Die erste Büsumer Kirche wurde um 1281 auf der ehemaligen Insel Biusne gebaut. Biusne, Büsen, Busen, Butzen – aus diesen Namen entwickelte sich der heutige Ortsname des idyllischen Nordsee-Heilbades. Büsum wurde 1140 das erste Mal urkundlich erwähnt und war damals noch eine Insel vor der Küste Dithmarschens. Die Südseite der Insel wurde über Jahrhunderte durch die Gewalt der Sturmfluten abgetragen, wobei die Insel sich an der Nordseite durch Landzuwachs vergrößerte. Durch diese Entwicklung kam es letztendlich im 16. Jahrhundert zur Eindeichung an das Festland. Die Büsumer Kirche wurde dem heiligen St. Clemens geweiht, dem Schutzheiligen der Schiffer und Küstenbewohner. Clemens war der dritte Bischof von Rom und Papst um 100 n. Chr. Das Büsumer Kirchspielsiegel zeigt ihn mit dem Anker, mit dem er der Legende nach im Schwarzen Meer ertränkt wurde.
Die erste Kirche fiel einer Sturmflut, der großen Mandränke von 1362, zum Opfer. Die danch wieder aufgebaute Kirche wurde ein Raub der Flammen. Die dritte Kirche erbauten die Inselbewohner im Jahre 1442 auf einer aufgeschütteten Warft, einem aufgeschütteten Erdhügel, der bei Sturmfluten Schutz bot. Die Kirche war deshalb für alle Einwohner Büsums ein sicherer Zufluchtsort bei Sturmfluten und Versammlungsort bei weltlichen oder kirchlichen Bekanntgaben. Vor allem aber war und ist sie ein Ort der Andacht und des Innehaltens. Heute ist die St.-Clemens-Kirche bei Einheimischen und Gästen neben den sonntäglichen Gottesdiensten um 9.30 Uhr für seine Kirchenkonzerte auch im Rahmen der Büsumer Sommermusiken bekannt.
Büsum gehört zu den um 1140 urkundlich erwähnten Urkirchspielen, die sich von der Dithmarscher Mutterkirche Meldorf abteilten. Die jetzige Kirche stammt aus dem spätmittelalterlichen 15. Jahrhundert (nach 1434) und wurde auf einer aus Klei aufgehöhten Dorfwurt erbaut. Das Ziegelbauwerk ist ursprünglich als gewölbter Saal errichtet worden, den der Chor/Altarraum mit fünf Seiten eines Achtecks abschließt. Der Saal ist jetzt mit einer Holzbalkendecke durchzogen, über dem Chor erhebt sich ein siebenteiliges Rippengewölbe.
▲ Der Altar stammt aus dem Jahr 1712. Im Mittelpunkt steht der gekreuzigte Christus, links Maria, rechts Johannes, darunter ein Totenschädel, an den Seiten die Symbolfiguren Glaube (links) und Hoffnung (rechts). Im oberen Teil des Altars sieht man den Auferstandenen mit der dänischen Flagge in der Hand und einer Strahlenkrone auf dem Kopf. Die beiden kleinen Engel, die über den Symbolfiguren stehen, haben auch wieder ihre eigene Geschichte. Denn lange Zeit fehlte einer der beiden. Am 6. Februar 1948 fiel er, wahrscheinlich beim Saubermachen, herunter. Aber der Pappkarton, in dem die zerbrochenen Reste des Engels aufbewahrt wurden, verschwand im Laufe der Jahre. Keiner weiß etwas über den Verbleib des kleinen Engels. So stand über viele Jahre nur ein Engel auf dem Altar. Heruntergefallen war der Engel, der auf der rechten Seite stand. Daraufhin wurde der Engel von der linken Seite auf die rechte gestellt, wahrscheinlich aus optischen Gründen. Im Jahre 2008 wurde ein anhand alter Bilder gefertigter Nachbau des fehlenden Engels durch den Holzbildhauer Giotto Bente auf seinen alten Platz gestellt, so dass heute wieder der linke Engel das Original ist.
Der Altar stammt, wie auch die Kanzel, aus dem Jahr 1712, zeigt die Kreuzigungsszene und wird von den Allegorien Glaube und Hoffnung eingerahmt.
In der Mitte der Kirche befindet sich ein Triumphkreuz mit Corpus, das 1495 vom „Viceinspektor der Bauernrepublik Dithmarschen“ Andreas Brues angebracht wurde.
▲Von der katholischen Vergangenheit der Kirche zeugen neben dem Sakraments- und Heiligenschrein die Grabplatten (im Südwesten, Stein rechts im Bild) des letzten katholischen Pfarrherrn Andreas Brus (+1532), er machte 1500 eine Wallfahrt nach Rom und im Nordwesten (Stein hinten links im Bild) die des Pastors Jacob Budeus (+1585). An der Chornordwand hängt das große Gemälde des Jüngsten Gerichts, 1744 von dem Hamburger Georg Northvic gemalt.
Pilgern im Mittelalter
Als Pilger ist als Erster Cord Widderick (Widderich) aus Lunden zu benennen. Dieser war ein Pirat und überfiel 1407 Pellworm, von da brachte er das Taufbecken nach Büsum, wo es noch heute in der Kirche steht. Nach dem Waffenstillstand von 1417 machte er sich zur Wallfahrt nach Wilsnack auf den Weg. Doch bei Bad Segeberg wurde ihm aufgelauert, und er wurde erhängt. Der Täter Klaus van Damme wurde von den Dithmarschern verklagt. Auf dem Gerichtstag in Itzehoe wurde er zu 100 Mark Lübsch Mannbuße verurteilt.
Pastor Andreas Brus pilgerte um 1500 nach Rom. Er erwirkte dort einen Bauablass für St. Clemens. Dafür konnte er 1502 eine Turmuhr beschaffen. An fünf besonderen Festtagen durfte Pastor Brus Ablasshandel betreiben und dadurch seine Gemeinde reich machen.
▲ Die Fenster im Chor enthalten biblische Szenen, wie etwa „Jesus erscheint Maria Magdalena“, eine Spende einer Privatperson aus dem Jahr 2000. Die südlichen Chorfenster sind deutlich älter, beispielsweise das Fenster „Christus und das Meer“, eine Stiftung des Fischereivereins aus dem Jahr 1911 oder „Der barmherzige Samariter“ eines Ehrenkurgastes aus Lübeck aus dem Jahr 1939.
Im Innenraum befindet sich eine reichhaltige Ausstattung aus mehreren Epochen. Das bronzene Taufbecken stammt aus dem 13. Jahrhundert. Besonders morgens, wenn die Sonnenstrahlen durch die Buntglasfenster fallen, zeigt das bronzene Taufbecken seinen schönsten Anblick. Johann Adolfi Köster, genannt Neocorus, der um 1600 Pastor der Gemeinde war, berichtet in seiner Chronik des Landes Dithmarschen, es sei vom Seeräuber Cord Widderich im 15. Jahrhundert von der Insel Pellworm geraubt worden.
An der Nordseite befinden sich unterhalb einer Empore mehrere Gestühlwangen aus dem 17. Jahrhundert sowie die Johannsenloge von 1801, die Nummsenloge aus dem 19. Jahrhundert sowie ein Predigerstuhl aus dem Jahr 1671. Hinter dem Aufgang zur Empore in Richtung Chor fällt eine Holzplastik der Maria aus der Triumphkreuzgruppe auf, die aus dem Jahr 1495 stammt. Ihr gegenüber befindet sich Johannes. Auf der gegenüberliegenden Seite an der Südwand steht östlich der Kanzel eine Gestühlwange der Osterwurdingmannen aus dem Jahr 1672, westlich davon eine Standfigur „Heilige Margarethe“ von 1520 sowie weitere Gestühlwangen aus dem 16. Jahrhundert.
Vom alten Gestühl sind viele Gestühlswangen erhalten, darunter auf der Nordseite die der Diekbolingmannen von 1564 mit dem Brustbild Martin Luthers, darunter eine Darstellung des Gekreuzigten mit Maria und Johannes.
Eine Marcussen-Orgel wurde 1983, im Jahr des 500. Geburtstages von Martin Luther, eingeweiht. Weit über die Grenzen des Nordseelandes Dithmarschen hinaus sind die jährlich in der St. Clemens Kirche stattfindenden Sommermusiken bekannt und beliebt.
▲ Nicht nur die Schifffahrt bestimmte und bestimmt das Bild in Büsum, einst eine Insel und von der Seefahrt geprägt, über Jahrhunderte tat dies auch die Nordsee – und zwar tiefgreifend, grundlegend, prägend.
Sturmfluten verschlangen einst ganze Ortsteile der mittelalterlichen Siedlung. Auch der Geist des heiligen St. Clemens, immerhin Schutzpatron der Schiffer und Küstenbewohner, half nicht immer – um 1280 wurde ihm die Kirche von Büsum geweiht, rund 80 Jahre später ging sie in einer mörderischen Jahrtausendflut unter. Wer durch die historischen Gassen von Büsum spaziert, merkt, dass es ein wenig aufwärts geht zur Kirche von St. Clemens, sie liegt auf einer Wurt, einem aufgeschütteten Hügel. Manches Mal suchten die Menschen bei Sturmflut Zuflucht in der Kirche, und St. Clemens aber hielt Stand und Versprechen. Es ist eine schöne Kirche, alt und ehrwürdig, eine, die auch von Seefahrt erzählt. Im Kirchspielsiegel übrigens trägt St. Clemens einen Anker. Die Bronzetaufe gilt als ältestes Inventar, sie ist rund 700 Jahre alt, und wurde vom Freibeuter Cord Widderich nach Büsum verbracht – er nahm sie während eines Beutezuges von anderswo mit. Von Büsum in Dithmarschen fuhr er, der Dithmarscher Freibeuter, los auf Kaperfahrt, nach Büsum kehrte er zurück. Vielleicht ein wenig geläutert. Und in Büsum hängt auch ein Schiff in der Kirche: Das Modellschiff ist rund 180 Zentimeter lang und es trägt den Namen „Der milde Herbst“. Pastor Gazert bekam es im Jahre 1807 als Abschiedsgeschenk von seiner Gemeinde auf Föhr. Der Pastor ließ das Schiff in die Büsumer Kirche hängen. Zwar sehe es aus wie ein (dänisches) Kriegsschiff, aber es könne sich ebenso gut um ein Handelsschiff mit Kanonenbestückung handeln – so sei eine Verteidigungsmöglichkeit an Bord doch allemal besser gewesen als eine Versicherung. Oft wurden solche Modelle von Schiffergilden gestiftet und der Kirche mitsamt Segenswunsch vermacht, die Besatzung fühlte sich dann auf ihrem echten Schiff sicherer wenn sie das Modell samt Gelübde im sicheren Hafen ihrer heimatlichen Kirche wähnte. Kanonen an Bord aber konnten nicht schaden und gegen die Gewalt der See half der gute Glauben.
Die Skulptur des Neocorus
Im Juni 2009 wurde auf dem Vorplatz der Kirche, dem Neocorus-Platz, eine Skulptur des Dithmarscher Chronisten enthüllt. Jens Rusch schuf sie, Pastor Dr. Dietrich Stein saß ihm dabei Modell. Neocorus hieß mit bürgerlichem Namen Johann Adolf Köster. Er hatte im niedersächsischen Helmstedt Theologie studiert, war dann zunächst Schulleiter in Büsum, bis die Gemeinde ihn 1590 zu ihrem Pastor wählte. Zu seinem Namen kam er als er Geschichtsschreiber: Sein historisches Werk, die „Chronik des Landes Dithmarschen“, gehört zu den Schätzen der Kieler Universitätsbibliothek. Sie wurde nie gedruckt, zu sehen ist dort das handschriftliche Original des Gelehrten.
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