Die evangelische Stiftskirche in Herdecke zählt zu den bedeutendsten Baudenkmalen der Stadt. Der Stiftslegende nach wurde es von Frederuna, einer angeblichen Verwandten Karls des Großen, als freiweltliches adeliges Damenstift gegründet. Der rekonstruierte Ursprungsbau wird als einer der nördlichsten Vertreter der sogenannten Steinbacher Baugruppe bezeichnet, die sich an das Raumschema der Einhardsbasilika in Steinbach anlehnt. Auch in der heute erhaltenen dreischiffigen romanischen Pfeilerbasilika sind die Reste einer karolingischen Anlage aus dem 9. Jahrhundert noch nachvollziehbar. Grundlegende Umbauten in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts brachten die Kirche in den baulichen Zustand, wie man sie dieser Tage noch sieht. Apsiden und Querhausarme wurden abgebrochen, die westliche Vorhalle umgestaltet und die Seitenschiffe eingewölbt. Die Basilika schließt nach Osten hin mit einem quadratischen Chor ab. Ein gemeinsames Satteldach decken Schiff und Chor, jedes Seitenschiff wird durch je drei quergestellte Satteldächer abgeschlossen. Die Chorwand wird durch drei Fenster unter einer Blende in der Form eines Kleeblattbogens gegliedert, über dem sich drei Rundbogennischen befinden. Auch die Giebel der Seitenschiffsdächer werden von rundbogigen Zwillingsblendfenstern gegliedert. Der baufällige ehemalige Dachreiter wurde 1901/02 abgerissenen und durch einen neoromanischen Westturm ersetzt. Die von Arkaden überspannten Pfeiler, die Haupt- und Seitenschiff trennen, bestimmen das Innere des Kirchenschiffs. 1958/59 wurde in die Kirchenfenster eine moderne Verglasung von Professor Brenner eingebracht. Steinzerfall, Risse im Mauerwerk und sich lösende Steine machten um das Jahr 2000 eine Sanierung unumgänglich. An den Arbeiten an Nord-, Ost- und Südfassade beteiligte sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz mit der Bereitstellung finanzieller Mittel.
Der Kirchturm wurde erst in den Jahren 1901/02 gebaut und 1908 neu errichtet. Heute steht diese Kirche unter Denkmalschutz.
Chorhaupt der Herdecker Stiftskirche mit Kleeblatt-Blendbogen und rundbogigen Fenstern, Mittelfenster überhöht. Im Giebel dreiflache Rundbogennischen mit Wiederholung der Fenster-Anordnung; geöffnete Giebelspitze, darin Kreuz mit gleichlangen Armen.
Die drei Glocken wurden 1919/1926 aus Eisenhartguss von einer Firma aus Thüringen hergestellt. Sie dienten als Notglocken für die im Ersten Weltkrieg (1914 - 1918) zu Rüstungszwecken eingezogenen Bronzeglocken. Eisenhartguss hält den starken Belastungen durch das Läuten meistens nur 70 bis 80 Jahre stand. Die große Glocke zerbrach aber bereits im Jahr 1926 und wurde im gleichen Jahr ersetzt. Die Gewichte der Glocken betragen (von links nach rechts) 1296 kg, 2200 kg und 896 kg.
Farbenfroh, gemütlich modern: Das neue Gemeindehaus der evangelischen Kirche in Herdecke wurde Anfang 2015 eingeweiht. Der Haupteingang liegt keine zehn Meter direkt gegenüber von der Treppe zur Stiftskirche St. Marien. Zur räumlichen Einheit der theologischen und organisatorischen Heimat oberhalb der Fußgängerzone passt auch das identische Mauerwerk. Daher wollten Gemeindeverantwortliche und Architekt Holger Fricke, der die Bauleitung im Auftrag des Büros Sommer inne hat, auch die Außenfassade des um 1860 gebauten Pfarrhauses am Kirchplatz durch einen gläsernen Wintergarten zur Geltung kommen lassen. Der Sandstein wurde gereinigt, der vorige Eingang etwas versetzt und wie in der Kirche zwei rote Bögen an der Vorderwand installiert, die auch eine tragende Funktion haben. Eigentlich hätte der Umbau schon 2014 abgeschlossen sein sollen. Doch in einem alten Wohnhaus ist viel zu berücksichtigen: Statik, Brandschutz, Auflagen als Versammlungsstätte und baulicher Aufwand (im Erdgeschoss wurde aus vier Räumen einer) haben zur Verzögerung geführt. Das Ergebnis kann sich aber sehen lassen.
▲ Orgel
Die 1973 von der Orgelbauwerkstatt Alfred Führer, Wilhelmshaven, errichtete Orgel mit 20 Registern ist nach dem Werkprinzip gebaut: Hauptwerk, Brustwerk und Pedal bilden mit ihren jeweiligen Registern ein eigenes Instrument. Die Disposition entwarfen KMD Käthe Hyprath, Hagen und KMD Arno Schönstedt, Herford, Gehäuse und Prospekt wurden von Dipl.-lng. Peter Groote, Hagen, gestaltet.
Kanzel und Lesepult (rechts im Bild)
Die Kanzel wurde aus den noch vorhandenen Steinen des Vorgängeraltars errichtet, lediglich die Pultfläche musste aus Herdecker Sandstein neu gearbeitet werden. Das Lesepult in der Form eines Bugs ragt in das Kirchenschiff hinein. Die Verwendung von Eisen und Stein sind eine Reminiszenz an die hier früher vorherrschende Montanindustrie und an die Herdecker Steinbrüche, die zum Teil, bis ins 20. Jahrhundert hinein, der Ev. Kirchengemeinde Herdecke gehörten.
So etwas Altehrwürdiges im kleinen Fachwerkstädtchen Herdecke vermutet man einfach nicht, denn von einer uralten, bis auf Verwandte Karls des Großen zurückreichenden Abtei, ist ja auch weit und breit (zumindest über der Erde) nichts mehr zu sehen. Das täuscht aber, denn Mauerreste der Stiftskirche stammen tatsächlich aus dem frühen 9. Jahrhundert, und auch ein unterirdisches Gewölbe, das unter dem Westteil der Kirche liegt und bis in den Keller des ehemaligen Klosters führt, ist wohl schon um 819 gebaut worden.
Herrliche Romanik empfängt den Besucher sofort beim Betreten der (leider nur am Markttag - Donnerstag - vormittags geöffneten) Kirche, denn innen ist alles frisch renoviert. Hell und freundlich und in vielen Rot- und Blautönen strahlend wirkt die Kirche wie ein Platz zum Wohlfühlen. Dazu tragen auch die wärmenden Energien bei, die, typisch für einen sehr alten Kirchenplatz, in der Gebäudemitte spürbar wirken. So verweilen die Marktbesucher deutlich länger in der Stiftskirche als in anderen, weniger von wärmender Strahlung verwöhnten Kirchen. Es ist ein wahrer Farbgenuss, sich in den Turmraum zu stellen und von dort aus den Farbverlauf im Kirchenschiff von dunkel Lila über Rot bis zu Aquamarin auf sich wirken zu lassen. Ebenso überzeugt die echt romanisch-geniale Akustik, die jeden einzelnen Ton in den einzelnen Deckengewölben um ein Vielfaches mit Klangfarben und Hall veredelt.
▲ Altar
Bei den Abbrucharbeiten des Vorgängeraltars, der im Zuge der Renovierungsmaßnahmen 1994, lediglich zentriert im Chorraum versetzt werden sollte, wurde eine 1,20 mal 1,90 m große aus dem 12./13. Jahrhundert stammende Altarplatte im Boden aufgefunden. Die Ev. Kirchengemeinde Herdecke entschloss sich deshalb diese Altarmensa* in einen neu zu erbauenden Altar zu integrieren.
(*Der Begriff Mensa (lat. Tisch) bezeichnet in der christlichen Tradition entweder den vollständigen Altar (mensa Domini, dt. Tisch des Herrn) oder nur die Tischplatte eines Altares, die durch Stipes (Tischbeine) getragen wird.)
Da die Stärke der Platte ungleichmäßig war, musste sie in ein mit Sand gefülltes Stahlbett gelegt werden. Der Altarsockel wurde aus Steinen des Vorgängeraltars errichtet, der, um dem Betrachter keinen altehrwürdigen Altar zu suggerieren, durch stählerne T-Träger mit der Mensa verbunden wurde. Der Altar ist nicht nur Abendmahltisch sondern nach alter kirchlicher Vorstellung auch ein Symbol für das Grab Christi. Dieser Altar verdeutlicht, dass das Grab Christus nicht halten kann und korrespondiert mit dem Auferstehungsfenster im Chorraum.
Dieser Altar, wie auch Kanzel, Lesepult und Seitenaltar wurden von der Malerin und Bildhauerin Elisabeth Altenrichter-Dicke, Ennepetal und dem Landekirchenbaudirektor i. R. geschaffen. Die Altarleuchter und das Kruzifix schuf 1958 der Bildhauer Kurt Wolf von Borries aus Köln.
▼ Im September 1925 wurde der mittelalterliche Taufstein durch einen neuen von der Firma Westfälische Steinindustrie Nachrodt/Westfalen gelieferten Taufstein ersetzt. Er wurde in der im nordwestlichen Seitenschiff vorhandenen Taufkapelle aufgestellt und im Zuge der Renovierung 1938 in den Chorraum versetzt.
▲ Auferstehungsfenster
Das große dreiteilige Chorfenster ist eine Interpretation des Ostergeschehens durch den Glasmaler Walther Benner: Das mittlere Bild zeigt den Auferstandenen mit der Siegesfahne. Er steigt aus dem weiten faltenreichen Grabtuch in den Himmel empor. Es wird von den drei Frauen die am Ostermorgen zum Grab Jesu kommen gehalten.
Flankiert wird die Szene von zwei Fenstern, die von jeweils drei übereinander angeordneten Engeln ausgefüllt sind. Sie laden ein, das Osterwunder zu betrachten und aufzunehmen. Gleichzeitig wehren sie eine allzu große Nähe des Betrachters ab. Die omamentalen Fenster im Obergaden, sowie die beiden Seitenfenster im Chorraum, sind von hellen Grautönen bestimmt. Das Fenster in der Sakristei ist außerdem mit größeren Glasbrocken versehen. Viele verschiedene Blautöne, die von den umliegenden Fenstern aufgenommen werden, dominieren die drei Glasfenster im Turmraum.
Blau als Symbolfarbe für den Himmel verkündigt das Reich Gottes in der Gegenwart. Die Fenster der Ev. Stiftskirche St. Marien erzählen von der Geschichte Gottes mit den Menschen und von Gottes Wundertaten. Leise und intensiv, aber dennoch lebhaft und eindrucksvoll vermitteln sie dem Betrachter Überzeitliche Wahrheiten. Sie laden zum Meditieren ein und dem Nachsinnenden öffnen sich Welten, die über den Horizont menschlicher Erfahrung weit hinausgehen.
▲ Der zwölfjährige Jesus im Tempel
Im Zentrum des oberen Bildes ist der lehrende Jesusknabe zu sehen, umgeben von erstaunten, teilweise fassungslosen Schriftgelehrten. In der Sockelszene wird eine außerbiblische Geschichte erzählt: Ein Engel führt die auf der Suche nach ihrem Kind befindlichen Eltern nach Jerusalem zurück.
▲ Geburt Jesu
Der Engel Gabriel kündigt Maria die Geburt Jesu an. Der Engel hält seine Hände wie ein Sprachrohr an das Ohr der lauschenden Maria und deren Gestik lässt ihr Erstaunen, ihre Skepsis, aber auch ihre Zweifel und Fragen lebendig, fast hörbar werden. Vielfache Überschneidungen der beiden Figuren signalisieren enge Verbundenheit und Vertrautheit. Im Sockelbild wird die Geburtsszene angelehnt an frühmittelalterliche Bildtypen dargestellt: Die Figuren füllen die gesamte Szenerie aus, sie sind nebeneinander-gestellt ohne auf räumliche Zusammenhänge zu achten.
▲ Abendmahl
Dichtgedrängt umlagern die Jünger den runden Tisch. lm Zentrum des Bildes ist der goldgelbe leuchtende Kelch zu sehen. Bis auf Johannes, der an Jesu Brust liegt, ist keiner der Jünger zu identifizieren: Weder der Verräter noch Petrus, der Jesus in wenigen Stunden verleugnen wird. Alle nehmen am Mahl des Henn teil. Die leuchtenden Farben betonen die tiefgründige und doch ungewöhnlich heiter dargestellte Einsetzung des Abendmahlssakraments durch Jesus Christus. Im Sockelbild beleuchten Engel das Geschehen und sie scheinen den Betrachter einzuladen an der Sakramentsfeier teilzunehmen.
▲ Jesu Taufe
Johannes der Täufer - ebenfalls mit einem Spruchband versehen - stellt nach christlichem Verständnis als letzter Prophet und Vorläufer Jesu die Verbindung vom Alten zum Neuen Testament her. Während des Taufaktes ist Gottes Botschaft zu Vernehmen: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Mit Jesus Christus beginnt also ein neuer und entscheidender Abschnitt der Heilsgeschichte Gottes für uns Menschen. Wir setzen unseren Rundgang mit dem westlichen Fenster im nördlichen Seitenschiff fort:
▲ Geburt Jesu (II)
lm oberen Bild kündigt der Engel Gabriel Maria die Geburt Jesu an. Der Engel hält seine Hände wie ein Sprachrohr an das Ohr der lauschenden Maria und deren Gestik lässt ihr Erstaunen, ihre Skepsis, aber auch ihre Zweifel und Fragen lebendig, fast hörbar werden. Vielfache Überschneidungen der beiden Figuren signalisieren enge Verbundenheit und Vertrautheit. Im Sockelbild wird die Geburtsszene angelehnt an frühmittelalterliche Bildtypen dargestellt: Die Figuren füllen die gesamte Szenerie aus, sie sind nebeneinander-gestellt ohne auf räumliche Zusammenhänge zu achten.
▲ Bergpredigt
Jesus thront auf einem Berg um seinen unter ihm gruppierten Jüngern völlig neue Glaubens und Lebensregeln zu vermitteln. Viele Details lassen die Szenerie lebendig werden: Einer der Jünger schlägt die Beine übereinander hört zu und applaudiert; ein anderer hat es sich bequem gemacht... lm Sockelbild machen sich Jesu Jünger auf den Weg um die gehörte Botschaft weiterzusagen.
Die Turmkapelle wurde 1958/59 als Gedenkraum für die Toten der Kriege errichtet. Die künstlerische Ausgestaltung wurde von Kurt-Wolf von Borries übernommen. In dem Raum befindet sich auch die Gedenktafel der im l. Weltkrieg gefallenen Absolventen des früheren Ev. Lehrerseminars Herdecke.
„In der Evangelischen Stiftskirche St. Marien zu Herdecke befinden sich 25 Grabplatten, die bis in die 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts das jeweilige Grab eines Verstorbenen in der Kirche deckten. Aus konservatorischen Gründen fanden sie 1937 Aufstellung an den Innenwänden der Kirche, aber wo sie ursprünglich lagen, bleibt bis heute ungeklärt, denn trotz aller Sorgfalt vergaß man offensichtlich Aufzeichnungen darüber anzufertigen.
In der Turmkapelle befindet sich das Fragment einer schmucklosen Grabplatte mit den Maßen 80 cm in der Breite und 108 cm in der Länge. Ein Textband, welches den Stein an den äußeren Seiten umgibt, trägt folgende Inschrift:
Oben und rechts: BEMBERCH VAN ° HATINGEN ° VICABIVS GEVE
Links, erste Zeile: STORVEN HERDIKICH °
Links, zweite Zeile: E ° GENEDICH6
Nach den Angaben des Textbandes haben wir es somit mit der Grabplatte eines Vikars („VlCABIVS“) Bemberch von („VAN“) Hattingen zu tun. Am unteren Rand der Grabplatte, also in der ehemaligen Mitte der Platte, sind die Umrisse eines schlichten Kelches zu erkennen. Ein Hinweis darauf, dass es sich bei dem Bestatteten um einen Kleriker gehandelt hat, eben um einen „VICABlVS“. Auffallend ist, dass dieser Kelch dem Abendmahlskelch der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Herdecke ähnelt. Die Cuppa dieses Kelches stammt wahrscheinlich noch aus vorreformatorischer Zeit. Zum Fußende der Grabplatte ist ein Gebilde in den Stein eingemeißelt, was am ehesten einer Hausmarke in Form eines „B“ entspricht. Hierbei könnte es sich um die Hausmarke der Familie Bemberg handeln.
Ein Geburts- bzw. Sterbedatum trägt das Grabplatten-Fragment nicht. Weshalb der Stein in der Mitte (?) geteilt wurde ist unklar. Fand er als Baumaterial bei den zahlreichen Instandsetzungen der Herdecker Marienkirche Verwendung? Das würde jedenfalls erklären, weshalb laut Bädecker-Heppe der „Leichenstein“ nicht auffindbar war. Doch wo blieb der Rest des Steins mit dem angeblichen Todesjahr 1576? Ebenfalls ist nicht zu klären, wo sich das Grabplatten-Fragment vor der Aufstellung in der Turmkapelle im Jahre 1937 befand. Wie eingangs erwähnt, sind hierüber keine Aufzeichnungen bekannt. Hatte man Bemberg in der Kirche bestattet, wie es für Kleriker damals üblich war oder stammte diese Platte vom benachbarten Gemeindefriedhof? Fragen über Fragen, die diese Platte aufwirft. Doch eines kann man mit Bestimmtheit sagen: Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei der in der Turmkapelle der Evangelischen Stiftskirche St. Marien zu Herdecke befindlichen Grabplatte um die des Herdecker Vikars und Ender Pfarrers Theodor Bemberg, welcher offensichtlich aus Hattingen stammte. Desgleichen lässt sich der Stein auf die Zeit datieren, als Theodor Bemberg starb. Das verrät die formale Gestaltung, die für unsere Region für den fraglichen Zeitraum typisch zu sein scheint.“
Quelle: René Harder, Herdecke 2008
Eva Amalia von Wolffskehl von Reichenberg
Nata 1710
Obit canonissa a Herdecke
Obit (der Todestag) obit – Kurzform für "obituary" = Nachruf
Canonissa = Kanonissin, Chorfrau
Schüler der „Wolffskeel-Schule“ erforschen 2019 die Geschichte der Familie Wolffskeel und damit der Namensgeber der Schule. Dies wurde damit begründet, dass Familienmitglieder dieses Adelsgeschlechts sowohl für die Stadt als auch für den Landkreis Würzburg, die sich die Trägerschaft der Schule teilen, eine bedeutende geschichtliche Rolle gespielt hatten.
Arbeitsteilig erarbeiteten in den folgenden Stunden die einzelnen Projektgruppen Biografien vom Würzburger Fürstbischof Otto II. von Wolfskeel (1333-1345) und von der Weimarer Hofdame Henriette Wolfskeel von Reichenberg, die mit Herzogin Anna Amalia und dem Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe befreundet war. Auch das Leben von Freifrau Karoline Wolfskeel zu Uettingen wurde erforscht. Sie hatte im Krieg von 1866 viele Verwundete versorgt und war dafür vom „Märchenkönig“ Ludwig II. ausgezeichnet worden, der zu diesem Anlass selbst ins Uettinger Schloss kam. Zudem stand Karl Graf Wolffskeel von Reichenberg im Mittelpunkt des Interesses, weil er im Jahre 1901 aufgrund seiner Leistungen für die bayerische Krone in den erblichen Grafenstand erhoben wurde. Um diese Rangerhöhung auch im Namen zu verdeutlichen, wird der Familienname seither mit „ff“ geschrieben. Schließlich beschäftigte sich eine Projektgruppe noch mit dem Leben von Luitpold Graf Wolffskeel von Reichenberg (1879-1964), einem berühmten Fliegerpionier.
Es ist anzunehmen, dass auch die hier genannte „Chorfrau“ Eva Amalia von Wolffskehl von Reichenberg aus einem dieser Geschlechter abstammt.
Über dem dominierenden Wappen der von Bottlenberg, gen. Kessel lautet die Inschrift:
HICIACET JOHANNA ALEXAN =
DRINA DE BOTTLENBERG
DICTA KESSEL
NATA DIE 16. FEBRUAR 1677
DENATA DIE 20 NOV 1772
AETAT 95 ANN ET 9 MENS
Unter dem Familienwappen ist notiert:
IN AO 1700
DE NOMINATA CAPITULARIS
HUYUS YLLUSTIS CAPITULI
HERDECKENS CUI
IN ANNO 1718 QUA
ABBADISSA PEAEPOSITA EST
ET HANC DIGNITATEM
MAXIMA CUM GLORIA
LAUDE ET DILIGENTIA
SUS TINUIT
Zu deutsch:
„Hier liegt Johanna Alexandrina
von Bottlenberg, gen. Kessel.
Geboren am 16. Februar 1677.
Gestorben am 20. November 1772
im Alter von 95 Jahren und 9 Monate.
lm Jahre 1700 ernannt zur Kapitularin
dieses berühmten Kapitels
von Herdecke
welchem sie im Jahre 1718
als Äbtissin an die Spitze
gestellt worden ist
und diese Würde hat sie
mit höchstem Ruhm,
Lob und Sorgfalt
aufrecht gehalten.“
Wohl kaum eine Herdecker Äbtissin hat während ihrer Amtszeit so dramatische Veränderungen erfahren müssen: Als Herdecke 1739 die Stadtrechte verliehen bekam, verlor die Äbtissin ihre Funktion als Ortsoberhaupt. Das Stift besaß, obwohl es immer noch über großen Grundbesitz verfügte, nur noch geringen Einfluss. Durch die Gründung einer ev.-ref. Gemeinde 1702 kam es zu einer noch komplizierten konfessionellen Situation im Kapitel und im Ort. Der Siebenjährige Krieg (1757-1763), der sie und einige Stiftsdamen zur Flucht nötigte, ruinierte die wirtschaftliche Lage des Stiftes. Die Stiftsgebäude verfielen, die Kirche war stark beschädigt; Geld zum Wiederaufbau war nicht vorhanden. Als sie 1768 von ihrem Amt zurücktrat, war das Ende des Stiftes im Grunde schon besiegelt.
Zahlreiche Grabplatten aus dem 17. und 18. Jahrhundert
Dieser Grabstein ist wohl gleich 3mal benutzt. Zunächst mit dem Sterbedatum 1671, Name wohl später beseitigt, dann mit Sterbedatum 1701 Diederich (Theodor) Gießler, geboren in Herdecke, 1616, gestorben: 22.02.1701 in Schwerte, Beruf: Amtsschreiber zu Wetter. Die dritte Inschrift, sie ist in Schreibschrift verfasst und steht auf dem Kopf, gehört zu Pfarrer Georg Heinrich Wilhelm Schütte.
Pfarrer Georg He(i)nrich Wilhelm Schütte
geboren: 18. März 1755 in Herdecke
gestorben: 18. Mai 1814 in Herdecke
Ehefrau:
Johanna Katharina Pampus, Hochzeit: 21.02.1790 in Herdecke
Eltern:
Vater: Pfarrer Justus Heinrich
Mutter: Johanna Wilhelmine Sibilla Elisabetha Hausemann
Johann Bernhard Springorum (1763 – 1805)
geboren: Samstag 10. September 1763 in Herdecke
gestorben: Montag, 2. Dezember 1805
Eltern:
Vater: Johann Bernhard Springorum (1726 – 1790)
Mutter: Anna Eva Katharina Gertrud Steinhaus (1739 – ....)
Ehefrau:
Clara Christina Johanna Katharina (Christine) Natorp (1782 – ....)
Heirat: Mittwoch, 14. Dezember 1803, Herdecke
Kind:
Sophia Wilhelmina (Sophie) Springorum (19.02.1805 – ....)
Der Herdecker Historiker Professor Dr. Gerhard E. Sollbach erinnerte 2016 an den Amtmann des Damenstifts Herdecke, Bernhard Gießler, an seine Arbeit und seinen Lohn und blickte damit zurück ins 17. Jahrhundert.
"Vier Paar Schuhe erhielt jedes Jahr der Amtmann des adligen Damenstifts Herdecke". Das steht in dem am 27. Januar 1668 für Bernhard Gießler ausgestellten Anstellungsvertrag, den die Äbtissin eigenhändig sowie zwölf weitere Stiftsfräulein (darunter auch einer Clara Catharina von Calenberg), unterschrieben hatte. Demnach musste der Stiftsamtmann im Rahmen seiner Tätigkeit offenbar viele Wege zu Fuß machen, und bei dem damaligen schlechten Zustand der Straßen verschliss er dabei schnell das Schuhwerk. Die vier Paar Schuhe waren Teil seines Diensteinkommens. Wie früher allgemein üblich, bestanden solche Gehälter zu einem - kleineren - Teil, wenn überhaupt, aus Geldzahlung, überwiegend jedoch aus Sachleistungen. So erhielt der Stiftsamtmann freies Essen und Trinken an der Tafel der Äbtissin. Außerdem bekam er jedes Jahr einen neuen Rock sowie (den Stoff für) einen halben Mantel. Für weite Dienstwege stellte ihm das Stift aber ein Pferd nebst Stallung auf dem Abteigelände und auch das nötige Futter zur Verfügung. Zum Diensteinkommen des Stiftsamtmanns gehört außerdem das Nutzungsrecht von mehreren Äckern und Gärten in Herdecke. Bernhard Gießler verstarb am 28. März 1689.
Welche Aufgaben hatte der „Stifts Amptman“?
Der Stiftsamtmann vertrat die Äbtissin in allen weltlichen Angelegenheiten des Stifts. Eine seiner Hauptaufgaben war jedoch die Wirtschaftsverwaltung des Stifts. In dieser Eigenschaft führte er auch die Aufsicht über die stiftseigene Herdecker Kornmühle. Vor allem aber beaufsichtigte er die innerhalb und außerhalb von Herdecke gelegenen Stiftshöfe und achtete dabei insbesondere auf das rechtzeitige und vollständige Einkommen der Pachtzahlungen der Stiftsbauern. Bernhard Gießler folgte übrigens seinem Vater Albert im Amt. Albert Gießler (geboren um 1580) hatte seit 1616 und damit mehr als ein halbes Jahrhundert die Stelle innegehabt, als er sie 1668 „hochgelebten Alters und Ohnvermögenheit halber“, wie es in der Bestallungsurkunde für seinen Sohn eingangs heißt, schließlich niederlegte. Albert starb am 2. Mai 1670 im Alter von 90 Jahren. Mit der Aufhebung des Stifts zum 1. Januar 1812 erlosch auch die Stelle des Stiftsamtmanns.“
Gertrud Elisabeth Brenschede [Brenscheidt]
(1696 – 1775)
geboren: Do., 5. Januar 1696 (1694?), Dortmund
gestorben: Sa., 15. Juli 1775
Ehemann:
Johann Bernhard Springorum (ca.1696 (1695?) – 1778)
Heirat: Mo., 8. Januar 1725, Dortmund
Kinder:
Anna Helena Gertrud Springorum (ca. 1725 – 1801)
Johann Bernhard Springorum (1726 – 1790)
Anna Kunigunda (Kunigunde) Springorum (1734 – ....)
Anna Katharina Elisabeth Springorum (1736 – 1777)
Johann Bernhard Springorum (ca. 1696 – 1778)
geboren ca. 1696, Wickede
gestorben: So., 13. September 1778, Herdecke
Eltern:
Vater: Caspar Reinhard Springorum [Mayland]
(1660 – 1731)
Mutter: Anna Margaretha (Margarethe) Mayland '
(ca. 1659 – 1736)
Ehefrau: Gertrud Elisabeth Brenschede [Brenscheidt]
(1696 – 1775) s.o.
Anna Eva Catharina Gertrud Springorum (Steinhaus)
geboren: 3. November 1739
gestorben: 20. Dezember 1772
Eltern:
Vater: Johann Peter Steinhaus
Mutter: Eva Catharina Steinhaus
Ehefrau von Johann Bernhard Springorum, jr.
Kinder:
Clara Springorum
Wilhelmina Sprinogrum
Elisabeth Meinighaus
Johann Bernhard Springorum, jr.
geboren: etwa Juni 1726 in Herdecke
gestorben: 02. November 1790 in Herdecke
Eltern:
Vater: Johann Bernhard Springorum, sr.
Mutter: Gertrud Elisabeth Springorum
Ehemann von
a) Adolphine Springorum
b) Eva Springorum (s.o)
Kinder:
Adolphine Theodora Henriette Goebel
Johann Frantz Wilhelm Springorum
Johanna Elisabeth Philipine Meininghaus
Helene Maria Frederica Springorum
Friedrich Wilhelm Springorum und 11 andere
Geschwister:
Johann Dietherich Springorum
Johann Peter Springorum
Johann Dietrich Springorum
Anna Cunigunda ?
Anna Catharina Elisabeth Overweg
Beruf: Ratsherr, Kaufmann
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