Die spätromanische Kirche in Morsum auf Sylt entstand im frühen 13. Jahrhundert. Sie wurde auf dem höchsten Punkt des Geestrückens in der Mitte des Ringdorfes errichtet. Das Baumaterial besteht aus Granitquadern, Findlingen, Backsteinen und rheinischem Tuff, der als Modeerscheinung seiner Zeit nach der Vollendung des Doms von Ribe 1135 auch zum Bau anderer Kirchen der Region verwendet wurde. Von der kleinen Apsis steigt die äußere Form des Gebäudes über den etwas größeren Chor zum Kirchenschiff auf. Das Gotteshaus, das im Dreißigjährigen Krieg auch als Wehrkirche diente, hat keinen Turm. Stattdessen trägt ein hölzerner Glockenstapel im Kirchhof die 1767 von Johann Nicolaus Bieber in Hamburg gegossene Glocke.
Im Inneren befindet sich ein Altar aus Tuffstein. Der hölzerne Vorsatz wurde 1933 von dem Kieler Bildhauer Alwin Blaue (1896–1958) gefertigt. Er zeigt einen Lebensbaum und die vier Evangelistensymbole. Bei einer umfangreichen Renovierung fand man im selben Jahr auf dem Dachboden das Mittelstück des Flügelaltars. Bei dem Schnitzwerk aus der Zeit um 1500 handelt es sich um einen sogenannten Gnadenstuhl. Der thronende Gottvater hält den toten Christus, flankiert von den Bischöfen Sankt Martin und Sankt Severin. Die Seitenflügel zeigen die zwölf Apostel. An der Nordseite der Kirche hängt ein Altarbild mit einer Abendmahlsdarstellung von 1738, das lange Zeit hinter dem Schrein „verschollen“ war. Die barocke Kanzel aus Eichenholz stammt von 1698 und zeigt auf sechs Feldern Reliefs der „Empfängnis“, „Geburt“, „Taufe“, „Kreuzigung“, „Auferstehung“ und „Himmelfahrt“. Ein romanischer, aus Gotland importierter Taufstein in Kelchform stammt aus dem 13. Jahrhundert. Dazu gehören eine Messingtaufschale und eine Taufkanne aus Zinn, beide aus dem Jahr 1682. Ältestes Relikt ist ein aus zwei Granitblöcken bestehendes, etwa 1.000 Jahre altes Weihbecken. Den prächtigen Kronleuchter über dem Mittelgang stiftete 1713 der Kommandeur Jan Petersen Hahn (1670–1746), ein Bruder des Rantumer Walfängers Lorens Petersen de Hahn (1668–1747), zusammen mit seiner Frau. Der Leuchter hat 18 Kerzenarme und wird von einem Pelikan gekrönt. 1933 wurden von der Flensburger Künstlerin Käte Lassen (1880–1956) drei Apsisfenster entworfen. Der Berliner Künstler Frank Oehring setzte 1968 die Fenster an der Nordwand des Kirchenschiffes ein. Die beiden Bilder an der Südwand zeigen Pastor Urban Flor (1660–1739) und seinen Sohn Martin Richard Flor (1699–1759) (► unten). Auf Wandtafeln wurden die Prediger der Kirche festgehalten. Zwei Gedenktafeln erinnern an die Pest im 17. Jahrhundert und an ein Schiffsunglück im Jahre 1744. Inmitten der Kirche konnte 1986 ein Triumphbogen freigelegt werden. Sankt Martin besitzt seit 1831 eine Orgel. In den Jahren 1908 und 1965 wurde sie jeweils ersetzt, 1973 neu intoniert und verbessert. Eine Gedenktafel in der Sankt Martin-Kirche erinnert an die Ereignisse während des Dreißigjährigen Krieges und die Pestzeit:
VNSE KERKE MIT SCANTZ
VNDE GRAVEN VAST
VORSEKERT BESET IN
EINER HAST
DAT IHAR DARNA IN
KORTER VRIST
DE PEST VNS FLVX
GEFOLGET IST
Die unterstrichenen Buchstaben sind im Original aufgehöht und stehen für römische Zahlen. Zählt man die Zahlen der ersten vier Zeilen zusammen, erhält man das Jahr 1628, als Sankt Morsum zur Wehrkirche befestigt wurde. Die Zahlen der letzten vier Zeilen ergeben zusammengezählt das Jahr 1629, als die Pest auf Sylt wütete.
Martin Richard Flor (05.02.1699-14.10.1759)
Der 1699 in Morsum/Sylt geborene Martin Richard Flor war einer der bedeutendsten Sylter Chronisten. Der Sohn des Morsumer Pastors Urban Flor begann als Gehilfe seines Vaters und wurde 1728 dessen Nachfolger. Im Jahre 1740 wurde Martin Richard Flor zum Archidiakon an der Christ-Kirche in Tondern gewählt. Dort war er dann auch bis zu seinem Tod im Jahre 1759 tätig. Flor beschäftigte sich ausführlich mit den Problemen seines Dorfes Morsum und der Insel Sylt. Er unternahm selbst Versuche zur Dünenbefestigung, pflanzete Bäume und untersuchte Brunnen. Im Jahre 1735 erstellte er ein Verzeichnis über die Tiere und Pflanzen auf der Insel Sylt. 1758 fasste er seine Beobachtungen über die Insel in der Handschrift "Nachrichten von der Insul Sylt" zusammen. Hierbei handelt es sich wohl um die älteste und umfangreichste Beschreibung Sylts. Martin Richard Flor starb am 14.10.1759 in Tondern.
(Bei den hier gezeigten Fotos handelt es sich um eingescannte Aufnahmen (Papierabzüge) aus 1990).
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