Die Gemeinde Wiemelhausen und das Ehrenfeld besaßen traditionell eine besondere Bedeutung für die evangelische Kirche in Bochum. Die Familie von Schell auf Haus Rechen (heute Kammerspiele des Schauspielhauses) hatte bereits im 16. Jahrhundert Kirchenräte gestellt. Jürgen von Schell soll während seines Studiums in Wittenberg Kontakte zu Martin Luther und seinem Freund Philipp Melanchthon gehabt haben. Vom Ostermannschen Hof stammten die ersten lutherischen Pfarrer Bochums, Johann Ostermann, der Erbauer der Pauluskirche, und sein Sohn Johann Konrad.
Die Melanchthonkirche wurde bereits beim ersten großen Luftangriff auf Bochum im Mai 1943 so schwer getroffen, dass sie nicht mehr benutzbar war. Als Notkirche diente der Gemeinde ab Sommer 1943 zunächst das Ernst-Moritz-Arndt-Haus, bis auch dieses im November 1944 weitgehend zerstört wurde. Der Wiederaufbau der außen weitgehend unveränderten, innen jedoch neu gestalteten Melanchthonkirche konnte 1950 abgeschlossen werden.
Da die Melanchthonkirche auf dem Gelände des ehemaligen Privatfriedhofs der Familie von Schell im alten Rechener Wald errichtet wurde, mussten die bis ins 16. Jahrhundert datierenden Grabsteine verlegt werden. Bis heute befinden sich diese wichtigen, denkmalgeschützten Zeugnisse der Bochumer Adelsgeschichte an der Südseite der Kirche.
Die älteste, noch gut erhaltene Grabplatte stammt vom Grab des 1666 gestorbenen Wennmar Goswin von Schell, eines Sohnes von Georg Christoph von Schell. Die oben links beginnende Inschrift lautet:
„ANNO 1666 DEN 25 APRILIS IST DER / HOCHEDEL GEBORNE WENNMAR GOSWIN VON SCHELL / ZU RECHEN VNT GOLT / SCHMIDINCK SELIG IM HERREN ENTSCHLAFEN SEINES ALTERS IM 21 IAHR“
In der Mitte der Platte findet sich rechts neben dem Totenschädel das Wappen seiner Eltern Georg Christoph von Schell und Anna von Düngelen. Abgebildet sind von oben nach unten zudem die Wappen der Eltern „SCHELL“ und „DUNGELEN“; der Großeltern Jürgen von „SCHELL“ und Anna von „LIPPERHEIDE“ sowie Goswin von „DUNGELEN“ vom Haus Dahlhausen in Hordel und Elisabeth von „HAFKESCHE“ [Hafkenscheid]; und der Urgroßeltern Johann von „SCHELL“ und Margarethe von „OVELACKER“, Caspar von „LIPPERHEIDE“ und Mechthild von „OVELACKER“, NN von „DUNGELEN“ und NN von „RAESFELDT“ sowie NN von „HAFKESCHE“ [Hafkenscheid] und NN von „FRENSE“. Die Abstammung mehrerer Vorfahren verschiedener Generationen aus derselben Familie zeugt von den damals üblichen engen dynastischen Beziehungen und der Heirat unter Verwandten.
(Unbekannte Namen wurden durch „NN“ (nomen nominandum – der zu nennende Name) ersetzt.)
Daneben steht die Grabplatte von Georg Christoph von Schell, Wennmar Goswins Vater, der 1651 mit Haus Rechen belehnt worden war und 1677 starb. Die Platte weist einige Risse sowie Fehlstellen an den Rändern auf, die mit Zement ausgebessert wurden. Der Zustand hat sich in den vergangenen Jahren gerade im Bereich der nun nur noch fragmentarisch erhaltenen inneren Inschriften stark verschlechtert. Auch die äußeren sind nicht mehr vollständig zu lesen:
[...] STH 1677 25 MAY STARB DER WOLGEBOHR / NER HERR GEORGH CHRISTOFFER VON SCHELL HERR ZV RECHEN (VND GOLD / SCHMEDING SE)INES ALTERS 58 JAHR / (WEL)CHER VNTER DIESEM STEIN (BEGR)ABEN WORDEN IS(T) [...].
In der Mitte liegt wie beim Stein seines Sohnes das Wappen seiner Eltern Jürgen von Schell und Anna von Lipperheide. Ebenfalls ähnlich ist die Anordnung der Wappen der Vorfahren: Auf der linken Seite liegt die väterliche Linie mit den Wappen der Familien von „SCHELL“, von „(OVELACKER)“, von „SEVENAR“ und von „WENT“, auf der rechten die mütterliche mit den Wappen von „LIPPERHEIDE“, von „OVELACKER“, von „BODELSCHWING“ und von „B(ACKUM)“.
Die obere innere Inschrift lautet: „(T)HRE(N) / DIE EDELEN KIN / DER ZION DEM / GOLDE GLEICH / GEACHTET / WIE SINT SIE / NUN DE ERDNE /(T)OPFE(N VER) / GLEICHE(T DIE) / EIN TOPFF ER / MACHT / AD PORTVM (VE) / NI MORS / PECCATUM [????] / CESSECVM / C[????] VITA / [...].“
Die untere innere Inschrift lautet: „(Z)VM SICHERE / PORT ICH / KOMMEN EIN / TODT SUN(DT) / ALL IAMME(R) FA [...].“
Bei dieser Grabplatte handelt es sich um das Doppelgrab der Eheleute Conrad Johann von Schell und Elisabeth Gertrud von Padberg. Die äußere Inschrift lautet: „(1695) DEN 11 MARTY STARB DER WOLGEBOR / NER HERR CONRAD IOHAN VON SCHELL und Ao (Anno) [...] DEN [...] STARB DESSEN / EHELIBSTE DIE WOLGEBORNE ELISABETH /GERDRUD VON PADBERG HERR VND FRAU ZU RECHEN VND GOLTSCHMEDI(NG).“
In der Mitte der Platte befindet sich das gekrönte herzförmige Wappen der Familie Schell/Padberg, rechts und links davon Bibelzitate. Das linke Zitat stammt aus dem Buch Offenbarung: „APOC 14 VS 13 / SELIG SEIND / DIE TODTEN / DIE IN DEM HERN / STERBEN VON / NUN AN.“ Das rechte Zitat stammt aus dem Buch Jesaja: „ESA 26 V 19 / ABER DEINE TOD / TEN WERDEN / LEBEN UND MIT / DEM LEICHNAMB / AUFERSTEHEN.“
Ähnlich wie bei den anderen Grabplatten sind beide Familien bis zu den Großeltern durch 16 weitere Wappen berücksichtigt. Auf der linken Seite befindet sich die väterliche Linie mit den Wappen von von „SCHELL“, von „DUNGELEN“, von „OVELACKER“, von „RAESFELD“, von „LIPPERHEIDE“, von „HAVEKENSCHE“ [Hafkenscheid], nochmals von „OVELACKER“ und von „Frense“. Auf der rechten Seite befindet sich die mütterliche Linie mit den Wappen von von „PADBERG“, von „CALENBERG“, von „OINGHUSEN“ [Oeynhausen], nochmals von „PADBERG“, von „DALWIEG“ [Delwig], von „LAER“, von „DORFELD“ und von „BREMBT“.
Die vierte, in ihrer Oberfläche fast vollständig zerstörte Platte verwies auf die Neuanlage des Friedhofs im Rechener Wald. Die ursprüngliche Inschrift lautete: „IOHAN (C)A(RL ADOLPH VON SCHELL ZU / R)ECHEN UND (GOLDSCHM)EDING [...] (S)TEIN / BEI ERBAUUNG (DIESEN GOTTESACKER ANNO 1812)“.
Bei der Adlersäule handelt es sich um das Gedenkmal für Heinrich Friedrich von Schell, das seine Witwe 1874 anlässlich seines 25. Todestages errichten ließ. In der Mitte der Säule befindet sich das Wappen der Familie von Schell, auf der Vorderseite des Postaments eine verwitterte ländliche Darstellung. Die rechte und linke Seite des Postaments enthalten folgende Inschrift: „Zur Erinnerung an Friedrich von Schell, Rittergutsbesitzer und Leutnant der Landwehrkompagnie Bochum / verwundet bei Durlach am 25. Juni im Feldzug in Baden, verstorben in der Weingartenmühle am 26. Juni und in Weingarten beerdigt.“ Die an der rechten Seite des Postamentsockels angebrachte Inschrift „Friedrich Hedfel / Weitmar“ verweist auf den 1872 gegründeten und noch heute an der Karl-Friedrich-Straße existierenden Steinmetzbetrieb Hedtfeld.
Auf der Seite befinden sich zwei als Heiratssteine bezeichnete Grabsteine. Der hintere enthält die beiden mit durch zwei Bänder und ein Herz verbundene, in Kreise eingefasste Wappen der Familien von Schell und von Padtberg. Die Inschrift lautet: „(Z)VM HAUSE RECHEN GEHORIGE / (B)EGREBNUS ZU VIER PERSONEN“ Ob er tatsächlich als Grabstein oder nur als Gedenkstein diente bzw. wer die vier erwähnten Personen sind, ist nicht bekannt. Die stark beschädigte Inschrift des zweiten Heiratssteins lautet (jeweils von rechts nach links gelesen: „ANNO 1794 / DIE [??] ZW= =EI G[?]UBEN / GEH[???]EN= =ZU[?]GUTH.“ Von den beiden letzten Zeilen sind nur noch einzelne Buchstaben fragmentarisch erkennbar.
Der neben der Adlersäule stehende Grabstein ist ebenfalls annähernd vollkommen zerstört. Erkennbar ist nur noch das Schell’sche Wappen. Er gehört Clara Elisabeth von Schell, die im Alter von 14 Jahren in das Prämonstratenser-Stift Elsey eintrat und bis zu ihrem Tod am 1734 37 Jahre Kapitularin dort war.
Etwas abseits von den Schellschen Grabplatten befindet sich außerdem noch ein Gedenkstein für Heinrich Althüser (1864-1940), Pfarrer der Melanchthon-Kirche, und seiner Frau Else (1872-1931).
Weitere Informationen zur Melanchtonkirche finden Sie ►hier:
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