Kennen Sie die Spanische Tanne, die Japanische Hahnenkammsicheltanne, oder gar den Taschentuchbaum? Sie können sie kennen lernen in Thieles Garten im Bremerhavener Stadtteil Leherheide. Eingebettet in eine 20.000 Quadratmeter große Parkanlage liegen Teiche, zahlreiche Skulpturen und viele exotische und heimische Bäume und Stauden, eine Art Kleinod als Kleinpark - in „Thieles Garten“ in Bremerhaven kann man sich gedanklich völlig hängenlassen.
Mit Fug und Recht kann man „Thieles Garten“ als einen Kleinpark bezeichnen, den die Gartengründer Georg Thiele und dessen Bruder Gustav nebst Gattin Grete weitgehend eigenhändig und mit einer schon beängstigenden Betriebsamkeit aus einem ehemaligen Kartoffelacker herausgezaubert haben — mit allem, was dazugehört: große Teiche, kleine Hügel, allerlei Botanik und jede Menge Ruhebänke. Das alles ist sehr schön und schlüssig über die insgesamt 19000 Quadratmeter verteilt, eine Grundfläche, die man als ziemlich groß, aber nicht riesig beschreiben könnte, etwa 2,5 Fußballfelder umfassend, aber lange nicht so übersichtlich.
Die übliche Grundausstattung ist dann aber von den ungebändigt phantasiedurchbrausten Thieles noch mit künstlichen Ruinen, Grotten und Felsattrappen sehr eindrucksvoll umschnörkelt worden. Der erste und älteste Teil des Gartens ist zudem mit einer Reihe von skurrilen, wenn nicht verstiegenen, auf jeden Fall aber stilistisch verwegenen Zementskulpturen vollgestellt, die Gustav Thiele zwischen 1927 und 1969 aus Eisenstangen und Drahtgeflecht geformt und mit einer speziellen Mörtelmischung überzogen hat.
Kaum ist man durch das kleine Eingangstor hineingeschlüpft, streift der Blick auch gleich die Moorkate, die sich die Thieles seinerzeit als Atelier gebaut haben und die in der Broschüre richtig als „urig“ bezeichnet wird. Sie steht vorne links und da kann man sie getrost auch liegen lassen. Man folgt doch besser den zusehends versandenden Flanierpfaden, wo prächtiges Buschwerk, von hochgeschossenen Nadelbäumen überschattet, aufblüht.
Hier kann man sich gedanklich völlig gehenlassen, aber auch immer wieder innehalten, um die zahlreichen Skulpturen anzustaunen, die wie absichtslos strauchumrankt aus dem Gelände ragen. Aus Gustav Thieles angenehm unprofessioneller Experimentierlust entstanden, haben sie ihr Haltbarkeitsdatum bereits überschritten, versprühen nun den Charme des vollkommen Hinfälligen und scheinen vor den Augen des Betrachters zu zerkrümeln.
Eine köstlich kitschige Trümmerromantik durchweht den Garten, vor allem aber den griechisch-antiken Tempelhof mit dem geborstenen Mauerwerk, den bemoosten Säulenresten und den efeuverhangenen Torbögen. Nymphen tanzen federnd über ein kleines Plateau, und an einem Wasserbecken liegt eine verträumte Schöne wie in einer Enthaarungsreklame. Ganz in der Nähe stört ein heller klobiger Neubau, den man schleunigst der Abrissbirne überlassen sollte. Ausgerechnet da ist ein Cafe untergebracht und das Veranstaltungsforum mit regelmäßigen „kulturellen Akzenten“.
Der hintere Teil des Gartens ist dann nahezu komplett figurenfrei. Ein einfacher Trampelpfad führt durch eine künstliche Hügellandschaft mit naturtrüben Teichen, verspielten kleinen Brücken und aufwendigen Felsattrappen.
Nach dem Tod der Brüder Thiele und der Übersiedlung von Grete in ein Altenheim hatte das Gelände lange Zeit nahezu unbeaufsichtigt brachgelegen und fast alle Figuren waren übel zugerichtet. Das Gartenbauamt hat sich 1986 in Zusammenarbeit mit dem frischgegründeten Förderverein des Gartens angenommen und einen Restaurator engagiert; einen Mann, der die seltene Doppelbegabung von Maurer und Musiker in sich vereinigt und den Skulpturenpark und auch die Phantasiebauten ganz im Geiste der Thieles wiederherstellte.
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