentation im Freilichtmuseum wurden in den ehemaligen Wohnräumen zwei weitere Holzwerkstätten - die Löffelschnitzerei und die Holzschuhmacherei - eingerichtet. Im Arbeitsalltag war eine solche Kombination verschiedener Werkstätten unter einem Dach nicht üblich.
Schreinerei
Zu den Arbeitsgebieten des Schreiners gehört neben der Herstellung von Fenstern, Türen und Vertäfelungen die Möbel-Herstellung. Das hierfür wichtigste Werkzeug ist der Hobel, der dabei in zahlreichen Varianten zum Einsatz kommt. Hobel waren zwar bereits in der Antike bekannt, gerieten aber in Vergessenheit und wurden erst im 14.Jahrhundert wiederentdeckt. Seitdem steht der Hobel als Symbol für das Schreinerhandwerk, dass sich als eigenständiger Berufsstand von dem technisch ähnlichen Gewerbe der Zimmerer absetzte. Die Schreinerei in Haus Petersen verfügt über eine breite Fensterfläche. Dies war typisch für eine solche Werkstatt, da für die oft detailreiche Arbeit Helligkeit unbedingt notwendig ist. Auch Trockenheit und Wärme mussten (und müssen) in einer Schreinerei gegeben sein, da sich trockenes Holz besser zur Bearbeitung eignet. Daher wurden die Werkstatträume häufig gleichzeitig zur Lagerung und Trocknung des Holzes genutzt. Ab dem I7. Jahrhundert gehörte auch ein Leimofen zur Ausstattung einer Schreinerei. Der Knochenleim wurde darauf in einem Topf im Wasserbad erhitzt und bei konstanter Temperatur einsatzbereit gehalten.
Löffelschnitzerei
Die Einrichtung der Löffelschnitzerei stammt aus Wunderthausen, einem Ort nahe Bad Berleburg im Wittgensteiner Land, das sich im l8. Jahrhundert zu einem Zentrum der Löffelschnitzerei entwickelte. Die Familie Riedesel, die über mehrere Generationen das Handwerk in Heimarbeit ausübte, überließ die Einrichtung der Löffelschnitzerei 1967 dem Freilichtmuseum. Holzlöffel, kleine hölzerne Schaufeln, Holzteller, -näpfe und -Schalen bildeten, vor allem in ländlichen Gegenden, bis weit ins 19. Jahrhundert hinein die übliche Grundausstattung des Hausrates. Für die Herstellung von Löffeln wurde Ahorn-, Buchen-, Birken- und Lindenholz verwendet. Die Löffelschnitzerei war eine Winterarbeit, die als Nebenerwerb zur Landwirtschaft diente, da diese zumeist nicht ausreichte, um den Lebensunterhalt zu sichern. Zeitgenössischen Berichten zufolge konnte ein Löffelschnitzer in zwei Stunden aus den vorbereiteten Rohformen bis zu 60 Löffel herausarbeiten. Hinzu kam die Nachbearbeitung, bevor die Produkte verkaufsfertig waren. Der Handel mit hölzernem Gerät erstreckte sich zu seiner Blütezeit im 18. Jahrhundert weit über Westfalen bis nach Holland.
Holzschuhmacherei
Holzschuhe und deren Herstellung spielten in Deutschland vor allem im Münsterland eine große Rolle. Hier waren sie über lange Zeit das alltägliche Schuhwerk. Sie dienten auch als Sicherheitsschuhe bei Feld-, Fabrik- und Bauarbeiten. Im Winter wurde als Wärmedämmung zusätzlich Stroh in die Schuhe eingelegt. Bei der Herstellung von Holzschuhen wurde hauptsächlich Pappel- und Weidenholz verwendet. Für die leichtere Bearbeitung wurde das Holz noch in feuchtem Zustand zugeschnitten, behauen und ausgehöhlt. Getrocknet wurden die Schuhe erst, wenn sie ihre endgültige Form erhalten hatten. Das Holz durfte beim Trocknen keine Risse bekommen und sollte möglichst wenig Astlöcher haben, damit die Schuhe auch wirklich dicht und trocken hielten. Die Tagesproduktion belief sich auf sechs bis zehn Paar Holzschuhe. Die Holzschuhmacherei war eine körperlich sehr anstrengende Arbeit, und benötigte Erfahrung und handwerkliches Können. Trotzdem ließ sich mit der Arbeit nur sehr wenig Geld verdienen, so dass viel Holzschuhmacher extrem lange Arbeitszeiten hatten, um überhaupt ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können.
Achate, Halbedelsteine, entstanden, als mineralische Lösungen in Gasblasen und Hohlräume vulkanischer Gesteine eindrangen und dort auskristallisierten - vor langer Zeit, etwa 250 Millionen Jahren. Mindestens seit dem hohen Mittelalter werden Achate zu Schmucksteinen verarbeitet, erste Werkstätten sind im 14. Jahrhundert im Breisgau belegt, später in Böhmen, seit dem 16. Jahrhundert auch an der Nahe – hier gab es reiche Achatvorkommen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs die Nachfrage nach Schmucksteinen so stark, dass das Rohmaterial importiert werden musste - in dieser Zeit wurde die Region um ldar-Oberstein zu einem der Zentren der Edelsteinverarbeitung. Das Freilichtmuseum übernahm seine Edelsteinschleiferei 1972 aus dem Ort Allendorf bei ldar-Oberstein. Kennzeichen einer Achatschleife sind die vertikal umlaufenden, einst wasserradgetriebenen Schleifsteine. An diesen Sandsteinrädern hat der Achatschleifer die aufgeschnittenen Achate geschliffen - in Bauchlage. Die mit dieser unnatürlichen Körperhaltung verbundene Arbeitsbelastung wurde schon 1878 in einer Untersuchung beschrieben: „Hier stellt die Körperstellung ein nicht unwesentliches Krankheitsmoment dar, indem durch den auf Brust und Bauch ausgeübten Druck des Körpergewichts ausgiebige Atembewegungen unmöglich gemacht und so Erkrankungen der Lunge prädisponiert werden".
Das Gebäude, in dem sich die Sattlerei befindet ist ein freier Entwurf unter Verwendung des Giebels des "Krasshauses", eines ehemaligen Reidemeisterhauses aus Hagen-Haspe. Die Reidemeister waren Händler, die vom An- und Verkauf, hauptsächlich von Eisenwaren lebten. Die Einrichtung der Sattlerei wurde mit Hilfe des Sattler- und Raumausstatter-handwerks Westfalen-Lippe aus den Beständen verschiedener Werkstätten zusammengetragen. Es sind alle Werkzeuge und Geräte vorhanden, die der Sattler zur Ausübung seines Handwerks - der Herstellung von Geschirr und Reitsätteln - braucht. Das wichtigste Hilfsmittel ist das "Nähross", auf dem der Sattler rittlings sitzt, vor sich das Werkstück in einer hölzernen Klemme eingespannt, um es von Hand zusammenzunähen. Für kleinere Handnäharbeiten gibt es den "Nähkloben" der bei der Arbeit zwischen die Beine geklemmt wird. Sattlerhandwerk ist überwiegend Handarbeit. Die um 1900 eingeführte Sattler-Nähmaschine wurde selten benutzt. Außerdem finden sich in der Einrichtung viele kleinere Handwerkzeuge wie Ahlen, Nadeln und das typische Halbmondmesser zum Zuschneiden des Leders.
Die Einrichtung dieser Portefeuille-Werkstatt stammt aus der bis 1973 betriebenen "Werkstatt für feine Lederwaren" von Friederich Hess in Burscheid. Hess gründete sein Geschäft 1925 in Solingen. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb zerstört und nach dem Krieg in Burscheid neu gegründet. Die Werkstatteinrichtung besteht aus einem Zuschneidetisch, einer Schärfmaschine zum Ausdünnen der Lederkanten, einer Portefeuille-Nähmaschine (Linksarmmaschine) und einem weiteren Arbeitstisch. Außerdem finden sich mehrere Nähkloben für Handnäharbeiten sowie zahlreiche kleine Handwerkzeuge wie Hämmer, Zangen und Ahlen. Die Hauptarbeit der Portefeuillerie war die Montage, daneben führte man auch Reparaturen aus, Neben Leder verarbeitete der Portefeuillier z.B. auch Metall, Textilien und Perlen. Die vielseitige Produktpalette reicht von Necessaires über Brieftaschen und Handtaschen bis zu Koffern. Portefeuilleriewaren sind modeabhängig, schon im 19. Jahrhundert wurden die wechselnden Kollektionen fabrikmäßig hergestellt Friedrich Hess hatte sich auf die Zulieferung bestimmter Artikel für eine Fabrik spezialisiert, deren Massenfertigung sich wegen der geringen Stückzahl nicht lohnte.
Das um 1800 entstandene Gebäude stand in Hohenlimburg und diente am originalen Standort als Wohnhaus, 1972/73 wurde es ins Museum gebracht.
Goldschmiede
Schmuck ist fast so alt wie die menschliche Kultur, das Goldschmiedehandwerk zählt zu den ältesten Handwerken. Während andere Berufsbilder sich grundlegend wandelten, blieb die Arbeit der Goldschmiede fast unverändert, ebenso die wichtigsten Goldschmiedetechniken und -werkzeuge. Die Einrichtung der Goldschmiede wurde aus verschiedenen Betrieben zusammengetragen.
Uhrmacherwerkstatt
Uhrmacher- und Schmuckwerkstätten sind bis heute oft zu einem gemeinsamen Geschäft kombiniert. Der Uhrmacher war ein eigener Lehrberuf. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen heute auf Wartung und Reparatur der Uhren; bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gehörte auch der Uhrwerksbau dazu. Mit der Industrialisierung der Uhrenherstellung traten zunehmend angelernte Arbeiter an die Stelle der ausgebildeten Uhrmacher.
Optikerwerkstatt
Das Berufsbild des Augenoptikers ist erst seit den 1920er Jahren festgelegt, Brillen und Sehhilfen werden jedoch schon seit Langem hergestellt. Zur Arbeit des Augenoptikers gehörten die Bestimmung der Sehschärfe, der Schliff- heute meist nur noch die Bestellung - der Gläser und das Einpassen der Gläser in die Fassungen. Auch der Verkauf von optischen Geräten, z.B. Ferngläsern und Lupen, zählten zur Tätigkeit der Optiker.
Lange Jahre tat sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts ihre Dienste, die Dampfmahlmühle auf Gut Reichsmark bei Hohensyburg. Dann wurde die Inneneinrichtung durch das Westfälische Freilichtmuseum übernommen. Das Museums-gebäude, in dem sie sich nun befindet, ist eine Rekonstruktion. Aus Gründen der besseren Anschaulichkeit wurde die Dampfmaschine als Antriebsmaschine im Mühlengebäude aufgestellt. Üblicherweise waren Kraftmaschinen und Mahlwerke aus sicherheitstechnischen und hygienischen Gründen räumlich voneinander getrennt. Die auf dem Dampfkessel stehende Dampfmaschine wurde von der Firma Dürholz in Remscheid übernommen, die andere Dampfmaschine von Gut Reichsmark. Die von der Maschine erzeugte Kraft wird über eine Transmission auf die beiden Mahlwerke übertragen, die Getreidekörner werden zwischen zwei Mahlsteinen zerrieben. In der Mahltechnik entspricht die Dampfmahlmühle des Museums so noch der traditionellen Herstellungsweise, die auch in Wasser- und Windmühlen üblich war. Der Einsatz von Dampfmaschinen bedeutete in Deutschland seit den 1820er Jahren einen gewaltigen technologischen Entwicklungsschub. Mühlen waren nicht länger von den Naturkräften Wind und Wasser abhängig und daher nicht mehr standortgebunden. So verdrängten Dampfmahlmühlen seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts allmählich die Wind- und Wassermühlen, die sich nur vereinzelt bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts behaupten konnten.
Der Seilereibetrieb Lefken aus Glandorf im südlichen Niedersachsen bestand ursprünglich aus zwei Seilerbahnen, sogenannten „Doppelspinnbahnen“, verbunden durch einen Lagerraum, und einem Wohnhaus mit angebautem Stall und Düngerschuppen. In Jahr 1964 wurde die 72 Meter lange Doppelspinnbahn mit dem vorgelagerten Gebäude vom Westfälischen Freilichtmuseum Hagen übernommen und 1967 wieder aufgebaut. Bei dem Gebäude handelt es sich dem Grundriss und der Raumaufteilung nach um eine typische überdachte Seilerbahn des 19. Jahrhunderts. Am Kopfende der Bahn befindet sich das Lagerhaus mit dem Hechelboden im Obergeschoss, wo Hanf gehechelt wurde. Im Erdgeschoss des Lagerhauses bewahrte man die Arbeitsgeräte auf: Seilerräder, Spinnmaschinen, Kammgeschirre und Schlitten -typische Geräte der Landseilerei. Hier wurden auch Reparaturen durchgeführt und kurze Seile geschlagen. Auf der langen Seilerbahn im hinteren Teil des Gebäudes spann man Garn und stellte lange Seile her. Glandorf war wegen des ursprünglich hier betriebenen intensiven Hanfanbaus und der Nähe zum größten Hanfmarkt in Westfalen, Telgte an der Ems, ein günstiger Standort für Seilereien. Daher siedelten sich im 19. Jahrhundert zahlreiche Seilereibetriebe hier an.
Nadel und Faden standen am Wochenende, 14. und 15. April im Mittelpunkt der Textilveranstaltung „umGARNen“ im Museum. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe organisierte diese Veranstaltung, bei der Fans der textilen Handwerke schauen und staunen konnten, Neues entdeck wurde und Gelegenheit zum Fachsimpeln war. Über 30 „Gasthandwerker“ stellten in den kleinen historischen Fachwerkhäusern und an Ständen verschiedene traditionelle Handwerkstechniken vor, die alle in irgendeiner Form mit Nadel und Faden zu tun haben. Ob es sich um Weben, Spinnen, Filzen, Nähen, Sticken, Stricken, Patchwork oder auch um Sattlerei und Lederverarbeitung handelt, die engagierten ausstellenden Handwerker zeigten und erklärten ihre Arbeit, luden zu Mitmachaktionen ein und boten auch ihre handgefertigten Produkte zum Kauf an. In den Workshops wurden Garne gesponnen, Strümpfe gestrickt, mit Perlen gestickt (Bead-Embroidery), mit Leder gebastelt, mit Modeln gedruckt und noch vieles andere mehr.
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