Wo sich vor wenigen Stunden noch das Wasser und die Wellen der Nordsee befanden, liegt bei Ebbe der Meeresboden frei. Und so ist es möglich, das faszinierende Erlebnis einer geführten Wattwanderung zu genießen. Die Betonung liegt hier aber eindeutig auf dem Begriff „geführte Wattwanderung“, denn dieses Unternehmen allein durchführen zu wollen, ist mehr als sträflicher Leichtsinn, bei dem die Gefahren im Watt nur allzu oft lebensgefährlich unterschätzt werden.
Wenn man auf Föhr seinen Urlaub verbringt, kann diese interessante Tour auf einer Strecke von etwa 8 Kilometern von Dunsum auf Föhr bis zur Nordspitze der Nachbarinsel Amrum ein Erlebnis der besonderen Art nur ausdrücklich empfohlen werden. Begleitet von einem erfahrenen Wattführer, der beste Kenntnisse über Land und Leute hat und noch mehr über das einzigartige Naturerlebnis Wattenmeer weiß, erfährt man während eines Spaziergangs auf dem Meeresboden in einem angemessenen und entspannten Tempo zum einen etwas über die „Naturlandschaft Wattenmeer“. Zum anderen gibt es eine Menge an Wissenswertem über die Bewohner des Meerbodens zu erfahren und die Möglichkeit, Wattwürmer, Muscheln, Seesterne und Wattvögel bei der Suche nach Nahrung zu beobachten.
Das alles und noch viel mehr wird der Wattführer interessant und anschaulich erklären. Dabei bringt er die Gruppe sicher nach Amrum, von wo aus es ab Wittdün dann mit der Fähre zurück nach Wyk auf Föhr bzw. nach Dagebüll aufs Festland geht.
Irgendwo im Nirgendwo der wilden Wattenwelt zwischen den Inseln Amrum, Föhr und Sylt hat sich also in den vergangenen Jahren ein kleines Stück Neuland aus den Fluten erhoben, auf dem man eine Tide trocken aussitzen könnte. Im Laufe des vergangenen Jahres hat sich die Fläche der Sandbank deutlich verringert, sie ist beinahe um die Hälfte kleiner geworden – und dieser Trend scheint anzuhalten. Außerdem hat die Kormoran-Insel ihre Form und Lage verändert. Sie wandert mit den Wellen und an ihrem westlichen Ende sieht sie deutlich angegriffen aus, hier ist sie der offenen See ausgeliefert. Sylt scheint in der klaren Luft zum Greifen nah, doch ist die Insel von hier unerreichbar – der Priel davor ist auch bei Ebbe zwanzig Meter tief. Vor knapp fünfzig Jahren begann sich diese Sandbank aufzuformen, berichtet der Wattführer. Kormoran-Insel heißt sie, weil dort manchmal diese schwarzen Vögel beobachtet werden können.
Wattnatur erleben auf Föhr: Auch die Schutzstation Wattenmeer bietet auf Föhr ein vielseitiges Veranstaltungsprogramm, u.a. geführte Strandwanderungen wie hier ausgehend vom Südstrand durch das Watt bis zur Fahrrinne der Fähren.
Lustige kleine Sandwellen ziehen sich über den Strand am Wattenmeer. Das Wasser hat sich zurückgezogen. Wie eine Wüste sieht es aus, dort wo das Wasser durch die Ebbe abgelaufen ist - ganz ruhig und leblos. Doch der Anblick täuscht. Hier tobt das Leben. Kleine Sandfäden, wie Haufen von winzigen Spaghetti, zeigen, wer gerade im Sand wühlt: Hunderte, Tausende oder gar Millionen von Wattwürmern. Und sie sind nicht allein. Im Watt tummeln sich Sandschnecken, Miesmuscheln, Krebse und Seeigel. In den Prielen, den Wasserläufen zwischen den Sandwellen, ist die Kinderstube der Fische. Plattfische wie Scholle und Butt verstecken sich. Hier ist auch der Seestern zu Hause.
Die wellenartigen Muster, die sich im Flachwasser am Meeresufer bilden, sind ein schönes Beispiel für das Zusammenwirken der einzelnen Sandkörnchen. Auch wenn die Sandmuster den Seegang des Meeres widerspiegeln, ist ihre Entstehung doch einem gänzlich anderen physikalischen Prinzip geschuldet.
Im Watt sagt der Führer, dass sich Nordseekrabben im Laufe ihres Lebens dreiunddreißigmal häuten. Während der Wattwurm zeit seines Lebens dasselbe tut: sich in den Sand eingraben und lange Würste drehen. Beide schlagen sich auf ihre Weise durch, es läuft sich schon irgendwie aus, auch wenn man das Watt erst schützen musste. In der Nordsee gibt es neuerdings Seegurken, und die Seehunde, die wir auf den Sandbänken beobachten können, haben sich an die Menschen gewöhnt, sagt der Führer. In den siebziger Jahren wurden noch Seehundpüppchen mit echtem Fell in den Andenkenläden Wyks angeboten. Es ist beileibe nicht alles schlechter geworden. An diesem sonnig-klaren Tag ist das Watt ein überirdischer Ort. Man vergisst nicht, wie schön es hier ist.
November 2018: Es ist nass, feucht und dunkel - aber auch diese Jahreszeit hat ihre schönen Momente auf der Insel.
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