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Föhr: Die alten Inselkirchen

Als Wahrzeichen der Insel Föhr bergen die drei mittelalterlichen Kirchen aus dem 12./13. Jahrhundert im Inneren einzigartige Sehenswürdigkeiten wie Altarbilder, Schnitzereien und alte Taufsteine. Die größte von ihnen ist die mächtige St. Johannis-Kirche in Nieblum – auch Friesendom genannt. Neben dem Friesendom sind auch die St. Laurentii-Kirche in Süderende und die St. Nicolai-Kirche in Wyk-Boldixum von sehenswerten Friedhöfen umgeben: Bei einem Rundgang auf diesen denkmalgeschützten Friedhöfen kann man in die Welt der Walfänger und Kapitäne eintauchen. Die „sprechenden  Grabsteine" berichten als steinerne Zeugen vom bewegten Leben der Föhringer Seefahrer. Allen voran der des „Glücklichen Matthias“ – dem erfolgreichsten Walfänger der Nordfriesen. Sein Grabstein ist auf dem Friedhof der St. Laurentii-Kirche in Süderende bestaunen.
Standorte der 3 großen Inselkirchen / Föhr
 

Karin Hansen berichtet: "Kommt ein Besucher zum ersten Mal auf die Insel, wird oft erst einmal die Gegend erkundet, sei es zu Fuß, per Fahrrad oder mit dem Auto. Auffallend sind dann die drei großen Kirchen, zu denen mehrere Dörfer gehören. Alle drei Kirchen wurden zum Beginn des 13. Jahrhunderts errichtet, St. Nicolai im Osten der Insel ist vermutlich die jüngste.

St. Laurentii - Süderende

Auffallend ist besonders bei der im westlichen Teil der Insel stehenden Kirche St. Laurentii, dass diese nicht in der Mitte des Dorfes Süderende steht, sondern draußen in der Feldmark. Dass die Bewohner der umliegenden Dörfer einen etwa gleich langen Weg zur Kirche haben sollten, war kaum beabsichtigt, damals waren die Ziele ganz andere. An solchen Orten befanden sich, oft auf einer Anhöhe, einstmals vorchristliche Heiligtümer, mit einer christlichen Kirche wollte man diese aus dem Gedächtnis der Menschen löschen.

St. Johannis - Nieblum

Bei der Kirche St. Johannis in Nieblum scheint es als ob die Kirche im Dorf steht, wenn man sich dann aber etwas näher mit der Geschichte befasst, erkennt man, dass auch diese Kirche einmal auf freiem Feld stand, denn erst nach der ersten großen Mandränke 1362, siedelten aus den heute südlich gelegenen Watten, damals bewohntes Land, Menschen in die Nähe der großen Kirche. Der Ortsname „Nieblum“ bestätigt dies, „Neues Bohl“, was soviel wie „Neuer Ort“ bedeutet.

St. Nicolai - Boldixum

Auch die Kirche St. Nicolai steht außerhalb der Dörfer Wrixum und Boldixum, wobei Wyk erst seit etwa 1600 zu diesem Kirchspiel gehört. Um die Entstehung der großen Kirchenbauten zu erklären, muss man weit in die Geschichte zurückgehen.

Auf der Insel Föhr gibt es drei Kirchen. St. Laurentii in Süderende kümmert sich um die Westseite der Insel. St. Johannis in Nieblum kümmert sich um die Mitte und St. Nikolai in Boldixum um die Ostseite der Insel. In Wyk gibt es jetzt eine kleine katholische Kirche für die Sommergäste.

 

Die Christianisierung Skandinaviens fiel mit der Wikingerzeit zusammen. Während Norwegen durch Missionare aus England christianisiert wurde, begann die Christianisierung Dänemarks und Schwedens durch Ansgar im 9. Jahrhundert. Doch schon ein Jahrhundert zuvor wurde der anglikanische Mönch Willehad, der in Northumberland geboren wurde, wurde im Jahr 730 vom Bischof von Utrecht ausgesandt, um die heidnischen Menschen in Nordfriesland zu taufen, da sie die anglikanische Sprache von Willehad verstehen konnten. Späteren Chroniken zufolge schlug dieser erste Versuch fehl, und alle Ehre für die Gewinnung der nordischen Völker für den christlichen Glauben wird Ansgar zuteil. Einige Fakten weisen jedoch darauf hin, dass der Versuch des Mönchs Willehad nicht vergeblich war und er tatsächlich die ersten christlichen Kirchen in Nordfriesland gründete. Dies ist der Grund dafür, dass die Beziehung zwischen dem alten Bistum Farria und dem späteren Erzbistum Hamburg-Bremen unklar wurde. So erscheint Farria um das Jahr 1050 auf dem festen Boden der historischen Dokumente. Erzbischof Adalbert von Bremen bittet den Papst in Rom um Beistand gegen Bischof Eilbert von Farria, der sich weigert, an der provisorischen Synode teilzunehmen, zu der ihn der Erzbischof einberufen hatte, und damit zeigt, dass er sein Bistum Farria als nicht zu Bremen gehörig betrachtet. Bis heute ist die tatsächliche Lage und Ausdehnung von Farria nicht eindeutig geklärt. 

Einige haben es auf den Färöer-Inseln verortet, andere auf verschiedenen Inseln in der Ostsee. Nun ist dieses Problem aus zwei Gründen gelöst, und wir wissen jetzt, dass Farria die nordfriesische Inselregion von Helgoland im Süden bis Sylt im Norden war. Einer der Gründe ist die Neuauswertung aller vorhandenen Dokumente durch Professor Nyberg, die eindeutig darauf hinweist, dass Farria Nordfriesland ist. Der andere Grund ist die Entdeckung eines Steinsarges in der Nähe der St. Johannis-Kirche in Nieblum, bei dem es sich nur um den Sarg des Bischofs Eilbert von Farria handeln kann. Dieser Sarg (uun Ferring "noost") stand in der Nähe des Hauses von Max Meyer, dem ehemaligen Haus von Nahmen Bohn, direkt südlich der Kirche, aber bisher hatte niemand diesen steinernen Sarg mit Bischof Eilbert von Farria in Verbindung gebracht, obwohl die Ornamente, die die Innenseiten des Sarges schmücken, keine andere Erklärung zulassen. In den lateinischen Dokumenten wird Eilbert als bekehrter Pirat, also als Wikinger, beschrieben, der auf einer der Inseln ein Kloster gegründet hatte, das von den Piraten als "heilig" angesehen wurde.

 

Die St. Johannes-Kirche in Nieblum war die Kirche eines Bischofs, also eine Kathedrale. Was wir für eine Werbung für die Deutsche Zentrale für Tourismus hielten, das Wort "Friesendom", scheint historisch korrekt zu sein. "Farris" ist das alte latinisierte Wort für "Föhr". Diese Ableitung ist die einzige Möglichkeit, wenn die Sprache der Menschen vom 8. bis zum 11. Jahrhundert, als Farria existierte, friesisch war. Sie kann nicht jütisch, sächsisch oder etwas anderes gewesen sein. Die nordfriesische Sprache war in jenen Jahrhunderten der anglikanischen Sprache so ähnlich, dass diese beiden Völker keine Probleme hatten, einander zu verstehen. Die Beschreibung von Farria in den alten Dokumenten beweist, dass das nordfriesische Inselgebiet viel weiter ausgedehnt war als heute. Es gab keine Deiche. Die Trennung von Wasser und Land war viel unschärfer. Von Helgoland bis Sylt waren die Landmassen nur durch schmale Bäche und oder durch Seen getrennt. 

 

Entweder Helgoland oder Föhr oder beide waren schon vor der Ankunft Willehads in heidnischer Zeit "heilige Inseln". Der Stein für die Kirchen kam aus England. Um das Jahr 1000 wurden die Kirchen St. Severin auf Sylt, St. Johannis auf Föhr, St. Salavatore auf Pellworm und eine Kirche in Tating auf Eiderstadt gleichzeitig erbaut. Der reitende Baumeister überwachte den Bau aller vier, wobei die Entfernung zwischen den einzelnen Kirchen etwa 25 km betrug. Ein Dokument im Vatikan aus dem Jahr 1198 räumt dem besuchenden Bischof für jede Kirche 4 zusätzliche Tage ein, da es zuweilen schwierig ist, Gräben und Buchten zu Pferd zu überqueren.

 

St. Nikolai in Boldixum wurde im 13. Jahrhundert erbaut, höchstwahrscheinlich während der Herrschaft von Waldmere dem 2. von 1202-1241. An der Stätte wurden zahlreiche Münzen aus dieser Zeit gefunden.

 

Die Kirche St. Laurentii stammt aus dem 13. Jahrhundert, aber ihr Turm wurde um 1700 erbaut. Die Kirche besitzt drei Kronleuchter aus Messing. Zwei stammen von den Kommandeuren Mattias und Jan Peters aus dem Jahr 1677 und der dritte von Peter Petersen, der der Kirche 1702 geschenkt wurde. Das Taufbecken aus Marmor stammt von Kapitän Jung Rord Jung Frudden aus dem Jahr 1754. Nach der Reformation im Jahr 1521 wurden alle drei Kirchen lutherisch.

 

 

Quellen: Farria — Feer — Föhr by Dr. Frederik Paulsen und Familienaufzeichnungen von Helene Stangel/Lorenzen, USA 2020

 

 

Mehr zur Geschichte

Es beginnt in Friesland, dem heutigen Westfriesland, hier herrschte der friesische König Radbod. Er wurde ständig von den angrenzenden Franken bedroht und angegriffen. Die Franken wollten nicht nur das Land Friesland mit seinen reichen Handelsstädten, sondern auch das Christentum den Menschen bringen. Bei diesen Kämpfen verlor der König um 689 sein Land und musste nach Helgoland fliehen, damals das heilige Land, das Forsete, dem Gott des Friedens, der Versöhnung und Eintracht gewidmet war. Mönche folgten dem König und veranlassten ihn, sich taufen zu lassen. Es wird überliefert, dass Radbod, als er zur Taufe bereits einen Fuß in das Wasser gesetzt hatte, die Frage stellte, wie es sein würde, wenn er als Christ nach dem Tod ins Paradies käme, ob er dann seine Vorfahren dort treffen würde. Der Mönch verneinte dies, das Paradies sei nur den Christen vorbehalten. Darauf stieg der König wieder aus dem Wasser mit den Worten, seine Vorfahren seien alle ehrliche, aufrichtige Menschen gewesen, er wolle auch nach seinem Tode mit ihnen vereint sein. Radbod eroberte 714 mit einem starken friesischen Heer seine Gebiete zurück. Er starb im Jahre 719. Die Friesen wehrten sich weiter gegen die Eroberung durch die Franken, wurden aber Ende des Jahrhunderts ein Teil des Frankenreiches. Nach kriegerischen Auseinandersetzungen und Flutkatastrophen ging auch der reiche Handelsort und Königssitz Dorestad verloren. Im 8. Jahrhundert wurde der heilige Hain mit der Quelle auf der heiligen Insel Forsetes zerstört und die heiligen Schafe getötet.Um 800 wanderten die Friesen in das heutige Nordfriesland ein, sicher nicht nur wegen der Flutkatastrophen, sondern auch weil es hier möglich war, nach dem alten Glauben zu leben. Bekanntlich gehörte das heutige Nordfriesland bis 1864 zum dänischen Gesamtstaat und als der dänische König Harald Blåtand (Blauzahn) um 960-965 durch Kaiser Otto gezwungen wurde, in der Taufe den christlichen Glauben anzunehmen, mussten dies die Untertanen ebenfalls. Es war nicht so einfach den Menschen einen fremden Glauben aufzuzwingen, man wollte an dem seit alters her überlieferten Asaglauben festhalten. Wenn dies nicht mit Zwang erreicht werden konnte, wurde es mit anderen Mitteln durchgesetzt, z.B. durften nur getaufte Christen in christlichen Orten Handel treiben. Kaufleute haben sich ihrer Geschäfte wegen taufen lassen, schließlich kam es auf einen Gott mehr oder weniger nicht an. Auch die Geschichte des Missionars Poppo ist bezeichnend. Poppo wurde als Kind von Mönchen erzogen, er versuchte später seinerseits seine Landsleute zum Christentum zu bekehren. Da er mit der Mentalität dieser Menschen vertraut war, zeigte er ihnen mit Hilfe von Taschenspielertricks die Macht des christlichen Glaubens. Die Überlieferung erzählt, dass die Menschen sich nicht von den Mönchen vorschreiben lassen wollten, die Verehrung der alten Gottheiten zu unterlassen und nach den neuen Gesetzen zu leben. Man fand, dass diese Mönche, welche ihnen Vorschriften machten, keine Ahnung vom wirklichen Leben hätten, da sie ehelos lebten und nicht für eine Familie sorgen mussten. Folglich erhielten die Mönche, welche die Menschen im Norden zum Christentum bekehren sollten, für eine kurze Zeit die päpstliche Erlaubnis, ja sogar die Pflicht eine Ehe einzugehen. Am Ende des 1. Jahrtausend wurde auch das heutige Nordfriesland christlich. Auf alten Karten sieht man im heutigen Wattengebiet und auf den Inseln Gebäude mit der Bezeichnung „Kapelle“, am bekanntesten dürfte die St. Annen Kapelle, zwischen Amrum und Föhr sein, aber es gab auch eine Kapelle bei Midlum. Vor einigen Jahren wurden die Fundamente der Kapelle bei Bauarbeiten gefunden. Als vor etwa 50 Jahren ein Haus in Midlum abgebrochen wurde fanden sich sehr alte Balken im Dachstuhl, welche von dieser Kapelle stammen sollen, Abschnitte aus diesen Balken wurden geborgen. Durch dendrochronologische Untersuchungen, könnte man erfahren, wann die ersten christlichen Kapellen auf Föhr erbaut wurden. Die katholische Lehre wurde auf Föhr abgelöst von der lutherischen Lehre, als drei Föhrer Studenten Luthers Predigten in Wittenberg gehört hatten. Bei ihrer Rückkehr waren die Gäste auf einer Kindstaufe, es kam zu einem kontroversen Disput mit den anwesenden Mönchen. Einer der Mönche ritt nach Amrum um seine Brüder vor der neuen Lehre zu warnen, er würde unbeschadet nach Föhr zurückkehren, wenn ihm das gelingen würde. Bei seiner Rückkehr scheute das Pferd, er fiel herunter und brach sich den Hals. Das hielt man für ein Gottesurteil und schloss sich der neuen Lehre an. Ganz einfach war das nicht, denn es ging auch um die Säkularisierung des Kirchenvermögens. Im Laufe der Jahre waren der Kirche viele Ländereien übereignet worden, diese wurden nun zum großen Teil den Besitzern oder ihren Nachfolgern zurückgegeben. Es gab harte Streitigkeiten in deren Verlauf es zu einem Mord auf dem Weg zwischen Övenum und Alkersumstieg kam, welcher von da an als „Mordweg“ bezeichnet wurde.

 

Die drei großen Föhrer Kirchen blicken auf eine sehr bewegte Geschichte zurück, nicht nur im Bezug auf die Religion. Die Kirchen waren ursprünglich sehr viel kleiner, sie waren aus Feldsteinen erbaut und wurden erst nach und nach zu ihrer heutigen Größe errichtet, das erkennt man auch an den unterschiedlichen Baustilen. Zunächst waren es reine Saalkirchen, spätere Anbauten gaben ihnen das heutige Aussehen und die Kirchtürme wurden erst sehr viel später gebaut. Immer wieder müssen die Kirchen außen und innen renoviert bzw. restauriert werden. An die verschiedenen Renovierungen erinnern eiserne Jahreszahlen an den Außenmauern, teilweise werden auch die Initialen der Kirchenältesten gezeigt. Die notwendigen Maßnahmen zum Erhalt dieser ehrwürdigen Bauten erfordern sehr viel Geld. Mit Spenden für diesen Zweck kann sich jeder an dem Ziel, diese geschichtlichen Denkmale für die folgenden Generationen zu erhalten, beteiligen."

 

Quelle: ÜÜB FEER, Nr. 04/2014 Karin Hansen

 Die nordfriesischen Inseln vormals und jetzt.

Eine Skizze des Landes und seiner Bewohner.
Zunächst bestimmt für Badegäste in Wyk auf Föhr.
von G. Weigelt 1858

Zwölf von den Dörfern der Insel haben eigene Schulen, von denen die meisten an den über dem Dache befindlichen Glocken kenntlich sind. Kirchthürme sieht man, mit Ausnahme Nieblums, nicht über die Dörfer hervorragen; die beiden Kirchen, welche Föhr außer der in Nieblum hat, liegen, von schlecht gepflegten Kirchhöfen umgeben, in der Nähe der Dörfer, die zu ihnen gehören. Selbst Wyk hat keine Kirche, sondern nur das Recht, eine solche zu bauen. Eine gute Viertelstunde vom Flecken erhebt sich das alte, dem heiligen Nikolaus geweihte Gebäude, der auch in entfernten Gegenden der Schutzpatron der Seefahrer ist. Zu Anfang des dreizehnten Jahrhunderts soll feine Kirche von Geld, das Mönche in England dazu erbettelten, gebaut fein. Mitten zwischen den auf dem westlichen Scheit der Insel gelegenen Dörfern steht die Kirche des heiligen Laurentius; er selbst schmückt mit dem Roste, auf welchem er nach der Sage gebraten wurde, das Siegel Föhrs neben Nikolaus und dem Täufer Johannes.

 

Dem letztem ist die Kirche in Nieblum geweiht, die größte nicht nur der Insel, sondern, wie man sagt, unter allen Landkirchen des Herzogthums Schleswig. In ihrem Innern fällt sogleich eine hoch und seitwärts vom Altare ausgestellte, kolossale Statue des Täufers in die Augen, aus Holz gearbeitet und übermalt. Unter seinen Füßen krümmt sich eine kleine menschliche Gestalt, vielleicht eine Personification des Pharisäerthums. Eine reiche Gruppe mit schreienden Farben und mit Gold bemalter Figuren ziert nicht, sondern füllt den Altar in seiner ganzen Breite. Gott Vater, an der Weltkugel kenntlich, reicht der knienden Maria eine goldene Krone; auf der einen Seite etwas tiefer steht abermals der Täufer, dürftig gekleidet, während auf der andern der Papst Sylvester II. in vollem Ornate prangt. Die dreifache goldene Krone, die er ehemals trug, fehlt ihm jedoch; ein protestantischer Friese hat sie ihm im vorigen Jahrhundert vom Haupte genommen mit den Worten: „de Paabs mag keene Krone in unsre Kark ophebben." An jede dieser beiden, der Gottheit zunächst gestellten Figuren  reihen sich sechs Apostel, und in der Mitte unterhalb sitzt in einer Nische ein kleines nacktes Leidensbild des Erlösers, das schwerlich die Frömmigkeit selber ohne ästhetischen Schauder betrachten kann. Weit mehr Kunstwerth als diese Zierde des Altars hat die aus dem Anfang des siebzehnten Jahrhunderts stammende Schnitzarbeit der Kanzel, Scenen aus der biblischen Geschichte darstellend. Und da hier somit die Sehenswürdigkeiten dieser Kirche aufgezählt sind, so darf ein seitwärts vom Altare befindlicher, zu einem Becken ausgehöhlter großer Granitstein nicht unerwähnt bleiben. Die rohen, auf demselben ausgehauenen Figuren, welche der heiligen Geschichte des Christenthums nicht angehören, deuten darauf hin, daß dieser zu einem Taufbecken bestimmte Stein ehemals dem Kultus der heidnischen Gottheiten diente. Dürfte man aus den Figuren des Altars mit Grund einen Schluß auf das Alter der Kirche machen, so wäre dieselbe spätestens am Anfang des elften Jahrhunderts erbaut, als der mächtige Sylvester Rom zum Mittelpunkt geistlicher wie weltlicher Herrschaft erhob. Es ist jedoch mehrfach die Behauptung ausgesprochen, daß nur ein Theil des Kirchenfundamentes in ein so hohes Alter reicht, und daß der jetzige Altar aus einem ältern Gebäude gerettet ist, wobei immer noch denkbar bliebe, daß es die Nachgebornen des mächtigen Papstes waren, die ihn zum Zeichen ihrer Verehrung dem Gott Vater zunächst gestellt haben. Auch diese Kirche soll, wie die des heiligen Laurentius, durch englische Hülfe gegründet sein. Merkwürdig übereinstimmend ist der Stil fast aller nordfriesischen Kirchen; sie bilden ein längliches Viereck mit oft auffallend kleinen Fenstern und einem spitzen Dach; die äußere Einförmigkeit wird hier und da durch einen vorspringenden Ueberbau des Eingangs unterbrochen; ein plumper stumpfer Thurm schließt sich an das von Westen nach Osten gebaute Oblongum an. Mit dieser totalen Schmucklosigkeit harmonirt die Lage mancher dieser friesischen Heiligthümer. Die Kirchen des Nikolaus und Laurentius auf Föhr stehen in etwas erhöhter Gegend gänzlich einsam und kahl, von verwildertem Rasen umgeben, aus welchem die prunklosen, weiß angestrichenen Leichensteine hervorragen. Diese sind bis hart an den Rand mit Inschrift förmlich überfüllt; ihre einzige Zier ist hier und da ein eingehauenes Schiff; im Uebrigen geben sie die Biographien der unter ihnen Begrabenen, den Tag der Geburt, der Hochzeit und des Todes, dazu die Namen der Kinder, alles prosaisch genau und kahl wie Kirche und Kirchhof selber. Beispiel:

 

Hier ruhet in Gott seel
Rickmer Flor Weyland
18jähriger Schiffer aus Wrixum,
welcher 1707 d. 7 Novbr in Oltsum gebohren.
Er hat sich 1733 d. 5 Novbr in den Ehestand begeben
mit Theer Hinrichs aus Wrixum derer Grab Mahl auf der andern Seite zu finden
mit welcher er 10 1/4 Jahr gelebet.
Nach derer tödlicher Hintritt 1744 trat er 1745 d. 25 Novbr
zur 2ten Ehe mit Kerren Tückes.
Gleichfalls aus Wrixum mit welcher er 12 Jahr w: 6 Wochen gelebet
auch mit ihr 2 Söhne u 4 Töchter gezeuget.
Nach deren Ableben schritt er nach 1 ½ jährigen Witwen Stande
1759 d. 23 May zur letzten Ehe mit Ehlen Knudten aus Boldixum
und lebte mit ihr 19 1/4 Jahr.
Er hat verschiedene Jahre die Stelle eines
Mitgliedes des Oster-Land Fohrder Rath vertreten
u hat 1778 d. 4 August Seines Alters 68 3/4 Jahr diese Welt verlassen.

Wie auch dessen 2te Ehefrau Kerrin Flor so
gebohren 1726 d. 4 August und 1757 d. 16 Octbr diese Welt wiederum verlassen.
Ihr Alter hatte sie gebracht auf 31 Jahr 10 Wochen
Gleichfalls dessen hinterlaßne Witwe Ehlen Flor die 1708 d. 11 Novbr
in Boldixum gebohren in ersterer Ehe getreten
mit Knudt J: Sönnen 1733 d: 18 Novbr welcher gestorben
1755 d. 24 Martz nach dem Tode ihres oben erwähnten
2ten Ehegatten ist sie ins    te Jahr Witwe gewesen und starb 1 d:     alt    Jahr.

(Merkwürdigerweise ist das Jahr und der Tag des Todes der dritten Frau, die wahrscheinlich diese Inschrift hat einhauen lassen, nach ihrem Tode hier nicht nachgetragen. Vielleicht ist sie anderswo gestorben und begraben. Es kommt aus den Kirchhöfen der Insel häufiger vor, daß, wer das Denkmal für seine Verstorbenen setzen läßt, zugleich seinen eigenen Namen mit darauf schreibt. Die letzte der drei Frauen ist übrigens in Betreff ihres Todestages sehr vorsichtig gewesen; denn sie hat nur das Jahrtausend, nicht aber das Jahrhundert ihres Todes einhauen lassen, obgleich sie zu Anfang eines Jahrhunderts geboren war. Zugleich hat sie auf diesem Leichensteine indirect das Gelübde gethan, keine dritte Ehe einzugehen, wie ihr verstorbner Ehemann.)

 

Hier wird es Keinem heimlich, kein Hauch des Schönen versöhnt mit diesen Wohnstätten der Vergänglichkeit. Die Kirche in Nieblum jedoch spricht diesen Charakter nicht so entschieden aus; sie ist in Form eines Kreuzes gebaut, und schon ihre Lage inmitten des stattlichen Dorfes giebt ihr ein mehr freundliches Ansehen. In katholischer Zeit war sie Parochialkirche, der Bedeutung entsprechend, welche Nieblum als Hauptort der Insel ehemals hatte. Denn hier aus dem Kirchhofe wurde unter freiem Himmel in feierlicher Versammlung das Recht gesprochen. Außer diesen Kirchen hat Föhr nur wenig Monumente einer hohen Vergangenheit......

 

 

Pfarrer / Diakone der Inselkirchen

 

 

Quelle:
GEJSTLIGHEDEN I SLESVIG OG HOLSTEN
FRA REFORMATIONEN TIL 1864
PERSONALHISTORISKE UNDERSØGELSER
VED OTTO FR. ARENDS

St. Johannis / Nieblum

St. Laurentii / Süderende

St. Nicolai / Boldixum

Johannes Bohn 15..
Jacob Willem Hieronymus Willemann ca. 1566
Johann(es) Klinker 15.. - 1583
Conrad Hollmann 1583-1600
Otto Richardi (Rohrden) 1600-1603
Jacob Boethius 1604-1629
Lorenz Jacobsen 1629-1667
Bernhard Lorenzen 1667-1673
Jacob Lyra I 1673-1686
Peter Lobedanz ca. 1686-1692
Barthold (Bernh.) Lyra 1692-1721
Jacob Lyra II 1721-1733
Peter Cramer 1733-1742
Christian Crause 1742-1756
Jørgen Henrichsen 1757-1791
Christian Friedr. Posselt 1791-1814
Moritz Carstens 1814-1850 Vakance
Simon Adolph Schroedter 1854-1862 Vakance

 

 

Boy Jensen (Lütke) 1566-1574 (1572?)
Conrad Hollmann 1574 (1572?)-1583  
Hermann König 1583-1584
Peter Becker (Pistorius) 1584-15..
Otto Richardi 1594-97
Justus Casius (Casæus) 1599-1604
Johann Odendahl 1605-1609
Henning Hagge (Hayze) 1611-1618
Lorenz Jacobsen 1620-29  
Mathias Fries 1629-1636 1633
Volquard Petrejus 1636-1657
Jacob Lyra I 1658-1673  
Peter Lobedanz 1674-ca. 1686  
Barthold (Bernh.) Lyra ca. 1687-1692  
Peter Chr. Rodtberg 1692-1726
Andreas Ravn 1726-1727
Peter Cramer 1728-1733  
Daniel Axen 1733-1749
Martin Augustini 1750-1779
Jacob Boysen 1780-1790
Edlef Hinrichsen 1790-1794
Lorenz Andr. Nissen 1794-1797
Joh. Christian Gazert 1798-1807
Lud. Christoph Arn. Friederici 1808-1815
Momme Jacobsen 1815-1848
Johs. Carl Ludw. Sievert 1849-1889

Cord Gohs 1540-1546 1.Hauptpastor
Joh. Olufs(en) 1540 (1546?)-1562
Petrus Blutenius 1563-1569
Andreas Beierholm 1569-1579
Mathias Bredstadiensis 1580-1582
Johannes Klinker 1583-1598
Hermann König 1599-1608
Christian Bruun 1608-1620
Rich. Petersen Dagebol 1620-1678
Bertel Richardsen 1678-1689
Lauge Egidii Wedel 1689-1723
Philip Quedensen 1723-1762
Jens (Johs.) Kirkerup 1763-1782
Joh. Friedr. Johannsen ca. 1782-1786
Carsten Christiansen 1787-1808
Rich. Simon Petersen 1808-1843
Joh. Carl Friedr. Johnsen 1843-1864

 

 


Clemens ? Andreas Rudebek 1563-1575
Knud Rode I 1575-….
Hermann König 1585-1599  
Knud Rode II 1600-1609
Joh. Stillenius (Stylen) 1609-1648 Vakance (?)
Christian Richardsen 1654-1658
Paul Flor 1660-1709
Martin P. Flor 1709-1728
Peter Meier (Mayer) 1728-1739
Joh. H. Hegelahr 1740
Johannes Pedersen ca. 1741-1756
Jens (Johs.) Kirkerup 1756-1763  
Nissen Lauge S. Wedel 1763-1767
Herrn. Frederik Schwings 1767-1782
Peter Ludvig L. Bernth 1782-1784
Niels Basse 1784-1790
Michael Gottlieb Birckner 1790-1792
Johan Samuel Wolgand 1793-1796
Falle Eriksen Eisbøl 1797-1800
Hans Christian Clausen 1800-1805

Cort Gohs 1540-1546 1.Hauptpastor
Iman Ortzen 1551-1552
Carsten Petersen 1553-1596
Otto Richardi (Røhrden) 1597-1600
Jacob Hennings 1600-1647
Henning Henningsen 1647-1665
Johannes Lillius 1665-1674 Johann
Chr. Thomsen 1674-1705
Henning Feddersen 1705-1735
Joh. Christian Fries 1736-1743
Michael Hinrichsen 1743- ca. 1758
Johann Tychsen 1759-1804
Bahne Asmussen 1805-1844
Knudt Andreas Frerks 1845-1892

Friedrich Wilhelm Christian Höber 1899-1942

Dr. Friedrich Christoph Hübner 1947-1950 

Karl Walter Daniel 1960-1972

 

 

Poul Lorenzen 1759-1773
Peter Fabricius 1789-1798 (tit. Diakon)
Chr. Detl. v. d. Wettering 1774-1782
Rich. Simon Petersen 1798-1800

Pastoren auf Oland von der Reformation bis zum Ende des 18. Jahrhunderts:

  1. Christianus (Karsten) Nicolai, Pastor auf Oland, lebte etwa 1570 - 1580 und bekleidete das Amt des Predigers auf Oland. Nach Arends, bis 1572.
  2. Nicolaus Arensberg, Pastor auf Oland - die Jahre sind unsicher. Nach Arends, 1572-1583. Nach einem Vermerk von Dominus Johann Jessenus geriet er in einen Streit mit einigen Gemeindemitgliedern und wurde seines Amtes enthoben.
  3. Johannes Bonsach (Boensak) Pastor auf Oland, der nach einigen Jahren in die Pfarrei Brunock in Nordstrande versetzt wurde. Nach Arends war er von 1583 - 1607 Pfarrer auf Oland.
  4. Nicolaus Klinker aus Flensburg, der Pastor auf Oland war. 1607 – 1610, im Jahr 1610 starb er.
  5. Peter (Petrus) Walbom aus Gelting, Pastor auf Oland um 1610 - 1646. Er war wahrscheinlich der Sohn des Pfarrers in Gelting Johann Walbom und Schwiegervater des späteren Pfarrers auf Oland Joh. Jessen
  6. Peter Stolte (Stolzenius) aus Schleswig, 1646 - 1648.
  7. Johannes Jessen aus Garding in Eiderstadt, 1648 - 1653 Pastor auf Oland. Er war verheiratet mit einer Tochter von Peter Walbom
  8. Peter Richardi I (= Richardsen) aus Föhr, Pastor auf Oland 1653-1677. Er war der Sohn von Richard Petersen aus Dagebüll und heiratete Christina, Tochter des Ratsherrn von Oland und Langeness, Peter Paisen. Er war der Vater der Pastoren Peter Richardi II. Christian Richardi und Andr. Richardi. Er starb im Jahre 1677.
  9. Peter Richardi II, sein Sohn, geboren auf Oland, Pastor auf Oland 1678 - 1687, und verheiratet Clara, die Tochter von Petrus Nicolai. Ihre Söhne waren Martin Richardi, Pastor auf Gröde und Peter Richardi.
  10. Christian Richardi (Richardsen) geboren auf Oland, Sohn von Peter I., Onkel von Peter II. Pastor auf Oland 1687-1702. Er war verheiratet mit Dorothea, Tochter des Schiffers Broder Jensen aus Föhr.
  11. Paulus Ipsen aus Oland, Pastor auf Oland 1703-1745, Sohn des Schiffers Ipke Paulsen und Vater seines Nachfolgers im Amt, Reinhold Ipsen
  12. Reinhold Ipsen geboren auf Oland, Pastor auf Oland 1745 -1771. Verheiratet mit (1) Anna Rorden, (2) Vollig Christina Lorentzes, (3) Catharina Elisabeth Birkenstedt aus Rendsburg. Vater von Reinhold Ipsen II, der Pastor und bekannter Porträtmaler war Porträtmaler.
  13. Michael Brasch aus Föhr, Pastor auf Oland 1771-1793, als er starb. Verheiratet (1) Margaretha Tadens, (2) Anna Cathrina Richardi.
  14. Sonke Petersen aus Rodenaes, Pastor auf Oland 1794 - 1809. Sohn von Jens Petersen
  15. (Hans) Heinrich Jurgensen aus Schleswig, Pastor auf Oland 1810. Sohn von Hans Heinrich Jurgensen und Friederika Benedicta Hoek, verheiratet mit Maria Magdalene Christiane Truelsen.
  16. Claus (Nicolaus) Fock aus Meldorf, Pastor und Schullehrer auf Oland 1814, Sohn von Eddikebrygger(?) Johann Fock und Margr. Hinck, verheiratet 1815 mit Regine Sophie, Tochter des Apothekers Joh. Hinrich Paulsen und Ida Otto auf Föhr.
  17. Jep Bundesen, von Genner, Pastor und Schullehrer auf Oland 1824. Sohn von Gaardmand(?) Jens Bundesen und Bodil Jepsdotter. Er war verheiratet mit Cacilia (Nachname unbekannt).
  18. Hermann Julius Christian Brandis aus Kiel, Schullehrer auf Oland 1833. Sohn von Leibarzt (Livmedicus) Joachim Dietrich Brandis und Henriette Wilhelmine Wortmann. Er war verheiratet mit Johanna Koken.
  19. Johann Rhode Friedrich Augustiny aus Missunde, Pastor Degn(?) und Schullehrer auf Oland 1838, Sohn eines Faergemand (Chauffeur?)
  20. Peter Frederik Ludwig Bahnsen aus Risum, Pastor und Schullehrer auf Oland 1844. Sohn von Ketel Bahnsen Er war verheiratet mit Caroline Johannsen.
  21. Christian Hansen geboren in Enge, Pastor und Schullehrer auf Langeness-Nordmarsch (1845 offenbar auch Kommissar für Oland).
  22. Jens Georg Marius Moller, geboren in Glücksburg, Pastor, Küster und Lehrer auf Oland am 29.11.1849.
  23. Heinrich Theodor Thomalen, geb. 15.4.1819 in Curslack, ord., 22.8.1867 Pastor auf Pastor Thomalen schrieb in Beantwortung eines Briefes, viele interessante Bräuche und Aberglauben, die mit Oland verbunden sind. Diese werden in Band II enthalten sein.
  24. Hinrich Cornelius Ketels, geb. Süderende/Föhr, 24.8.1885 Pastor auf Langeness, Gröde und Oland.
  25. Karl Hermann Wilhelm Otto Siefert, geb. Altona, 26.5.1892 Hilfspastor auf Oland und Gröde, 18.8.1892 Pastor an der gleichen Stelle.

Auf den Spuren versunkener Kirchen im Wattenmeer

 

Osterwohld und Buphever, Königsbüll und Rorbeck - ganz alte Karten verzeichnen Kirchen und Kapellen vor der heutigen Küste. Steht man an der Nordsee und blickt dorthin, schaut man auf das Wattenmeer; auf Wasser, auf Wellen, auf versunkenes Land. Spürt den Wind und die Macht des Meeres. Siedlungen gingen unter und damit auch Orte des Glaubens und des Gebets, vieles verlor sich im Dunkel der Geschichte. Sind die oben genannten Orte und ihre Kirchen, und einige mehr, auch versunken und lang verloren, vergessen sind sie nicht:

 

In der Kirche St. Johannis in Nieblum auf Föhr befindet sich ein beeindruckendes Kunstwerk; ein von Schnitzereien umgebendes Gemälde, dies ist ein sogenanntes Epitaph. „Es soll“, so erzählt es der Föhrer Kirchenführer Nickels Olufs, „nach der großen Flut von 1634 von der untergegangenen Kirche von Königsbüll hier in die Kirche von Nieblum gebracht worden sein.“ Bild und Rahmen sind außergewöhnlich gut erhalten. Die gemalte Darstellung zeigt die Verkündigung Marias und die Anbetung des Hirten zusammen mit der Stifterfamilie, die in feinen spanischen Kostümen am unteren Bildrand zu sehen sind. Dass dieses Epitaph in der Flutkatastrophe aber tatsächlich unterging und im Wasser schwamm, ist unwahrscheinlich. Wahrscheinlich ist, dass es auf geordnetem Weg nach Föhr kam, denn ein Nachfahre der Stifterfamilie wurde damals Pastor in Nieblum. Die Stifterfamilie auf dem Bild wirkt vornehm, angesehen und wohlhabend war sie gewiss. „Als das Epitaph im Jahre 1613 angefertigt wurde, herrschte an der Küste große Armut. Nur sehr wenige Familien konnten sich so etwas leisten“, berichtet Nickels Olufs. Aber als in der Nacht vom 11. auf den 12. Oktober 1634 die Deiche an der Küste brachen, nützte dies auch Königsbüll nichts. Weite Teile der Küste wurden von dieser verheerenden Flut zerstört, die Zahl der Todesopfer schwankt, dürfte aber in die Tausende gehen. Am schwersten betroffen war die Insel Strand. Dort stand die Kirche von Königsbüll, dort gingen auch andere unter. Heute liegt diese Gegend zwischen dem Festland, Nordstrand, der Insel Pellworm und den Halligen. Hier und heute gibt es dort Orte, an denen sich Indizien ihrer Existenz verdichten: auf der Hallig Hooge zum Beispiel. Die kleine Fähre müht sich durch die zunehmend aufgewühlte Nordsee, Donner rollt über das Meer, Blitze flackern aus schwarzem Himmel.

 

Auf Hooge lebt Erco Jacobsen und er zeigt dem Gast die Kirche gern. Wie auch er nennen die Halligleute ihr Gotteshaus, wohl nur halb im Scherz, „Recyclingkirche“. Diese kleine Kirche, sie wirkt vor dem Hintergrund zunehmend schwereren Wetters erst recht behütend und schützend, ist alt und schön. Und sie beherbergt ein paar Kirchenschätze, über deren Herkunft man sich auf der Hallig so einiges erzählt. Öffnet man die Tür, riecht es nach verlöschenden Kerzen und – haben sich die Augen an das Zwielicht gewöhnt – treten die Bilder hervor, beginnen die Farben zu leuchten. Als die Friesen diese Gegend missionierten, bauten sie auf Hooge eine Kirche aus Holz. Derer gab es mehrere, die aber sind längst der Macht der See zum Opfer gefallen. Nach der zweiten Großen Mandränke von 1634 (der Burchardi Flut), gehörten die Hooger zum Kirchspiel Alte Kirche auf Pellworm. Die Nachbarinsel war damals nur durch einen schmalen Priel von der heutigen Hallig getrennt, ohnehin waren Land und Wasser anders verteilt als heute – die Flut von 1634 zerriss die alte Insel Strand und 18 von 24 Kirchen waren bald verloren. Zum Beispiel Osterwohld, das gut sechs Kilometer östlich der heutigen Hooger Küste liegt. Aus diesen Trümmern holten sich die Hooger, kauften es, Baumaterial und Inventar für ihre Kirche, vor allem stammte es aus dem ehemaligen Ort Osterwohld. Damit bauten sie die Hooger Kirche, die 1639 auf den Namen St. Johannis geweiht wurde. Vorbei an den Bänken und der Kanzel geht es hin zum Taufbecken. „Achten Sie mal auf die Jahreszahl an der ersten Gestühlswange – sie stammt von 1624“, sagt Erco Jacobsen. Damit ist die schöne Schnitzerei deutlich älter als diese Kirche. Ebenso die üppig verzierte Kanzel und das Taufbecken. Alles Gegenstände aus der Kirche in Osterwohld und demzufolge um 1624 entstanden, heißt es auf Hooge.

 

Von der Hallig Hooge sieht man die Insel Pellworm. Man blickt über das Halligmeer und man blickt Richtung Osten auf versunkene Landschaften und Orte: Rorbeck verschwand im Meer rund einen Kilometer östlich der heutigen Hallig Nordstrandischmoor entfernt. Man erinnert sich an das alte Königsbüll, das liegt heute vier Kilometer nordöstlich von Pellworm. Und Buphever liegt versunken im Wattenmeer rund zwei Kilometer nördlich von Pellworm. Dort, auf Pellworm, kann man den Heimatforscher und Hobbyarchäologen Hellmut Bahnsen besuchen, der in seinem liebenswerten Rungholt Museum, das er zusammen mit seiner Frau Rita betreibt, Fundstücke aus dem untergegangenen Land ausstellt. Bahnsen berichtet als Mit-Autor im Buch „Geheimnisvolles Wattenmeer“ (Pellworm Verlag) vom Pastor Andreas Stegmann, der das versunkene Kirchspiel Buphever betreute. Nach der Flut suchte dieser seinen alten Sprengel auf, fand die Kirche halb zerstört vor. Sechs Jahre lang hofft er, die Ruine zu retten. Die Renovierung klappte nicht, es fehlte an allem, und als die Dachziegel nicht reichten, gab man auf. Pastor Stegmann ging nach Helgoland, die Kirche wurde abgebrochen, die Reste verkauft. Als Bahnsen im Frühjahr 1982 im Watt unterwegs war, fand er auf der alten Straße zwischen Buphever und Osterwohld (alles untergegangen) einen Sarg, der die sterblichen Überreste einer jungen Frau enthielt. Jahre später wurde unweit der alten Straße der Friedhof entdeckt, dessen Standort Knochenfunde belegten. 1999 entdeckte er, dass auf der kleinsten der Warften von Buphever wohl eine Kirche gestanden hat – es fehlten dort zum Beispiel die für bewirtschaftete Wohnhügel typischen Entwässerungsgräben. Bahnsen berichtet weiterhin davon, dass auf Wattwanderungen bis ins Jahr 1960 die Reste einer Dorfkirche zu sehen waren. Auf den Fundamenten, so schreibt er, konnte er seinerzeit entlang gehen. Dann verlagerte sich ein Priel und all dies verschwand endgültig in der See. In seinem Museum kann man sich herrlich zwischen den unzähligen Fundstücken aus dem Watt verlieren, staunen und sich damit auch in die Zeit der versunkenen Kirchen zurückversetzen – zu sehen sind vor diesem Hintergrund beispielsweise ein Holzsarg, Steine und Ziegel sowie zerbrochene Dachpfannen und Keramikscherben.

 

Von Pellworm fährt man nach zurück Nordstrand. Auch hier liegen Kirchen vor der Küste, das alte Hersbüll zum Beispiel unmittelbar an der Südküste. Aber noch mehr: Backsteine im sogenannten Klosterformat und fehlende Strukturen im Boden der versunkenen Warften – dies sind Indizien für untergegangene Kirchen. Christine Dethleffsen ist Wattführerin und nimmt Gäste ab Nordstrand von Mai bis Ende September und sonst auf Anfrage mit auf eine Zeitreise, mit auf Spurensuche 600jähriger Geschichte im Wattenmeer. Wenn das Wasser besonders tief abläuft, erreicht sie mit ihrer Gruppe das alte Rungholt Gebiet.

 

Warften sind künstlich aufgeworfene Wohnhügel und boten ihren Bewohner und dem Vieh auch bei Sturmflut einen Schutz. Doch den alles ertränkenden Mandränken hielten auch sie nicht stand. Die Wohnhäuser sind längst verschwunden, die ehemaligen Warften aber erkennt das geübte Auge sofort. „In diesem Bereich, in dem viele Menschen gelebt haben, findet man häufig noch Scherben oder Knochen von Mensch und Tier“, berichtet Christine Dethleffsen und zeigt auf eine dieser sehr flachen Erhebungen, die im ablaufenden Wasser auftauchen; und dies sei eine Kirchwarft gewesen, hier stand vermutlich das Gotteshaus, vielleicht die Kirche von Obbenbüll. Ehemalige Kirchwarften erkenne man daran, dass neben fehlenden Entwässerungsgräben auch, wie hier, keine Brunnenreste gefunden wurden.

 

Die Gruppe ist im Bereich der ehemaligen Obbenbüller Kirche – und hier wird der Beginn des eigentlichen Rungholt-Gebietes angenommen. Dann geht es in ein Gebiet, das höher liegt, Sandbänke sind zu erkennen, die Leute laufen über eine Erhebung. Hier wurden schon viele Fundstücke entdeckt, berichtet Christine Dethleffsen - Fässer und Scherben, Knochen von Mensch und Tier. Und wieder Ziegelsteine, die auf wichtige Häuser hindeuten – zum Beispiel auf Kirchen. Es geht zurück an Land.

 

Ist das Watt verlassen, fällt der Blick zurück auf eine Landschaft, eine seltsame Zwischenwelt, die wieder im Meer versinkt. Was ist hier geschehen? Große Landgebiete gingen nach der verheerenden Flut von 1634 verloren, nicht auf einen Schlag und sicher nicht über Nacht: Deiche waren beschädigt, viel Land musste aufgegeben werden – es war versalzt oder nicht mehr zu schützen, es war vielleicht auch entvölkert; es wurde ausgedeicht. Auch andere Quellen sprechen in diesem Zusammenhang von 18 Kirchen, die dabei verloren gingen. Die Kirchen wurden nach der Flut im Zustand der Beschädigung neu inventarisiert. Man stellte fest, was noch vorhanden war. Baumaterial wurde verkauft und in die Region exportiert. Steine und Dachziegel waren wertvolles Baumaterial, auch für den Bau neuer Kirchen. Natürlich fand auch das Inventar Abnehmer; die Kunstgegenstände also, die nach Hooge gingen zum Beispiel oder nach Nieblum. Und auch auf andere Inseln wie Pellworm ebenso wie auf das – heutige – Festland wie zum Beispiel Eiderstedt. Oder an die Kirche von Bordelum (bei Bredstedt); von hier, vom erhöhten Geestrand, hat man einen schönen Blick auf das Halligmeer.

 

In dieser, auch uralten, Kirche steht zum Beispiel ein Taufbecken aus schwarzem, belgischen Marmor und einst zierte es die Kirche des versunkenen Rorbeck. Und der Sage nach sind unter bestimmten Umständen die Glocken von Rungholt zu hören. Sehen indes kann man tatsächlich eine Glocke aus der versunkenen Zeit in der Kirche von Osterhever auf Eiderstedt: neben dem Altar steht, seit Kurzem und nach langer Reise durch Kirchen und Museen, die Bronze-Glocke aus dem versunkenen Buphever. Nach fast 500 Jahren kehrte das wertvolle Stück als Dauerleihgabe des Museumsberg Flensburg zurück nach Hause, fast nach Hause zumindest. Klingen tut diese Glocke nicht, aber sie erzählt von einer spannenden Geschichte, hier ganz nah am Halligmeer.

 

Zurück nach Hooge: Ein Blick auf den Boden unter den Bänken zeigt weißen Muschelsand. Denn noch heute kann diese Kirche bei schweren Sturmfluten im Wasser stehen, das kann dann einfach durch die Muscheln wieder ablaufen. Der Sturm nimmt weiter zu, schwere Regenschauer prasseln auf die Fenster und die Äste peitschen in den Böen. In dieser Kirche und in dieser Atmosphäre kommt man den Geschichten der untergangenen Kirchen so nah wie wohl nirgendwo sonst. Die Halligleute sammeln derweil draußen ihre Schafe ein, treiben sie auf eine hohe Warft. Land unter ist gemeldet. Die Halligbewohner, die Leute an der Nordsee, aber leben damit, so wie seit hundert und hundert Jahren schon.

 

Quelle: Presseinformation Nordsee-Tourismus-Service GmbH

 

Was ist ein "Kirchspiel"?

In den Beschreibungen hier taucht des öfteren der Begriff "Kirchspiel" oder "Sogn" im Dänischen auf. Was ist das eigentlich?

 

Kirchspiel bezeichnet ursprünglich einen Pfarrbezirk (Parochie), in dem die Ortschaften einer bestimmten Pfarrkirche und deren Pfarrer zugeordnet sind. Nach dem Etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache ist ein Kirchspiel ein Bezirk, in dem ein Pfarrer predigen und die kirchlichen Amtspflichten ausüben darf. In einigen Regionen – wie zum Beispiel in den Herzogtümern Schleswig und Holstein oder in den Hansestädten Bremen und Hamburg – war ein Kirchspiel zugleich Verwaltungsbezirk, Gerichtsbezirk wie in Mittelhessen oder Bezirk für das militärische Aufgebot.

 

Etymologie

Das Wort Kirchspiel ging im 13. Jahrhundert vom rheinischen Nordwesten aus, wo auch das niederländische dingspel zur Bezeichnung eines Rechtsgebietes galt (Ding ist die kontinentalgermanische Lautung von Thing). Mit dem zusammengesetzten Hauptwort „Kirchspiel“ ist eigentlich ein Kirchenpredigtbezirk gemeint. Im Grundwort steckt nicht „Spiel“, sondern althochdeutsch spël bzw. mittelhochdeutsch spël, spil mit der Bedeutung „Rede“ „Verkündigung“ „Erzählung“ bzw. im theologischen Kontext „Predigt“. Das Grundwort spël ist auch im Wort Beispiel enthalten. Im Prinzip: "So weit die Rede reicht."

In der altfriesischen Sprache lautete das Wort kerspel, in Westfriesland in der Variante karspel.

 

Dänemark

In Dänemark bildeten die evangelischen Kirchspiele (sogn) seit 1791 die einheitliche Verwaltungsgrundlage auf kommunaler Ebene. Sie wurden ab 1842 von einer zunächst von den örtlichen Landbesitzern, ab 1901 von der gesamten ansässigen Bevölkerung gewählten Kirchspielsvorständen geleitet. Nur die Städte sowie in Nordschleswig die Flecken bildeten gesonderte Gemeinden. Die Landgemeinden von Stadtkirchen bildeten ebenfalls eigene Kirchspiele. Nur in wenigen Fällen waren Kirchspiele in mehrere Landgemeinden aufgeteilt. Ab den 1960er Jahren schlossen sich immer mehr Gemeinden angesichts einer bevorstehenden Kommunalreform zusammen. 1970 wurden die Kirchspiele mit den Städten und Flecken zu größeren Kommunen zusammengefasst. In der Funktion als Kirchgemeinde sind die sogne aber heute noch erhalten.

 

Quelle: wikipedia

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