Zwischen eindrucksvoller Architektur zeugen glänzende Schatzstücke von der kulturellen Vergangenheit der Region. Der Essener Domschatz ist einer der bedeutendsten Kirchenschätze Deutschlands. Der Schatz des Essener Frauenstifts, das von 850 bis 1803 bestand, beherbergt weltweit einzigartige Kunstwerke – vor allem aus dem Frühmittelalter
Dom und Domschatz bewahren einen Kirchenschatz von überregionalem Rang. Schatzstücke aus dem 10. und 11. Jahrhundert bilden die weltweit größte Sammlung ottonisch-salischer Goldschmiedekunst. Dazu gehören Kunstwerke, wie das Ensemble einzigartiger Vortragekreuze, der goldene Buchdeckel des Theophanu-Evangeliars, das Essener Schwert sowie die kleine Lilienkrone. Die Goldene Madonna im Dom ist die älteste vollplastische Marienfigur der Welt und das bedeutendste Kunstwerk im Ruhrgebiet. Auch der Siebenarmige Leuchter im Dom ist der älteste erhaltene seiner Art. Neben diesen herausragenden Kunstwerken des frühen Mittelalters präsentiert das Museum Schatzkunst und Skulpturen aus der Zeit der Gotik, des Barock, Rokoko und nicht zuletzt aus dem 20. Jahrhundert. Gemeinsam mit kostbaren Handschriften aus der Zeit des 8. bis 15. Jahrhunderts ist der Bestand der Domschatzkammer Zeugnis des liturgischen Lebens der Essener Stiftsfrauen und des jungen Bistums.
Da im Lauf der Geschichte nur wenige Stücke des Stiftsschatzes wie etwa der goldene Schrein des Hl. Marsus verloren gegangen sind und zudem der Essener liber ordinarius erhalten ist, in dem die liturgische Verwendung der Gegenstände festgelegt war, ist die Sammlung in ihrer Gesamtheit exemplarisch. Darüber hinaus enthält der Essener Domschatz mehrere kunsthistorisch bedeutende Werke insbesondere aus der ottonischen Epoche; im Einzelnen sind dies:
Neben den ottonischen Kunstwerken gehören zum Domschatz auch wertvolle Objekte aus späteren Epochen, wie die Marsus-Büste und 16 burgundische Agraffen aus dem 14. Jahrhundert; es handelt sich hierbei um die weltweit größte Einzelsammlung solcher Agraffen. Ferner gehören zum Domschatz mehrere Handschriften, darunter das sprachwissenschaftlich wie künstlerisch bedeutende karolingische Evangeliar, auch Altfrid-Evangeliar genannt, der Essener Liber Ordinarius und der Essener Nekrolog. In der Domschatzkammer befindet sich auch eine Vitrine mit Leihgaben des Diözesanmuseums, nämlich den Bischofsstäben, Mitren, Pektoralien und Bischofsringen der verstorbenen Bischöfe des Bistums Essen.
Vor der Schatzkammer steht eine Bronzestatue des hl. Altfrid, der als Gründer des Essener Frauenstiftes verehrt wird.
Sie wurde 1970 von Ludwig Deller (1923-2007) geschaffen. Der Domhof wurde 2009 neu gestaltet.
Altfrid, Bischof von Hildesheim und Gründer des Stiftes Essen, wurde um 800 geboren. Er entstammte einem angesehenen sächsischen Adelsgeschlecht und erhielt eine gute Erziehung, vermutlich in den Klöstern von Fulda oder Corvey. 851 wurde er zum vierten Bischof von Hildesheim ernannt. Um 852 gründete er auf seinem Hofgut Astnide das Stift Essen. Erste Äbtissin wurde seine Schwester Gerswid. Als Berater und Gesandter König Ludwigs des Deutschen erlangte er politischen Einfluss, war als Unterhändler und Friedensstifter zwischen dem West- und Ostfrankenreich tätig. Groß war seine Sorge um Klöster und die Bildung des Klerus. Er ist Begründer des Hildesheimer Doms (1. November 872) und der ersten Kirche in Essen, die dem heiligen Quintinus geweiht und erst 1817 abgerissen wurde. Altfrid starb am 15. August 874 und wurde auf seinen Wunsch in der von ihm errichteten Stiftskirche zu Essen, die seit 1958 Bischofskirche ist, bestattet. Der Gedenktag Altfrids ist am 16. August. Am Vorabend wird im Essener Dom der Schrein mit den Gebeinen des Heiligen feierlich erhoben.
Unsere Liebe Frau vom Heiligenschein
(Maria im Strahlenkranz).
Maasland oder Ruhrgebiet, um 1500 aus Eichenholz
Die Jungfrau Maria war neben dem heiligen Cosmas und dem heiligen Damian die Schutzpatronin der Essener Klöster. Diese Statue wurde dem Hauptaltar der Kathedrale gewidmet. Maria hält in ihrer linken Hand eine Birne und das Jesuskind hält eine Traube als Symbol der Heilung.
Ein lang gehegter Wunsch ging 2011 in Erfüllung. Damals konnte der neu gestaltete Handschriftenraum des Essener Domschatzes eröffnet werden. Der Raum – im historischen Teil der Domschatzkammer aus dem 12. Jahrhundert wurde völlig neu eingerichtet worden und zeigt sich seitdem dem Besucher in einer modernen, musealen Ausstattung. Fünf neue Vitrinen, die die Kulturstiftung Essen auf Vermittlung des Münsterbauvereins der Schatzkammer schenkte, präsentieren nun kostbare Handschriften auf roter Seide. Eine spezielle Ausleuchtung sorgt sowohl für den notwendigen Schutz der Objekte als auch für genügend Licht für den Betrachter.
Die Handschriften des Essener Frauenstiftes haben zum Teil abenteuerliche Wege hinter sich. Manche gingen verloren, andere werden heute in der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf aufbewahrt. 36 wertvolle Handschriften sind nun hier in Essen: das karolingische Evangeliar (um 800) – die älteste Handschrift der Domschatzkammer -, das so genannte „kleine karolingische Evangeliar“ (10. Jahrhundert), das Kettenbuch des Stifts Essen (um 1410) und das Nekrolog, ein Totenbuch zum Gebetsgedächtnis (Ende des 13. Jahrhunderts). In einer gesonderten Vitrine werden Briefe des seligen Nikolaus Groß ausgestellt. Da die wertvollen Exponate aus konservatorischen Gründen nur für eine begrenzte Zeit Licht ausgesetzt werden dürfen, werden immer wieder andere Handschriften aus den Magazinbeständen gezeigt.
Das Essener Kosmas- und- Damian-Reliquiar Kosmas (oder Cosmas) und Damian lebten der Legende nach Ende des dritten und Anfang des 4. Jahrhunderts im heutigen Syrien und wirkten dort als Ärzte. Sie zogen durch die Städte, verkündeten Christus und heilten Kranke, ohne dafür Gegenleistungen anzunehmen. Mitte des 9. Jahrhunderts brachte Bischof Altfridvon Hildesheim die Reliquien der Heiligen nach Essen und Hildesheim. Dieses Reliquiar bewahrt die Überreste des Heiligen Cosmas und des Heiligen Damian. Das Glasgefäß rechts enthält die Überreste des heiligen Malthus, der im frühen Mittelalter in Essen ein Objekt großer Verehrung war.
Ein Reliquiar in Form des Arms von Beatrix von Holte. Rheinland, entstanden um 1300 aus Holz. Es ist teilweise mit Silber plattiert. Abt Beatrix von Holte stiftete den silbernen Arm. Im Arm befinden sich eine Oberarm-Reliquie des heiligen Cosmas und in Tücher eingeschlagene Reliquien des heiligen Damian, in dem Türmchen Reliquien der heiligen Barbara. Beatrix baute die Kirche im gotischen Stil wieder auf, nachdem die Stiftskirche im Jahr 1275 niedergebrannt war, und die Kirche in ihren Händen ist ein Symbol ihrer Anwesenheit als Erbauerin und Abt.
Reliquienkreuz, vermutlich aus dem Rheinland, 14. Jahrhundert, vergoldetes Silber mit Achat, Opal und Bergkristall.
Auf der Vorderseite ist ein ornamental bearbeitetes, teilweise mit goldener Farbe bemaltes Pergament eingelegt, auf dem die Reliquien verzeichnet sind. (…) Die zwei kreuzförmig übereinanderliegenden Holzpartikel im Zentrum des Pergaments sind durch die umlaufende Inschrift „De sancta cruce domini“ (Vom heiligsten Kreuz) als Kreuzreliquien gekennzeichnet. Die Rückseite des Behälters ist mit einer silbervergoldeten, kreisförmigen Platte mit getriebenem Christuskopf in einer Mandorla verschlossen.
Reliquienbehälter aus aufgelassenen Altären des Ostchores im Essener Münster, datiert auf 1054
Zwei Mitglieder des Bistums Münster stifteten 1892 diese gotische Sargnachbildung als Ersatz für eine mittelalterliche Schatulle. Diese Truhe diente bis 1974 als Reliquienschrein des Heiligen Altfried, dem Gründer der Stiftskirche. Auf dem Deckel ist Bischof Altfried bei der Übergabe der Essener Stiftskirche an die Jungfrau Maria dargestellt. Daneben stehen Cosmas und Damien, die Schutzheiligen der Kirche. Auf der Rückseite des Reliquiars ist das Datum des 15. August 874, dem Todestag Altfrieds, zu sehen.
Vortragekreuz (sog. Otto-Mathilden-Kreuz). Holz, Gold getrieben, Silber getrieben, Email, Filigran, Edelsteine, Perlen. Das Kruzifix besteht aus Goldblech, aus dem auch der Corpus mit Suppedaneum und sich darunter ringelnder Schlange getrieben ist. Die Darstellung zeigt die Essener Äbtissin Mathilde (um 973–1011) und ihren Bruder, Herzog Otto von Schwaben und Bayern (973/976–982), beide in höfischer Kleidung. Gemeinsam halten sie ein Vortragekreuz. Um das Kruzifix und die Emailplatten verläuft eine Gemmenleiste mit Steinen, Filigran und Perlen.
Auf die kapitellartig verbreiterten Enden des lateinischen Kreuzes ist auf der Vorderseite je ein Dreieck mit Filigran, Edelsteinen und Perlen aufgelegt. Die Rückseite des Kreuzes besteht aus einer vergoldeten, gravierten Kupferplatte mit dem Agnus Dei in einem Medaillon im Zentrum und den Evangelisten-Symbolen, ebenfalls in Medaillons, auf den Kreuzenden, dazwischen steht der ornamental gestaltete Lebensbaum.
Das Kreuz mit den großen Senkschmelzen ist ein Vortragekreuz des Essener Domschatzes, das unter der Essener Äbtissin Mathilde († 1011) angefertigt wurde. Die Bezeichnung als Senkschmelzen-Kreuz weist auf seinen wichtigsten Schmuck hin, fünf große Emails in Senkschmelztechnik. Das Kreuz gilt als eines der Meisterwerke der ottonischen Goldschmiedekunst. Das Kreuz ist 46 cm hoch und 33,5 cm breit, sein Kern besteht aus Eichenholz. Es handelt sich um ein lateinisches Kreuz mit blockförmig verbreiteten Enden. Diese weisen Ähnlichkeiten zu Würfelkapitellen mit Halsringen auf, die in der Architektur um das Jahr 1000 populär wurden. Das Kreuz ist auf der Vorderseite mit Goldblech beschlagen, auf der Rückseite mit vergoldetem Kupferblech. Es handelt sich bei dem Kreuz um ein reines Gemmenkreuz, wobei die Senkschmelze der Kreuzvierung jedoch die Kreuzigung zeigt. Das Senkschmelzenkreuz nimmt Bezug auf das älteste der vier Essener Vortragekreuze, das ebenfalls von Mathilde gestiftete Otto-Mathilden-Kreuz. Gleich diesem ist ein Binnenkreuz von einem Rahmen umgeben. Während beim Otto-Mathilden-Kreuz dieser Rahmen aus jeweils von zwei Perlen begleiteten Edelsteinen besteht, ist beim Senkschmelzenkreuz der Rahmen an den Kreuzbalken zusätzlich durch ursprünglich 24 (21 sind noch vorhanden) kleine Emaillen erweitert, die sich mit von jeweils vier Perlen begleiteten Edelsteinen abwechseln. Die Fläche innerhalb des Rahmens ist beim Senkschmelzenkreuz mit kunstvoll doppelt geführtem Filigran, Edelsteinen, kreuzförmig angeordneten Perlen und einem antiken Kameo verziert.
Namensgebend sind die fünf großen Senkschmelzen des Kreuzes. In der Vierung des Kreuzes befindet sich eine leicht rechteckige Platte mit der Darstellung der Kreuzigung: Christus steht vor dem Kreuz, mit leicht geneigtem Kopf und weit geöffneten Augen. Zu Seiten seines Kreuzes stehen Maria und Johannes, der durch seine nachdenkliche Geste identifiziert wird. Über dem waagrechten Kreuzbalken betrachten die Personifikationen von Sonne und Mond das Geschehen. Das von winzigen Perlen gerahmte Emaille ragt aufgrund seiner Größe nach unten etwas über die Vierung des Kreuzes hinaus. An den Enden der Kreuzbalken befinden sich innerhalb einer vereinfachten Rahmung aus Edelsteinen, die die Rahmung der Kreuzbalken aufgreift, vier weitere große, unregelmäßig geformte Senkschmelzen mit den Symbolen der vier Evangelisten: Oben der Adler für Johannes, unten der geflügelte Mensch für Matthäus, rechts der Stier für Lukas und links der geflügelte Löwe für Markus. Diese großen Senkschmelzen des Kreuzes weisen eine hohe technische und künstlerische Qualität auf, die in der reichen Farbigkeit und feinen Durchzeichnung der Flügel erkennbar ist.
Die im 12. Jahrhundert erneuerte Rückseite des Kreuzes ist als Lebensbaum gestaltet. In den Verbreiterungen der Kreuzenden befinden sich vier getriebene Medaillons mit Engeln, in der Kreuzvierung ein Medaillon mit dem Agnus Dei.
Das Essener Frauenstift
Der Essener Dom, Kathedralkirche des 1958 errichteten Ruhrbistums Essen, blickt auf eine rund 1150-jährige Geschichte zurück. Am Beginn stand um 850 die Gründung einer religiösen Frauengemeinschaft, die im frühen und hohen Mittelalter zu den herausragenden religiösen Institutionen des Reichs gehörte. Hauptaufgabe der Stiftsfrauen war die ,memoria', das bedeutete, für die Seelen Verstorbener und die Gnade und Unterstützung Gottes für die Lebenden zu beten. Die Frauengemeinschaft wurde seit Mitte des 10. Jahrhunderts vom ottonischen Kaiserhaus mit Privilegien und Grundbesitz reich beschenkt. In dieser Zeit regierten in Essen drei Äbtissinnen aus ottonischem Kaiserhaus: Mathilde (971 - 1011), Sophia (1012 - 1039) und Theophanu (1039 - 1058) waren Nichten und Enkelinnen von Otto I. und Otto II.
Das Stift Essen beherrschte ein etwa drei Quadratmeilen großes Gebiet zwischen den Flüssen Emscher und Ruhr und weitere Besitzungen mit insgesamt 3.000 abgabenpflichtigen Bauernhöfen. Das Frauenstift war auch die Keimzelle der heutigen Stadt Essen. Um den Stiftsbezirk herum bildete sich eine Siedlung, die im 13. Jahrhundert Stadtrechte erlangte. In dieser Zeit stiegen die Äbtissinnen zu Reichsfürstinnen auf. Sie waren damit zugleich Landesherrinnen über das Reichsfürstentum Essen und mit einem Sitz im Reichstag vertreten. Die "weltliche" Bedeutung des Stiftes zeigt sich auch darin, dass in Essen eigene Münzen geprägt wurden.
Seit dem 14. Jahrhundert war der Eintritt in das Stift Frauen des allerhöchsten Reichsadels vorbehalten. Die Stiftsfrauen führten kein abgeschlossenes klösterliches Leben. Wer ins Stift aufgenommen wurde, legte kein Gelübde ab, sondern entschied sich für eine Gemeinschaft, die sich zu einem religiösen Lebenswandel verpflichtet hatte. Hauptaufgaben waren das tägliche gemeinsame Chorgebet und die regelmäßigen Gebete für die Verstorbenen: Die Frauen - auch die Äbtissin - konnten das Stift jederzeit wieder verlassen, um zu ihrer Familie zurückzukehren oder zu heiraten.
Auch nach der Reformation, der sich die Stadt Essen 1563 anschloss, blieb das "Fürstliche Stifft Essen" katholisch. Als Landesherrin blieb die Äbtissin oberste Herrin der Stadt. Im Zuge der Säkularisation wurde das Stift Essen aufgelöst. Die ehrwürdige Stiftskirche wurde zusammen mit der Anbetungskirche der Pfarre St. Johann übergeben. Sie war nun die Hauptpfarrkirche der während der Industrialisierung rasch zur Großstadt anwachsenden Stadt Essen. Die Stiftsgebäude wurden nach und nach abgerissen. Die Pfarrkirche wurde 1958 zur Dom- bzw. Kathedralkirche des Ruhrbistums erhoben.
Vom mittelalterlichen Erbe Essens blieben im Herzen der Stadt bis heute die Münsterkirche St. Cosmas und Damian, die Anbetungskirche St. Johann sowie der Kreuzgang erhalten. Wichtigste Hinterlassenschaft der Frauengemeinschaft ist der über Jahrhunderte gewachsene, bedeutende Stiftsschatz mit seinen berühmten Kunstwerken.
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