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St. Georgs-Kirche, Hattingen

Die evangelische Kirche Sankt-Georg befindet sich im historischen Stadtkern auf dem Kirchplatz. Die Kirche wurde um 1200 aus Ruhrsandstein neu errichtet. Reste eines romanischen Pfeilersockels und zwei Säulenbasen aus der Zeit nach 820 wurden 1972 bei Grabungen im Kircheninnern entdeckt. Die Kirche war das Zentrum der Ortsentwicklung. Kriege führten in den Jahren 1424 und 1429 zur Zerstörung Hattingens und der Kirche. Vom Wiederaufbau sind noch gotische Gewölbepfeiler, zugemauerte Spitzbogenfenster, Rippen und der Schlussstein über und hinter dem Orgelgehäuse erhalten. Es handelte sich vermutlich um ein flaches Kreuzgratgewölbe mit drei Schiffen, das von sechs steinernen Pfeilern getragen wurde. Etwa um 1450 war die Wiedererrichtung abgeschlossen.

 
 

---dreieck Der Kirchturm wurde 1976 neu verschiefert. Er hat einschließlich des Wetterhahns eine Höhe von 56,73 m, wobei der Turm vor 1807 noch höher gewesen sein soll. Der gotische Spitzhelm ist stark nach Südwesten geneigt. Der Zweck der Neigung könnte sein, dass er, falls er aufgrund eines Blitzschlages brennen sollte, nicht auf das Kirchenschiff fallen würde. Der Volksmund spricht aber auch von der Rache eines zu schlecht bezahlten Zimmermanns. Die Kirche mit ihrem verdrehten Turm ist daher in den "Verein der gedrehten Spitztürme Europas " aufgenommen worden. In Europa sind 90 Türme registriert. Die Kirche ist nach Sankt Georg († 303) benannt, der auch das Motiv des Hattinger Stadtwappens darstellt. Nach der Reformation benutzte man den Namen bis ins frühe 20. Jahrhundert jedoch nicht mehr.

---dreieck Der Turmhahn von St. Georg: Der Hahn auf der St.-Georgs-Kirche ist einer der ältesten der Umgebung und bietet, aus der Nähe betrachtet, einen erstaunlichen Anblick. Der kupferne, vergoldete Hahn ist auf beiden Seiten mit insgesamt zehn Jahreszahlen und sechzehn Namen von Männern der evangelischen Kirchengemeinde versehen. Die älteste Zahl stammt aus dem Jahr MDCCXXIX, das heißt 1729 in dem der Hahn nach einem Blitzschlag herabstürzte. Die nächste Jahreszahl auf dem Turmhahn bezieht sich auf die Renovierung am 20. Mai 1775. Dann folgt das Datum 22. August 1812, danach die Zahlen 1837, 1850 und 1876. In all diesen Jahren wurde der Hahn herunter geschafft und überholt. Die eingehämmerten Namen wie Riddershaus, Schepmann, Sintermann, Stratmann, Höfken, Steimann, Fliegenschmidt und Lange beziehen sich interessanterweise nicht auf die Gemeindepfarrer, sondern überwiegend auf die jeweiligen Kirchmeister. Im letzen Jahrhundert wurde der Hahn viermal aus seiner luftigen Höhe von rund 57 Metern geholt: 1904 unter Kirchmeister August Vahrenholt, 1928 unter Heinrich Hansberg, 1952 unter Heinrich Rugo und 1976 unter Paul Nocke, als der Turm neu verschiefert wurde. Der Turmhahn auf dem Kreuz, das etwa 2,54 Meter hoch ist, wiegt etwa sechs Kilogramm. Vom Schnabel bis zum Ende der Schwanzfedern misst er rund 89 cm, seine Höhe beträgt rund 71 cm. Wann der Hahn erstmalig auf den Turm gesetzt wurde, ist nicht feststellbar. Ohne Jahreszahl ist in lateinischer Schrift lediglich zu lesen, das Henrich Joh. Trapmann den Hahn vollendet hat.

 
 
Die hinter der Orgel erkennbaren gotischen Spitzbogenfenster sind von außen zugemauert.
Ein weiterer ehemaliger Kircheneingang ist an der Südseite der Kirche erkennbar.

---dreieck Das ganze Mauerwerk der Kirche war früher auch von außen verputzt und weiß gekalkt, so dass die heute erkennbaren Fenster und Türöffnungen der alten Kirche verdeckt waren. Der letzte Putz wurde 1932 entfernt.

Der Kirchturm der St.-Georgs-Kirche neigt nach Südwesten, dafür gibt es verschiedene volkstümliche Anekdoten. Nach überwiegender Meinung ist der Turm von Anfang an bewusst mit dieser Neigung angelegt worden, damit er den in Hattingen oft starken Südwestwinden besser standhält. Der Turm hat, einschließlich Kreuz und Hahn, eine Höhe von 56,73 Metern.

 

Anordnung des Kriegsministers

Im Ersten Weltkrieg erhielt die Kirchengemeinden eine Anordnung des Kriegsministers vom 20. April 1917 erhielten mit dem Befehl: „Alle Bronzeglocken sind beschlagnahmt und in das Eigentum des Reichsmilitärfiskus übergegangen. Die Glocken sind von den Bauwerken zu entfernen und bis 30. Juni 1917 an eine Sammelstelle abzuliefern.“ Welch eine Freude dürfte nun bei den Menschen aufgekommen sein, als acht Jahre nach Ende des Krieges die neuen Glocken eintrafen – und das in der damaligen Inflationszeit mit massiver Arbeitslosigkeit und Armut unter der Bevölkerung. Die Gemeinde wird gebetet und gehofft haben, dass ihr das Geläut nie wieder genommen wird. Es kam jedoch anders. Denn nur 16 Jahre später, Mitte des Zweiten Weltkrieges, hatte die Reichsregierung die gleiche Anordnung zur Ablieferung des Geläuts getroffen. Derzeit befinden sich im Turm vier Glocken. Diese stammen aus der Gießerei des „Bochumer Vereins“. Aufgehängt wurden sie, nachdem sie vorher den Deutschen Evangelischen Kirchentag in Essen eingeläutet hatten. Die feierliche Weihe fand am Reformationstag, dem 31. Oktober 1950, statt. Nach altem Glockengießerbrauch sind die Glocken mit Verzierungen und Sätzen versehen.

Inneneinrichtung

 
 

Der Raum hinter dem Altar ist die Sakristei, war jedoch vor 1807 der Chorraum der Kirche. In ihr sehen wir als Folge eines Um- bzw. Wiederaufbaus der Kirche nach Zerstörungen durch Kriegsereignisse in den Jahren 1314 und 1429 noch gotische Gewölbepfeiler, deren sechs Rippen sich im Gewölbe über bzw. hinter dem Orgelgehäuse in einem Schlussstein treffen. Die hinter der Orgel erkennbaren gotischen Spitzbogenfenster sind von außen zugemauert. Die ursprüngliche Sakristei befand sich vor 1807 in einem zweigeschossigen Anbau an der Nordseite der jetzigen Sakristei. Von außen kann man jetzt noch den früheren Zugang sehen.

Kanzelaltar

---dreieck Der Altar hat seine hölzerne Umkleidung erst seit einer Renovierung im Jahr 1973. Das Altarbild stellt die biblische Geschichte vom 12-jährigen Jesus im Tempel dar (Lukas 2,41ff.). Das Bild ist eine verkleinerte Reproduktion eines Gemäldes von Heinrich Hofmann (1824-1911). Das Original ist in der Galerie Neue Meister in Dresden zu sehen. Wann die Reproduktion des Bildes in die St.-Georgs-Kirche kam, ist unbekannt.

---dreieck Die historische Roetzel-Orgel: Die Orgel der St.-Georgs-Kirche wurde 1826/30 von Christian Rötzel aus Alpe bei Eckenhagen erbaut. Das frühromantische Instrument ist ein historisch wertvolles Dokument westfälischer Orgelbaukunst. 1959/60 wurde das Werk durch Alfred Raupach restauriert. Der Hattinger Orgelbauer, der sich der Gemeinde und ihrer Orgel sehr verbunden zeigte, versuchte bei finanziell geringstmöglichem Aufwand die verfallene Orgel wiederherzustellen. 1964 erfolgten weitere Erneuerungsarbeiten durch die Werkstatt Raupach. Besonders zu nennen sind die Erweiterung des Pedals um 5 Halbtöne und die Wiederherstellung des im 1. Weltkrieg abgebauten Zinn-Prospekts (d. h. der 45 vom Kirchenraum aus sichtbare Pfeifen). Eine grundlegende Restaurierung wurde 1977 durch die Firma Gustav Steinmann, Vlotho, vorgenommen. Neben vielfältigen Instandsetzungsarbeiten wurden aus akustischen Gründen die Pedal- und Manualwindladen umgelagert. Die Orgel wurde durch neue Verkleidungen und eine Rückwand ganz umschlossen. Pedalklaviatur und Spieltisch wurden neu eingebaut.

 
 

---dreieck Das Kirchenschiff wurde 1807 mit einer tonnenförmigen Holzbretterdecke als Gewölbe-Ersatz ausgestattet. Die Bretter wurden aber bereits 1850 durch dunkle, neue ersetzt, von denen ein Teil in einem freien Feld der jetzigen hellen Kassettendecke über der hinteren Empore sichtbar ist. Diese Kassettendecke mit ihren 298 vergoldeten Aluminiumsternen wurde im Jahr 1954 eingezogen.

 

Aus dem Jahr 1934 stammen die Bänke des Kirchenschiffs, gleichzeitig wurden auch die beiden großen Treppenaufgänge zu den Emporen eingebaut. Bei der Renovierung 1972 wurde die Bankanordnung geändert und der Abstand zwischen den einzelnen Reihen vergrößert, so dass die Kirche jetzt nur noch rund 600 Sitzplätze hat.

Der Taufstein stammt aus dem Jahr 1977 und ist von dem westfälischen Künstler Wolfgang Kreutter gestaltet. Sein Vorgänger war ein Holzständer mit einer kleinen Taufschale. Der Originaltaufstein der alten Kirche von etwa 1570 wurde im Zusammenhang des Umbaus 1807 ff. der Katholischen Kirchengemeinde überlassen, die ihn in ihrer Pfarrkirche St. Peter und Paul in der Bahnhofstraße neben dem Altarraum aufgestellt hat und für ihre Taufen nutzt.

 
 

Die Kirchenfenster von St. Georg

Eine Besonderheit der St. Georgs-Kirche sind sicher die 20 schönen Kirchenfenster, die zum größten Teil biblische Themen wie die Geschichte vom verlorenen Sohn oder das Gleichnis vom barmherzigen Samariter darstellen. Die Kirchenfenster wurden von Prof. E. Bischoff (Gelsenkirchen) entworfen und ab 1950 nach und nach eingebaut. Diese Jahreszahl befindet sich auf dem Fenster des „St. Georg“. In den letzten Jahren wurden die Kirchenfenster mit einem Sicherheitsglas versehen, um sie gegen Vandalismus zu schützen.

Symbol Kelch und Kreuz. Eduard Bischoff , 1950 Fenster in der Turmfassade Antikglas/Blei/Schwarzlot
Die törichten Jungfrauen. Eduard Bischoff , 1950 Fenster in der Seitenwand Antikglas/Blei/Schwarzlot
Martin Luther. Eduard Bischoff , 1950 Fenster in der Seitenwand Antikglas/Blei/Schwarzlot
Der barmherzige Samariter. Eduard Bischoff , 1950 Fenster neben dem Altar Antikglas/Blei/Schwarzlot
Rückkehr des verlorenen Sohns. Eduard Bischoff , 1950 Fenster neben dem Altar Antikglas/Blei/Schwarzlot
St. Georg tötet den Drachen. Eduard Bischoff , 1950 Fenster in der Seitenwand Antikglas/Blei/Schwarzlot Signatur: Ausf: I. Donat - Sohn Buer/i.W. / Rest. GP 2004-2007

Historische Grabsteine

Der Kirchplatz war vom 9. Jahrhundert an bis zum 31. März 1813 der Friedhof der Kirchengemeinde. Die letzten Gräber wurden 1848 eingeebnet. Die 26 Grabsteine direkt an der Kirche wurden 1986 neu geordnet. Der älteste Stein trägt die Jahreszahl 1617.

Weitere Informationen zum historischen Friedhof an der St. Georgs-Kirche finden Sie im Kapitel "Friedhöfe".

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