Die Kirche St. Laurentii in Süderende verfügt bis auf den heutigen Tag über kostbare Ausmalungen. Die Freilegung, Restaurierung und Konservierung hat in den vergangenen Jahrzehnten viel Fachwissen und umfangreiche Aufwendungen erfordert. Die Malereien gehören zu den wenigen nachreformatorischen Bildprogrammen, die es in Schleswig-Holstein gibt. Die Ausmalungen der Kreuzrippengewölbe sind in Nordfriesland einzigartig und künstlerisch wertvolle wie auch kirchenhistorisch außergewöhnlich interessante Arbeiten eines unbekannten Künstlers aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Zur Entstehungszeit der Gewölbemalereien im Kirchenschiff geben bisher keine Quellen konkret Auskunft. Die Malereien werden auf ca. 1670 datiert, könnten aber auch später entstanden sein. Für eine Ausmalung nach 1670 spricht, dass die Insel vom 17. bis 18. Jahrhundert eine Periode des wirtschaftlichen Wohlstands erlebt hat. „Es wird angenommen, dass der damalig amtierende Pastor Richardus Petri (1597-1678) diese Gemälde in Auftrag gab und die Ausmalungen der Gewölbe entworfen habe“, berichtet die heute in USA lebende 9-fache Ur-Enkelin des Pastors. Die in barockem Stil gefertigten Malereien stellen Gleichnisse und Szenen aus dem Leben Jesu Christi dar. Jede Kappe von West nach Ost zeigt in vierteiligen Gewölben unterschiedliche Episoden. Die schönste Darstellung befindet sich im vierten Joch gegenüber der Kanzel: Sie zeigt den auferstandenen Christus vor dem himmlischen Jerusalem. (Heute sind nur noch Fragmente erkennbar.)
Bisher geben keine Quellen über die Entstehungszeit der Gewölbemalereien im Kirchenschiff Auskunft. Vermutlich wurden sie um 1670 angelegt, im "Goldenen Zeitalter" - einer Periode des wirtschaftlichen Wohlstandes auf der Insel. Zu dieser Zeit lehrte der berühmte Pastor Ricardus Petri die Föhringer die Navigation, sodass diese als Kapitäne auf Walfangschiffen zu Reichtum gelangten. Die Malereien in St. Laurentii gehören damit zu den wenigen nachreformatorischen Bildprogrammen, die es in Schleswig-Holstein gibt. Es handelt sich um Kalkmalereien auf 12 Gewölbekappen in den Gewölben des 2., 3. und 4. Joches im Langschiff. Die umfangreiche großflächige Ausmalung zeigt in jeder Kappe mit überlebensgroßen Figuren biblische Szenen aus dem Leben Christi:
(01) unbekannt
(02) Jesus antwortet den Gelehrten
(03) Die Heilung des Jünglings zu Nain
(04) Der Sämann sät das Wort
(05) Die Arbeiter im Weinberg
(06) unbekannt
(07) Der Hauptmann von Kapernaum
(08) Hephala
(09) Am Jacobsbrunnen
(10) Die Versuchung
(11) Die Heilung des Besessenen
(12) unbekannt
Die Malereien waren mit 12 Tüncheschichten unterschiedlichster Dicke überlagert. Die meisten Schichten sind hellgrau bis weiß gefärbt, nur eine der Schichten weist eine blaue Pigmentierung auf. Diese überall noch in Resten vorhandene und sichtbare Fassung stammt, wie eine datierte Putzausbesserung im l. Joch Süd beweist, von 1914. Die Rippen waren dunkler zu den Kappen und sonstigen Wandflächen abgesetzt. Die Malereien wurden erst 1954 zufällig bei Anstreicharbeiten von dem ortsansässigen Maler Dubbick entdeckt und von ihm und später von dem Hamburger Restaurator Neubert bis 1958 frei gelegt und restauriert.
Die 1992/1993 von dem Hamburger Restaurator Leonhardt durchgeführte Wandmalerei- und Schadenskartierung gab einen ersten Anhaltspunkt zur Schadenssituation in den Gewölben und war Grundlage für alle weiteren Arbeiten an den Wandmalereien. Die große Bereitschaft der früheren Restauratoren Dubbick und Neubert, die vorgefundenen Fragmente der Malerei zu rekonstruieren und zu ergänzen, macht es heute fast unmöglich, zwischen der originalen Malschicht und der Überarbeitung zu differenzieren. Festzustellen ist, dass sich die Retusche der beiden Restauratoren nicht auf die Fehlstellen beschränkte, sondern dass ganze Figuren überfasst wurden.
Bibeltext: Denn mit dem Reich der Himmel ist es wie mit einem Hausherrn, der ganz frühmorgens hinausging, um Arbeiter in seinen Weinberg einzustellen. Nachdem er aber mit den Arbeitern um einen Denar den Tag übereingekommen war, sandte er sie in seinen Weinberg. Und als er um die dritte Stunde ausging, sah er andere auf dem Markt müßig stehen; und zu diesen sprach er: Geht auch ihr hin in den Weinberg! Und was recht ist, werde ich euch geben. Sie aber gingen hin. Wieder aber ging er hinaus um die sechste und neunte Stunde und machte es ebenso. Als er aber um die elfte hinausging, fand er andere stehen und spricht zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag müßig? Sie sagen zu ihm: Weil niemand uns eingestellt hat. Er spricht zu ihnen: Geht auch ihr hin in den Weinberg! Als es aber Abend geworden war, spricht der Herr des Weinbergs zu seinem Verwalter: Rufe die Arbeiter und zahle ihnen den Lohn, angefangen von den letzten bis zu den ersten! Und als die um die elfte Stunde kamen, empfingen sie je einen Denar. Als aber die ersten kamen, meinten sie, dass sie mehr empfangen würden; und auch sie empfingen je einen Denar. Da sie den aber empfingen, murrten sie gegen den Hausherrn und sprachen: Diese letzten haben eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleichgemacht, die wir die Last des Tages und die Hitze getragen haben. Er aber antwortete und sprach zu einem von ihnen: Freund, ich tue dir nicht unrecht. Bist du nicht um einen Denar mit mir übereingekommen? Nimm das Deine und geh hin! Ich will aber diesem letzten geben wie auch dir. Ist es mir nicht erlaubt, mit dem Meinen zu tun, was ich will? Oder blickt dein Auge böse, weil ich gütig bin? So werden die Letzten Erste und die Ersten Letzte sei.
Bibeltext: Als aber Jesus nach Kapernaum hineinging, trat ein Hauptmann zu ihm; der bat ihn und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause und ist gelähmt und leidet große Qualen. Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen. Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund. Denn auch ich bin ein Mensch, der Obrigkeit untertan, und habe Soldaten unter mir; und wenn ich zu einem sage: Geh hin, so geht er; und zu einem andern: Komm her, so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das, so tut er’s. Als das Jesus hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden! Aber ich sage euch: Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen; aber die Kinder des Reichs werden hinausgestoßen in die Finsternis; da wird sein Heulen und Zähneklappern. Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin; dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde gesund zu derselben Stunde.
Bibeltext: Und es begab sich danach, dass er in eine Stadt mit Namen Nain ging; und seine Jünger gingen mit ihm und eine große Menge. Als er aber nahe an das Stadttor kam, siehe, da trug man einen Toten heraus, der der einzige Sohn seiner Mutter war, und sie war eine Witwe; und eine große Menge aus der Stadt ging mit ihr. Und als sie der Herr sah, jammerte sie ihn und er sprach zu ihr: Weine nicht! Und trat hinzu und berührte den Sarg, und die Träger blieben stehen. Und er sprach: Jüngling, ich sage dir, steh auf! Und der Tote richtete sich auf und fing an zu reden, und Jesus gab ihn seiner Mutter. Und Furcht ergriff sie alle, und sie priesen Gott und sprachen: Es ist ein großer Prophet unter uns aufgestanden, und: Gott hat sein Volk besucht. Und diese Kunde von ihm erscholl in ganz Judäa und im ganzen umliegenden Land.
Bibeltext: Das Land Samaria lag zwischen Judäa und Galiläa am Westufer des Jordans und hatte einmal zum Nordreich Israels gehört. Als Israel im 8. Jahrhundert vor Christus unterging, verschleppten die Assyrer den größten Teil der jüdischen Bevölkerung und siedelten auf dem frei gewordenen Land Menschen aus anderen Ländern an. Diese neuen Siedler übernahmen den Gott des Landes, nämlich Jahwe, behielten aber daneben ihre alten Götter. Die Samariter des 1. Jahrhunderts nach Christus waren Nachkommen dieser Siedler. Deshalb wurden sie von den „reinen“ Juden entschieden abgelehnt, und manche Juden nahmen auf ihrem Weg nach Jerusalem lieber einen großen Umweg östlich von Samarien in Kauf, auf dem sie sogar zweimal den Jordan überqueren mussten, als durch Samarien zu reisen. Jesus tat das nicht. Ihn konnten überkommene Vorurteile nicht anfechten. Die Frau, die zum Jakobsbrunnen kam, war nicht nur eine Samariterin, sie war eine Frau. Allein deshalb reagierte sie höchst verwundert, dass Jesus sie ansprach und um Wasser bat. Es war für einen jüdischen Rabbiner ungewöhnlich, eine Frau anzureden. Ja, er sollte sie nicht einmal ansehen. Denken wir an die vielen tief verschleierten Frauen muslimischen Glaubens, so begegnet uns diese Auffassung leider heute noch. Wir können uns also diese Begegnung gut vorstellen. Aus dem Bibeltext in Johannes 4 ist zu erkennen, dass die Frau allein zum Brunnen kam und zwar gegen Mittag. Das sagt viel über ihre Beziehung zu den anderen Dorfbewohnern aus. War sie aus der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen? Normalerweise gingen die Frauen frühmorgens gemeinsam zum Wasserschöpfen und besuchten sich auf dem Rückweg gegenseitig in ihren Häusern. Jesus wendet sich der Frau zu und sagt ihr viele Einzelheiten aus ihrem persönlichen Leben: „Fünf Männer hast du gehabt, und der, mit dem zu jetzt zusammen lebst, ist nicht dein Mann.“ Wir können uns die Verblüffung der Frau gut vorstellen. Das hatte sie noch nicht erlebt. In ihren Augen muss Jesus ein Prophet sein. Sie eilt zurück in ihr Dorf und erzählt allen, die es hören wollen: „Dieser Mann weiß alles, was ich getan habe.“ Wie hatte Jesus das Gespräch mit der Frau aufgebaut? Er war müde und durstig, also ist seine Bitte ganz natürlich. So brachte er das Gespräch in Gang. Mit seiner Bitte um Hilfe sprachen die beiden gleichsam auf gleicher Augenhöhe miteinander. Das ist sehr ungewöhnlich in damaliger Zeit. Und dann lenkt Jesus ihre Aufmerksamkeit auf das, was Gott geben will, nämlich „lebendiges Wasser“, und gibt sich als Messias zu erkennen. „Lebendiges Wasser“ bedeutete damals fließendes Wasser, etwa Wasser aus einem Fluss. Mit diesem damals vertrauten Bild vergleicht Jesus das Geschenk Gottes, im Glauben an ihn von aller Schuld befreit zu werden. Als die Frau irritiert reagiert, spricht er wieder in Bildern zu ihr. Der Mensch, der von ihm lebendiges Wasser gereicht bekommt, würde nie mehr durstig werden, sondern eine Quelle besitzen, die ewig sprudelt, will sagen, die bis ins ewige Leben reicht. Das Wasser steht hier für den Heiligen Geist, der all denen verheißen ist, die das Angebot Gottes annehmen. Die Frau bat um dieses Wasser, verstand aber noch nicht, was Jesus ihr damit sagen wollte. Sie nahm seinen Vergleich einfach wörtlich. Und dann offenbart er ihr alles, was ihr bisheriges Leben ausmachte. Damit war ihre Situation offen gelegt als die eines Menschen, dem Jesus alles geben kann, was er braucht: Vergebung der Sünden, ewiges Leben und ein neues erfülltes Leben hier auf Erden. Aber die Frau zögert noch immer: „Ja, ich weiß, dass einmal der Messias kommen wird. Der wird uns alles erklären." „Du sprichst mit ihm, ich bin der Messias.“ Und da glaubt die Frau. Sie begreift sich als bedürftigen, sündigen Menschen und erkennt Jesus als einen, durch den Gott spricht. Sie, die lange Zeit beschämt und isoliert gelebt hatte, eilt nun ins Dorf zurück und erzählt in glühender Begeisterung alles, was Jesus ihr gesagt hatte. Dort sah man ihr die Veränderung an, und manche glaubten schon aufgrund ihres Zeugnisses. Andere wollten Jesus selbst hören, und danach glaubten zahlreiche weitere Menschen an ihn. Die mutige Samariterin tat den entscheidenden Schritt zum Glauben, als sie merkte, dass Jesus sie nicht verurteilte. Da wusste sie sich befreit von aller ihrer Schuld und konnte anfangen, neu zu leben.
Der hohe Salzgehalt des meersandhaltigen Mörtels in den Kuppeln führte in Kombination mit Feuchtigkeits- und Temperaturschwankungen durch die Heizung zu starken Zerstörungen. Ferner schädigten Mikroorganismen die Farbschichten nachhaltig durch den Bewuchs an der Maueroberfläche. Begünstigt durch die damals verwandten organischen Bindemittel (z.B. Quark) fanden sie einen idealen Nährboden. Die Absonderungen dieser Mikroorganismen - bestehend aus aggressiven Säuren- führten in der Folge zu einer starken Schädigung der Deckenmalereien. Das Deutsche Zentrum für Handwerk und Denkmalpflege nahm die St. Laurentii-Kirche in ein Forschungsprogramm auf, in dem in den 1990er Jahren mit enormem Aufwand die Ursachen und Restaurierungsmöglichkeiten ermittelt wurden. 1997 - 2000 wurden die Gewölbe dann erneut behutsam von dem Hamburger Restaurator Christian Leonhardt saniert.
Bibeltext: Und sie kamen ans andre Ufer des Meeres in die Gegend der Gerasener. Und als er aus dem Boot stieg, lief ihm alsbald von den Gräbern her ein Mensch entgegen mit einem unreinen Geist… Und niemand konnte ihn mehr binden, auch nicht mit einer Kette; denn er war oft mit Fesseln an den Füßen und mit Ketten gebunden gewesen und hatte die Ketten zerrissen und die Fesseln zerrieben… Da er aber Jesus sah von ferne, lief er hinzu und fiel vor ihm nieder, schrie laut und sprach: Was habe ich mit dir zu schaffen, Jesus, du Sohn des höchsten Gottes? Ich beschwöre dich bei Gott: Quäle mich nicht!… Und er fragte ihn: Wie heißt du? Und er sprach zu ihm: Legion heiße ich; denn wir sind viele. Und er bat Jesus sehr, dass er sie nicht aus der Gegend vertreibe.
Es war aber dort am Berg eine große Herde Säue auf der Weide. Und die unreinen Geister baten ihn und sprachen: Lass uns in die Säue fahren! Und er erlaubte es ihnen. Da fuhren sie aus und fuhren in die Säue, und die Herde stürmte den Abhang hinunter ins Meer, etwa zweitausend, und sie ersoffen im Meer. Und die Sauhirten flohen und verkündeten das in der Stadt und auf dem Lande. Und die Leute gingen, um zu sehen, was da geschehen war, und kamen zu Jesus und sahen den Besessenen, der den Geist »Legion« gehabt hatte, wie er dasaß, bekleidet und vernünftig, und sie fürchteten sich.
Bibeltext: Es ging ein Sämann aus, zu säen seinen Samen. Und indem er säte, fiel einiges auf den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen's auf. Und einiges fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. Und einiges fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten's. Und einiges fiel auf gutes Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Als er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre!
(Lukas Evangelium Kapitel 8, Vers 5-8)
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