Gedenken in Wort und Symbolik
Der Schriftinhalt entwickelt sich ebenfalls weiter und wird im Laufe der Zeit ausführlicher. Auf dem Friedhof des Dorfes Süderende, im Westen der Insel Föhr, neben dem Backsteinturm der Pfarrkirche „Sankt Laurentii“, sprechen die Steine. Zum Beispiel über Früd Faltings, „geboren am 23. Dezember 1783, der 1811 Ingke Olufs zur Frau nahm, die ihm drei Kinder gebahr. 23 Jahre lang führte er ein Schiff aus Kopenhagen und brachte seine Familie zu Wohlstand“. So steht es in schwarzen Buchstaben auf weißem Grund, und wer wissen möchte, warum Föhr die Insel der Kapitäne ist, sollte verweilen und weiterlesen.
Ab dem 17. Jahrhundert erzählen die Steine auch hier im Ruhrgebiet manchmal etwas von einer tragischen Todesursache „auf der Rour verdronken“ oder von einem besonders erfolgreichen Leben „Kramer, Burger zu Westhofen, welcher sein Gewerbe in Engeland, Seeland und dergleichen Länder gehabt“. Häufig finden sich auch Verse aus der Bibel, entweder unter den Daten der Verstorbenen oder auf der Rückseite des Steins.
Ebenso zeigen die erhaltenen Grabsteine, wie sich die Einstellung zum Tod ändert. Im 16. Jahrhundert genügte noch die Form des Grabmals als Kreuz, um an einen verstorbenen Christen zu erinnern. Die Zeit des Barock, der in all seinem Prunk auch immer den Tod mitdachte, schmückte die Grabmäler dann mit einer Fülle von Symbolen. Der Begriff "Barock" bezeichnet einen Stil, der sich in der Zeit von 1600 bis 1750 in der Kunst, in der Literatur, aber auch in der Musik, durchgesetzt hat und diese Zeit wesentlich prägte. Besonders Engel in allen möglichen Formen stehen für die Aufnahme der Seelen in den Himmel. Da sie so oft vorkommen, kann man an ihnen gut unterschiedliche Ansichten und Handfertigkeiten studieren: Mal sind sie eher stilisiert und haben einfache Gewänder, mal scheinen sie individuelle Gesichtszüge zu haben und ihre Kleider liegen in üppigen Falten. Daneben gibt es häufig Herzen als Symbol der Liebe. Knochen, Totenschädel und Sanduhren weisen auf die Vergänglichkeit allen Lebens hin. Wenn dann das Zeitalter der Empfindsamkeit gegen Ende des 18. Jahrhunderts anbricht, findet sich nicht nur die bereits erwähnte englische Schreibschrift, auch die Symbolik wird weniger drastisch. Nach unten gekehrte Fackeln, Schmetterlinge und Vögel erinnern nun an das Verlöschen und Verfliegen des Lebens. Efeu als immergrüne Pflanze oder das in ein Dreieck eingefügte Auge versinnbildlichen das Weiterleben nach dem Tod und die göttliche Fügung.
Als "Hobby-Historiker" habe ich mir zum Ziel gesetzt, vor allem alte Grabsteine aus dem 15. bis 18. Jahrhundert zu fotografieren und deren Beschriftung zu dokumentieren, um diese geschichtsträchtigen Quellen für die Nachwelt zu erhalten.
Historische Grabsteine erzählen zum Teil persönliche Tragödien, haben einen empfundenen Denkmalwert, werden aber leider nach mehreren Generationen entsorgt, wenn sich niemand mehr um die Gräber kümmert. Die Daten stammen i.d.R. direkt vom Grabstein und / oder den bekannten Datenbanken. Die Benutzung dieser Angaben erfolgt in allen Teilen auf eigene Gefahr und ohne Gewähr. Es ist mir ein Bedürfnis, mit dieser Arbeit auch eine Reihe von Irrtümern zu berichtigen, welche Familienforscher auf die falsche Fährte geführt haben. Nicht wenige dieser Missverständnisse wurden durch nachträgliche, handschriftliche Notizen in den Kirchenbüchern hervorgerufen. Typischerweise handelt es sich hierbei um ein im 20. Jahrhundert, wohl von einem vermeintlich effizienten Ahnenforscher oder Beamten über einer Heirats- oder Sterbeeintragung gekritzeltes Geburts- oder Taufdatum, das die genannte Person mit der des Geburts- oder Taufeintrags identifizieren sollte. Um etwaige Abweichungen bei den Vornamen auszugleichen, wurden bei der Gelegenheit in gutgemeinter "Urkundenfälschung" häufig einer oder mehrere Vornamen durchgestrichen bzw. weitere Vornamen hinzugefügt. Entsprechend wurde dann über dem vermeintlichen Geburts- oder Taufeintrag auf den Heirats- oder Sterbeeintrag hingewiesen. In vielen Fällen handelt es sich hierbei jedoch um eine falsche Identifizierung aufgrund von unkorrekten Altersangaben, einem ähnlichen Zunamen oder der verbreiteten Namensgleichheit verschiedener Personen am Ort, die sich durch sorgfältiges Studium der Kirchenbücher und Konsultierung paralleler Schriftquellen richtigstellen lässt. Unglücklicherweise wurden in den vergangenen Jahrzehnten im Zuge der Digitalisierung jedoch die falschen zusammen mit den richtigen Lebensdaten in die elektronischen Findbücher aufgenommen und führen seither Computergenealogen in aller Welt in die Irre. So findet man Zwillinge, die lt. Eintrag mit 1 Woche Abstand geboren oder Töchter, die ein Jahr nach dem Tod der Mutter geboren wurden.
Oftmals steht auf Grabsteinen "Ruhe in Frieden", das kann auch in der Abkürzung R.I.P. ausgedrückt werden. R.I.P. steht für das lateinische "requiescat in pacem" oder im Englischen "rest in peace". Die Buchstaben P und X gelten auch für Frieden (Paix).
Hier finden Sie eine Reihe weiterer Abkürzungen.
Was bedeutet die Inschrift "Erbbegräbnis"?
An alten Familiengräbern ist manchem Stein "Erbbegräbnis" vermerkt. Heißt das, die Stelle wird immer weiter vererbt? So war das zumindest mal beim Erwerb durch betuchte Familien im 19. und auch am Anfang des 20. Jahrhunderts gedacht. Das Nutzungsrecht sollte weit länger als ein Menschenalter oder gar auf Dauer des Friedhofs angelegt sein. Aber bald wurde klar, dass dies schon aus Platzgründen auf innerstädtischen Friedhöfen problematisch wird und das Nutzungsrecht wurde begrenzt. Es kann aber bei Wahlgrabstätten verlängert werden.