Die Provinz Manitoba liegt in der Mitte Kanadas. Der Name ist indianisch und heißt „Wo Gott wohnt“.
Manitoba ist fast doppelt so groß wie Deutschland und hat dabei gerade mal 1,2 Millionen Einwohner, Brandon als zweitgrößte Stadt knapp 50.000. „Im Süden gibt es große Farmen, die vor allem Weizen, Kartoffeln und Raps anbauen. Dort ist es ziemlich flach, nur leicht gewellt, mit kleinen Wäldchen. Im Norden gleicht Manitoba der finnischen Seenplatte. Im Winter fallen die Temperaturen auf -30 bis -40 Grad Celsius. Deshalb brauchen die Autos dort auch eine Motorblockheizung. Im Sommer kann es aber durchaus um die 30 Grad warm werden. Trotzdem können die Nachttemperaturen auch schon mal den Gefrierpunkt erreichen.
Heute ist nur noch Wenigen bekannt, dass während des "Kalten Krieges" deutsche Soldaten zwischen 1972 und 2000 auch in "Gottes Stube" und der endlosen Weite der kanadischen Provinz ausgebildet wurden. Bedingt durch die Ost-West-Konfrontation des "Kalten Krieges" machte es viele Jahre hindurch Sinn, Angehörige der gepanzerten Kampftruppen der deutschen Bundeswehr auf einem Truppenübungsplatz auszubilden, der über 6.700 Kilometer von Deutschland entfernt lag. Die Bundeswehr des wiedervereinten Deutschland erhielt in den letzten Jahren einen völlig neuen Auftrag und daraus resultierend eine andere Struktur. In diesem veränderten Auftragsfeld haben die schweren Kampftruppen wesentlich an Bedeutung verloren. Der Kosten-Nutzenvergleich einer Einrichtung wie das "German Army Training Establishment Shilo" führte daher Ende des Jahres 2000 unweigerlich zu dessen Schließung.
Die nachfolgenden Aufnahmen entstanden im Juni 1975 trotz "offiziellen" Fotografierverbotes mit einer einfachen Pocket-Kamera auf Film. 40 Jahre später wurden die Bilder - soweit noch möglich - gereinigt und eingescannt. Einziger Zweck dieses Artikels soll es sein, an diese Zeit und damit auch an eine Bundeswehr, die es so nicht mehr gibt, mit einem gewissen Augenzwinkern zu erinnern.
Im Juni/Juli 1975 übte das PzBataillon 24 (Roselieskaserne Braunschweig) erstmals auf dem Truppenübungsplatz Shilo/Kanada zusammen mit dem PzArt Btl 25 und Teilen des PzAufklBtl 1. Der Übungsplatz lag im Bundesstaat Manitoba im Herzen von Kanada und bot aufgrund seiner Größe beste Voraussetzungen für Schul- und Gefechtsschießübungen, für die 3.260 Stück 105 mm PzMunition bereitgestellt waren. Nach der Verabschiedung durch den Bürgermeister der Stadt Braunschweig (Hartmut Scupin) und den Kdr. d. PzGrenBrig 2 (Oberst von Erdmannsdorff), verlegten am 20. Juni 700 Soldaten aus dem Standort Braunschweig von Köln/Wahn zum Zielflughafen Winnipeg und von dort per Bus in Richtung Westen zum Truppenübungspatz Shilo in der Nähe der Stadt Brandon. Der rund 15 Stunden dauernde Flug von Köln-Wahn über Grönland und die Hudson Bay nach Winnipeg erfolgte mit einer Luftwaffenmaschine vom Typ Boing 707.
Was und wo ist Shilo?
Der Truppenübungsplatz Shilo liegt im Südwesten der kanadischen Provinz Manitoba, ziemlich genau in der Mitte des nordamerikanischen Kontinents. Die nächste Stadt Brandon ist 35 Kilometer, die Provinzhauptstadt Winnipeg 200 Kilometer entfernt. Der knapp 40000 Hektar große Platz bietet rund 18000 Hektar Übungsfläche und erlaubt das Schießen und Üben bis zur Ausbildungsebene "Bataillon" in allen Gefechtsarten im Gefecht der Verbundenen Waffen sowie das Artillerieschießen im Rahmen des "Leadership-Trainings". Insgesamt gibt es sechs Schießbahnen, 47 Feuerstellungen und fünf Feuerstellungsräume für die Übungstruppe. Jährlich im Februar und März bringen zwei Versorgungsschiffe mehr als 2000 Tonnen Material in den eisfreien Hafen Halifax. Ketten- und Rad-Kfz, Ersatzteile, Munition, Sanitätsmaterial u.a.m. werden per Eisenbahn über 4000 Kilometer nach Shilo transportiert."
Das Gelände der Canadian Forces Base (CFB) Shilo wurde schon im Jahre 1910 als Trainingsgelände für die Militärs genutzt. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde es ausgebaut. Anfänglich wurden dort Munitions- und Schießübungen abgehalten, die jedoch kurze Zeit später eingestellt wurden, da sie auf Missmut bei der angrenzenden Bevölkerung stießen. Ab 1942 wurde das Areal von Fallschirmspringereinheiten als Übungsgelände genutzt. In den folgenden Jahren trainierten auf dem Stützpunkt diverse Einheiten, darunter auch von NATO-Verbündeten.
Warum übte die Bundeswehr in Kanada?
Ende der sechziger Jahre war es aufgrund der erhöhten Reichweiten moderner Panzermunition und der damit nötig werdenden erhöhten Sicherheitszonen auf deutschen Truppenübungsplätzen nicht mehr möglich, das sogenannte "Gefecht der verbundenen Waffen", also den Einsatz gemischter Einheiten aus Panzern und Panzergrenadieren im scharfen Schuss zu üben. Abhilfe versprach schließlich ein riesiges Militärareal im Süden der kanadischen Provinz Manitoba. Die "Canadian Forces Base Shilo" beherbergte bis dahin unter anderem das Zentrum der kanadischen Artillerietruppe.
Anfang der siebziger Jahre begann die deutsche Bundeswehr in einem Teil der "CFB Shilo" das "German Army Training Establishment" (GATES) einzurichten. Es entstand ein Wohnlager mit Stabs- und Lagergebäuden sowie ein großer technischer Bereich mit Werkstattgebäude, Tankstelle, Waschplätzen für Rad- und Kettenfahrzeuge sowie mehrere Schießbahnen für Kampfpanzer sowie den verbundenen Einsatz von Kampf- und Schützenpanzern unter Einbeziehung der Panzergrenadiere.
Zu Beginn stellte die Artillerieunterstützung noch die kanadische Armee, später übten auch deutsche Artilleristen mit ihren Panzerhaubitzen vom Typ M 109 A3 GE und Züge des Kampfpanzers Leopard in Shilo.
Das Barett
Als 1956 in der Bundeswehr die Panzertruppe wieder aufgestellt wurde, erinnerte man sich an die Panzerschutzmütze der ehemaligen Wehrmacht und führte eine nahezu identische Schutzmütze ein, die sich nur durch die Verwendung anderer Materialien sowie der Farbe unterschied. Die Stoffteile waren nun nicht mehr schwarz, sondern aus olivgrünem Wolltuch. Vorn an der Mütze befand sich die bundesdeutsche Kokarde sowie gekreuzte Schwerter. Im Jahre 1971 erfolgte die Einführung des schwarzen Panzerbaretts. Der Führungsstab des Heeres ordnete am 27.04.1970 nach Genehmigung durch den Bundespräsidenten an: "Das schwarze Barett tragen alle Soldaten der Panzerbataillone und Panzerregimenter sowie der Panzeraufklärungsbataillone und der BrigSpähzüge. Es ersetzt die Schirmmütze und das Schiffchen. Es wird zu allen Anzügen, also Ausgehanzug, Dienstanzug, Kampfanzug getragen, sowohl im Dienst als auch außer Dienst und zu gesellschaftlichen Veranstaltungen". Ende April 1971 wurden die neuen Barette den Panzer- und Panzeraufklärungsbataillonen übergeben. Am Barett war links vorn ein Abzeichen angebracht in Form eines Kampfpanzers in einem Eichenlaubkranz. Dieses Abzeichen war aus Neusilber gefertigt. Das Abzeichen wurde zu Anfang der 80er Jahre dahingehend geändert, dass man unten im Eichenlaubkranz eine schwarz-rot-goldene Fahne einfügte.
Bezeichnung | Kampfpanzer Leopard 1 |
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Typ: | Kampfpanzer |
Besatzung: | 4 |
Motor: | 10-Zylinder-Dieselmotor MTU MB 838 CaM-500 |
Leistung: | 830 PS (610 kW) bei 2200 min−1 |
Getriebe: | Planetengetriebe ZF 4 HP 250 mit vier Vorwärts- und zwei Rückwärtsgängen |
Fahrwerk: | drehstabgefedertes Stützrollenlaufwerk |
Länge über alles: | 9543 mm |
Breite über alles: | 3370 mm |
Höhe über alles: | 2764 mm |
Bodenfreiheit: | 440 mm |
Watfähigkeit: | 2250 mm, mit Vorbereitung 4000 mm |
Grabenüberschreitfähigkeit: | 3000 mm |
Kletterfähigkeit: | 1150 mm |
Steigfähigkeit: | 60 % |
Querneigung: | 30 % |
Gefechtsgewicht: | 42 400 kg |
Höchstgeschwindigkeit Straße: | 65 km/h |
Kraftstoffmenge: | 985 Liter, zwei Tanks mit 470/490 Litern und einem Entnahmebehälter mit 25 Litern |
Fahrbereich: | 562 km Straße, 386 km leichtes Gelände, 246 km schweres Gelände |
Bewaffnung: | Zugrohrkanone L7A3, zwei MG3 |
Munition: | 55 bis 60 Patronen für die BK; 5000 Patronen für die beiden MG3 |
Der Dienst im "GATES"
Dienst in Shilo, vor allem die Versetzung bzw. Kommandierung zur Stabs- und Versorgungskompanie Shilo, war stets begehrt. Die Aussicht während der Üb-Periode von Frühling bis Herbst oder sogar während der Üb-freien Zeit im Winter in diesem Land leben zu können, war für viele Soldaten der Bundeswehr sehr verlockend. Vielleicht trugen dazu auch die erhöhten Bezüge bei. In den letzten Jahren wurden diese allerdings stark beschnitten, so dass in den seltensten Fällen nach Abzug der Kosten für die höhere Lebenshaltung in Kanada viel davon übrig blieb. Die Soldaten der Üb-Bataillone blieben in Shilo in der Regel ca. dreieinhalb Wochen. Sie erhielten für den Aufenthalt einen finanziellen Zuschlag, der bereits in kanadischen Dollar ausbezahlt wurde. Gerade dieser Zuschlag ermöglichte den Deutschen, neben den Anstrengungen im ungewohnten, heißen Klima der kanadischen Prärie, eine einigermaßen vergnügliche Freizeitgestaltung in Brandon und trug zum wirtschaftlichen Aufschwung der Region bei.
Wirtschaftsfaktor Bundeswehr
Von Anfang an stellten die deutschen Soldaten, die in Shilo regelmäßig übten, einen gewaltigen Wirtschaftsfaktor für die Region um Shilo dar. Vor allem die Kleinstadt Brandon, ca. 35 Kilometer von Shilo entfernt gelegen, profitierte von den gutgefüllten "Manöverkassen" der Deutschen, denn anders als auf Übungsplätzen in der Heimat war für die Soldaten abends "Übungsunterbrechung" und mit Bussen und gemieteten Autos strebten die Soldaten nach Brandon um neben diversen Einkäufen vor allem das kanadische Nachtleben zu genießen. In Brandon gab es für die Soldaten 3 Menüs zur Auswahl: Die Quarter-Dollar Pizza, die Half-Dollar Pizza und die One-Dollar Pizza.
Der Riding-Mountain-Nationalpark ist ein kanadischer Nationalpark in Manitoba, Kanada mit einer Fläche von 2973 km². Der Park liegt etwa 30 Kilometer südlich der Stadt Dauphin und ist über den Kanada-Highway Nr. 10, der direkt durch den Park führt, zu erreichen. Das Gelände des waldreichen Parks mit zahlreichen Seen unterscheidet sich deutlich von der Prärielandschaft Manitobas. Bei der Gründung sprach man von der „Insel der Wildnis im Ozean aus Farmland“, ohne zu erwähnen, dass im Park noch Indianer lebten, die 1936 vertrieben wurden. Riding Mountain wurde 1986 als Biosphärenreservat der UNESCO vorgeschlagen und anerkannt.
Während des Zweiten Weltkriegs wurden zwischen 1943 und 1945 hier 450 deutsche Kriegsgefangene, die in Nordafrika in Kriegsgefangenschaft geraten waren, interniert und als Holzfäller eingesetzt. Die Soldaten wurden im November 1945 nach Deutschland entlassen.
Neben Elchen, Wölfen, Schwarzbären, Wapitihirschen und einer großen Zahl weiterer Tierarten lebt im Park eine große Bisonherde in einem großen offenen Gehege. Im Süden des Parks liegt der kleine Ort Wasagaming. Hier finden sich die einzigen Geschäfte auf dem Parkgelände und ein Besucherzentrum. An den Südrand des Parks grenzt das Wasagamack-Indianerreservat in dem Ojibway-Indianer beheimatet sind.
Das "Aus" im Jahr 2000
Die strukturschwache Region um Shilo war auf das deutsche Geld dringend angewiesen. Erhebliches Aufsehen erregte daher die Ankündigung des deutschen Verteidigungsministers im Jahre 1999, dass der weitere Übungsbetrieb aufgrund der angespannten Haushaltslage der Bundeswehr in Frage gestellt wäre. Einer umgehenden Intervention der kanadischen Regierung folgte prompt das Dementi des deutschen Verteidigungsministeriums. Dies änderte jedoch nichts daran, dass im Herbst des Jahres 2000, nach einer verkürzten Üb-Periode alles bewegliche Material der Bundeswehr im Bahntransport zur Ostküste und dort auf Frachtschiffe verladen wurde. Nach einem feierlichen Appell wurde schließlich im Dezember des Jahres 2000 die deutsche Flagge zum letzten Male eingeholt, der Kommandeur verließ als letzter deutscher Soldat die "Base" und flog mit seiner Familie umgehend ab Flughafen Winnipeg nach Deutschland zurück.
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