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Deutsches Bergbaumuseum Bochum

Als beliebtes Ausflugsziel für Touristen, aber auch für Menschen aus dem Ruhrgebiet, Familien mit Kindern und Schulklassen vermittelt das Deutsche Bergbau-Museum (DBM) in Bochum jährlich rund 400.000 Besuchern umfassende Informationen über alle Bodenschätze von der Zeit der Industrialisierung bis heute. Mit einer Ausstellungsfläche von 12.000 m² ist das DBM das bedeutendste Bergbau-Museum der Welt. Originalmaschinen und Modelle, die die Besucher teilweise selbst in Gang setzen und ausprobieren können, erschließen die Welt des Bergbaus. Das Highlight des Museums ist ein Anschauungs-Bergwerk unterhalb des Museums, um die Welt unter Tage kennen zu lernen. Es befindet sich in einer Tiefe von nur 25 m, der Rundgang ist etwa 2,8 km lang. Die technische Entwicklung des Bergbaus wird hier anhand originaler, lauffähiger Maschinen gezeigt. Hier bekommen Besucher realistische Eindrücke eines Steinkohlen- und Eisenerzbergwerks und von den Bedingungen unter Tage. Aber auch aus der Luft und am Boden erlebt man im Bergbau-Museum in Bochum die Geschichte des Bergbaus im Ruhrgebiet. Und von dem zum Museum gehörenden Förderturm aus hat man einen wunderbaren Blick über Bochum. Neben der Dauerausstellung beherbergt das Bergbau-Museum von Zeit zu Zeit auch Sonder-Ausstellungen.

Zu Fuß von der Innenstadt ist das Museum in 10 bis 20 Minuten zu erreichen. Ansonsten mit der U-Bahn Linie 35 zwei Haltestellen nördlich vom Hauptbahnhof.

 
 

Vor dem Bergbau-Museum steht eine kinetische Klangskulptur, die sich durch zwei Merkmale auszeichnet: Sie bewegt sich nicht und sie klingt nicht. Das war ursprünglich anders: Bewegliche Metallflächen aus Aluminium und Kupfer auf einer Stahlkonstruktion und ein motorgetriebener, großer verzinkter Stahlzylinder von erheblichen Dimensionen - bis zu 8 m Höhe und insgesamt 20 t schwer - wurden durch ein computervernetztes System online und zeitgleich zur Entwicklung der Kurse an der Internationalen Metallbörse in London bewegt: Bei Hausse drückte die Stahlwalze die gebogenen Metallplatten nach oben, bei Baisse legten sich die Platten flach. Dazu erklangen digitale Klangmuster, programmiert vom Komponisten Ulrich Müller nach der molekularen Struktur der Heisenberg-Bohrschen Atommodelle.

Die Skulptur wurde am 7. Mai 1990 vor dem Pavillon der Metallgesellschaft AG auf der Hannover-Messe erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt und erregte große Aufmerksamkeit. Die Idee zu der Skulptur kam von der Metallgesellschaft AG, die das Schwanken der Metallpreise mit Hilfe der Kunst sichtbar und hörbar werden lassen wollte. Der renommierte Künstler Ovis Wende (*1952) mit der Realisierung beauftragt. Nach dem Ende der Hannover-Messe suchte man nach einem neuen Standort für das Werk. Aufgrund der guten und engen Beziehungen des Deutschen Bergbau-Museum war die Metallgesellschaft AG bereit, das Kunstwerk als Schenkung nach Bochum zu geben und es vor dem Bergbau-Museum aufstellen zu lassen. Die thematische Verbindung des Museums zu den Metallen und dem Welthandel konnte durch die Skulptur einleuchtend und einprägsam dargestellt werden. Am 26. Oktober 1994 konnte die Klangskulptur für die Öffentlichkeit in Bewegung gesetzt werden. Bochum und das Bergbau-Museum besitzen seither mit dieser Großplastik ein prägendes Identifikationsobjekt. Ovis Wende ist Professor für Kunst im öffentlichen Raum und Szenografie an der Fachhochschule Dortmund.

 
 

Aufwärts ober abwärts?

Aufwärts!

Weit über die Grenzen Bochums bekannt ist das grüne Fördergerüst. Dabei kam das größte Ausstellungsstück erst 1973 nach Bochum und prägt seither die Stadtsilhouette. Bis dahin stand das Fördergerüst noch an seinem ursprünglichen Ort, über dem Zentralschacht der Schachtanlage Germania in Dortmund-Marten. Entworfen von den renommierten Industriearchitekten Fritz Schupp und Martin Kremmer, wurde das vollwandige Doppelbockgerüst 1943/44 errichtet. Es galt seinerzeit mit einem Gewicht von 650 t, einer Höhe von 71,4 m und einem Durchmesser der Seilscheiben von 8 m als weltgrößtes Fördergerüst und war eine der modernsten und auch leistungsstärksten Fördereinrichtungen des deutschen Steinkohlenbergbaus, die noch bis 1971 in Betrieb war. Von großem medialen Interesse begleitet, wurde das Gerüst nach seiner Stilllegung in Einzelteile mit einem Gewicht bis zu 30 t zerlegt und mit Spezialtransportern nach Bochum gebracht und dort in wochenlanger Arbeit montiert. Heute können Besucher über den Fahrstuhl in das Anschauungsbergwerk einfahren und die Aussichtsplattform in luftiger Höhe erreichen. Über den Dächern der Stadt reicht der Blick weit über die Grenzen Bochums hinaus.

 
 

Technische Daten

 

Aufgebaut auf der Schachtanlage Germania1944
Wiederaufbau im Deutschen Bergbau-Museum1973
Höhenlage der Rasen-Hängebank Keller± 0,00 m (+ 84,00 m NN)
Gesamthöhe (ab Rasenhängebank)71,40 m (+ 155,40 m NN)
Höhe bis zur oberen Seilscheibenbühne62,00 m (+ 146,00 m NN)
Höhe bis zur unteren Seilscheibenbühne50,00 m (+ 134,00 m NN)
Gesamtgewicht der Gerüstkonstruktionrund 650 t
Seilscheibendurchmesser8.00 m

Bochum von oben

 
 
Die Technische Hochschule Georg Agricola für Rohstoff, Energie und Umwelt zu Bochum (häufige Abkürzungen: TH Bochum oder TH Georg Agricola) ist eine private, staatlich anerkannte Hochschule in Bochum. Im Jahr 1816 als Bergbauschule gegründet, entwickelte sie sich bis heute zu einer modernen Hochschule, an der zum Wintersemester 2016/2017 fast 2300 Studenten eingeschrieben waren. 88% davon sind männlich, 9% Studierende mit anderer Nationalität und 49% absolvieren das Studium berufsbegleitend.
 
 
 
 

Abwärts ...

Wer noch nie untertage war, kann es hier nachholen und einfahren: Das Anschauungsbergwerk im Untergrund des Deutschen Bergbau-Museums ist die besondere Attraktion und in seiner Art einzigartig. Hautnah können die Besucher bei einer Grubenfahrt erleben, wie es in einem Bergwerk unten „vor Kohle“ zuging, wie in Hitze, Dunkelheit und stickiger Luft das schwarze Grubengold gewonnen wurde. Auf einem Streckennetz von rund 2,5 Kilometern Länge kann man sich ein anschauliches Bild vom Steinkohleabbau in der Vergangenheit und Gegenwart machen – von der harten Handarbeit vor hundert Jahren bis zu heutigen High-Tech-Verfahren.

Flöz im Anschauungsbergwerk
Grubenpferd Tobias von General Blumenthal

23. Juni 1966 - Letzte Schicht eines deutschen Grubenpferdes: Zum Schluss arbeitet der alte Tobias kaum noch. Nach zwölf Jahren Maloche unter Tage zieht er nur noch hin und wieder mal eine Lore Kohlen durch den Stollen. Lieber lässt sich der braune Wallach in seinem unterirdischen Stall von den Bergleuten verwöhnen, am liebsten mit Butterbroten, Kartoffelschalen und geschälten Apfelsinen. Den Kohletransport erledigt längst moderne Fördertechnik für ihn. So tritt Tobias am 23. Juni 1966 mit reichlich Speck auf den Rippen seine endgültig letzte Schicht auf der Zeche General Blumenthal in Recklinghausen an. Der Bergwerksdirektor und sogar das Fernsehen sind gekommen, um Deutschlands letztes Grubenpferd in den wohlverdienten Ruhestand zu verabschieden.

Rund 100 Jahre lang haben Pferde unter Tage Schwerstarbeit geleistet und den Bergleuten das Ziehen der Kohleloren abgenommen. Zunächst werden Ponys, eingewickelt in Netze, zu Schichtbeginn durch die engen Förderschächte in die Tiefe hinab gelassen. Später kommen kräftigere Pferde zum Einsatz, vor allem Haflinger. Tageslicht sehen sie nur noch selten, da man inzwischen Ställe in den Stollen eingerichtet hat. Auf dem Höhepunkt der Grubenpferd-Ära vor dem Ersten Weltkrieg verrichten allein in den Zechen an der Ruhr mehr als 8.000 vierbeinige Kumpel die Kärrnerarbeit.

Grubenpferde gewöhnen sich erstaunlich rasch an die sonnenlose Untertage-Welt. Sie entwickeln einen exakten Orientierungssinn und sind wenig anfällig für die bei Kumpels gefürchtete Staublunge. Wegen des Luftzugs in den Stollen leiden sie aber oft an Erkältungen und Augenentzündungen. Lebensgefährlich ist die Arbeit vor Ort für Mensch und Tier. "Bei Beinbruch musste das Pferd in der Grube getötet werden… Dann gab es drei Tage in der Werksküche Nudeln mit Gulasch", erinnert sich der Bergmann und frühere Pferdeführer Horst Höger. Seit den 20er Jahren übernehmen immer mehr Förderbänder und Elektro-Loks die Arbeit der Tiere.

Auf General Blumenthal ist Tobias an einer Ortsveränderung im hohen Alter gar nicht interessiert. Als man ihn zur letzten Fahrt zum Förderkorb führt, reißt er sich los und galoppiert schnurstracks in seinen Stall zurück. Von Steiger Heinrich Rawers in eine Kiste gelockt, gelingt es endlich am frühen Morgen, den störrischen Rentner ans Tageslicht zu hieven. Auch in den Pferdetransporter lässt sich Deutschlands dienstältestes Grubenpferd widerwillig nur rückwärts verfrachten. Dann genießt der müde Wallach seinen Ruhestand auf der saftigen Weide eines Recklinghauser Bergmannskottens.

Nachbildung der Dahlbusch-Bombe

Auf der Gelsenkirchener Zeche Dahlbusch wurden drei Bergleute mit einer selbst gebauten Rettungskapsel nach einer Schlagwetterexplosion im Jahr 1956 geborgen. Mit ihnen war über ein Bohrloch Kontakt aufgenommen worden. Dies gab auch die Größe der Kapsel vor, die nach ihrer Form als Dahlbusch-Bombe bezeichnet wurde. 1963 kam diese Technik in Lengede in der Nähe von Peine zum Einsatz. Hier war der Damm eines Schlammteichs der Eisenerzgrube gebrochen. Der Inhalt floss in den Abbaubereich, die Grube lief voll. Nach dem Grubenunglück vom 24.10.1963 wurden elf Bergleute, die in einer Luftblase überlebt hatten, erst am 7.11.1963 mit einer Dahlbusch-Bombe geborgen ("Wunder von Lengede"). Zuvor hatten sie mit Klopfzeichen auf sich aufmerksam gemacht. Danach wurde die Luftblase angebohrt, zunächst aber verfehlt. Die gesamte Rettungsaktion wurde vom Fernsehen zum ersten Mal live begleitet. Ein Nachbau ist heute im Bergbaumuseum in Bochum im Besucherbergwerk ausgestellt.

Der Rundgang beginnt ...

Ausstellungen im über Tage-Bereich des Museums eröffnen Einblicke in die ganze Welt des Bergbaus. Zahlreiche Originalmaschinen und Geräte können die Besucher selbst in Gang setzen. Sie gehören zu dem einmaligen und reichen Sammlungsbestand des Museums, das neben technischen auch umfangreiche mineralogische und (kunst-) historische Gegenstände umfasst. Das Deutsche Bergbau-Museum Bochum zählt mit fast 400.000 Besuchern pro Jahr zu den meist besuchten Museen der Bundesrepublik. Es ist das bedeutendste Bergbaumuseum der Welt und zugleich ein renommiertes Forschungsinstitut für Montangeschichte.

Waschkaue des Anschauungsbergwerks
 
 

Die Einrichtung von geologisch-paläontologischen Sammlungen wurde bereits kurz nach der Gründung der Westfälischen Berggewerkschaftskasse (WBK) eine Grundlage zur Erforschung des Niederrheinisch-Westfälischen Steinkohlengebiets sowie für die Ausbildung von Bergingenieuren. Die Sammlungstätigkeit wurde im Wesentlichen bis in die 1970er Jahre aktiv fortgeführt. Somit sind vor allem das oberkarbonische Gebirge und das Deckgebirge von der Oberkreide bis zum Quartär sehr gut dokumentiert. Auch wegen der Einrichtung eines seit 1919 öffentlich zugänglichen geologischen Museums wurde die Sammlung überregional und um Zeugnisse anderer Erdzeitalter erweitert. Stücke aus der Sammlung bilden von jeher die Basis für wissenschaftliche Forschungen und sind entsprechend publiziert.

Die Wurzeln der mineralogischen Sammlungen liegen mehr als 150 Jahre zurück und sind eng an die frühe Entwicklung der ehemaligen Westfälischen Berggewerkschaftskasse (WBK) geknüpft. Während zunächst Mineral- und Erzstufen sowie Gesteine aus den heute meist klassischen Lagerstätten (z.B. im Ruhrgebiet, Erzgebirge, Harz, Siegerland usw.) gesammelt wurden, stehen seit geraumer Zeit die in den Forschungsvorhaben des DBM relevanten Rohstoffgrundlagen im Vordergrund. Die mineralogischen Sammlungen sind inzwischen auf internationale Lagerstätten erweitert. Zur Ausbildung von Bergingenieuren und Bergleuten konnten an den Bergschulen Sammlungen nach mineralogischer Systematik zur Ausbildung angelegt werden, diese sind heute im DBM zusammengeführt.

 
 

Eine effektive Wertschöpfung lässt sich in der Regel nur durch die an eine Gewinnung anschließende Aufbereitung oder Veredelung eines zuvor im Bergbau gewonnenen Rohstoffs realisieren. Meist findet diese Aufbereitung bei den Bergwerken oder ganz in der Nähe statt und erfordert spezielle technische Einrichtungen oder Industrieanlagen. Zerkleinerungs-, Klassier-, Anreicherungs- sowie Wasch- und Sortiereinrichtungen sind teilweise im Original oder als Modelle vorhanden. Ein Sammlungsschwerpunkt liegt bei der Steinkohle, nämlich bei deren thermischer Veredelung durch Verkokung einschließlich der chemischen Veredelung der seit Ende des 19. Jahrhunderts gewonnenen Nebenprodukte. Daneben gehören auch die Erzaufbereitung, die Soleanreicherung sowie Objekte zur Brikettierung von Braunkohle zu diesen Sammlungen.

 
 

Die besondere Arbeit des Bergmanns, der sich als einzige menschliche Berufsgruppe unter der Erde ohne das naturgegebene Licht der Sonne bewegt und den weithin unbestimmbaren Kräften der Geosphäre aufgesetzt ist, hat im Laufe der Jahrhunderte besondere Kultur- und Kunstformen entwickelt, die heute als aussagekräftige Dokumente und Quellen zu verstehen und zu bewerten sind. Deshalb sammelt das DBM seit seinem Bestehen Belegexemplare für Beispiele der vom Montanwesen beeinflussten Kunst und Kultur. Diese Exponate – in der Sammlungshalle „Bergbau in Kunst und Kultur”, in der „Schatzkammer“ sowie in der „Barbara-Ausstellung“ der Nemitz-Stiftung St. Barbara - gehen den unterschiedlichen Strömungen und Wechselbeziehungen nach, die zur Entstehung der Exponate beigetragen haben.

Wie viele Skulpturen erwachsener Bergarbeiter zeigen auch diese die Grubenlampe, mittels derer Bergleute als Bergleute erkannt werden können. An der Kopfbedeckung wiederum lässt sich erkennen, dass es vor dem Ersten Weltkrieg noch keine Helmpflicht gab – und der Kopf trotz Hut eher ungeschützt war. Zum anderen weisen Haltung, Ausdruck und die sichtbaren Muskelpakete den Bergmann als klassischen „echten Kerl“ aus. „Auffällig an den Arbeiterdarstellungen der Montanindustrie ist, dass sie eher ein historisches Handwerkerethos als das moderner Industriearbeit vermitteln. Mit der wachsenden Rüstungs- und machtpolitischen Bedeutung der Montanindustrie wurden die dargestellten Bergleute sowie Hüttenund Stahlarbeiter zudem heroisch überhöht und sozusagen zu "Helden der Arbeit" stilisiert, was in ihren kraftvoll-muskulösen Körpergestaltungen mit häufig bloßem Oberkörper vielfach zum Ausdruck kommt. Wegen ihrer schweren und gefahrvollen Arbeit und wegen ihrer scheinbaren Wehrhaftigkeit, sei es an der Abbaufront, sei es beim Bearbeiten des glühenden Eisens oder beim Formen des heißen Stahls, eigneten sie sich besonders gut dafür. Zudem förderte die geringe Beschäftigung von Frauen in der Montanindustrie den heroischen Männlichkeitskult der Branche zusätzlich.“ 

Die Bergbau-Heilige St. Barbara

Die neben der Heiligen Anna und dem Heiligen Daniel wichtigste Schutzpatronin der Bergleute ist die Heilige Barbara: Die nach der Legende des Jacobus Voraginis (1228/29 –1298) aus Nikomedien (Türkei) stammende Königstochter wandte sich dem Christentum zu. Ihr Vater Dioskur versuchte, sie unter allen Umständen von ihrem Glauben abzubringen, schloss sie in einen Turm ein und ließ sie schließlich enthaupten, worauf Dioskur von einem Blitz getötet wurde, der von einem plötzlich aufgezogenen Unwetter herabschlug. Vor ihrem Tode soll die Märtyrerin zu Christus gebetet haben, weshalb die Heilige oft mit Kelch und Turm abgebildet wird. Die Heilige Barbara wurde zunächst von den Glockengießern als Schutzpatronin angerufen, später von den Artilleristen, die mit ihren Kanonen "künstlich" Blitz und Donner hervorrufen konnten. Mit der Einführung des Schießpulvers in den Bergwerken (17. Jahrhundert) gewann die Heilige Barbara neben ihrer allgemeinen Funktion als Nothelferin besonders für die Bergleute an Bedeutung: Heute ist sie die wichtigste und weltweit verbreitete Schutzpatronin der Knappen. Die Ausstellung zeigt die vielfältigen Gestaltungs- und Erscheinungsformen dieser Schutzpatronin: Neben den Skulpturen, Gemälden, Ikonen, Münzen und Medaillen sind es vor allem die vielfältigen, unterschiedlichen Darstellungsformen der Barbara-Verehrung, die den Besucher in seinen Bann schlagen. Die überwiegende Mehrzahl der ausgestellten Exponate stammt aus der Nemitz-Stiftung St. Barbara, die von einer Führungskraft aus dem Bergbau zusammengetragen und dem DBM zur Aufbewahrung, Pflege und Erforschung übertragen worden sind. Die Sammlungseinheit befindet sich im Erdgeschoss des Erweiterungsbaus („Schwarzer Diamant“).

 
 

Kunst und Kultur im Bergbau

Als ein vorgeschichtliches, bereits vor rd. 6000 Jahren entstandenes Beispiel für Kunstwerke, die mit der Gewinnung von nutzbaren Lagerstätten ursächlich verbunden sind, müssen die kulturschöpferischen Leistungen interpretiert werden, die im Zusammenhang mit dem ägyptischen Kupferbergbau bei Timna/Süd-Israel verbunden sind. Darstellungen vom Tonbergbau im klassischen Griechenland führen weiter zum einzigartigen Stein von Linares, dessen Betrachtung man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte: Es ist ein Steinrelief, das im 3. Jahrhundert entstanden ist und Bergarbeiter mit ihren Werkzeugen auf ihrem Weg zu einem römischen Blei- und Silberbergwerk im spanischen Linares darstellt. Die Kopie des Titelblatts des „Kuttenberger Kanzionales”(um 1500 in Böhmen geschaffen) ist die erste umfassende bildliche Darstellung eines Bergbaubetriebes in der Frühen Neuzeit und reicht von der Gewinnung der Erze unter Tage über die Aufbereitung bis hin zur Verteilung und zum Verkauf des Silbers. Der Annaberger Bergaltar des sächsischen Malers Hans Hesse vom Jahre 1521, der in einer originalgroßen Kopie gezeigt wird, belegt die verschiedenen Arbeitsbereiche des klar gegliederten und organisierten Bergbaus. Ebenso analysiert Georg Agricola (1494-1555) drei Jahrzehnte später in seinen „Zwölf Büchern vom Bergbau” als einem der ältesten technischen Fach- und Lehrbücher der Neuzeit sämtliche Arbeitsabläufe mit nahezu wissenschaftlicher Akribie - eine Vitrine enthält die jeweils erste lateinische, deutsche und englische gedruckte Ausgabe seines Werkes. Das nahezu gleichzeitig in Tirol entstandene „Schwazer Bergbuch” aus dem Jahre 1556 ist eine kostbare Handschrift und Quelle für die Geschichte des Bergbaus. Wirtschaftsgeschichtliche Aspekte werden im Umfeld der ausgestellten Münzen und Medaillen mit bergbaulichen Motiven angesprochen. Die absolutistische Prachtentfaltung, wie sie z. B. am sächsischen Hof bestanden hat, basierte zum großen Teil auf der Wertschöpfung aus dem erzgebirgischen Silberbergbau. Die Stiche von der Hochzeitsfeier im Plauenschen Grund von 1719, die Bergparaden und die Paradeuniformen mit entsprechendem Zubehör sind ebenso wie die zahlreichen Porzellanfiguren und -service beredte Belege dafür. Kostbare Holz- und Porzellanfiguren aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die in Deutschland herausragende Sammlung von Gemälden und Plastiken des großen sozialkritischen, belgischen Malers Constantin Meunier (1831 -1905) sowie weitere Bildwerke namhafter Künstler von der Wende vom 19. zum 21. Jahrhundert erläutern die weitere Entwicklungsschritte der vom Montanwesen geprägten Kunstentwicklung. In sozialgeschichtlicher Sichtweise aufschlussreich sind die Laienarbeiten von Bergleuten, die nicht nur die besonders ausgeprägte Liebe zum ausgewählten Beruf dokumentieren, sondern auch ihre soziale Lage andeuten: Heimarbeit bedeutete eben auch einen zusätzlichen Broterwerb. Im Laufe seiner Jahrtausende zählenden Geschichte unterlag der Bergbau als Teil des Montanwesens einem ständigen Wechselspiel unterschiedlicher Kräfte und Faktoren. Dieses wurde geprägt von natürlichen Voraussetzungen, politischen und wirtschaftlichen Zielvorstellungen, gesellschaftlichen Normierungen, sozialen Komponenten und geistigen Gegebenheiten. Die Tatsache, dass Bergbau betrieben worden ist, hat somit wesentliche Einflüsse nicht nur auf das Kultur-, Kunst- und Geistesschaffen, sondern auch auf Entwicklungen, die für die Technik- und Sozialgeschichte schlechthin von Bedeutung sind, ausgeübt. Die besondere Arbeit des Bergmanns, der sich als einzige menschliche Berufsgruppe unter der Erde ohne das naturgegebene Licht der Sonne bewegt und den weithin unbestimmbaren Kräften der Geosphäre aufgesetzt ist, hat im Laufe der Jahrhunderte besondere Kultur- und Kunstformen entwickelt, die heute als aussagekräftige Dokumente und Quellen zu verstehen und zu bewerten sind. Deshalb sammelt das DBM seit seinem Bestehen Belegexemplare für Beispiele der vom Montanwesen beeinflussten Kunst und Kultur. Diese Exponate – in der Sammlungshalle „Bergbau in Kunst und Kultur”, in der „Schatzkammer“ sowie in der „Barbara-Ausstellung“ der Nemitz-Stiftung St. Barbara - gehen den unterschiedlichen Strömungen und Wechselbeziehungen nach, die zur Entstehung der Exponate beigetragen haben.

 

Silbernes Auflegekreuz

◄ Silberblech, teilweise vergoldet, Silber und Holz. Massiver Christuskorpus mit vergoldetem Lendentuch, Bart, Dornenkrone und Nimbus.

Zu den bedeutendsten Insignien der Bergknappschaft gehörte auch ein silbernes Auflegekreuz, das Gerlach bei seiner Inventarisation im Jahre 1869 nicht, hingegen von Langer im Zusammenhang mit dem Begräbniswesen für das Jahr 1675 als "hölzernes, übergoldetes Kruzifix" erwähnt wird. Es wurde bei Begräbnissen von Knappschaftsmitgliedern auf den Sarg gelegt und symbolisierte damit die Zugehörigkeit des Verstorbenen zur Freiberger Knappschaft. Dieses Auflegekreuz besteht aus teilweise vergoldetem Silberblech, das einen Holzkern umschließt, der auf der Rückseite sichtbar bleibt. Der Christuskorpus ist massiv gearbeitet, das abflatternde Lendentuch, der Bart und das Haar, die Dornenkrone und der Nimbus wurden vergoldet. An den Enden des Balkenkreuzes wurden Dreipassmotive mit vergoldeten Cherubimköpfen sowie die Kreuzes-Inschrift "INRI" nachträglich befestigt; sie überschneiden teilweise die gravierte Rankenornamentik. Auf das obere Ende des senkrechten Kreuzbalkens gravierte man einen sächsischen Wappenschild mit dem Bergbauemblem Schlägel und Eisen, das teilweise von einem Cherubim überragt wird, zu Füßen des Kuzifixus findet man das kursächsisches Wappen und einen Totenkopf mit gekreuzten Beinknochen als Symbol für den "alten Adam". Wiederum darunter erkennt man zwei vergoldete, kniende Bergleute in Altvätertracht mit Leder und Gugel, die als Adoranten seitlich eines vergoldeten Berges auftreten, der eine Gebirgslandschaft mit einer Schachtkaue zeigt. Die darunter angebrachte vergoldete Szene zeigt den das Kreuz tragenden Christus auf seinem Weg nach Golgatha. Ein Cherubim schließt die Komposition ab.

Auf dem Kreuzschenkel das Beschauzeichen findet sich "F"(für Freiberg) und das Meisterzeichen "DB" im Rechteck sowie auf der Rückseite der Kartusche das Beschauzeichen des Meisters "SL" im Wappenschild. Damit ist als Schöpfer des Kreuzes Samuel Linse identifiziert, einer der herausragenden Goldschmiede der Stadt Freiberg in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Er ist dort im Jahre 1634 als Meister, von 1653 bis 1677 als Obermeister und 1680 als gestorben nachgewiesen.

Handstein mit Darstellung eines Miniaturbergwerkes

◄ Handstein mit verschiedenen Erzmineralen wie Pyrit, Bleiglanz und Arsenkies und eingefügten Quarzgrüppchen mit Darstellung eines Miniaturbergwerkes. Figuren und Anlagen aus Metall. Gebäude und Kreuz auf der Spitze vergoldet. Auf drei Stockwerken und an der Spitze Lockensilber wie Buschwerk erscheinend. Das Ganze eingebettet in einen feuervergoldeten Bronzekelch. Der Fuß mit umlaufendem Blattkranzgebinde sowie Blattfries. Der Schaft mit Akanthusblattmotiven dekoriert. Unter dem Fuß quadratische, ornamentierte Bronzemutter. Dargestellt ist in zeitgenössischer Weise die Arbeit am Bergwerk. Unten: Hauer an einem Unterstand mit Schlägel und Eisen arbeitend, gegenüber Karrenläufer an einem Mundloch daneben eine Fahrte. Mitte gegen den Uhrzeigersinn: Mundloch mit Bergmann einen Förderwagen schiebend. Unterstand, Fahrte und kniender Hauer mit Schlägel und Eisen arbeitend. Göpelgebäude und Rutengänger mit Wünschelrute. Oben gegen den Uhrzeigersinn: Mundloch mit Bergmann einen gefüllten Förderwagen schiebend. Holzschuppen mit halb geöffneter Tür. Vor dem Kreuz betender Bergmann, daneben ein Handhaspel an einem Schacht. Das Kreuz trägt den gekreuzigten Christus und die Aufschrift "INRI".

 

Eine Ausstellung lebt von seiner Gestaltung und seinen Exponaten. Allerdings ist es nicht immer möglich, das Original zu präsentieren. Manchmal erlaubt es seine Zerbrechlichkeit, seine schiere Größe oder seine Unverrückbarkeit nicht. Wenn der Ausstellungsmacher dennoch nicht auf dieses Exponat verzichten möchte, greift man auf eine Kopie zurück. Deren Herstellung bleibt zumeist unbeachtet, sie ist jedoch eine Kunst für sich. Es sind die Mitarbeiter der Modellbauwerkstatt des DBM, die hinter den Kulissen der Ausstellungen arbeiten. Sie bauen und erstellen Modelle aus verschiedensten Materialien, die so authentisch wie möglich aussehen sollen. Dazu ist allerhand technisches Wissen über verschiedenen Werkstoffe und räumliches Vorstellungsvermögen Voraussetzung. Die Ausbildung zum Modellbauer dauert dreieinhalb Jahre und kann in den Werkstätten des DBM absolviert werden.

 
 
 
 

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