Die Lutherkirche im Stadtteil Alt-Wetter, auch „Ruhrtaler Dom“ genannt, ist ein evangelisches Gotteshaus. Die Grundsteinlegung war am 2. April 1905, das Richtfest feierte man am 10. November 1905. Nachdem im Lauf des Jahres 1906 der Innenausbau fertiggestellt wurde, konnte am 19. Dezember 1906 die Einweihung stattfinden. Stilistisch ist der von dem Dortmunder Architekten Ernst Marx entworfene Kirchenbau der Neugotik zuzurechnen.
Dass es sich bei der Lutherkirche um ein Gebäude handelt, welches das Stadtbild Wetters prägt, steht außer Frage. Aber diese Kirche ist natürlich mehr als nur ein historisches und denkmal-geschütztes Gebäude. Sie ist der Ort, an dem die Wetteraner Gemeinde seit 1906 ihren Gottesdienst feiert. Als 2003 die Innenrenovierung der Kirche anstand und sich auch die Frage nach einer weitreichenden Umgestaltung stellte, wurde die starke emotionale Verbundenheit mit dem vorhandenen Erscheinungsbild der Kirche noch einmal deutlich. "Unsere Kirche soll so bleiben wie sie ist", war das mehrheitliche Votum. Sie ist weitestgehend so geblieben, erstrahlt allerdings in neuem Glanz.
(Ein besonderer Dank gilt Pfarrer Karsten Malz für die freundliche Aufnahme und Erlaubnis zur Erstellung nachfolgender Fotos.)
Der Aufgang zur Kirche
Die Grabplatten
Es lohnt sich, die Grabplatten, die durch die Spende des Kirchbauvereins vor einigen Jahren restauriert werden konnten, einmal näher anzusehen.
Die erste Platte hier ist die der Witwe des Richters Johan Caspar Reinermann, die mit 67 Jahren starb. Der Stein zeigt den Vers aus der Offenbarung (Kap.21,4) “und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen..”. Es ist ferner ein Wappen zu sehen, das einen Hirsch einerseits und Hunde andererseits zeigt. Die Hunde sind die Wappentiere der Reinermanns.
Auf der nächsten Platte ist nur wenig zu erkennen. Sie zeigt ein Wappen mit Hirschgeweih und den Text: “So spricht der Herr: Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht lebendig bleiben.”
Der dritte Stein ist die Grabplatte des Pastors Henrich Tripler. Sie zeigt ein Wappen mit einem darauf thronenden Abendmahlskelch. Pastor Tripler starb im Jahre 1741, 87-jährig, nach 62 Jahren Amtszeit in Wetter.
Die vierte Platte ist am besten erhalten. Sie war der Grabstein der am 5. Juli 1705 im Alter von 23 Jahren “selig entschlafenen edlen und tugendhaften Jungfer Sophia Barbara”, des Pastors Tripler älteste Tochter.
Der Kircheninnenraum ist als Saalbau konzipiert.
„Dem Wunsche der Gemeinde und der vorherrschenden Richtung folgend ist diese Kirche in den Formen des mittelalterlichen Baustiles unter Anlehnung an romanische Formen entworfen und in der Grundform dem Wunsche der Gemeinde Ausdruck gegeben, Altar und Kanzel so viel wie möglich von allen Plätzen in den Gesichtskreis der Kirchenbesucher zu bringen, was durch eine zweischiffige Langhausanlage mit einseitiger Langschiffempore erreicht wird.“
Ruhrtal-Zeitung 5. April 1905
Im Chor befinden sich auf der linken Seite das Taufbecken in der Mitte der Altar und auf der rechten Seite die Kanzel, welche in den Chorraum hineinragt. Im Zentrum des Altarraums befindet sich der Altar. Er ist im frühgotischen Stil aus weißem Kalkstein gefertigt. Wie auch die Kanzel wird der Altartisch von Marmorsäulen getragen. Im Zentrum sieht man ein lebensgroßes Mosaik, welches Jesus Christus in einer einladenden Haltung zeigt. Das Mosaik wurde vom Künstler Weidlich der Firma Puhl und Wagner in Berlin hergestellt. Die Decken des Gewölbes über dem Chorraum sind mit Gemälden des Kirchenmalers Prof. Paul Thol gestaltet. Thol war ein herausragender Restaurator und Kirchenmaler. Das zentrale Bild stellt Jesus Christus im himmlischen Jerusalem dar. Links und rechts zu seinen Füßen Markus (Löwe), Lukas (Stier), Matthäus (Engel) und Johannes (Adler). Links die Geburtsszene in Betlehem und rechts die Karfreitagsszene.
Links vom Altar steht der aus fränkischem Sandstein gefertigte Taufstein. Das Taufbecken wird von einem kupfernen Helm bedeckt. Der Kupferhelm wurde von der Firma Klönne in Altena gefertigt.
Auf der rechten Seite ragt die Kanzel in den Chorraum. Sie ist wie der Taufstein aus fränkischem Sandstein gefertigt. Auf der Vorderseite befinden sich Darstellungen von Martin Luther, Paul Gerhardt, Phillip Nicolai, August Hermann Francke und Johann Hinrich Wichern.
Die Langschiffempore wird zum Kirchenraum hin durch gotische Bögen abgegrenzt. Von der Rückseite wird die Empore durch große farbig verglaste Fenster beleuchtet. Die gewölbte Decke ist als Sternenhimmel gestaltet.
Fenster auf der Empore, Paul Thol, 1953, Antikglas/Blei/Schwarzlot
Ornament, im Vierpass Engel mit Harfe (Lob Gottes) und Engel mit Lilie (Gnade).
Ornament, im Vierpass Engel mit Kreuz (Evangelium) und Engel mit Königskrone.
Ornament, im Vierpass Engel mit Brot und Engel mit gefalteten Händen (Antwort).
Die Orgel in der Lutherkirche wurde 1906/70 von der Orgelbaufirma „Furtwängler und Hammer“ in Hannover im spätromantischen Stil gebaut. (Wer sie disponiert hat, ist nicht bekannt.) Ein romantischer Orgelklang ist dem Klang eines Streichorchesters nachempfunden. Orgelkompositionen des 19. Jh. ließen sich gewiss sehr gut auf dieser Furtwängler-Orgel zum Klingen bringen. Die Orgel entsprach dem „Geschmack“ dieser Zeit. Die Unstetigkeit macht auch vor einer Orgel nicht Halt. lm Zuge der in den 1930er Jahren stattfindenden „Orgelbewegung“ meinte man auch den Klang der Orgel in der Lutherkirche zu Wetter verändern zu müssen. So versuchte man in ihr „romantisches Wesen“ den Klang der Joh.- Seb.-Bach-Zeit hinein zu zaubern. Das konnte nicht gelingen. So tat man der Orgel in den 50er Jahren wirklich Gewalt an. Hätte sie so bleiben dürfen, wie sie ursprünglich geschaffen wurde, wäre sie ein Unikat in der Region geblieben. Der Orgelprospekt, das „Gesicht“ der Orgel, ist spätromantisch-gotisch nachempfunden, mit Kreuzblumen und Krapfen. Die ehemals klingenden Prospektpfeifen wurden 1917 ausgebaut und aus Gründen der Metallmobilmachung abgegeben. Die heutigen Prospektpfeifen sind stumm. Die Orgel hat 4 Werke: Ein Pedal-, ein Haupt-, ein Ober- und ein Schwellwerk mit insgesamt 33 klingenden Stimmen.
Quelle: Gemeindebrief Christine Böhm
◄ Über der Mensa des Altars erhebt sich die Rückwand in den frühgotischen Linien des Kleeblatts von einem ornamental reich ausgebildeten Wimper eingeschlossen, um die lebensgroße Figur des einladenden Christus aufzunehmen. Auf dem Altar stehen alte und neue Abendmahlsgeräte, Kruzifix und Leuchter, nach Original-Zeichnungen Hemmings angefertigt.
Fenster: Die Apostel Paulus, Andreas, Jakobus der Ältere, Petrus, in der Rosette Alpha und Omega im Strahlenkranz. Fa. Staiger und Weitlich, 1906 Fenster im Chor, Kathedralglas/Blei/Schwarzlot/Silbergelb
▲ Der Altar der Lutherkirche
Fast alle Kirchen im sog. Abendland sind von Anfang an „geostet“; d.h. Apsis mit Chor und Altar stehen im Osten. So wendet sich die Gottesdienst feiernde Gemeinde dem Licht vom Osten zu, dem ewigen Licht (Joh. 8, 33), das in Jesus Christus wie die aufgehende Sonne leuchtet. Dementsprechend ist auch die „Lutherkirche“ geostet, d.h., der große Chorraum mit seinem Altar steht im Osten.
Der Chorraum war früher den Priestern vorbehalten. Und da nur sie gemeinsam als Chor sangen, nannte man den Raum, der für den Priesterchor vorgesehen war, „Chor – Raum“. Die Kanzel trennte ihn von dem Kirchenschiff und von der Gemeinde.
Der Tisch „mensa“ des Herrn entwickelte sich im 3. Jahrhundert zum Altar der christlichen Kirche. Man unterscheidet im Wesentlichen vier Grundformen: Tischaltar, Kastenaltar, Blockaltar, Sarkophag. Eine Sonderform nur in evangelischen Kirchen ist der Kanzelaltar mit der Kanzel über dem Altar, häufig im Bergischen Land zu finden. Der Altar in Lutherkirche ist ein sog. Retabelaltar. Retabel ist die Rückwand hinter der Mensa. Diese Altarform gibt es seit dem 11. Jahrhundert.
In der Festschrift zur Einweihung der „Lutherkirche“ 1906 heißt es: „Über der Mensa des Altars erhebt sich die Rückwand. In den frühgotischen Linien des Kleeblatts zeigt das glitzernde Mosaikbild die lebensgroße Gestalt des einladenden Christus. Sie wurde von dem Künstler Weitlich in der Firma Puhl und Wagner in Berlin ausgeführt und ist überschrieben mit den Heilandsworten „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken“. (Der Name des Künstlers Weitlich ist im unteren linken Feld des Mosaiks lesbar eingetragen.) Von österlichem Licht verklärt umstrahlt lädt Christus ein in sein festlich erleuchtetes Haus. Die beiden Giebelbalken des Hauses zieren jeweils 12 Blattornamente. Die Zahl 12 symbolisiert die 12 Apostel, die ja hinter dem Altar in 6 prächtigen Glasfenstern dargestellt sind. Die Pfeiler auf beiden Seiten der offenen Tür des Festhauses zeigen unten jeweils im Kleinformat als Ornament das Haus mit Kleeblatt. Sie sind bekrönt mit sogenannten Fialen. Fialen sind schlanke Türmchen zum Schmuck, üblich in der gotischen Baukunst, mit einer Kreuzesblume auf der Spitze. Auch die Fialen sind im 12er-Rhythmus ornamental gestaltet. Auf dem Giebel ragt ein steinernes Kreuz empor. Die 4 Winkel, die die Kreuzbalken bilden, haben jeweils ein nicht leicht erkennbares dreiblättriges Ornament, Symbol für die Dreieinigkeit Gottes. Die Kleeblattform des Altarmosaiks bestimmt auch den oberen Abschluss fast sämtlicher Fenster der Kirche. Außerdem schmückt das Kleeblatt die kleinen Türmchen der Mauer um das Kirchengelände.
Das Dreieinigkeitssymbol in anderer Form als Dreieck ist ausdrücklich dargestellt im oberen Giebeldreieck. Im 17. Jahrhundert kam die Sitte auf, die Dreiheit Gottes, Vater – Sohn – Heiliger Geist, in Form eines gleichseitigen Dreiecks darzustellen. Später wurde in die Mitte des Dreiecks das Auge Gottes eingezeichnet als Zeichen seiner Weisheit und Gegenwart. Während die Rückwand des Altars (Retabel) in der Gestaltung symbolhaft auf die Botschaft der 12 Apostel und auf die Dreieinigkeit Gottes hinweist, wird die Mensa, der Altartisch, von 4 Säulen getragen. Sie stehen für das Zeugnis der 4 Evangelisten: Matthäus, Markus, Lukas, Johannes. Der später hinzugefügte Kruzifixus und die 2 Leuchter schmücken heute unseren Altartisch. Die Kerzen der beiden Leuchter geben Licht, indem sie sich selbst verzehren. Sie erinnern so an das Licht der Welt, Jesus Christus, und an sein Wort: „Niemand hat größere Liebe denn die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde“ (Joh. 15, 13).
Die Bilder der Kirche und in der Altarkuppel
Die „Lutherkirche“ ist nicht nur ein Ort der gesprochenen Verkündigung. Mit ihren Bildern und Malereien verkündigt sie selbst die frohe Botschaft still aber bewegend lebendig. 16 Szenen aus dem Johannesevangelium hat Prof. Thol im Kirchenschiff bildhaft zur Sprache gebracht. Sechs „Ich-bin Worte“ Jesu aus dem Johannesevangelium lesen wir im Altarbogen. Eine eindrücklich zusammenfassende sichtbare Darstellung der Erlösung Gottes in Jesus Christus für uns verkünden die Malereien der Altarkuppel, die auch von Prof. Thol stammen. Sie werden beim Gang zum Altar während des hl. Abendmahls, der hl. Taufe und bei Trauungen leider eigentlich nicht wahrgenommen. Deshalb sei an dieser Stelle daran erinnert, dass die Botschaft von Jesus Christus von der Altarkuppel sozusagen auf uns herabschaut. Es sind insgesamt 5 Bilder. In der Mitte unübersehbar der Pantokrator, d.h. der Herrscher der Welt, Christus, der auferstandene Sieger über den Tod. Der thronende Christus hält 2 Spruchbänder in seinen Händen, Huldigungsworte aus der Doxologie des Vaterunser: „Dein ist das Reich“. „Dein ist die Herrlichkeit.“ Die Darstellung entspricht den Versen aus der Offenbarung des Johannes Kapitel 4, 6-8. Die beiden Bilder neben dem thronenden Weltherrscher Christus zeigen links die Geburt Jesu und rechts die Kreuzigung Jesu. Die Kreuzesszene ist wieder an der Darstellung des Johannesevangeliums orientiert. Während die drei mittleren Bilder vom Kirchenschiff aus sichtbar sind, wissen viele nicht, dass die beiden Randbilder Johannes, den Täufer, und Stephanus, den 1. Märtyrer, der gesteinigt wurde, zeigen. Johannes sieht den Geist Gottes wie eine Taube vom Himmel herabfahren und auf Jesus bleiben (Joh.Ev. 1,33).
Quelle: Gemeindebrief 2008
◄ An den Triumphbogen angelehnt steht die Kanzel, niedrig, ohne Schall-Deckel; in fünf durch grüne Marmorsäulchen voneinander getrennten Medaillonbildern will die Kanzel Illustrationen zu dem verkündigten Evangelium geben. Fünf Männer sind auf ihr abgebildet. In der Mitte Martin Luther, umrahmt von den Lieddichtern Philipp Nikolai (links) und Paul Gerhardt (rechts), jeweils am Rand der Kanzel sind zwei Männer der „praktischen christlichen Nächstenliebe“ wie es in einer Schrift zum 25 jährigen Kirchenjubiläum heißt, August Hermann Francke (links) und Johann Hinrich Wichern (rechts).
▲ Ein prächtiger in Kupfer getriebener Helm der Firma Klönne in Altena bedeckt den zur Linken des Altars stehenden Taufstein.
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