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St. Michaelis: Michel - Das Hamburger Wahrzeichen

Die Hauptkirche St. Michaelis zu Hamburg ist das markante Wahrzeichen Hamburgs. Die Kirche, mit ihrem 132 m hohen Turm von Hamburgern und Nicht-Hamburgern liebevoll "Michel" genannt, kann sicherlich zu den bedeutendsten protestantischen Barockbauten gezählt werden. Der gegenwärtige Kirchenbau von St. Michaelis musste im Laufe seiner Geschichte zweimal neu erbaut werden. Der erste Bau wurde im Zeitraum von 1647 bis 1669 auf dem Gebiet der früheren St. Michaeliskapelle erbaut und besaß ursprünglich nicht den charakteristischen runden Kirchturm. Im Jahr 1685 wurde St. Michaelis zu Hamburgs fünfter Hauptkirche erhoben – so erhielt die Neustadt ein eigenes Kirchspiel. Am 10. März 1750 wurde die Kirche gegen 11 Uhr am Vormittag von einem Blitzeinschlag getroffen. Der Brand konnte nicht rechtzeitig gelöscht werden, der Kirchturm brach auf das Kirchendach und setzte das gesamte Gotteshaus in Brand. 1906 wurde sie durch einen großen Brand sehr stark beschädigt und in den Jahren zwischen 1907 und 1912 nach historischem Vorbild wieder aufgebaut. Im Zweiten Weltkrieg erlitt die Kirche weitere Beschädigungen, die in den darauf folgenden Jahren wieder beseitigt wurden.

Der Turm: Der Turm ist 132 m hoch. 106 Meter über der Elbe befindet sich die ► Aussichtsplattform

▲ Wir nähern uns dem Michel von Süden, vorbei am Verlagshaus Gruner + Jahr. Hier sieht man bereits den Turm. Seine markante Spitze schaut immer wieder zwischen den Baumspitzen des kleinen Parks hervor. Immerhin ist der Michel mit 132 m Höhe auf Platz 12 der Liste der höchsten Kirchengebäude der Welt! In Hamburg ist nur St. Nikolai noch etwas höher (5. Platz). Auf dem 1. Platz ist übrigens das Ulmer Münster (161,53 m). Noch vor der Basilika Notre-Dame de la Paix in Yamoussoukrou, (Elfenbeinküste), dem Kölner Dom und der Kathedrale von Rouen.

1906: Der große Brand

zum Vergrößern Grafik anklicken

Michelbrand : Flammenmeer "schaurig-schön"

Extrablatt

Hamburg, Dienstag den 3. Juli 1906

 

Der Brand der gr. Michaeliskirche

"Um ca. 2 1/2 Uhr bemerkte man Flammen aus dem Michaelisturm emporlodern. Innerhalb weniger Minuten entwickelte sich daselbst ein Feuermeer welches die Gallerie des Turmes bis zu äußersten Kuppel umhüllte. Immer intensiver wurde das Feuermeer und bot einen schaurig-schönen Anblick. Durch die Löcher der Ziffernblätter, welche die Zeiger zwecks Reparatur seit einigen Tagen fehlen, bahnte sich das Feuer ebenfalls seinen Weg. Sämtliche Dächer der umliegenden Häuser sind mit tausenden von Menschen bedeckt, die mit Wehmut diesem unserer schönstem Kirche erteilten Schicksal verfolgen. Das Feuer dürfte durch die vorgenommene Reparatur der Uhr verursacht worden sein. Das Feuer brennt zur Zeit noch weiter. Das Kupferdach des Turmes fängt an zu schmelzen. 3 Uhr 7 Minuten stürzte der Turm nach der Richtung des Kraienkamp‘s ein. Aus dem Kirchdach schlagen die Feuergarben intensiver hervor. Um 3 Uhr 30 Min. sind bereits 8 Häuser an der Englischen Planke von dem Feuer ergriffen und bilden ein Flammenmeer."

 

Druck und Verlag: M. Jotkowitz Hamburg 3

Bis 1912 wurde auch die Umgebung der Kirche neu gestaltet. Das war eine der ersten Aufgaben Fritz Schumachers nach seinem Dienstantritt 1909. Gegen die traditionell malerischen Vorstellungen des Ingenieurwesens setzte er ein architektonisches Konzept durch: Terrasse, Pastorenhäuser und Denkmäler sollten die Kirche interpretieren. Seit dem Krieg sind von den Bauten nur die Stützmauern im Süden und Osten davon erhalten. Die Platzfläche und die umgebenden Gebäude wurden 1955-58 durch Gerhard Langmaack neu gestaltet. Reste von Schumachers Gestaltung sind auch noch zwei Denkmäler: das für den 1912 verstorbenen Bürgermeister Johann Heinrich Burchard, den Kirchspielsherrn während des Wiederaufbaus, am nördlichen Querarm (Bronzetafel mit Portraitbüste – Adolf von Hildebrand) und das Luther-Denkmal an der Turmnordseite (Bronzestandbild – Otto Lessing). Vor allem das letztere kann die Absichten Schumachers vergegenwärtigen: Überlebensgroß vermittelt es zwischen dem Erfahrungshorizont des Betrachters und den riesigen Dimensionen des Turmes. – Vom Sonnin-Denkmal , das am südlichen Pastorat in einer Pfeilerhalle stand, sind noch das Portraitmedaillon (an der Südwestecke der Kirche) und ein Jüngling mit Kirchenmodell erhalten (Oskar Ulmer, in der Gruft ausgestellt). Durch die Nachkriegsstadtplanung ist St. Michaelis großräumig freigestellt worden: Von Süden her wurde ein Grünzug darauf zurückgeführt, nach Norden grenzt der Kirchplatz an die Ost-West-Straße.

 

Deutschlands größte Turmuhr

Michel-Uhr: Hamburgs Wahrzeichen hat Deutschlands größte Turmuhr

Vierzig Zentimeter rücken die Spitzen der großen Zeiger der Michel-Turmuhr pro Minute vor - das sind 24 Meter pro Stunde und 576 Meter in 24 Stunden. Bundesweit ist das Rekord, denn Hamburgs Wahrzeichen hat Deutschlands größte Turmuhr. Acht Meter Durchmesser haben die Zifferblätter, die unterhalb der Aussichtsplattform des insgesamt 132 Meter hohen Turms in alle vier Himmelsrichtungen weisen. Die großen Zeiger sind 4,91 Meter lang, die kleinen 3,65 Meter - und alle wiegen jeweils 130 Kilogramm. Der Michel habe eine Schwarzwälder Uhr, nur leider ohne Kuckuck, erfährt man vom Stadtführer auf Rundgängen durch die Neustadt. Zwar stimmt die Sache mit dem Schwarzwald nicht so ganz, doch die römischen Ziffern der Micheluhr sehen in der Tat ganz so aus wie Zifferblätter der typischen Kuckucksuhren. 1,35 Meter ist jede Ziffer hoch - und natürlich vergoldet, genau wie die Zeiger. Die Michel-Uhr stammt aus Straßburg im Elsaß, aus der Werkstatt des Uhrmachers Alfred Ungerer, Großvater des Cartoonisten und Karikaturisten Tomi Ungerer (1931-2019) - und von Straßburg aus ist der Schwarzwald nicht sonderlich weit entfernt. 1911 wurde die Uhr in Betrieb genommen. Das riesige Uhrwerk im 8. Turmboden erwies sich als ein Publikumsmagnet: Alle 30 Sekunden setzte sich damals das schnurrende Räderwerk in Bewegung, um die Uhrzeiger 20 Zentimeter vorrücken zu lassen. 1964 allerdings wurde das Uhrwerk von einem kleinen, unscheinbaren Elektrowerk abgelöst, weiß die Michel-Chronik. Und seit 1994 wird der genaue Gang der Uhr per Funk gesteuert. Auch für die Zeitumstellung muss der Kirchenküster nicht extra auf den Turm steigen: Die elektronische Quarzuhr empfängt die Signale des amtlichen Zeitzeichensenders DCF-77 - alles Weitere passiert automatisch.

 

 

Glockenschlegel und zwei originale Uhrzeiger in der Krypta

Das stillgelegte Uhrwerk ist allerdings keinesfalls verschwunden: Sein Erhalt sei vielmehr "wünschenswert", urteilte das Hamburger Denkmalschutzamt bereits 1994 - weise und rechtzeitig. Es handele sich um "ein interessantes Beispiel der Maschinenbaukunst vom Beginn des 20. Jahrhunderts". Der Verein "Michaelitica" an der Hauptkirche St. Michaelis ließ das Uhrwerk 1996 fachgerecht restaurieren und wieder in Gang setzen. Seitdem läuft es wieder- als Schauobjekt auf dem 8. Turmboden, aber ohne Verbindung zu den Zeigern draußen am Turm.

Auf die markante Größe der Turmuhr hatte schon der geniale Michel-Baumeister Ernst Georg Sonnin (1713-1794) ausdrücklich Wert gelegt - sie sollte schlicht gut zu sehen sein und möglichst vielen Hamburgern zeigen, wie spät es ist. Dabei hatten Uhren zu seiner Zeit nur Stundenzeiger. Erst seit 1839 wurden immer wieder Forderungen erhoben, weithin sichtbare Uhren auch mit Minutenzeigern auszustatten. Der Michel erteilte 1866 dem Uhrmacher Heinrich Reitz aus Hamburg-Winterhude den entsprechenden Auftrag - und ab 1868 war die Michel-Turmuhr für mehrere Jahrzehnte die einzige in Hamburg, die neben den Stunden auch die Minuten anzeigte. Sie lief verlässlich - bis zur Brandkatastrophe am 3. Juli 1906, als der Turm ins Kirchenschiff stürzte. In der Krypta (= Grabgewölbe) unter dem Michel sind heute wieder zwei originale Uhrzeiger ausgestellt, die sich bis zum Brand 1906 am Michelturm drehten. Jahrelang gehörten sie zur Dekoration eines Ausflugslokals in Steinkirchen (Landkreis Stade) im "Alten Land" vor den Toren Hamburgs. 


PS: Weitere Informationen zur Krypta finden Sie in einem eigenen Verzeichnis. 

St. Michaelis (Michel) ist eine der schönsten Barockkirchen Norddeutschlands. Der Turm mit der unverwechselbaren Kupferhaube ist das Wahrzeichen Hamburgs. Der Hamburger Michel hat viele Facetten. Es lohnt sich, diese Kirche zu besuchen.

Die Hamburger Hauptkirche St. Michaelis, „der Michel“ ist -neben der Dresdner Frauenkirche- die zweite, große Barockkirche in Deutschland, die als protestantische Kirche gebaut wurde.
 
 

Seine Anfänge hatte der Michel um das Jahr 1600. Damals entstand außerhalb der damaligen Stadtmauern ein Friedhof für die Pesttoten. Seine Kapelle war der Vorläufer der heutigen Ansgar-Kirche. Als immer mehr Menschen in die Neustadt zogen, war die Kapelle zu klein. Der Hamburger Rat und die Bürgerschaft beschlossen einen Neubau der dem Erzengel Michael geweihten Kirche in der Nachbarschaft. Am 14. März 1661 fand die Weihe des ersten großen Michels statt. Nach der Eröffnungs-Predigt erklang "Nun lob, mein Seel, den Herren" vom damaligen Hauptkirchen-Kantor Thomas Stelle.

Pforte 4
 
Gesamtansicht. Die Kirche von NO gesehen.
 
 
Johann Heinrich Burchard
 

▲ Johann Heinrich Burchard (* 26. Juli 1852 in Bremen; † 6. September 1912 in Hamburg) war ein deutscher Rechtsanwalt und Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg. Er war der Sohn von Friedrich Wilhelm Burchard (1824–92) und Marianne Goßler (1830–1908), ein Enkel von Heinrich Gossler und der Urenkel von Johann Heinrich Gossler. Burchards Vater war Kaufmann in Bremen. Da dieser 1853 Teilhaber des Handelshauses Joh. Berenberg, Gossler & Co wurde, siedelte die Familie nach Hamburg über. Burchard verlebte seine Schulzeit in Hamburg am Johanneum und meldete sich vor deren Ende im Sommer 1870 als Kriegsfreiwilliger, um am Deutsch-Französischen Krieg teilzunehmen. Er war bis zum Sommer 1871 Angehöriger des preußischen Militärs. Anschließend verließ er das Johanneum mit Erlangung des Abiturs. Von 1872 bis 1874 studierte Burchard Rechtswissenschaften in Leipzig, Heidelberg und Göttingen. Er war kurzzeitig für Joh. Berenberg, Gossler & Co. tätig, bevor er am 24. Februar 1875 in Hamburg zur Advokatur zugelassen wurde. Von Juli 1876 bis Juni 1877 war er als Staatsanwaltsgehilfe tätig, dann trat er in die Sozietät von Ernst Friedrich Sieveking ein. 1879 wurde er in den ersten Vorstand der aufgrund der Reichsjustizgesetze errichteten Hanseatischen Anwaltskammer gewählt. 1884 wurde Burchard in die Hamburgische Bürgerschaft und am 2. März 1885 für den verstorbenen Karl Cropp in den Senat gewählt. Diesem gehörte er bis zu seinem Tod 1912 an. 1903 wurde er zum ersten Mal zum Ersten Bürgermeister von Hamburg gewählt. Weitere Amtszeiten waren: 1906, 27. März 1908 bis 31. Dezember 1909 und vom 1. Januar 1912 bis zu seinem Tod. Burchard war im Senat lange für Auswärtiges zuständig, so entstand eine Freundschaft zu Kaiser Wilhelm II. Dieser bot ihm 1898 an, in den Reichsdienst zu wechseln, um Direktor der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes zu werden, was Burchard ablehnte. Er bemühte sich als Bürgermeister stark um die Erweiterung der Hamburger Kunsthalle. Als typischer Hanseat lehnte Burchard Adelstitel und Auszeichnungen jeder Art ab.

 
 

Erzengel Michael über dem Michel-Portal

Eingang unter der Statue vom Erzengel Michael: Der Namenspatron der Kirche wacht über dem Hauptportal. Stolz schaut er mit Lanze bewaffnet auf den unter ihm liegenden besiegten Satan.

▲Geweiht ist die Kirche dem Erzengel Michael, seine Bronzestatue hängt über dem Hauptportal - in Siegerpose über dem Teufel. Die Verehrung des Erzengels Michael lässt sich überall in Europa nachweisen. Die Anzahl der Kirchen, die seinen Namen tragen, ist europaweit hoch. Der Überlieferung nach ist Michael schon in frühchristlicher Zeit in Europa erschienen. Im Jahre 490 n.Chr. erschien er auf dem Monte Gargano im Südosten Italiens und verkündete, er habe die dortige Höhle als sein Heiligtum erwählt und würde nun ihr Beschützer sein. Schon in der Spätantike finden sich Michaelis-Kirchen in Konstantinopel und in Rom. Michael wurde der Schutzpatron des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. In der Frühzeit der Michaels-Verehrung wurde das biblische Zeugnis des Kampfes gegen die Schlange, den Drachen oder Satan auch auf die Heilung der Kranken bezogen sowie als Hilfe für die Verstorbenen verstanden, das Himmelreich zu erlangen. Es gibt Legenden, die berichten, Michael habe Heilkräuter wachsen lassen, die allen Kranken Gesundheit schenkten, die darin badeten. Michael ist auch bekannt als der Seelenwäger, der die Seelen der Verstorbenen in die Waagschale legt, um alles Gute im Leben eines Menschen zu finden und zu wiegen, um es im Jüngsten Gericht vor Gott zu bringen.

▲ Der Erzengel Michael über dem Hauptportal, der im Zeichen des Kreuzes das in Gestalt des Satans verkörperte böse Element besiegt. 

Mit kräftigem Arm hält der Erzengel Michael das Kreuz über den geflügelten Teufel, den er schon zu Boden geworfen hat: Die gewaltige Bronzeskulptur über dem Haupteingang ist allerdings keineswegs so alt, wie mancher Besucher meint. Erst im Jahre 1912, im Zuge des Wiederaufbaus der durch Brand zerstörten Kirche, schuf der Berliner Bildhauer und Maler August Vogel diese eindrucksvolle Plastik. Auch das neobarocke, von Säulen gerahmte Portal entstand zu dieser Zeit, als auch der Haupteingang von der Süd- auf die Westseite verlegt wurde.

▲ Links kauert eine besorgte Mutter, die ihre Kinder beschützt. Rechts ein Mann, der seinen Sohn zum Kampf gegen das Böse anspornt. Unterhalb des Schlusssteins ein Relief mit der Darstellung von Adam und Eva. (Geschaffen von Prof. August Vogel, Berlin 1908)

Martin Luther

▲ An der Nordseite, links vom Haupteingang am Turm des Hamburger Wahrzeichens, des Michels, steht der Reformator Martin Luther auf einem Sockel. Streng schaut er drein, in der linken Hand hält er eine Bibel. Der Theologieprofessor bekam vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele Denkmäler gesetzt. Der Hamburger Michel brannte in seiner über 360-jährigen Geschichte zweimal aus. Der dritte Anlauf für die St. Michaelis-Kirche stammt aus dem Jahre 1906. Sechs Jahre später stand das Wahrzeichen Hamburgs wieder. 1912 war dann auch das Jahr, in dem die Martin Luther-Figur am Michel aufgestellt wurde. Geschaffen wurde sie von dem eigentlich in Berlin tätigen Otto Lessing, einem Urgroßneffen von Gotthold Ephraim Lessing. Das Martin Luther-Denkmal war die letzte Plastik, die Lessing in seinem Leben vollenden sollte. Er starb im selben Jahr.

Auf dem Sockel des Denkmals steht schlicht: Martin Luther 1483 -­ 1546

Gedenktafeln am Michel erinnern an Helmut Schmidt und Jan Fedder:
„Hamburg war Dein Revier, und der Michel war Dein Anker“

Michel-Tafeln sind ein einzigartiges Gedächtnis der Stadt Hamburg. Seit 1994 erinnern sich mehr als 16.000 Michel-Freunde auf 201 bereits verlegten Tafeln an Schlüsselmomente ihres Lebens. Jeder, der sich angesprochen fühlt, kann sich auf Michel-Tafeln mit einer Wunschgravur verewigen und findet auf dem Kirchplatz des Michel einen persönlichen Platz im Herzen der Stadt.

Auf dem Vorplatz: Im Boden verlegte sog. „Spendertafeln“

▲ Auf dem Vorplatz der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis ist im September 2020 eine Gedenktafel für Jan Fedder enthüllt worden. Die Spendentafel trägt die Namen von 69 Freunden und Fans des Schauspielers, der am 30. Dezember 2019 im Alter von 64 Jahren gestorben war. Im Januar dieses Jahres hatten hunderte Menschen bei der Trauerfeier im Michel Abschied von Fedder genommen. Auf dem Kirchplatz liegen bereits 201 Michel-Tafeln, auf denen sich seit 1994 mehr als 16.000 Menschen mit ihren Erinnerungen verewigt haben. Die Jan-Fedder-Tafel wurde direkt neben der Michel-Tafel von Altkanzler Helmut Schmidt (1918-2015) platziert. Beide waren einzigartig für Hamburg.

 

Auf der Tafel von Jan Fedder ist eine Zeichnung von ihm abgebildet. Daneben die Worte „Hamburg war Dein Revier, und der Michel war Dein Anker“. Darunter prangt die Überschrift „Tschüs Jan Fedder“ und sein Geburts- und Sterbedatum. Dann folgen die Namen der Freunde und Wegbegleiter.

Hauptportal

Wir überqueren den Platz, passieren das Standbild Luther's und sind am Eingang, der sich in der Straße „Englische Planke“ befindet. Während der Corona-Zeit können hier nur Tickets für die Turmbesteigung und Gedenkartikel gekauft werden. Der Eingang zur Kirche ist vorübergehend an Portal 8. Die Krypta ist nicht geöffnet.

 
 
 
 
Hamburger Wappen
 

Glocken

▲ Nach dem Brand im Jahre 1906 wurde der Michel originalgetreu wieder aufgebaut und 1912 wieder geweiht. 1910 wurden zehn neue Glocken für den Michel gegossen, darunter vier Uhrschlagglocken. Bereits 1917 wurden neun dieser neuen Glocken, das Kupferdach und die Zinnpfeifen der Orgelprospekte zum Einschmelzen für Rüstungszwecke beschlagnahmt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde eine der Michel-Glocken auf einem Glockenfriedhof in der Eifel nicht eingeschmolzen entdeckt und zurückgekauft. Neu gegossen wurden im Jahr 1924 zwei Uhrschlagglocken und drei Läuteglocken. Nicht ersetzt wurden zwei Uhrschlagglocken und eine Läuteglocke. Im Zweiten Weltkrieg wurden erneut alle Glocken beschlagnahmt und kamen auf den Glockenfriedhof im Hamburger Freihafen. Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam die Kirche im Jahr 1947 als erste der Hamburger Innenstadtkirchen wieder vier Glocken. Eine Läuteglocke fehlte. Die zwei seit Ende des Ersten Weltkriegs fehlenden Uhrschlagsglocken wurden nicht ersetzt.

Am 19. Mai 2016 berichtet das HAMBURGER ABENDBLATT: 

 

Der Michel hat nach fast 100 Jahren wieder alle zehn Glocken im Turm.

Monatelang hat sich die Montage der Glocken verzögert. Das Uhrschlagwerk ist erstmals seit fast 100 Jahren wieder komplett. Zwei neue Uhrschlagglocken wurden am gleichen Tag mit einem Kran auf den Turm gehoben. Mitte Mai 2016 kümmerte sich ein Bautrupp um den sicheren Transport der zwei insgesamt rund 2,5 Tonnen schweren Uhrschlagglocken nach oben. Ursprünglich sollten die Klangkörper schon im Januar ihren Platz im Turm finden. „Am schwierigsten war es, die Glocke im Turm abzusetzen“, berichtete Bauleiter Gernot Schindler von der Ingenieurgesellschaft Sellhorn. Sein Team habe die Position des Krans und der Glocken aber exakt vermessen. Die kleinere und 860 Kilo schwere Friedensglocke fand kurz nach 14 Uhr ihren Weg nach oben. Kurz vor 15 Uhr folgte die Vaterunser-Glocke mit 1,7 Tonnen Gewicht. In den kommenden Wochen wurden die Klangkörper dann mit Hilfe von Flaschenzügen unterhalb der Kuppel angebracht. Dank einer Spendenaktion konnten die beiden noch fehlenden Glocken im Juni 2015 gegossen und im September 2015 im Michel geweiht werden.

Es geht noch höher. Die Stufen von der Aussichtsplattform führen zu den beiden Turmuhr-Schlagglocken

Vorraum

Wer das Portal durchschritten hat, befindet sich in einem geräumigen Vorraum, in den rechts ein Kiosk für den Buch-, Prospekt- und Kartenverkauf eingebaut wurde. Zunächst sollte man sich jedoch zurückwenden, denn im Oberlicht des Haupteingangs ist ein reizvolles Glasfenster zu sehen: Flankiert von zwei betenden Engeln, ist im Scheitelpunkt dieses Glasbildes das Symbol einer Taube zu sehen. Der davon ausgehende Lichtkegel überstrahlt die an ihren Türmen erkennbare Stadtsilhouette, vor der im Hafen ein Segelschiff zu sehen ist. »Gottes Segen über Hamburg« heißt dieses eindrucksvolle Jugendstilkunstwerk, das ebenfalls von August Vogel geschaffen wurde. Bis zum Brand von 1906 war der Vorraum für die Kirchenbesucher nicht zu betreten. Ursprünglich hatte man die Turmhalle dazu genutzt, um von hier aus die Särge herabzulassen, die in der Krypta beigesetzt wurden. Heute führt eine bequeme Treppe in den Gruft-Keller hinunter.

 

▲ Tympanonfenster - Verbleites Glasfenster, "Der Heilige Geist gießt seinen Segen auf Hamburg".

Oberhalb des Haupt-Portals befindet sich ein annähernd rundes, reich verziertes Jugendstilfenster. Zwei Engel am linken und rechten Bildrand blicken erwartungsvoll nach oben, wo mittig eine Taube über einer stilisierten Burg schwebt. Die Taube steht als Symbol für den Heiligen Geist und den Segen Gottes, der sich über der Kirche und der Stadt ausbreitet. 

 

Das halbrunde Bleiglasfenster und die bemalten Scheiben über dem Hauptportal des Hamburger Michel tragen den Titel „Der Heilige Geist gießt seinen Segen über Hamburg aus“ und besteht aus 36 Teilen. Es wurde 1911 von August Vogel gefertigt. Die Fenster sind in der Werkstatt des Glasmalers Adolf Hempel in Curslack restauriert worden. Brüchige Bleistege, zersprungene Glasscheiben und starke Verschmutzungen mussten repariert und beseitigt werden. Unterdessen fertigte der Schlosser Hermann Harden die neue eiserne Halterung für das Fenster. Zu der Maßanfertigung gehörte auch die Anfertigung einer Sicherheitsverglasung, die das historische Fenster von außen vor Beschädigungen schützt.

Die Rückführung zur Originalität hat sich gelohnt. Die Aufnahme-Metallkonstruktion wurde etwas nach innen versetzt (ca. 4 cm) damit die eingebaute Glasmalerei von innen her belüftet bleibt - (isothermisches Schutzverglasungs-System zur Optimierung eines umfassenden Schutzes für dieses Kunstwerk). Mit ein Grund dieses System zu bevorzugen ist, zu verhindern, dass sich die bisweilen bildenden Kondenswasser-Ablagerungen nicht mehr auf der Originalsubstanz absetzen können. In der Regel setzen sie sich ausschließlich auf den Oberflächen der Schutzverglasung fest. Vormals hatte sich die Feuchtigkeit direkt auf der Innenseite der Glasmalerei ausgebreitet. Feuchtigkeit beeinflusst den Zerfall einer Glasmalerei relativ stark. Die Substanz korrodiert und die Schwarzlot-Pinselmalerei wird in Mitleidenschaft gezogen (sie blättert ab, trotzdem sie auf der Glasoberfläche eingebrannt ist). Auch das Glas selbst leidet unter stetigen Feuchtigkeitsbefall. 

Durchgang vom Vorraum zum Kirchenschiff (Schriftzug über der Tür: Gott der Herr ist Sonne und Schild, Psalm 84-12)

Gestühl

▲ Weiß und Gold prägen den imposanten Innenraum, der auf mehreren Ebenen 2.500 Menschen Platz bietet. Da der Michel in seiner Geschichte zweimal abbrannte und im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt wurde, sind nur wenige Teile der ursprünglichen Ausstattung erhalten.

Der Kirchenraum ist 52 Meter lang, 44 Meter breit, 27 Meter hoch und bietet Platz für mehr als 2.000 Menschen.

 
 

Von der herausragenden Bedeutung der Michaeliskirche für Hamburger zeugt auch eine Besonderheit in der Sitzordnung: Im vorderen Bereich des neubarocken Kirchengestühls ist beiderseits des breiten Mittelganges jeweils eine Bankreihe durch besondere Verzierungen hervorgehoben. Das sogenannte Senatsgestühl auf der Nordseite wird an seinen Bankwangen durch das Hamburger Wappen geschmückt. Die dem Senatsgestühl gegenüberliegende, ganz ähnlich gestaltete Bank wurde für den Kirchenvorstand und kirchliche Würdenträger geschaffen. Das Beedegestühl (Beede: Finanz- und Verwaltungs-Ausschuss des Kirchenvorstands) schmückt das Bild des heiligen Michael, der mit dem Drachen kämpft.

Wunderschöne Ornamente an einer gepolsterten Sitzbank

▲ Während der Sanierungsphase 2008 bis 2010 wurden Dach und Innenraum saniert und die Krypta erweitert. Die 643 lfm Teakholzbänke der unteren Ebene wurden neu lackiert, die Ablagen des Beede- und Senatsgestühls mit Pariser Samt bezogen.

Das Senatsgestühl hinten mit Hamburger Wappen) ist bei Festakten oder Trauerfeiern für Regierende vorgesehen
Das Beedegestühl (Beede: Finanz- und Verwaltungs-Ausschuss des Kirchenvorstands) schmückt das Bild des heiligen Michael, der mit dem Drachen kämpft.
Das sogenannte Senatsgestühl auf der Nordseite wird an seinen Bankwangen durch das Hamburger Wappen geschmückt.

Gedenktafeln

Befreiungskrieg 1813-1814

Hamburg wurde auf Anweisung Napoleons unter Marschall Davout zur Festung ausgebaut. Ein Großteil der männlichen Bevölkerung wurde dazu als Zwangsmaßnahme zu Schanzarbeiten herangezogen. Vor den Toren der Stadt, auf dem Hamburger Berg, in Eimsbüttel, Rotherbaum und Hamm wurden zugunsten eines freien Schussfeldes die Häuser abgerissen, alle Bäume gefällt und die Gärten verwüstet. Die Bevölkerung wurde gezwungen, in Minuten ihre Häuser und ihren Besitz zurückzulassen und in Nachbarorten unterzukommen oder im Freien zu kampieren. Allein in St. Pauli wurden so 900 Häuser, Buden, die Kirche sowie der Krankenhof mit 800 Kranken zerstört. Zwei Drittel überlebten diese Umquartierungen nicht. Die Hauptkirchen außer St. Michaelis wurden zu Pferdeställen umfunktioniert. Am 6. Dezember 1813 begann die erwartete Belagerung Hamburgs durch Truppen der Nordarmee unter der Führung des schwedischen Kronprinzen Karl Johann. Die Truppen waren vor allem in der Herrschaft Pinneberg einquartiert und lösten dort den sog. Kosakenwinter aus. In Hamburg waren inzwischen 42.000 französische Soldaten zusammengezogen worden, viele von ihnen krank oder verwundet. Auch diese Truppen mussten verpflegt und einquartiert werden. Im Februar 1814 war die Zahl der Kranken auf 17.000 gestiegen, da Fleckfieber ausgebrochen war. In Erwartung der Belagerung und als weitere Bestrafung für die Bevölkerung hatten die Franzosen die Hamburger bereits im November 1813 dazu verpflichtet, sich in ihren Wohnungen für sechs Monate ausreichend mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Wer dies bei mehrfachen Kontrollen nicht nachweisen konnte, wurde ohne Rücksicht aus der Stadt verwiesen. Trotz dieser Maßnahme wurden die Nahrungsmittel in der Stadt knapp. Deshalb ließ Davout nach erneuten verschärften Kontrollen zu Weihnachten etwa 30.000 Männer, Frauen und Kinder, die nicht genug persönlichen Proviant nachweisen konnten, zunächst zur Petrikirche und am nächsten Morgen bei großer Kälte aus der Stadt nach Altona treiben. Sie versuchten im Umland, in Altona, Barmbek, Wandsbek aber auch in Lübeck und Bremen Unterschlupf zu finden. Viele von ihnen verhungerten. Allein in Ottensen wurden 1.138 Tote in einem Massengrab bestattet. Hamburgs Bevölkerung war zu dieser Zeit auf 55.000 geschrumpft.

Russische Truppen unter dem General Bennigsen wurden bei ihrem Einzug am 31. Mai 1814 von der Bevölkerung in der völlig ruinierten Stadt als Befreier gefeiert. Der Wiener Kongress garantierte im Jahr 1815 die Souveränität Hamburgs. Hamburg trat dem Deutschen Bund bei und nannte sich seit Ende 1819 Freye und Hansestadt.

Altar

 
 

Altarbild in der Michaeliskirche in Hamburg, Mosaik, geschaffen von Ernst Christian Pfannschmidt

Ernst Christian Pfannschmidt (*3. November 1868 in Berlin; †28. September 1949 in Bad Lobenstein) war ein deutscher Maler und Illustrator. Pfannschmidt war eins von 11 Kindern des Malers Carl Gottfried Pfannschmidt und seiner Frau Johanna (1912). Pfannschmidt war vor allem als Historienmaler und Kirchenmaler tätig. Von ihm stammen unter anderem Altarbilder und Mosaikentwürfe für Kirchen in Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Kiel, Essen und Rom. Auch das Altarbild der Pauluskirche in Remscheid-Hasten stammt von ihm. (Vielen Dank in diesem Zusammenhang an Pfarrer Siegfried Landau aus der Evangelische Stadtkirchengemeinde Remscheid für seinen Hinweis.)

 

Der folgende biografische Text stammt aus den Unterlagen von Ulrich Pfannschmidt. Da der Text überwiegend in der Ich-Form abgefasst ist, wird vermutet, dass er von dessen Großvater, Prof. Ernst Christian Pfannschmidt, selbst geschrieben wurde:

 

„1911 fuhr ich nach Rom zur großen Kunstausstellung, weil meine Kartons für die Mosaiken dort ausgestellt wurden. Ich erkrankte an Typhus und reiste in die Dolomiten, um mich davon zu erholen. Meine Familie war unterdessen in Estland. Ich war aber gerade erst 12 Tage dort, als mich ein Telegramm nach Berlin zurückrief. Es handelte sich um den Auftrag für ein Altarbild in der Hamburger Michaeliskirche, auch ein Mosaik…. 1912 im Herbst wurde in Hamburg auch die  Michaeliskirche eingeweiht. Es wurde eine großartige Feier. Der Kaiser hatte seine Teilnahme zugesagt und erschien auch mit großem Gefolge. Da das Bild den einzigen farbigen Fleck in der sonst weiss gehaltenen Kirche bildete, wirkte es sehr stark. Ich erhielt für die Arbeit die silberne Medaille der Stadt Hamburg, die aber leider auch im Chaos verloren gegangen ist....."

▲ Wesentlich jünger als die Marmor-Taufe ist der 20 Meter hohe Marmor-Altar mit Bildnissen der evangelischen Kirchengeschichte. Er wurde 1910 geschaffen. Das große Glasmosaik zeigt ein Bild des auferstandenen Jesu Christi. Über dem Mosaik ist eine Darstellung Jesu am Kreuz zu sehen, die Altarkrönung bildet ein goldener Strahlenkranz, flankiert von vier Engelsfiguren. Über dem Altartisch hängt ein goldenes Relief, es zeigt Jesus im Kreise seiner Jünger beim letzten Abendmahl. 

 
 
 
 

Gekrönt wird die bildliche Darstellung von einer symbolischen der Heiligen Dreieinigkeit: Gott Vater im Bild des Wolkenkranzes, der an die Wolken- und Feuersäule auf der Wüstenwanderung des Volkes Israel erinnert; Gott Sohn als Strahlenkranz der Sonne der Gerechtigkeit (Maleachi 3, 20); Gott Heiliger Geist im Bild der Taube. Die Engel, die das Symbol der Dreieinigkeit rahmen, drücken in ihrer Haltung die Trauer des Himmels aus angesichts des Todes Jesu. Kein Zorn Gottes, sondern Trauer über das grausame Ende des eigenen Sohnes und Trauer über die verlorene Menschheit deuten uns die Engel an. 

Dem gekreuzigten Christus auf dem Altar sind zwei plastisch ausgearbeitete Putten zugeordnet, von denen die linke eine Krone und die rechte Putte einen Palmzweig hält. 

▲ Die beiden Engel des Auferstehungsbildes erinnern an das Wort des Matthäusevangeliums (4, 11), dass nach der Versuchung Jesu durch den Teufel Engel kamen und ihm dienten. Diese Engel sind – so scheint es auf den ersten Blick – beide mit dem Aufnehmen des Leichentuches Jesu beschäftigt. Doch ein genauerer Blick zeigt, dass hier doch ein Unterschied ist, der an eine andere Stelle der Heiligen Schrift denken lässt. Im Hebräerbrief (1, 14) heißt es, die Engel seien „allesamt dienstbare Geister“. Sie werden dabei mit jenen Menschen in den altgriechischen Städten verglichen, die einerseits als Beamte den Menschen dienten, andererseits aber für den Dienst an den Göttern verantwortlich waren. Auf dem Altarbild stellt es sich dar, als tue einer der Engel mit Inbrunst den Dienst an diesem Menschen, der da vor ihm steht, und wickle dessen Leichentuch auf. Der andere hingegen hat offensichtlich erkannt, wer da vor ihm steht: im Auferstandenen begegnet der lebendige Gott selbst. Der Engel schaut auf zu ihm, hält mit seiner Tätigkeit inne und betet an.

▲ Wo vor einiger Zeit noch das Taufbecken seinen Platz hatte, bildet seit Ende Oktober 2010 der Zelebrationsaltar das Zentrum des Altarraumes. Seit 2010 hat der Hamburger Michel diesen neuen Altar (Mitte). Das neue Prachtstück der St.-Michaelis-Kirche ist anderthalb Meter breit, steht auf zwölf Säulen und hat auf der Altarplatte ein eingefasstes Kreuz aus Mooreichenholz. Der 500 Kilo schwere Koloss wurde mit Kränen und Menschenkraft über die Vorstufen in den Altarraum getragen und in dessen Mitte in goldene, schmiedeeiserne Gitter eingepasst. Der Altar aus weißem, italienischen Carrara-Marmor steht acht Meter näher an der Gemeinde als sein älterer, aus dem Jahr 1910 stammender Bruder. Der Altartisch steht während der Abendmahlsfeier den Mittelpunkt der Gemeinde. Der neue Marmortisch ist ein Geschenk der Ingenieurgesellschaft Sellhorn aus der unmittelbaren Nachbarschaft des Michels.

Durch den neuen Zelebrationsaltar, der auch acht Meter näher an der Gemeinde steht als der alte Altar, wendet der Pastor beim Abendmahl der Gemeinde nicht mehr den Rücken zu.

Taufbecken vor dem Altar

Gesamthöhe: 111 cm, Tiefe der Kuppa: 42 cm, Durchmesser: 85 cm, innen 65 cm
Höhe Schaft: 69 cm, Material und Verarbeitung: weißer Marmor, wohl Carrara127
Form: Trägerfiguren

Kuppa: Die Kuppa hat die Form einer runden Muschel mit gewelltem Rand außen, innen ist der Stein glatt poliert. Schaft: Die Schale wird von einem Mittelträger in Form eines Gewächses gestützt, und von drei Putti mit Händen und auf ihren Köpfen halten. Ihre Füße stehen auf einer Wolke, die zum Sockel hin mit Rocaillen geschmückt ist und an den drei Ecken in Voluten übergeht.

Fuß: ein Podest mit einer dreieckigen Grundfläche, und mehreren Gesimsen, nach unten breiter werdend.
Stifterinschrift auf dem Deckel: Berenberg . P. von Sprekelsen . H. C. Lütýens . O. Frank.

 

Taufschale: Zinn
Durchmesser: 60 cm
Gravur am Rand mit Erzengel Michael im Kampf mit dem Drachen; 2 Griffe.

Inschrift auf der Taufschale: A O. 1702. d. 19. Octob: “Laßet die Kindlein zu mir Kommen und wehret ihnen nicht denn solches ist das Reich Gottes“.

 

Taufgitter: vergoldetes Rokokogitter
Durchmesser: 175 cm, Höhe 110 cm, vierteilig (3 + Flügeltür)

 

Taufdeckel zum Taufbecken gehörig:

Material: Marmor, Form: Muschel, Höhe: 42 cm, Durchmesser: 65 cm

Das Pendant zur Kuppa bildet eine Muschel mit Akanthusvoluten am Rand, die sich hoch wölben zu einer Akanthusblüte. Diese hat vier Löcher vom Bildhauer eingearbeitet, wohl zum Anbringen einer Kette. Der Deckel ist abgelegt auf einem besonders dafür gefertigten hölzernen Tisch.

Zu den älteren Kunstwerken gehört das spätbarocke marmorne Taufbecken, das 1763 im italienischen Livorno gefertigt wurde. Es konnte beim zweiten Brand 1906 gerettet werden. Auch die Abdeckung für das Taufbecken besteht aus Marmor und ist viel zu schwer, um im Alltag angehoben zu werden. Deshalb liegt sie dauerhaft auf einem Ständerwerk im Altarraum.

Abdeckung des Taufbeckens
Bildnis: Das Abendmahl

Vergoldete Reliefplatten im Altarraum

Die vergoldeten Reliefplatten auf den Seiten des Altarraums stellen die wichtigen Stationen im Leben eines Christen anhand biblischer Szenen dar. Die hier abgebildete Reliefplatte im Altarraum symbolisiert mit der Kindersegnung „Lasst die Kinder zu mir kommen“ (nach Matthäus 19, 13-15) die Taufe. Die nächste vergoldete Reliefplatte im Altarraum symbolisiert mit der „Ausgießung des Heiligen Geistes" die Konfirmation. Die nächste vergoldete Reliefplatte erinnert mit der „Hochzeit zu Kana” an die Trauung. Den Abschluss bildet die Reliefplatte im Altarraum mit der „Auferweckung des Jünglings zu Nain”. Sie erinnert an den Tod und die Auferstehung.

Taufe
„Hochzeit zu Kana”, Trauung
„Auferweckung des Jünglings zu Nain”, Tod und Auferstehung
 
„Ausgießung des Heiligen Geistes", Konfirmation
 

Im Zuge der Corona-Pandemie wurden von Reedereien, Hafenunternehmen, Museen und Traditionsschiff-Vereinen Rettungsringe von Schiffen gespendet, die nun an der Galerie im Innenraum ausgestellt sind.

Der Corona-Pandemie zur Folge bleiben dem Michel die Besucher aus: Obwohl der Turm seit Mitte Mai wieder geöffnet ist, kommen derzeit täglich wenige Hundert Besucher, sonst sind es ca. 3500 täglich. Wegen der ausbleibenden Besuchereinnahmen gerät der Michel finanziell an seine Grenzen. Um die Situation zu entspannen wurde die Spendenaktion "Rettungsringe für den Michel" ins Leben gerufen. Die Einnahmen aus dem Tourismus und Veranstaltungsbetrieb finanzieren seit vielen Jahren das Hamburger Wahrzeichen. Tatsächlich tragen die Kirchensteuern in Höhe von jährlich rund 365.000 Euro nur 15% zum Gemeindehaushalt bei. Für die Angebote für Hamburger und Gäste aus aller Welt wendet die Hauptkirche St. Michaelis pro Jahr circa 2,5 Millionen Euro auf, die zu 85% aus Besuchereinahmen finanziert werden. Um seinen Auftrag als Kirche und Wahrzeichen zu erfüllen, investiert der Michel in Angebote, die von Hamburgern und auswärtigen Michel-Besuchern kostenlos genutzt werden: 360.000 Euro für Kirchenmusik in täglichen Mittagsandachten und Gottesdiensten in der Kirche oder online, 210.000 Euro für eine offene Kirche an 365 Tagen des Jahres, 170.000 Euro für die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Hamburger Schülern, 400.000 Euro für den Erhalt der Kirche, der Orgeln und der Glocken sowie 22.000 Euro für den täglichen Choral des Michel-Türmers. Durch das Ausbleiben der Hamburg-Besucher und den Corona-Beschränkungen für Großveranstaltungen stellt sich die Frage, wie diese Angebote finanziert werden sollen. Die Stiftung St. Michaelis bittet Verantwortliche in Reedereien, Hafenunternehmen, Museen und Segelclubs, dem Michel für ein halbes Jahr einen Rettungsring mit einer besonderen Geschichte zu leihen. Hauptpastor Alexander Röder: „Mit der Aktion „Rettungsringe für den Michel“ knüpft der Michel an seine Jahrhunderte alte maritime Tradition an und bittet den Hafen, Hamburger Unternehmen und Michel-Freunde, so wie es auf See üblich ist, ihm einen Rettungsring zuzuwerfen.“ Bis zu 50 Rettungsringe wurden ab September 2020 im Michel aufgehängt. In einer Galerie der Rettungsringe werden ihre Geschichten von überstandenen Stürmen und erfolgreiche Rettungen erzählt. Unternehmen oder Privatpersonen können ab September durch eine Spende oder die Initiierung einer Spendenaktion eine Patenschaft für einen Rettungsring übernehmen. Die Aktion endet im Januar 2021.

Barocke Marmor-Kanzel mit Verkündigungsengel über der Schalldecke

 
 
 
 

Ein goldener Verkündigungsengel krönt den Schalldeckel der Kanzel. Diese Kanzelhaube sorgt dafür, dass das Wort des Predigers in der ganzen Kirche gut zu verstehen ist. Die Kanzel besteht aus Marmor, ist über eine prächtige geschwungene Treppe zu erreichen und wurde wie der Altar 1910 nach dem zweiten Brand geschaffen.

Für die Verkündigung ragt die Kanzel in den Kirchenraum hinein. Als geschwungener Kelch aus schwerem Marmor gestaltet, wurde sie 1910 nach dem großen Brand von dem Dresdner Bildhauer Otto Lessing in Anlehnung an die ursprüngliche Form geschaffen und mit einer prächtigen Treppe versehen. Lessing orientiert sich zwar an der Kanzel der Sonninkirche, schuf aber dennoch ein Werk, an dem sich die neobarocken und Jugendstileinflüsse seiner Zeit deutlich ablesen lassen.

 
 

Aufgang zur Kanzel

 
 

"Neue" Figur des Erzengels Michael von 2011

 
 

▲ lm Pfingstgottesdienst 2011 erhielt die Hauptkirche St. Michaelis eine neue Figur des Erzengels Michael. Sie ist etwa 1,50 m groß und stammt vermutlich aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Sie ist sehr fein gearbeitet und gehörte bisher zum Bestand des Ernst-Barlach-Hauses. Die Reemtsma-Stiftung hat sie 2009 der Gemeinde geschenkt. Danach wurde sie in der Denkmalwerkstatt von St. Jacobi restauriert. Der ehemalige Präsident der Bürgerschaft und Chef von Studio Hamburg Martin Willich hat den größten Teil der Kosten dafür getragen.

Hamburg zieht alle Register

Unter dem Motto „Hamburg zieht alle Register“ feiert die Hansestadt 2019 ein Orgeljahr. Anlass ist der 300. Todestag des berühmten Orgelbauers Arp Schnitger. Schnitger hat die bis heute lebendige Orgeltradition Hamburgs entscheidend geprägt. Mit mehr als 300 Orgeln zählt Hamburg heute zu den wichtigsten Orgelstädten der Welt. Auch die Hauptkirche St. Michaelis trägt dazu bei, den Ruf Hamburgs als Orgelstadt zu festigen. Vor zehn Jahren wurde im Rahmen der Innenrenovierung des Michel die Große Orgel renoviert, die Konzertorgel rekonstruiert und das Fernwerk am historischen Platz neu gebaut. Seitdem besitzt der Michel drei Orgeln, die über den Zentralspieltisch gemeinsam gespielt werden können: die Große Orgel im Westen, die Konzertorgel auf der Nordempore und das Fernwerk, dessen Klänge vom Dachboden aus durch die Öffnung in der Mitte der Kirchendecke den Kirchenraum erreichen. Mit modernster Technik werden drei stilistisch unterschiedliche Instrumente zu einer symphonischen Kathedralorgel kombiniert, deren Klangmöglichkeiten Organistinnen und Organisten aus aller Welt faszinieren. Die Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Orgel aus dem Jahr 2010 ist eine kleinere, rein mechanische Orgel mit einer ungleich schwebenden Temperatur, die die Musik des 17. und frühen 18. Jahrhunderts mit ihren charakteristischen Tonarten ideal im Michel erklingen lässt. Das Orgeljahr und das eigene Jubiläum nimmt St. Michaelis zum Anlass, neben den zahlreichen üblichen Veranstaltungen wie Mittagsandacht, Orgelpunkt, Orgelsommer und „Orgel aus der Nähe“ zwei Mal Orgel XL anzubieten. Neben der täglichen Mittagsandacht und den Gottesdiensten erklingt die Orgelanlage im Orgelpunkt. Der Orgelpunkt findet jedes Jahr in der Zeit von Ostern bis Mitte September sonnabends um 12.00 Uhr statt. Es handelt sich um eine erweiterte Form der Mittagsandacht.

Die Orgeln der St. Michaeliskirche

Bis zur Gesamtrestaurierung des Michels 2007-2009 verfügte der Hauptkirchenraum über drei Orgelwerke: die Steinmeyer-Hauptorgel aus dem Jahr 1962 auf der Westempore, die Marcussen-Konzertorgel von 1914 auf der Nordempore der Kirche, sowie im Chorraum die Grollmann-Orgel. Im Anschluss und im Zusammenhang mit der Restaurierung des Kirchenraumes wurden die Orgeln der Hamburger Michaeliskirche einer sorgfältigen Restaurierung unterzogen. Mit der Durchführung der Restaurierungsmaßnahmen wurden die beiden Orgelbauwerkstätten Freiburger Orgelbau Hartwig Späth und Orgelbau Klais Bonn gemeinsam betraut, die dieses große Projekt in enger Abstimmung und gemeinsamer Verantwortlichkeit durchführten. Die kleine Chororgel der Werkstatt Grollmann, angeordnet im Türdurchgang zwischen Sakristei und Chorraum, musste aus liturgischen Gründen an dieser Stelle aufgegeben werden. Dieses Instrument wurde durch einen Neubau auf der oberen kleinen Südempore gegenüber der Marcussen-Konzertorgel ersetzt. Hier wurde ein Instrument geschaffen, welches sich in Bezug auf Orgeltechnik, Disposition und Windversorgung an barocken Idealen orientiert. Mit der Widmung an Carl Philipp Emanuel Bach soll dessen herausragende Bedeutung für die Stadt Hamburg und insbesondere für St. Michaelis gewürdigt werden. Auf diese Weise wurde das Orgelkonzept in der St. Michaeliskirche abgerundet. Die neue Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Orgel stellt, wie bisher, völlig selbstständig und unabhängig von der großen Steinmeyer-Hauptorgel und der Marcussen-Konzertorgel, eine eigene wichtige Orgelpersönlichkeit dar.

  • Die Große Orgel (Steinmeyer-Orgel) auf der Westempore ist von 1962. Sie hat 5 Manuale, Pedal, 86 Register und 6.674 Pfeifen.

  • Das Fernwerk im Dachboden über der Großen Orgel hat 17 Register und 1.222 Pfeifen. Über einen ca. 20 Meter langen Schallkanal werden die Töne zur Deckenrosette in der Mitte der Kirchendecke in 26 Metern Höhe geführt. Die Orgel wird vom Zentralspieltisch aus gespielt.
  • Die Konzert-Orgel (Marcussen-Orgel) auf der Nordempore ist von 1912. Sie wurde zweimal renoviert, hat 2 Manuale, Pedal, 42Register und 2.671 Pfeifen.
  • Die Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Orgel auf der Südempore wurde Mitte November 2010 eingebaut. Sie ist mit 676 Pfeifen ausgestattet und hat 13 Register auf 2 Manualen und Pedal.
  • Die Kryptaorgel ”Felix Mendelssohn Bartholdy” ist ein romantisches Instrument der Firma Striebel von 1917. Sie hat 2 Manuale, 7 Register und 435 Pfeifen.

Der Zentralspieltisch

▲ Zentralspieltisch: Vom Zentralspieltisch (2009) können Große Orgel, Konzert-Orgel und das Fernwerk gespielt  werden. Der Zentralspieltisch verfügt über fünf Manuale, 145 Register und zahlreiche Sonderfunktionen. Eingebaut ist auch eine Computeranlage für die Speicherung von Registrierungen. Beweglich platziert auf der Nordempore bietet er die optimale Position, um die Balance aller Komponenten des neuen Ensembles zu kontrollieren und den meisten Hörern den Blick auf den Organisten zu ermöglichen. Da der Zentralspieltisch elektrisch beziehungsweise elektronisch arbeitet, ist es möglich, sämtliche neun Manual- und drei Pedalwerke nahezu beliebig den einzelnen Klaviaturen zuzuweisen. Dies eröffnet ungeahnte Kombinationen, wie sie nur an sehr wenigen Orgelanlagen gegeben sind. Je nach stilistischer Ausrichtung eines Musikwerks kann der Organist das Gesamtensemble – vergleichbar den Instrumentengruppen eines Orchesters – jeweils optimal positionieren sowie dynamisch und in den Klangfarben ausbalancieren. Die Intonation aller drei Teilorgeln ist dabei so sorgsam abgestimmt, dass im Kirchenraum nicht immer erkennbar ist, welches Register welcher Orgel gerade angespielt wird. Garantiert ist jedoch stets ein überwältigendes Raumerlebnis.

 

Die Große Orgel / Steinmeyer-Orgel

 
 
 
 

▲ Die Große Orgel auf der Westempore ist ein Neubau der weltweit bekannten Werkstätte G. F. Steinmeyer & Co. (Oettingen in Bayern) von 1962. Sie hat fünf Manuale, Pedal, 86 Register und 6.697 Pfeifen. Zu ihren Besonderheiten zählen der Zimbelstern und die 2015 eingebauten Röhrenglocken. Ausgehend vom Orgeltypus Johann Gottfried Hildebrandts (1768) entwarf Steinmeyer eine Großorgel, die für ein stilistisch breit angelegtes Orgelrepertoire einsetzbar ist. Der Prospekt strebt wie bei den Vorgängerorgeln zur zentralen Mittelachse hin, flankiert von gestuften und geschwungenen Seitenfeldern, die das Zentrum gleich einem Kleid umhüllen und fügt sich so homogen in den lichten barocken Raum von Johann Leonhard Prey und Ernst Georg Sonnin ein. Das Instrument wurde im Rahmen der Arbeiten 2009–2010 technisch komplett überholt. Die Spieltraktur (die Verbindung von den Tasten zu den einzelnen Tonventilen) wurde weitgehend neu gebaut. Bauteile aus Aluminium und Kunststoff wurden durch seit Jahrhunderten bewährte Systeme, überwiegend in Hartholz, ersetzt, so dass die zum Teil extrem langen Wege leichter überwunden werden können. Nahezu unangetastet blieb der klangliche Aufbau dieser Orgel, die so genannte Disposition: Sie ist in sich logisch und bietet eine überaus große, mittlerweile selten gewordene Auswahl an Prinzipalen, Mixturen, Flöten und Zungenregistern. Auch die Qualität des Pfeifenwerks und die Intonation (die Feineinstellung der einzelnen Pfeifen) zeigten ein hohes Niveau. Durch die stabilisierte Windversorgung und eine sorgfältige Nachintonation konnte etwas heute nicht Selbstverständliches erreicht werden: Die klangliche Intention von 1962 blieb komplett erhalten, kommt nun aber erst richtig in ihrer Schönheit und Differenziertheit zur Entfaltung. Trotz der beachtlichen Größe strahlt das Instrument noble Eleganz und Wärme aus. 2015 wurde an der Rückwand der Orgel durch die Orgelbauwerkstatt Johannes Klais (Bonn) ein Glockenspiel eingebaut. Es arbeitet mit 25 Röhrenglocken und kann elektrisch vom Zentralspieltisch aus gespielt werden.

 

Die Konzert-Orgel

 
 

▲ Die Konzert-Orgel auf der Nordempore von 1914 hat zwei Manuale, Pedal, 42 Register und 2.671 Pfeifen. Um auch die sinfonischen Aufführungen mit Chor und Orchester adäquat begleiten zu können, wurde 1914 auf der Nordempore die Konzert-Orgel aufgestellt. Das stattliche Instrument mit 41 Registern lieferte die Firma Marcussen & Søn aus Apenrade. Wie die Orchester der Spätromantik verfügt es vornehmlich über sonore Klangfarben in feinen dynamischen Abstufungen. Nach dem Wiederaufbau des Michel nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das beschädigte Werk mit den damals verfügbaren bescheidenen Mitteln zur provisorischen Hauptorgel umgestaltet. Ein kompliziertes Unterfangen war es entsprechend, bei der Konzertorgel dem Originalzustand von 1914 wieder so nahe wie möglich zu kommen. Durch den Umbau und die stilistisch ungeschickten Erweiterungen in den 1950er Jahren waren technische Bauteile und das Pfeifenwerk entscheidend verändert und in der Orgel verstellt worden. Wie bei einem Puzzle mussten die ursprünglichen Positionen der mehr als 2000 Pfeifen ermittelt werden. Dabei konnte man sich an Vergleichsinstrumenten der Werkstatt Marcussen aus dem frühen 20. Jahrhundert orientieren. Auf diese Weise wurde auch der Spieltisch samt der rein pneumatischen Steuerung rekonstruiert. Fehlende Teile oder Register wurden im Stil der Zeit ergänzt.  Wiedergewonnen wurde so das hochromantische Klangbild dieser Orgel mit seinen orchestralen Farben, dem großen Fundus an differenzierten Flöten- und Streicherstimmen. Charakteristika sind der grundtönige Klang, die dynamische Elastizität sowie die Lebendigkeit der schmetternden Zungenstimmen und der überblasenden Flöten.

 

Die Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Orgel

 
 

▲ Die Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Orgel wurde 2010 von der Firma Freiburger Orgelbau Hartwig und Tilmann Späth OHG gebaut. Sie hat 13 Register, 676 Pfeifen, zwei Manuale und Pedal. Eine Besonderheit ist das Effekt-Register "Nachtigall". Das kleine Instrument auf der Südempore ist ein ergänzender Bestandteil des Ensembles der Orgeln im Michel. Vis-à-vis der Konzertorgel ist es schon architektonisch deren Pendant. Jedoch sind ihre Gehäusekonturen gestreckt und in eine grazile, zeitunabhängige Formensprache übertragen. Sie greift einerseits die Rundelemente der Raumschale auf und verkörpert andererseits ein Musikinstrument unserer Tage. Damit ist auch ihre musikalische Aufgabe umrissen: Solo- und Begleitinstrument für kammermusikalisch angelegte ältere Werke ohne eine reine Stilkopie zu sein. Ein kleiner Fundus authentischer Register wird über eine hoch sensible Mechanik angespielt. Die Temperierung (Einteilung der Tonschritte) ist ebenfalls für dieses Repertoire eingerichtet. Gewidmet ist diese Orgel Carl Philipp Emanuel Bach, der in Hamburg wirkte und dessen Grabmal in der Krypta des Michel zu sehen ist.

Fernwerk im Dachboden über der Großen Orgel

Das Schalloch des Fernwerks ist gleichzeitig Entlüftungs- und Entrauchungsöffnung. Die Deckenrosette wurde nach den Originalplänen von 1910 nachgebaut
Die Rosette ist heute herausnehmbar geplant und über ihr ist ein Kran verborgen, mit dem schwere Ersatzteile für Orgel und Lüftungsanlage im Dach transportiert werden können. Gleichzeitig kann an dem Kran künftig der Adventskranz hängen (und die Küster können ihn zum Anzünden der Kerzen mit einer Fernsteuerung herablassen).

▲ Das Fernwerk versteckt sich auf dem Dachboden des Michel – hören kann man die Orgel aber im Kirchenraum. Über einen 20 Meter langen Schallkanal auf dem Dachboden werden ihre Töne zu einem Schallloch an der Kirchendecke geführt. Die Töne brauchen etwa eine Sechstel Sekunde bis zu den Zuhörern im Kirchenschiff. Das war schon bei der Original-Orgel von 1912 so, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Neu gebaut und ergänzt war das Fernwerk mit seinem faszinierenden Klang zu Weihnachten 2009 wieder im Michel zu hören. Das geheimnisvolle Fernwerk ist noch für eine weitere Überraschung gut: Das Instrument verfügt über eine Trommel mit Kieselsteinen. Wenn man diese in Gang setzt, klingt es wie prasselnder Regen – mitten im Michel!

Deckengewölbe

Logen

Sowohl auf den Emporen als auch entlang der Wände befinden sich Logen der großen Hamburger Kaufmannsfamilien.

Zwischen 50 bis 60 Personen - Maler, Maurer, Stuckateure und Reiniger - waren in Spitzenzeiten im Michel aktiv. Neben Stuckarbeiten und den Wand- und Deckenanstrichen, die „dem historischen Vorbild folgend mit Bürsten und Pinseln ausgeführt wurden“, mussten Kapitelle, Gesimse und Leisten komplett oder partiell mit Blattgold vergoldet sowie alle Holzflächen neu lackiert oder lasiert werden. Logen, Brüstungen, Portale, sämtliche Bänke, Holzfenster und Wandverkleidungen - insgesamt cirka 3.000 Quadratmeter Lackfläche. 

Der Gotteskasten

Aus dem Jahr 1763 stammt der Gotteskasten im Gang zur Südempore. Darin wurde einst das Vermögen der Kirche aufbewahrt und die Kollekte gesammelt. Der Kasten ist ein Geschenk von Ernst Georg Sonnin, dem Architekten, der von 1750 bis 1762 den zweiten Michel erbaute.

Der Erbauer der zweiten großen St. Michaeliskirche, Ernst Georg Sonnin, der im Gruftgewölbe beigesetzt ist, schenkte 1763 den Gotteskasten der Gemeinde. Im Barockstil aus Eisen geschmiedet ist er mit dem den Drachen bezwingenden Erzengel Michael geschmückt. „Gotteskästen" hat es in den Kirchen schon lange gegeben, neu war aber nach der Reformation, dass das in ihnen gesammelte Geld nicht mehr den Geistlichen, sondern den Armen der Gemeinde zufloss.

Am Michel haben berühmte Musiker gewirkt, wie Georg Philipp Telemann (1681-1767) und nach dessen Tod Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788). Auch heute nimmt die Kirchenmusik einen wichtigen Platz bei der Liturgiegestaltung und bei Konzerten ein. Kirchenkonzerte finden mit dem Chor St. Michaelis und mit auswärtigen Orchestern statt. Höhepunkte sind die Aufführungen der Oratorien von Johann Sebastian Bach.

Beleuchtung / Lampen

Nebenräume

Im Herrensaal tagt einmal im Monat der Kirchenvorstand.

 
 

Die Krypta unter dem Michel

Vom Vorraum ausgehend nach unten gelangt man durch eine Glastür in die Michaelitica-Sammlung, die den nördlichen Teil des weitläufigen Kellerbereichs einnimmt. Gleich am Anfang des Rundganges wird man daran erinnert, dass dies ein Friedhof ist. Auf der Grabplatte von Carl Philipp Emanuel Bach steht - als Hommage an den großen Komponisten - stets eine Vase mit einer roten Rose. Auch das Grab von Johann Mattheson befindet sich hier.

 

Beeindruckend: Der Blick ins Innere zeigt die charakteristischen Pfeiler in dem rund 300 Quadratmeter großen Gewölbe. Von 1762 bis 1817 wurden Verstorbene hier in schlichten Grabkammern bestattet.

Zu den Ausstellungsstücken gehören u. a. eine barocke Kanzeluhr sowie jene Tauf- und Abendmahlsgeräte, die im Juli des Jahres 1906 noch aus der brennenden Kirche geborgen werden konnten. Auch einige seltsame und kuriose Dinge, wie Souvenirs, die aus Brandtrümmern gefertigt wurden, oder ein Michel-Modell aus Zuckerguss gehören zu der Ausstellung, die mit zahlreichen Dokumenten, alten Zeitungen, historischen Fotos, Plänen und anderen bildlichen Darstellungen und Sachzeugen die Geschichte der Michaeliskirche und ihrer Gemeinde lebendig werden lässt. Zu den ältesten Stücken zählt ein hölzerner Leichenkarren aus dem 18. Jahrhundert, mit dem die Särge im Gruftgewölbe transportiert wurden. Auch das Sonnin-Denkmal, das bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs in einer offenen Halle neben dem Pastorat stand, ist nun Teil der Michaelitica-Sammlung.

 

In der Mitte wird der Raum längs durch eine Mauer geteilt, die an ein dunkles Kapitel der Geschichte erinnert: Die Wand wurde während des Zweiten Weltkriegs, als hier zahllose Hamburger Schutz vor den Bomben suchten, als Splitterschutz eingezogen. Die bis heute erhaltene Inschrift »Gänge müssen freibleiben« stammt aus der Zeit der Bombennächte. Ausländer wurden damals durch den auf die Wand gemalten Befehl »Ausländer hier« in die wahrscheinlich unsicherste Ecke des Raumes verwiesen.

Weiter Informationen zur Krypta des Michels finden Sie hier.

 

Von ganz unten nach ganz oben

Nicht verpassen sollten Besucher einen Aufstieg zum Turm. Zur Aussichtsplattform führen Treppen mit insgesamt 453 Stufen und ein Aufzug. Der Blick schweift in alle Richtungen über die Stadt und weit über die Elbe.

 
Bis 2009 wurden Aussichtsplattform und Michel von Grund auf renoviert
 

Hamburg, so weit das Auge reicht

Der Blick von der 82m hohen Turmplattform erschließt die verschiedenen Wohn- und Sanierungsgebiete der Neustadt, darüber hinaus die Hafenlandschaft, die Innenstadt, die westlichen und nördlichen Vororte.

 

 

Weitere Rundblick-Fotos vom Turm des Michel finden Sie im Untermenü "Rundblicke".

 

 

 

 

Gemeindehaus St. Michaelis

 
 

Das Gemeindehaus St. Michaelis liegt im Hamburger Stadtteil Neustadt. Es ist ein aus insgesamt sechs Gebäuden bestehender Komplex in unmittelbarer Umgebung der Hauptkirche Sankt Michaelis und markiert entlang der Straßen Krayenkamp, Englische Planke und Ludwig-Erhardt-Straße die äußere Begrenzung des Kirchengrundstückes.

Die Pastorate, das Gemeindehaus und ein großer Teil der Außenanlagen wurden während der Bombardierung Hamburgs im Zweiten Weltkrieg zerstört. Nur die Fassade des Hauptpastorates, die Mauer und die Treppe zum Krayenkamp blieben teilweise erhalten. Mit dem Wiederaufbau des Michels und seiner Umgebung wurde ab 1946 Gerhard Langmaack beauftragt, der schon seit 1943 die notwendigen Reparaturen an der Kirche leitete. Langmaack verfolgte bei der Konzeption der Gemeindehäuser die Idee eines Schutzwalles für die Kirche und ihrer Gemeindemitglieder "gegen die maßstabslose und gemeinschaftstörende Außenwelt, wie sie sich gerade in dem Verkehr offenbart." Bereits früh in den Planungen stand fest, dass es an der Stelle des alten Schumacher-Pastorates an der Südwestecke des Geländes wieder einen Neubau geben sollte. Alle weiteren Vorstellungen mussten sich nach der Streckenführung der neuen Ost-West-Straße richten, die erst 1953 endgültig feststand. Die sehr ambitionierten Pläne der Gemeinde sahen eine Vielzahl unterschiedlich nutzbarer Gebäude vor, die sich hauptsächlich entlang der neuen Ost-West-Straße und des Krayenkamps befinden sollten. Das größte Gebäude sollte an der Ecke Ost-West-Straße/Krayenkamp entstehen und unter anderem einen Veranstaltungssaal für 450 Personen enthalten. Darüber hinaus waren in der Gebäudegruppe Wohnungen für Pastoren und Kirchenbedienstete, Büros, Übungsräume und weitere Veranstaltungsräume für bis zu 60 Personen gewünscht. Sämtliche Zugänge zu den Gebäuden waren von der Kirchenseite geplant, der Zugang zum Platz zwischen den Gebäuden und der Kirche sollte über drei breite Treppenflächen vom Krayenkamp, von der Englischen Planke und von der Ost-West-Straße her erfolgen. Das konkrete Baukonzept lag im Oktober 1954 der Stadt Hamburg und dem Denkmalschutzamt vor und umfasste neben kleineren Anpassungen auch die auffälligen Kolonnadengänge auf der Innenseite des Platzes. Es wurde in den Folgejahren schrittweise und angepasst an die umfangreichen Straßenbaumaßnahmen für die Ost-West-Straße umgesetzt. Zuerst entstanden die kleinen Pastorate an der Englischen Planke und am Krayenkamp, danach folgten das große Gemeindegebäude und das Verwaltungsgebäude an der Nordostecke des Areals. Die Pastorate an der Nordwestecke wurden als letzte und nicht mehr vollständig nach den Vorstellungen Langmaacks errichtet. Die Einweihung der Gesamtanlage erfolgte am 7. April 1957.

 
 

Zahlen und Fakten auf einen Blick

Acht Pforten führen in die Kirche.

Die Kanzel von 1910 ist vom Dresdner Otto Lessing.

Wegen Sanierungsarbeiten war die Kirche 2009 für zehn Monate erstmals geschlossen.

An den Arbeiten waren mehr als 600 Bauarbeiter beteiligt.

Die größte der fünf Orgeln hat 6674 Pfeifen.

Bauzeit des Michel: 36 Jahre.

Michel-Innenmaße: 52 Meter lang, 44 breit, 27 hoch.

Das Taufbecken ist einer der ältesten Inventar-Gegenstände (18. Jahrhundert).

Jährlich mehr als 1,4 Mio Besucher.

Sanierung 2009 kostete 12,8 Mio. Euro.

Die Turmuhr ist die größte Deutschlands (8 Meter Durchmesser).

Jeder Zeiger wiegt 130 Kilo.

1750 brennt der „Große Michel nieder.

150 Armleuchten.

Michel-Architekt Ernst Georg Sonnin studierte auch Theologie.

Leitspruch der Kirche: „Gott der Herr ist Sonne und Schild“ (Psalm 84.12).

Der Turm ist mit 132 Metern der zweithöchste Hamburgs.

Nach 15 Jahren setzt das Kupferdach seine grüne Patina an.

Auf dem Turm sind acht Webcams.

Der Türmer bläst werktags um 10 und 21 Uhr, sonntags 12 Uhr.

Um 1600 war die Kirche eine kleine Kapelle.

Die Krypta diente im Krieg als Luftschutzbunker.

Im Innenraum stehen 80 beheizte Holzbänke.

Im Herrensaal tagt einmal im Monat der Kirchenvorstand.

In der Kirche sind 29 Kilometer Stromleitungen verlegt.

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