Die Pietá

Marias Trauer – Was ist eine Pietà?

 

Als Pietà bezeichnet man im allgemeinen die bildliche Darstellung Marias, die um den toten Sohn in ihren Armen trauert. Entsprechende Werke der Bildenden Kunst entstanden seit Anfang des 14. Jahrhunderts in Deutschland. Dabei ist es eher ungewöhnlich, dass andere Personen mit dargestellt sind, da der Bildtypus auf den intimen Moment der trauernden Mutter zielt. Hierdurch unterscheidet sich die Pietà von der Beweinung Christi, bei der neben Christus und Maria oft weitere Personen gezeigt werden. Die Zusammenkunft mehrerer Menschen macht die Szene zu einer öffentlichen, aber auch lauteren Klage.

 
 

Die drei Pietàs, die Michelangelo Buonarroti zwischen 1498 und 1546 schuf, gehören zu den meisterhaftesten Beispielen der Skulptur der Renaissance. In diesen, seinen letzten bildhauerischen Arbeiten stellt er erneut das Thema der Mutter Maria dar, die über dem Körper des toten Christus trauert. So wie Michelangelos letzte Zeichnungen der Kreuzigung Jesu und seine Darstellung der Kreuzabnahme, die als Skulptur für sein eigenes Grab gedacht war, entstanden die Pietàs zu einer Zeit, in der sich Michelangelo verstärkt mit Spiritualität und seiner eigenen Sterblichkeit auseinandersetzte. Erst 23-jährig schuf Michelangelo mit der Skulpturengruppe der Gottesmutter mit ihrem Sohn eines seiner ergreifendsten Werke - die einzige Skulptur, die er jemals signiert hat. Marias zeitlos jugendliches Gesicht drückt einen verhaltenen Schmerz aus, der auch in der ergebenen Geste der linken Hand offenbar wird. Im Gegensatz zu den Künstlern, die vor ihm dieses Motiv gestaltet haben, betont Michelangelo nicht den Schmerz als Voraussetzung der Erlösung, sondern zeigt göttliche Schönheit als Ergebnis der Erlösung.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

▲ In der 1987 entstandenen kleinen Kapelle am Westende der Kirche wurde im gleichen Jahr eine bemalte neugotische Pieta aus Gusseisen aufgestellt.

 
 

▲ Hochaltar in der Marien Basilika zu Kevelaer

Der Hochchor wird beherrscht von einem hoch aufragenden dreiteiligen Retabel mit farbig gefassten Reliefs, die die „Sieben Schmerzen Marien“ darstellen. Gefertigt wurde es im Jahre 1888 von dem Künstler Ferdinand Langenberg aus Goch. Oben Gottvater, der von vier Engeln begleitet wird. Die Darstellung der Sieben Schmerzen beginnt in der geschichtlichen Abfolge oben links mit der „Darstellung im Tempel mit der Weissagung Simeons“, darunter in der Mitte „Die Flucht nach Ägypten“ und unten links „Die Herbergssuche”. Das kleine Feld neben dieser Begebenheit zeigt „Den Verlust des zwölfjährigen Jesus im Tempel“. Rechts unten die Szene „Christus begegnet seiner Mutter am Kreuzweg“, in der Mitte „Die Kreuzigung Jesus“. In der ikonographischen Reihenfolge schließt nun die „Die Kreuzabnahme und die Übergabe des Leichnams Jesu an Maria“ an. Dieser Schmerz bildet den zentralen Mittelpunkt des Altares. Maria hält den toten Leichnam ihres Sohnes in den Armen. Diese Darstellung der Gottesmutter als Pietà ist eine der häufigsten christlichen Bildmotive und stellt Maria als Identifikationsfigur für Leidende und Trauernde dar.

 
 
 
 
 
 
 
 

▲ Diagonal über den Schoß der Mutter ist der von Wundmalen entstellte Leib des Sohnes gebreitet. Die Augen sind im Tod gebrochen. Die bläulich verfärbte Haut zeigt teils plastisch aufmodellierte Blutrinnsale, die senkrecht über den Leib ausgezogen sind. Sie deuten zusammen mit den besonders betonten Wundmalen an Händen und Füssen und der Seitenwunde auf den vorausgegangenen Kreuzestod. Damit ist in diesem Bildwerk die Passionsgeschichte insgesamt aufgerufen und vergegenwärtigt. Eine Mischung aus stiller Trauer aber auch Zuversicht beseelt das Antlitz Marias, worin letztlich jene tiefe Glaubensgewissheit aufscheint, die mit dem Tod am Kreuz das Erlösungswerk vollendet weiß.

 
 
 
 

Über Michelangelo Buonarroti

1475-1564

 

Schmerz und Verzweiflung aber auch Hoffnung schilderte Michelangelo in seiner Urgeschichte der Menschheit: der Sixtinischen Kapelle im Vatikan. Als er diese Gewölbefresken zwischen 1508 und 1512 schuf, spielte der Hauptvertreter der Hochrenaissance und Wegbereiter des Manierismus als Bildhauer und Maler bereits eine zentrale Rolle im künstlerischen und intellektuellen Leben Italiens. Michelangelo Buonarroti wurde 1475 im toskanischen Caprese geboren. Seine Ausbildung zum Maler erhielt er bei Domenico Ghirlandaio, die des Bildhauers möglicherweise bei Bertoldo di Giovannis, wobei das Studium der Antike von großem Einfluss war. Von 1496 bis 1501 war Michelangelo in Rom tätig, wo u.a. die "Pietà" für den Petersdom entstand. Bis 1504 arbeitete er dann in Florenz an der monumentalen Statue des "David", die noch den engen Bezug zur Antike darstellt. Die folgenden Skulpturen kennzeichnen durch heftige Bewegungsmomente den Übergang zum Manierismus. 1505 erhielt Michelangelo den Auftrag für das Grabmal Papst Julius II., das jedoch erst nach dessen Tod 1513 in reduzierter Form vollendet werden konnte, da der eigensinnige Künstler sich nicht mit dem Auftraggeber einig wurde. So entstanden bis 1516 die "gefesselten Sklaven" und "Moses". Als Architekt sollte er für die Medicis tätig werden, konnte jedoch den geplanten Bau nicht verwirklichen und setzte die entwickelten Gestaltungsprinzipien in dem 1521 begonnen Treppenaufgang der Biblioteca Laurenziana in Florenz um.

 

Ab 1534 lebte Michelangelo dann endgültig in Rom. Michelangelos Alterswerk ist von einer intensiven Beschäftigung mit religiösen Themen aber auch architektonischen Plänen geprägt, wie der Bauleitung der Peterskirche oder des Palazzo Farnese. 

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