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St. Johanniskirche, Nieblum / Föhr

Die Kirche St. Johannis lässt schon von außen ihre einschiffige Anlage über kreuzförmigem Grundriss erkennen. Zwischen das gestreckte Langhaus und den etwas schmaleren Chor mit Apsis wurde ein Querhaus eingezogen. Für eine Landkirche ist dies ungewöhnlich. Der Turm im Westen scheint für die Größe der Kirche fast klein geraten. Im Inneren ist durch einen Chorbogen deutlich die Trennung zwischen Langhaus und Vierung und Chor zu erkennen. Während das Langhaus mit einer Holzdecke abgeschlossen ist, finden sich in den östlichen Teilen Gewölbe.

 

Die Kirche ist das Ergebnis einer deutlichen Erweiterung eines Vorgängerbaus, die im frühen 13. Jahrhundert begann. Wie die anderen beiden Föhringer Pfarrkirchen (St. Nikolai in Boldixum und St. Laurentii in Süderende) wurde St. Johannis 1240 erstmals erwähnt. Sie war die Hauptpfarrkirche von Föhr und Amrum. Möglicherweise war sie im 12./13. Jahrhundert Sitz eines Bistums namens Frisia - daher auch die Bezeichnung als "Friesendom".

Ein historischer Dorfkern mit urigen Friesenhäusern, schöne Alleen und ein herrlicher Sandstrand: An der Südküste der Insel - zwischen Wyk und Utersum - liegt das Friesendorf Nieblum. Der malerische Ort bietet sowohl Unterkünfte für Urlauber als auch Sehenswürdigkeiten für Ausflügler. Auffälligstes Gebäude ist neben den Friesenhäusern aus dem 18. Jahrhundert, die früher von wohlhabenden Kapitänen bewohnt wurden, die Kirche St. Johannis.

---dreieck Hier streckt sich der sogenannte „Friesendom“ in den Wolkenhimmel, ein Backsteinbau namens St. Johannis, eine dieser Kuschelkirchen, die sich wie ein Kokon anfühlen, sobald man sie betritt.

---dreieck Wie ihr Dorf haben die Nieblumer auch ihre Kirche, die wegen der exponierten Lage auf einer leichten Anhöhe den rauen Nordseestürmen ausgesetzt ist, stets gepflegt. Doch sparsam, wie sie waren, nahmen sie immer die Backsteine, die sie gerade zur Verfügung hatten. So findet man heute im Mauerwerk eine bunte Mischung von etwa 30 Steinarten, die sich in Format und Festigkeit unterscheiden.

 

 

---dreieck Die Fenster auf der Südseite des Kirchenbaus wurden in späterer Zeit vergrößert, um mehr Licht in die Kirchenräume zu lassen. Die Fenster auf der Nordseite der Kirche wurden verkleinert und verringert. Die Fenster der Kirche sind durchgängig spitzbogig, was einen gotischen Einfluss auf die vorgenommenen Umbaumaßnahmen des ausgehenden Mittelalters bezeugt.
Die St. Johannis Kirche öffnet sich mit zwei erhaltenen Ein- und Ausgängen auf der Südseite zur Gemeinde hin. Das Süderportal der Kirche befindet sich im letzten Drittel des Langhauses. Das ehemalige gegenüberliegende Norderportal existiert leider nicht mehr. Am südlichen Ende des Querhauses dieser Kirche ist ein weiterer Eingang in einen barocken Vorbau, der sich unter einer von 1688 über der Tür angebrachten Sonnenuhr befindet. Die an der Nordseite des Chors angebaute Sakristei stammt aus spätgotischer Zeit. 

 
 
 
 

---dreieck Der 32 Meter hohe Kirchturm, mit dessen Bau im frühen 13. Jahrhundert begonnen wurde, war ursprünglich außenseitig optisch aufwendig gegliedert, bei späteren Restaurierungen wurden dann die gliedernden Eckwandstreifen und Spitzbögen verblendet. Der Kirchturm ist ursprünglicher Bestandteil der Kirche und wurde zusammen mit der Kirche erbaut. Dies steht im Gegensatz zu den beiden Schwesterkirchen der Insel Föhr in Boldixum und Süderende, deren Türme späteren Epochen zugeordnet werden. Die Mauern des Kirchturms sind aus Tuffstein, einem porösen vulkanischem Material aus der Eifelregion, die nach außen mit Backsteinen verblendet wurden. Die Mauern des Turms sind auf Erdniveau ca. 2,5 m stark, in Höhe des Satteldaches messen die Mauern noch ca. 1,80 m Wandstärke.

 
 
 
 

Innnenausstattung

Vorraum

---dreieck Ungefähr dort, wo im Eingangsbereich heute der große Tisch steht, stand früher der Taufstein. So wie die Taufe der Eingang war in die Gemeinschaft der Heiligen, so kam niemand ungetauft am Taufstein vorbei und in die Kirche hinein.

 
 
Vorraum

---dreieck Die Sanierung des Vorraums (hier zwei ältere Bilder) ist 2018 fast abgeschlossen. Was noch fehlt, sind Galerieleisten, um die Bilder wieder aufzuhängen. Sie sollen angebracht werden, sobald der Vorraum durch die Firma Emil Junge mit einem Kalkanstrich versehen worden ist. Der Vorraum leidet unter demselben Problem wie die gesamte Kirche: Die hohe Luftfeuchtigkeit schlägt sich an den Ziegelsteinen nieder. Wenn im Winter geheizt wird, bilden sich Salzkristalle, die den Anstrich nach und nach absprengen. Das ist ungefährlich, sieht aber nicht schön aus. Deshalb werden jetzt auch im südlichen Querschiff die Farbreste abgetragen und durch einen Kalkanstrich ersetzt. Dieser Anstrich atmet besser und rieselt weniger.

 
Konfirmation in der Nieblumer Kirche
 

2016 fand hier eine Aktion zum Reformationsjubiläum statt: Eine Fotografin zeigt Arbeiten, die in der St.-Johannis-Gemeinde entstanden sind.

Die Bilder stammen von der Fotografin und Malerin Christine de Boom aus Klein Görnow in Mecklenburg. 2016 war sie eine Woche mit dem Fotoapparat auf Föhr zu Gast, unter anderem im Nieblumer Konfirmationsgottesdienst. Die Fotos, die dabei entstanden, hat sie zu großformatigen Bildern weiter verarbeitet. In den zurückliegenden Monaten waren Künstler Gast in evangelischen Kirchengemeinden. Mehrere Wochen arbeiteten sie dort zum Thema „Magnificat und Luther“. Das Projekt gab es unter anderem in Husum, Hamburg, Gadebusch, Mölln – und in Nieblum auf Föhr. Das Magnificat, der Lobgesang der Maria im Lukasevangelium, wurde von Martin Luther besonders wertgeschätzt. Die St.-  Johannis-Kirche ist einer von neun Orten im Norden, an denen Künstler in einer Kirchengemeinde Kunst gestaltet haben.

Pastoren der Nieblumer Gemeinde

Betritt man den Kirchenraum, so fällt der erste Blick auf das Bild des Pastors Pastor Laurentius Jacobi (Lorenz Jacobsen). Das Pastorenbild wurde durch die Fa. Butt 2019 restauriert. Das Gemälde aus dem 17. Jahrhundert wurde so in der Kirche angebracht, dass seine Besonderheit betrachtet werden kann: Es zeigt auf Vorder- und Rückseite zwei verschiedene Bilder des Porträtierten. Mit der ersten Fassung war er als Auftraggeber nicht einverstanden. Durch einen Klappmechanismus können nun beideBilder betrachtet werden.

 

Die Kosten für die Sanierung in Höhe von rund 6.000 Euro trug der Förderverein.

Pastor Laurentius Jacobi (Lorenz Jacobsen)

Laurentius Jacobi (Lorenz Jacobsen) war Pastor an der Nieblumer Kirche von 1629 bis 1667, er starb am 9.4. jenes Jahres. Geboren um den 24.6.1597 in Abel bei Tondern als Sohn des dortigen Pastors Jacob Lorenzen und seiner Ehefrau Margaretha geborene Arndt. Er ging 4 Jahre auf die Schule in Tondern, 4 Jahre in Flensburg, dann war er 2 Jahre Student der Theologie in Rostock, 1,5 Jahre in Wittenberg (1618). Von 1620 bis 1629 wirkte er in Nieblum als Diaconus, als 2. Geistlicher. Über sein Leben sind wir genau unterrichtet, denn bei seiner Trauerfeier im Jahre 1667 hielt der damalige Diaconus und spätere Pastor Jacobus Lyra die Leichenpredigt, die er 1668 in Schleswig drucken ließ. Die alten Leichenpredigten enthalten einen Abschnitt »Personalia« mit genauen Angaben über den Lebenslauf. Jacobus Lyra hat auch die Leichenpredigt für die zweite Frau des Pastors Jacobi und für die Frau seines Sohnes und Nachfolgers Bernhard Laurentii gehalten und drucken lassen.

Pastor Laurentius Jacobi hat schwere Zeiten erlebt: Kriege, Pestilenz und Sturmfluten. Er war nicht nur Pastor in St. Johannis, sondern auch Organist, bis ihn sein jüngster Sohn Peter ablöste. Im Jahre 1621 heiratete der Diaconus L. Jacobi die jüngste Tochter Catharina des bereits 1603 verstorbenen Pastors an St. Johannis Otto Richard; und seiner Ehefrau Drude Mauritius, einer Schwester des Tonderner Propsten Johannes Mauritius und Tochter des Eckernförder Pastors Bernhard Mauritius und seiner Frau Margarethe Boysen.

Pastor Jacobus Lyra
(Bild an der rechten Wand vom Eingang aus gesehen)

◄ Das Barock trug zur Ausstattung zwei Pastorenbilder (Laurentius Jacobi) von 1658 s.o. und Jacobus Lyra, † 1686) bei, die eine gute Vorstellung von der Würde eines protestantischen Pfarrherren jener Zeit geben.

 

"Jacobus Lyra

ist gebohrn Anno 1629 den 28. October

zu Gildersheim im Fürstentum Grubenhagen,

auf Niedrig und Hoher Schule unterwiesen

hier zu Johannis im Diaconat-Amt 15 Jahr,

im Pastoratamt 13 Jahr,

arbeitsam, treu, sorgfeltig gewesen

und in Gott abgeschieden Anno 1686 den 12. Decemb.

seines Alters 57. Ministery 28. Jahr. " 

Aus Mitteln des Fördervereins wurde das Porträt von Jacobus Lyra restauriert. Jacobus Lyra (1629 bis 1686) wirkte im 17. Jahrhundert 28 Jahre an St. Johannis, zunächst als Diakon, dann als Pastor. Der Schwerpunkt der Arbeiten in der Lübecker Werkstatt von butt restaurierungen lag in der Konservierung des Gemäldes und dessen Zierrahmens. Die konservatorischen Arbeiten wurden durch restauratorische Maßnahmen ergänzt, die einer optischen Aufwertung des Gemäldes und der Steigerung der Ablesbarkeit der Darstellung dienten.

Schon 1858 beschrieb G. Weigelt in seinem Buch: „Die nordfriesischen Inseln vormals und jetzt - Eine Skizze des Landes und seiner Bewohner“ das Innere des Friesendoms mit folgenden Worten:

 

.... "In ihrem Innern fällt sogleich eine hoch und seitwärts vom Altare ausgestellte, kolossale Statue des Täufers in die Augen, aus Holz gearbeitet und übermalt. Unter seinen Füßen krümmt sich eine kleine menschliche Gestalt, vielleicht eine Personification des Pharisäerthums. Eine reiche Gruppe mit schreienden Farben und mit Gold bemalter Figuren ziert nicht, sondern füllt den Altar in seiner ganzen Breite. Gott Vater, an der Weltkugel kenntlich, reicht der knienden Maria eine goldene Krone; auf der einen Seite etwas tiefer steht abermals der Täufer, dürftig gekleidet, während auf der andern der Papst Sylvester II. in vollem Ornate prangt. Die dreifache goldene Krone, die er ehemals trug, fehlt ihm jedoch; ein protestantischer Friese hat sie ihm im vorigen Jahrhundert vom Haupte genommen mit den Worten: „de Paabs mag keene Krone in unsre Kark ophebben." An jede dieser beiden, der Gottheit zunächst gestellten Figuren reihen sich sechs Apostel, und in der Mitte unterhalb sitzt in einer Nische ein kleines nacktes Leidensbild des Erlösers, das schwerlich die Frömmigkeit selber ohne ästhetischen Schauder betrachten kann.

 

Weit mehr Kunstwerth als diese Zierde des Altars hat die aus dem Anfang des siebzehnten Jahrhunderts stammende Schnitzarbeit der Kanzel, Scenen aus der biblischen Geschichte darstellend.

 

Und da hier somit die Sehenswürdigkeiten dieser Kirche aufgezählt sind, so darf ein seitwärts vom Altare befindlicher, zu einem Becken ausgehöhlter großer Granitstein nicht unerwähnt bleiben. Die rohen, auf demselben ausgehauenen Figuren, welche der heiligen Geschichte des Christenthums nicht angehören, deuten darauf hin, daß dieser zu einem Taufbecken bestimmte Stein ehemals dem Kultus der heidnischen Gottheiten diente.

 

Dürfte man aus den Figuren des Altars mit Grund einen Schluß auf das Alter der Kirche machen, so wäre dieselbe spätestens am Anfang des elften Jahrhunderts erbaut, als der mächtige Sylvester Rom zum Mittelpunkt geistlicher wie weltlicher Herrschaft erhob. Es ist jedoch mehrfach die Behauptung ausgesprochen, daß nur ein Theil des Kirchenfundamentes in ein so hohes Alter reicht, und daß der jetzige Altar aus einem ältern Gebäude gerettet ist, wobei immer noch denkbar bliebe, daß es die Nachgebornen des mächtigen Papstes waren, die ihn zum Zeichen ihrer Verehrung dem Gott Vater zunächst gestellt haben..."

 

Eine genaue Erklärung aus heutiger Sichtweise finden Sie weiter unten auf dieser Seite.

Ein besonderes Highlight: Hier finden Konzerte bei Kerzenschein statt. Die Orgelpianistin begrüßt jeden Einzelnen schon im Foyer, hält noch eine kleine Rede zur Erläuterung der ausgewählten „Tänze und Toccaten“. Eine ebenso wilde wie durchdachte Mischung. Es überrascht mich, wie vielseitig so eine Orgel klingt. Leicht, geradezu hüpfend und verspielt, herausfordernd, temperamentvoll, komplex, grollend und anspruchsvoll. Was natürlich auch an den ausgewählten Stücken von Bach bis Piazzolla liegt. Eine musikalische Reise. Vor allem der Argentinier tritt aufregend exotisch in die Nieblumer Kirche. Tango auf der Insel im Wattenmeer. Er führt dich in eine rauchige Hafenbar am Rio de la Plata. In eine der zahlreichen Milongas von Buenos Aires. Noch eine Toccata von Boellmann, und alle kehren zurück ins Hier und Jetzt. Mit strahlenden Augen applaudieren sie der Musikerin und gehen heim.

 
 
 
Das Langhaus der Kirche mit einer einfachen Holzdecke
 

Die Innnenausstattung der St. Johannis Kirche ist optisch durch die Verputzung in weißer Farbe bestimmt. Die Grenze zwischen dem großen Langhaus und dem in vorreformatorischer Zeit den Geistlichen vorbehaltenen Ostteil der Kirche mit Chor und Altarraum im Apsisbereich wird durch einen Chorbogen markiert. Das Langhaus der Kirche ist mit einer einfachen Holzdecke versehen, während die Decken der östlichen Bauteile der Kirche gewölbt sind. Nach dem Einsturz des Vierungsgewölbes im Schnittpunkt zwischen Lang- und Querhaus wurden die Bögen und ihre Vorlagen deutlich verstärkt. St. Johannis Kirche verfügt bis heute über eine für Inselverhältnisse recht prächtige Innenausstattung. Im Jahr 1974 wurden die Gewölberippen und Gewölbescheitel entsprechend vorgefundener Farbmuster wieder in den Originalzustand erneuert. Den Besuchern bietet sich eine zurückhaltende aber deutliche Strukturierung der Innenansicht, die Raumwirkung bezieht einen Hauptteil ihrer Kraft aus der sparsamen Farbverwendung in gedeckten Erdtönen auf weißem Untergrund. Alle plastischen Bögen sind mit langstieligen vierblätterigen Blumen verziert.

Die Bestuhlung besteht ebenerdig im Langhaus aus zwei Bankblöcken mit Mittelgang. Die Aufnahmekapazität des Kirchenhauses wurde durch eine eingezogene Empore auf der südlichen Seite des Langhauses vergrößert. Die Gottesdienste in evangelischer Tradition mit ausführlichen, langen Kirchenmusikeinlagen verlangen nach bequemen Sitzplätzen für alle Besucher des Gottesdienstes. Um diese Nachfrage zu befriedigen, wurden im Laufe der Zeit durch Einbau von Emporen weitere Kirchenbänke geschaffen. Ausserdem wurden die Nebenaltäre aus vorreformatorischer Zeit dann entfernt. Die Empore an der Nordseite des Langhauses wurde genauso wie die Orgelempore, die um 1660 eingerichtet wurde, auf eisernen Stützen gestellt. 

Querschiff

 
 

Logen

In Nieblum sind in der mittelalterlichen einschiffigen Kirche mit Kastenchor, Apsis und Querhaus hochgesetzte Logen erhalten geblieben. Eine Eckloge befindet sich, der Kanzel gegenüber, an der nördlichen Chorwand beim Vierungsbogen. Ihre Ausmaße erstrecken sich über sieben Achsen in der Länge und zwei in der Breite. Von Osten führt eine steile Treppe hinauf. Die ansonsten schlichte Fassade verfügt über versenkbare Fenster.

---dreieck Die Loge an der Nordseite des Chors mit sieben Fenstern aus dem 18. J h. war früher für wohlhabende lnsulaner reserviert. Darunter steht ein sogenannter Pastorenfrauen-Stuhl (17. Jh.). denn die Frauen der Föhrer Pastoren hatten in der Kircher ihre gesonderten Plätze.

 
 
 

---dreieck Eine weitere, zweigeschossig ausgebaute Loge hat ihren Platz an der Langhaussüdwand neben der Kanzel. Ihre Maße betragen sechs mal zwei Achsen. Das Untergeschoss ist an der Hauptfront über die östliche Achse zu betreten und zum Obergeschoss führte noch 1935 ein Gang zur Westempore. Die Fassadengestaltung des Untergeschosses zeigt schlichte Brüstungsfelder und in der Fensterzone Rundbogen. Im Obergeschoss sind die Brüstungsfelder mit Marmorierung und weiterer Malerei verziert, darüber hinaus zeigt eine Kartusche das Monogramm ER und die Jahreszahl 1772. Die Fensterzone ist mit versenkbaren Fenstern ausgestattet, ein Aufsatz in der Mitte zeigt zwei Medaillons mit Monogrammen, darüber die Jahreszahl 1791 gerahmt von C-Kurven und Schleifen. 

Steedengriepen

 

In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg füllten sich die Kirchenbänke jeden Sonntag bis auf den letzten Platz. 1069 Sitzplätze soll St. Johannis in Nieblum einmal gehabt haben. Wohlhabende und angesehene Familien hatten ihre eigenen, erblichen Plätze, die auch verkauft oder versteigert werden konnten und bei Geldgeschäften sogar als Sicherheiten dienten. Wer auf einem repräsentativen Platz während des Gottesdienstes sitzen wollte, musste zahlen: in St. Johannis für die erste Reihe nächst dem Gang 600 Mark, für die dritte Reihe nächst dem Gang 356 Mark. Zum Vergleich: Eine gute Kuh kostete zu dieser Zeit 42 Mark! Wer keinen festen Platz auf der Kirchenbank besetzen konnte, musste sich jedes Jahr eine Stelle/Steede aus dem Beutel greifen/griepen. Beim Steedengriepen, das in Anwesenheit des Pastors, Kirchenvorstands und Kirchendieners sowie vieler Gemeindemitglieder stattfand, wurde der nummerierte Platz mit der entsprechenden Kirchenbankgebühr auf dem gezogenen Zettel mitgeteilt. Es gab nur dieses eine Steedengriepen. Unzufriedene hatten eben Pech. Da konnte es schon mal vorkommen, dass ein besser situiertes Gemeindemitglied sich mit einem zusätzlichen Geschenk doch noch einen der besseren Plätze sichern konnte, den ein anderer gezogen hatte. Wenn endlich alle Steeden vergeben waren und die Kirchenmänner ihr Mittagessen verzehrt hatten, war der offizielle Teil abgeschlossen und es begann der gemütliche Teil, auf den besonders die jungen Leute schon seit Jahrmarkt warteten: das Tanzen.

 

Quelle: Karin de la Roi-Frey „WIR INSULANER“ 2011

Relief-Figuren

Die Bühne im nördlichen Querhaus kam im späten 18. Jahrhundert dazu, wodurch sich die Kapazität dort verdoppelte. Links und rechts an den Säulen sind mit dem Heiligen Michael und der Heiligen Katharina 2 von insgesamt 7 Relief-Figuren zu sehen.

 
 

---dreieck Die Figuren sind in zwei Gruppen geteilt: Die Apostel Petrus und Paulus aus dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts sind am nördlichen Chorbogen zu finden, eine Gruppe mit drei Frauendarstellungen (die Heilige Barbara, die Heilige Maria mit Kind und die Heilige Dorothea) sind an der Westwand des südlichen Querschiffs angebracht, der Heilige Michael befindet sich nördlich am Bogen zwischen Vierung und Langhaus. Eine Heilige Katharina steht schließlich östlich am Bogen zwischen Vierung und südlichem Querschiff und stammt etwa aus dem Jahr 1520.

Im Südquerarm der Kirche findet man wunderschöne spätgotische Schnitzfiguren aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts (von links: die heilige Dorothea, Maria mit dem Kind und die heilige Barbara)
 
 

Orgel

 
 

---dreieck Blick vom Altarraum auf die Orgel: Sie wurde 1838 auf einer 1660 eingezogenen Orgelempore eingerichtet. Die zeitgenössische Erweiterung erfolgte 1976 bis 1978 mit 33 Registern und vier Werken und kostete 380.000 DM. Der Orgelbaumeister war Detlef Kleuker, der 1988 starb. Die herstellende Firma hat ihren Sitz im Bielefelder Ortsteil Brackwede.

Taufstein

---dreieck Am Anfang steht der Taufstein. Das gilt zeitlich. Um 1200 wurde er aus einem Granitblock geschlagen. Vielleicht von einem Steinmetz, der aus der Lombardei zum Dombau nach Schleswig gewandert war. Jedenfalls stand der Taufstein schon im kleineren Vorgängerbau der Nieblumer Kirche. Dort wie in dem neuen, größeren Bau stand er wohl auch räumlich am Anfang. Ungefähr dort nämlich, wo jetzt der große Tisch steht, im Eingangsbereich. So wie die Taufe der Eingang war in die Gemeinschaft der Heiligen. Ungetauft kam niemand am Taufstein vorbei und in die Kirche hinein. Die Taufe war notwendig für das Heil und das Leben. Davon erzählen die Darstellungen, die der Steinmetz in den Granit meißelte.

 
 

---dreieck Das romanische Granit-Taufbecken, aus einem Findling herausgearbeitet, ist das älteste Inventarstück der Kirche und wurde um 1200 gearbeitet. Er gehört kunsthistorisch zu den wichtigen Arbeiten der Romanik im norddeutschen und skandinavischen Raum. Die mächtige Kuppa, die Höhlung zur Aufnahme des Taufwassers, sitzt auf einem ovalen, geschrägten Sockelstein. Der Stein ist außen mit zwei Szenen figürlich ausgeführt: Ein Ritter greift ein Mischwesen, halb Löwe, halb Schlange an, das seinerseits einen Menschen, der sich an einem Baum festklammert, bereits zur Hälfte verschlungen hat. Auf der gegenüberliegenden Seite des Steins fallen zwei Löwen über einen Menschen her, der wiederum auf einem Ungeheuer sitzt. Gegenstand beider Darstellungen ist der Kampf des Guten und des Bösen um die Menschenseele. Der Lebensbaum und der Ritter symbolisieren die Mächte des Guten, die diesen Kampf nur mit Hilfe der Taufe auf den dreieinigen Gott zu einem siegreichen Ende bringen können. Die archaische Symbolik, verbunden mit der kunstvollen Darstellung auf knapp bemessenem Raum der Oberfläche des Taufsteins, wird einen bleibenden Eindruck nicht nur auf zeitgenössische Gottesdienstbesucher haben. Ähnliche Taufsteine wurden auch in Kirchen auf dem Festland vorgefunden. An einigen davon konnten Farbreste festgestellt werden, so dass nicht auszuschließen ist, dass auch der Nieblumer Taufstein ursprünglich bemalt gewesen ist. Ursprünglich wurden die Täuflinge unter Anrufung Gottes, Christi und des Heiligen Geistes dreimal in die in der Regel mit Bleiblech ausgekleidete Höhlung des Steins getaucht. Eine neue Kirchenordnung in Gebiet Schleswig-Holsteins änderte diese Praxis: ab dem Jahr 1542 war nur mehr ein dreimaliges Begießen des Kopfes vorgesehen, was zur Folge hatte, dass eine Taufschale in die Öffnung des Taufbeckens eingehängt wurde, die wesentlich weniger Taufwasser aufnehmen musste. Diesen Dienst versieht bis heute eine Taufschale aus dem 17. Jahrhundert, die mit Hilfe einer Haltevorrichtung in den Taufstein eingehängt wird.

---dreieck Links neben dem Taufstein - in der Nische über dem Klavier - erzählt ein kleines Bild von der Taufe der Frederike Nielsen im Jahr 1824. 

---dreieck Das Mädchen ist die Tochter von Birkvogt Nielsen, der für den König den dänischen Westteil von Föhr verwaltete. Als Taufpate ist Frederik VI. selbst dabei. Er ist Zeuge, wie der Pastor dem Kind dreimal Wasser über den Kopf schöpft und ihm die Hand auflegt und es segnet.

 
 

---dreieck "Besiege das Böse!" Der Taufstein in St. Johannis auf Föhr erzählt dazu seine eigene Geschichte: Ein Ungeheuer ist darauf zu sehen. Das verschlingt gerade einen Menschen. Der hält sich mit allerletzter Kraft und seinen Armen an einem Baum fest. Er scheint verloren. Aber die Rettung ist auch schon da. Neben dem Monster hat einer das Schwert erhoben. Gleich wird er dem Ungeheuer den Kopf abschlagen. Dann ist der Mensch gerettet. Das Böse ist schon längst besiegt. So erzählt es der Taufstein. Wenn du getauft bist, hat das Böse keine Macht mehr über dich. Dann bist du erlöst von dem Bösen."

Ausschnitt der Predigt zum Gottesdienst am Sonntag, 5. Juli 2020

Das romanische Granit-Taufbecken besteht aus einem Findling und ist, aus dem Jahr 1200 stammend, das älteste Inventarstück des Friesendoms.

Figur "Johannes der Täufer" - Sieg über Herodes

 
Johannes der Täufer siegt über Herodes: Aus dem 15. Jahrhundert stammt die einzigartige Darstellung des Täufers. Aus Holz geschnitzt und anschließend bemalt steht der Namenspatron der Kirche überlebensgroß am Südfenster des Chorraumes.
 

---dreieck Der Namenspatron der Kirche ist den Gottesdienstbesuchern in Form einer Holzplastik gegenwärtig, die in der Südostecke des Chors aufgestellt ist und mit einer Größe von 2,75 Meter den Kirchenraum beeindruckend dominiert. Sie steht auf einem Steinsockel und ist zurückhaltend farbig ausgeführt. Die Bemalung stammt von einer Restaurierung aus dem Jahr 1980, wobei auf vorgefundenes älteres Farbschema zurückgegriffen wurde. Johannes steht mit Bibel und Lammfigur predigend auf dem Rücken eines kleinen Manns, der als König Herodes identifiziert wurde. Johannes erhebt sich demzufolge sinnbildlich auf Grund seines Wirkens übermächtig über den Mann, der ihn nach biblischer Überlieferung hinrichten ließ. Der Eindruck einer etwas ungelenken Handhaltung rührt daher, dass an der Figur spätere Attribut-Ergänzungen vorgenommen wurden, die ursprünglich vom Künstler nicht vorgesehen waren. Bibel und Lammfigur, die für Jesus Christus steht, wurden später ergänzt; der Kreuzstab, den Johannes ursprünglich führte, fehlt. Das Werk stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts.

Epitaph Ingwer Siewertsen (Jacobs)

 
 

"Über dem Predigerstuhl steht ein Epitaph, welches, aus Königsbüll im alten Nordstrand stammend, 1634 in der Kirche aufgestellt wurde. Die Annahme, es sei dies Epitaph hier angeschwemmt, ist irrig. Nach einem alten merkwürdigen Buch, dessen Titel fehlt, und das sich im Besitz des Herrn Deichvogts P. E. Peters in Oevenum befindet, werden in den Personalien der am 31. August 1664 entschlafenen „Haufs-Ehre“ des wohlverordneten Pastoris Laurentii Jakobi zu St. Johannis u. a. folgende Angaben gemacht:

 

„Ihre Mutter Binne Pavens ist gebohren in dem damals herrlichen fruchtbahren Eylande Nordstrand, im Kirchspiel Königsbüll, auch von ehrlichen und vornehmen Eltern, ab Ingver Sivertsen und Frau Ingvers. Welche nach Absterben ihres gewesenen Ehewirthes demselben Anno 1613 ein herrlich Epitaphium hat setzen lassen, welches nach der hohen Wasserfluth, 1634, durch welche Heuser und Kirchen leider ruiniret, mit Consens der Obrigkeit aus der Kirchen zu Königsbüll abgenommen, und in unserm Chor wieder gesetzt worden.“

 

Quelle: 

Die nordfriesischen Inseln, Sylt, Föhr, Amrum und die Halligen vormals und jetzt -
Mit besonderer Berücksichtigung der Sitten und Gebräuche der Bewohner. 
bearbeitet von Christian Jensen, HAMBURG 1891. 

 
 

---dreieck Das Epitaph Ingwer Siewertsen (Jacobs) von 1613 wurde 1634 aus der untergegangenen Kirche von Königsbüll auf Alt-Nordstrand hierher überführt.  Das Nachrufbildnis  wurde nach dem Verlust der Kirche infolge der Zweiten Manndränke 1634 nach Nieblum gebracht und ist heute an der Ostwand des südlichen Querschiffs zu finden. Der geschnitzte, üppig mit Doppelsäulen, Roll- und Beschlagwerk dekorierte Architekturrahmen (der Unterhang fehlt) stammt aus der Werkstatt des Heinrich Ringering in Flensburg und zeichnet sich durch die gut erhaltene ursprüngliche Farbfassung aus. 

 
 

---dreieck Das Hauptbild, eine gemalte Darstellung der Anbetung der Hirten mit der Stifterfamilie in vornehmen spanischen Kostümen am unteren Bildrand, wird Marten von Achten aus Garding zugeschrieben, desgleichen die kleine Verkündigung an Maria im Aufsatz.  

Verkündigung an Maria im Aufsatz

Restaurierung: Das Epitaph Jacobs stammt aus der ehemaligen Kirche von Königsbüll auf der untergegangenen Insel Strand. Nach der großen Flut von 1634 ist das Bild in die Kirche gekommen. Wahrscheinlich ist schon damals einiges verloren gegangen. Der Unterhang wurde nie gefunden. Sehr störend war eine fehlende Engelfigur. Zum Glück ist diese Figur 1935 fotografiert worden, so dass mit Zustimmung des Denkmalamtes eine Replik angefertigt werden konnte.  

 
 
 
 
 

Votivschiff

Trotz der Kälte draußen ist es in der Kirche angenehm warm. Hinzu kommt die nordische Note mit friesisch blauen Bänken, zwischen dem Kalk durchblitzender Backstein und einem in der Luft schwebendem Schiff, das auf die Seefahrervergangenheit der Föhrer hinweist. "Votivschiffe" hängen in vielen Kirchen der Küstenregion. Sie sind ein Dank der Seefahrer für glückliche Heimkehr.

▲ Das Votivschiff mit dem Namen VERTROUWEN (Vertrauen) in der St. Johanniskirche. Votivschiffe leiten sich aus dem lateinischen "ex-voto" ab, "votum" bedeutet "Gelübde". Angelehnt an die katholische Tradition der Bitt- und Dankgaben, den „Votivtafeln“, die man vor allem in Kirchen in Süddeutschland findet, wurden „Votivschiffe“ von Kapitänen/Schiffseignern für die Heimatkirche gestiftet. Die typische Geschichte hinter einem Votivschiff ist eigentlich, dass ein Seemann sich auf hoher See in höchster Not befindet und Gott verspricht, ihm ein Schiff zu schenken, wenn er diese Notsituation überlebe. In der nächsten Kirche, die er erreicht, oder in seiner Heimatkirche stiftet der Mann dann tatsächlich ein solches Schiff. Dieser Brauch ist rund um das Mittelmeer verbreitet gewesen. Man kann in Spanien und Portugal, Griechenland und Italien auf Votivschiffe stoßen. Dieser Brauch ist dann nach Mittel- und Nordeuropa übernommen worden. Allerdings fehlt die oben skizzierte Geschichte in aller Regel. Im evangelischen Einzugsbereich ist das aufgehängte Schiff mehr Schmuck und Zierde, oftmals weil eine Person oder ein Verein sich verewigen möchte, weil man an bestimmte Personen oder Ereignisse erinnern will. Insofern sind diese Schiffe streng genommen keine Votivschiffe, werden aber auch dort zumeist als solche bezeichnet. In Dänemark spricht man, leicht missverständlich, vom "Kirchenschiff" (kirkeskib), auch von "Schmuckschiffen" oder "Schiffsmodellen in Kirchen" ist zuweilen die Rede. In Deutschland finden sich die meisten Schiffe natürlich an der Küste, in Mecklenburg-Vorpommern sind es fast 50, in Schleswig-Holstein ebenfalls.

Das Votivschiff mit dem Namen VERTROUWEN (Vertrauen)

Confitentenlade

Confitentenlade aus dem 18. Jahrhundert

---dreieck Eine Confitentenlade ist ein Ausstattungsstück in norddeutschen evangelischen Kirchen, das bis Anfang des 20. Jahrhunderts in Gebrauch war. Sie besteht aus einer Holzlade mit Einwurfschlitzen. Hier konnten die Gemeindemitglieder der einzelnen Dörfer, die zu einem Kirchspiel gehören, Zettel mit ihrem Namen einwerfen, wenn sie am Abendmahl teilzunehmen wünschten. Voraussetzung für diese Teilnahme war die persönliche Beichte; die Lade ist demzufolge als ein Versuch des Pfarrers bzw. Pastors zu sehen, die Beichtgespräche zu koordinieren. Diese Praxis ist heute in der evangelischen Kirche nicht mehr üblich. Die Beichte wird heute in aller Regel in Form eines gemeinsam gesprochenen Schuldbekenntnisses und in Form der darauf vom Pfarrer folgend ausgesprochenen Lossprechung von den Sünden praktiziert und ist nicht in jedem Fall integraler Bestandteil der Abendmahls-Liturgie.

Spendentruhe (heute genutzt für Spenden zur Restaurierung der Kirche)

Altar

 
 
 

---dreieck Beim Altar aus dem Jahr 1487 handelt es sich um einen fünfflügeligen Marien-Krönungs-Altar im spätgotischen Stil. Der Schreinaltar besitzt bemerkenswerte Ölgemälde auf den Flügelaußenseiten, die Szenen aus dem Leben des Kirchenpatrons Johannes des Täufers zeigen. Aufgeklappt zeigt der Altar insgesamt 16 Figuren aus der christlichen Ikonographie. Im Zentrum steht Maria, die von Christus zu ihrer Linken gekrönt wird. Die Figur des Johannes, des Namenspatrons der Kirche, steht zur Rechten Marias. Der Altar ist wegen der zentralen Stellung Marias als vorreformatorischer Marienaltar anzusprechen. Rechts neben dem krönenden Christus steht, vom Betrachter aus gesehen, ein Papst, wahrscheinlich Silvester I. (314 bis 335) mit Papsttiara. Der Altaraufsatz stammt höchstwahrscheinlich aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts, also zeitlich vor der Reformation, die 1530 auf Föhr eingeführt wurde. Links und rechts schließt sich neben den Hauptfiguren die Darstellung der Apostel an. Die Darstellungsweise des Innenteils orientiert sich an einer überkommenen Bildsprache, während die dem Betrachter nicht sichtbaren Vorderseiten der beiden außen liegenden Flügel zeitgenössisch gestaltet sind. Hier zeigen zwei Darstellungen Szenen aus dem Leben Johannes des Täufers in moderner niederländisch-realistischer Malweise. Auf dem Altaraufsatz ist eine geschnitzte Kreuzigungsgruppe zu sehen. Der Altaruntersatz, die Predella, lässt in der Mitte eine Nische frei, in der in vorreformatorischer Zeit die Monstranz während der Messen gezeigt wurde. Die beiden Gemälde auf dem Altaruntersatz zeigen zwei Szenen aus dem Leben Jesu Christi – die Fußwaschung und das Abendmahl.

---dreieck Die beiden Gemälde auf dem Altaruntersatz zeigen zwei Szenen aus dem Leben Jesu Christi – die Fußwaschung und das Abendmahl.

Christus als Schmerzensmann - Skulptur (15. Jh.) in St. Johannis auf Föhr

Christus als "Schmerzensmann"

Albrecht Dürers Schaffen bildet einen Höhepunkt der deutschen Renaissance. Seine Innovationskraft belegt auch der Karlsruher „Schmerzensmann“, dessen lebendige Gestalt und menschlicher Ausdruck von dem intensiven Naturstudium des noch jungen Künstlers zeugen. Das Werk stellt Christus mit Dornenkrone und den Leidenswerkzeugen dar. Sein Körper ist gezeichnet durch blutende Verletzungen und die Wundmale der Kreuzigung. In einer Art Grabhöhle ragt er hinter einer Steinbrüstung auf. Sein Kopf ruht schwer in der Hand des rechten Arms, den er auf das hochgezogene Knie gesetzt hat. Die Geste ist Ausdruck des Nachsinnens und Trauerns und zugleich ein Zeichen der Erschöpfung Christi, dessen fragender Blick auf uns gerichtet ist. Das Bild stellt keinen bestimmten Augenblick in der Leidensgeschichte dar, sondern verweist auf die gesamte Passion und die Auferstehung. Das Bild (Tafelmalerei) wird datiert auf die Jahre 1493 / 1494 / 1498 / 1499. Technik: Goldgrund, Tannenholz, Maße: 30 x 19 cm

 

Bereits um 1340 schuf Pietro Lorenzetti seinen „Christus als Schmerzensmann“, Tempera auf Holz, 35,3 × 26 cm: Der tote Christus erscheint als Halbfigur in einer gemalten Rahmennische – den Kopf seitwärts gesenkt, Augen und Mund leicht geöffnet, die herabhängenden Hände vor dem Leib verschränkt. Blut fließt aus den Wundmalen auf den Handrücken und zwischen den rechten Rippen.

 

Eine Holzfigur aus dem 15. Jahrhundert findet man auf dem Altaruntersatz.

 
 

---dreieck In geöffnetem Zustand zeigt der Flügelaltar im Zentrum Maria und Christus. Die Mutter Jesu hält die Augen andächtig geschlossen und die Hände zum Gebet zusammengelegt, während Christus mit der goldenen Krone aus lauter Kreuzen und der Weltenkugel in der linken Hand ihr die Himmelskone aufsetzt.  Links neben Maria ist der Patron der Kirche - Johannes der Täufer - dargestellt. Die Figur rechts neben Jesus zeigt vermutlich Papst Silvester I (Amtszeit 314-335). 

 
 
In einer Wandnische links neben der Apsis befindet sich der Sakramentsschrank aus dem Jahre 1487, ein reichgeschnitzter Schrank zur Aufnahme der Abendmahlsutensilien
 
 

---dreieck In einer Wandnische links neben der Apsis befindet sich der Sakramentsschrank aus dem Jahre 1487, ein reichgeschnitzter Schrank zur Aufnahme der Abendmahlsutensilien. Die Schreibweise der Jahreszahl weist eine Besonderheit auf, nämlich bei der Vier. Sie ist wie eine Schlaufe dargestellt, wobei es sich um eine „halbe Acht“ handeln soll, die für eine „Vier“ steht. Im europäischen Mittelalter war die Schreibung als halbe Acht gängig. Der Begriff Tetraphobie bezeichnet die abergläubische Angst vor der Zahl 4, die noch heute - besonders im ostasiatischen Raum- weit verbreitet ist. Ein ähnlicher Aberglaube war und ist in einigen Teilen Europas verbreitet. In Italien z.B. wird der Zahl 4 dort zum einen nachgesagt, sie symbolisiere einen Sarg, und könne somit Unglück bringen; zum anderen stehe sie für „das Geheimnis von allem und nichts“. Wie dem auch sei: Zu bedenken ist, dass wir uns in der Epoche zwischen Mittelalter und Neuzeit befinden. Als Wendepunkte gelten unter anderem die Entdeckung Amerikas 1492 und die Reformation ab 1517.

 
 
 
 
Inselposaunenchor: Jeden Mittwoch um 19.30 Uhr findet die Probe des Inselposaunenchors statt.

Kanzel

 
 

---dreieck Die Kirche verfügt über zwei Kanzeln. Die ältere der beiden liegt ebenerdig im südlichen Chor gelegen und ist sehr schmucklos. Der herausragenden Bedeutung der Predigt in der evangelischen Liturgie entsprechend, wurde 1618 eine Schmuckkanzel im Stil der Renaissance in Form einer kleinen Empore am Ende des südlichen Langhauses vor dem Querhaus eingerichtet. Die Position der Kanzel garantiert allen Gottesdienstbesuchern sowohl im Lang-, als auch im nördlichen Querhaus freien Blick auf den Pastor und gute akustische Bedingungen. Diese zweite Kanzel wurde von Herzog Friedrich von Schleswig und Holstein, Präfekt van der Wisch von Tondern, Propst Johannes Mauritius von Tondern und Jacob Boetius (Pastor der Gemeinde von 1604–1629) gestiftet und zeigt die Heilsgeschichte Jesu Christi. Sie ist aus der Werkstatt von Heinrich Ringerink aus Flensburg, woher mehrere gleichartig gebaute Kanzeln im norddeutschen Raum stammen. Die gearbeiteten Flachreliefs mit Szenen aus dem Leben Jesu Christi wurden in der Werkstatt vorgefertigt und gemäß der Bestellung des Auftraggebers nachträglich in die hierfür offen gehaltenen Wandfelder der Kanzel geklebt.

Die Mitte des Darstellungszyklus nimmt die Taufe ein, die Johannes an Jesus Christus vollzieht – angesichts der reservierten Haltung, die die evangelische Tradition den Patronatsheiligen entgegenbringt, eine immerhin bemerkenswerte Hervorhebung des Namensgebers der Kirche. Die dargestellten Szenen werden am Sockel und am Schalldeckel der Kanzel durch Bibelzitate in niederdeutscher Sprache kommentiert. Die Pilaster zwischen den Flachreliefs sind mit Abbildungen der Apostel versehen. Engelsgesichter, Zapfen und Fruchtdarstellungen runden den Schmuck der Kanzel ab.

 
 

---dreieck "Die Kanzel: 1618, im Jahr, als der 30jährige Krieg begann, kam sie in die Kirche. Gestiftet von Herzog Friedrich von Schleswig und Holstein, vom Präfekt und vom Propst von Tondern – und von Pastor Jacob Boetius, der als erster von ihr predigte. Dabei predigt die Kanzel schon selber. Sie erzählt die Geschichte von Jesus Christus. Von dem Augenblick, in dem der Engel Maria sagt, dass sie schwanger wird, bis zum Augenblick, als Jesus in einer Wolke zum Himmel aufsteigt. Sie erzählt aber auch vom Sinn der Taufe. Notwendig ist sie, weil am Anfang die Sünde steht. Jeder Mensch erbt von Adam und Eva die Lust daran, das zu tun, was ihm selber gefällt, statt nach Gottes Willen zu fragen. Also zeigt das erste Bild, wie Eva und Adam die Frucht vom Baum der Erkenntnis teilen. Der Mensch, wie er ist, lebt nicht nach Gottes Willen. Er muss sich ändern. „Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe!“, sagt deshalb Johannes. Das sieht selbst Jesus so und lässt sich von Johannes taufen – wie so viele andere Menschen, die spüren und zeigen wollen, dass sie auch anders können: So, wie es Gott gefällt. Und wie es ihnen selber gut tun wird: Am Ende, erzählt die Kanzel im letzten Bild, wird über den Menschen Gericht gehalten. Jesus sagt: „Was ihr für einen meiner Brüder oder eine meiner Schwestern getan habt – und wenn sie noch so unbedeutend sind –, das habt ihr für mich getan.“ Und je nachdem was ihr getan habt, stehen am Ende Himmel oder Hölle."

                                                                                                                                                                                                   

Pastor Philipp Busch, Nieblum

"Uns ist heute der Heiland geboren,
der da ist Christus der Herr in der Stadt David".

"Das ist mein lieber Sohn,
an dem ich ein Wohlgefallen habe.."

"Er ist um unserer Gerechtigkeit Willen auferweckt
und in die Höhe gefahren und hat das Gefängnis verlassen."

Die Inschriften an der Kanzel wurden in plattdeutscher Sprache verfasst. Hier ein Auszug der Weihnachtsbotschaft aus dem Lukas-Evangelium im Neuen Testament. "Uns (Euch) ist heute der Heiland geboren, der da ist Christus der Herr in der Stadt David". Lukas 2:11
Die Kanzel von 1618: Sie hat die Form einer kleinen Empore, deren Mitte dreiseitig vorspringt. Eine strenge architektonische Gliederung durch Pilaster, breiten Sockel und Gebälk in antiker Form fasst Felder ein, in denen unter Bogenstellungen Flachreliefs die Heilsgeschichte Jesu Christi vor Augen führen. Über dem Aufgang steht noch heute die Jahreszahl und darunter die Namen der Stifter: Herzog Friedrich von Schleswig und Holstein, Präfect van der Wisch von Tondern, Propst Johannes Mauritius von Tondern und Jacob Boetius (Boysen), Pastor der Gemeinde von 1604 -1629.

▲ Illustriss dno dno Friderico Schlesv. et Hols. duce Nobilissimo Hansio van der Wisch Präfecto (Herzog Friedrich von Schleswig und Holstein, Präfect van der Wisch von Tondern) und Reverendo Domino Iohanne Mauritio Prae Positot (Propst Johannes Mauritius von Tondern) und Domino Iacobo Boetio huius ecclesiae (Jacob Boetius (Boysen), Pastor der Gemeinde von 1604-1629) Pastore hefft de christlike Gemene tho disser Karcken dissen Predichstoel tho Gades Ehre gegeven.

 

Alte Grabplatten im Friesendom

Die ältesten und schönsten Grabplatten sind innerhalb der Kirche in einem separaten Raum zu finden.

 
 

---dreieck CHRISTO MORTIS DOMITORI. S. HIC CORPUS CADUCUM RELIQUIT ANIMA COELO REMISSA VIR PL REV DN JACOBUS LYRA NAT, GILDERSHEMIAE IN DUC GRUBENHAGIO A MDCXXIXD 28 OCT _ . UI, DE IN ECCLESIAE PER XV A DIACON› PER XIII A PASTOR FIDELISSIM› ET MINIST FOR SENIOR PSA PROBITATIS IDEA CONSTANTIAE IMAGO EXACTUM BONI PASTORIS EXEMPLUM GESSIT HONORES NON UT ORNARETUR SED UT ORNARET INTOLERABILIS NULLIS NISI QUI TOLERARI VEL NON POTERANT VEL NON DEBEBANT MULTA PAUCIS ACCIPITE VIXIT PROFUIT DEO ECCLESIAE CONSUMPT› TANDEM LABORIB› MORBISQUE . _ . RTU› EST JUSTORUM MORTE A MDCLXXXVI D XII DEC EXPLETIS ANNIS VITAE LVII HEBD VI D 3 EXSAN GUI EI, DEM LATERI HIC J UNCTUM EST GELIDUM CORP› CONJUGIS QUONDAM CONJUNCTISSIMAE ELISABETAE LYRAE QUAE JESSENIA NATA BREDSTADII A MDCXL D 23 JUN POSTAE LIBERORUM VII MATER FELICISSIMA PIETATIS CASTITATIS FIDEI ALIARUMQUE VIRTUTUM LUMINA MULTIS SUO EXEMPLO PRAETULIT OBIIT MORTEM PLACIDAM ET BEATAM A MDCCVIII D 8 MAII AETAT LXVIII SECUTAQUE EST LIBEROS FESTINO FATO PRAEREPTOS E L I S AB E TA M NATAM A MDCLX D XIII NOV DENATAM A = LXI D 28 F JOHANNEM N. A. MDCLXII D XV MART DEN. EOD A ET MENSE D 22 JACOB UM N. A. MDCLXIX D. 14 AUG DEN. A. MDCLXXIII D 9. APR. QUORUM QUOD MORTALE FUIT HIC EST DEPOSITUM SED BREVI EX CINERIB, IN GLORIA RESURGET. _ . . ATAE SANCTISSAE ET COELESTIB› DELICIIS FRUIMINI DONEC IN VERE NOVISSIMO ET IAM CORPORUM VESTRORUM EXUVIAE REVIRESCANT.

Grabplatte von Conrad Hollmann, Pastor von St. Johannis

▲ Die ältesten Grabsteine geben Zeugnis vom Leben der Insulaner

In der Kirchengemeinde St. Johannis ist es um 1570 ein offenes Geheimnis. Pastor Johann Klinker verträgt sich nicht mit seinem Diakon Conrad Hollmann, der ihm „immer zuwieder“ ist, also gegen ihn handelt, spricht und ihm widerwärtig ist. Klinker verlässt 1578 die Pfarrstelle und soll seinen Nachfolger später „zu Tode karnüffelt“ (gequält) haben. Das ist eine Legende. Tatsache aber ist, dass ein Sohn Klinkers den als „geitzig, eigensinnig“ beschriebenen Hollmann auf der Vogeljagd trifft und ihn mit dem Gewehrlauf schlägt. Für 22 Jahre ist Conrad Hollmann Pastor von St. Johannis, bis 1600 „de erbar und wolgelahrte ... sines Olderns 65 Iar“ stirbt. Sein Grabstein ist heute der älteste bekannte auf den Inseln Amrum und Föhr. Er befindet sich in der Kirche und zeigt einen ruhig verharrenden Mann mit Vollbart und dem typischen Mühlsteinkragen über dem Mantel, der in würdiger und gesetzter Haltung die Bibel vor der Brust hält.

 

Quelle: Karin de la Roi-Frey  

▲ A. M. A. D. (Grabstein des Conradus Holmann, früher liegend im Altarraum)

Darunter: AND R. _ CO RVINUS APENRADENSI1698 D. _ FEBR ELECT 1726 U. VIXIT _ _ ANNOS HIC _ _ .NTIS DN DOM AD _ _ _ MORTEM 1727 D 22 OCT FILIUS EUS _ _ THIANTIS

…….Prediger auf Nordmarsch sind gewesen: Petrus Demer, aus dem Rehdingerlande, kam von der Hooge nach Nordmarsch 1581, - war hier bis 1595 – Nicolaus Klinker, v. 1595, kam nach der Gröde. – Johann Klinker, war erst zu Ladelund, dann zu St. Johannis und zu St. Laurentii auf Föhr, an dem letzten Orte 1598 abgesetzt. Über der Thür der alten Kirchen auf Nordmarsch sollen die Worte gestanden haben: „Herr Johann Klinker de seelige Mann hest hier de erste Predigt gedahn in diesse nieuwe Karke 1599“. War hier ungefähr 17 Jahr. - Henrich Bonenberg, aus Krempe…….

Hier ruhen die Gebeine der Gottseligen Frauen Anna Jessens

 
 

▲ Hier ruhen die Gebeine der Gottseligen Frauen Anna Jessens. Geborn in Bordlum Ao 1650 19 Martii hat sich zum erstenmal ehelich eingelassen Ao 1670 mit Her: Johannes Jessen erbgesessen auf Suder Hauss und mit ihm gezeugt eine Tochter die annoch lebende Fr: Hanna Margeretha Lyra nachdem sie 7 Iahr in Witwenstande gelebet hat sie sich zum andern Mahl vertrauet Ao 1677 an Her Naamaunus Jessen Pastoren zu Rendsburg und nach seinem Tode im 23 jarigen Witwenstande unter vielem Creutze ihr Leben in Goting beschlossen Ao 1735 d. 4. Jan ihres Alters 85 Jahr weniger 9 Wochen.

Erheb dich nicht verzag auch nicht
An KindesKindern und dero KindesKindern hat sie gezelet 42 Selen.

 
 

▲ ANNO 1618 2 DECEMB OBIIT. ERDUS . . VIR DN HENNING . (IVS) . HAGGE HUSENSIS AETATIS.. DIACON A TUS VERO HUIUS ECCLESIAE!

Gleichfalls ruhet allhier sel:

H. Wircke Jacobsen in die 4 Jahr gewesener Organist
gebohr 1710 d 16 Jun: gestorb. 1734 dz 11 Aug.

G. S. S. S. G.

 

Henning Hagge (Hayze), ein Diakon dieser Kirche

▲ Grabplatte (260) aus  gelbgrünlichem Muschelkalk mit Evangelisten-Symbolen in den Ecken, Taufe, 2 Wappenkartuschen

 

...ETDOC..M.O. .M O RICHARDUS FORENS Z D0 SUI IN HAC ECCLESIA PASTORAT 9 AETATIS AUTEM 35 ANNO IN DNO OBD .

 

Magister Otto Richardi (Ocke Rörden, Ocke Rauerts, Otho Richardus), Sohn des Schmackschiffers Rörd Arfsten in Midlum, wird Pastor zu St. Johannis. Er stirbt 1603 im Alter von 35 Jahren, wird nicht auf dem Friedhof, sondern vor dem Altar von St. Johannis beigesetzt. 

 

geb. 1568 in Midlum, gest. 10.08.1603, Grabstein Nr. 260

25.09.1594 Magisterexamen in Wittenberg

1594 – 1597 Diakon in St. Johannis, Nieblum, Föhr

1597 – 1600 Pastor in St. Nicolai, Boldixum Föhr,

1598 Heirat mit Drude Mauritius Boetius (Vater: Bernhard Mauritius Pastor in Eckernförde)

1600 – 1603 Hauptpastor in St. Johannis, Nieblum, Föhr

 

1597 bekam die Gemeinde St. Nicolai den Pastor Otto Richardi, der von der Insel Föhr stammte, er hieß eigentlich Ocke Rörden, oder richtiger Ocke Rauerts. Er war der älteste Sohn von Rauert Arfsten, Schmackschiffer, Kaufmann und Ratmann aus Midlum, dieser war 1612 einer der reichsten Männer auf Osterland-Föhr und errichtete das erste Packhaus in Wyk. Die Grabsteine von Rauert Arfsten und Ehefrau stehen heute beim Carl Haeberlin Friesenmuseum in Wyk. Otto Richardi wurde nach drei Jahren an die St. Johannis Kirche berufen. Hier wirkte er von 1600-1603. Die Pastoren reichten das Amt manchmal weiter, vom Vater an den Sohn, Enkel und Schwiegersohn. Dabei wurde mit der Wahl auch der Wunsch der Gemeinde berücksichtigt.1598 heiratet Otto Richardi die später in Nieblum beigesetzte Drude Mauritius Boetius 1564–1654, Tochter von Bernhard Mauritius 1532–1574 und Margarethe Johansdatter Boetius 1532–1564. (Ihr zweiter Mann Jacob Boetius, Pastor in St. Johannis (1604 - 1629) starb 1629 an der Pest.) Gemeinsam mit Otto Richardi/ Ocke Rauerts hatte sie eine Tochter, Catharina Richardi Jacobi. Sie war die Ehefrau des Laurentius “Lorenz Jacobsen” Jacobi, geboren 1597, verstorben am 8. Sept 1667 im Alter von 69 Jahren. Letzterer war 1620 - 1629 Diakon und 1630 - 1667 Pastor an St Johannis, Nieblum. In dieser Zeit war er auch Organist. Die Familie wohnte in Oevenum. Zurück zu Otto Richardi: Magister Otto Richardi stirbt 1603 im Alter von nur 35 Jahren. Er wird nicht auf dem Friedhof, sondern vor dem Altar der Johannis-Kirche beigesetzt. 

 
 

▲ 

Wer Gott vertraut der schift getrost in Glück und Unglücksfällen

Den droht der Sturm und Jesus spricht, so legen sich die Wellen.

Ich trau auf Gott durch Christi Blut

Macht ers mit meinem Ende gut.

 

Hier ruhet der irdische Überrest der seelz Eycke eintzige Tochter von Jens Wögens und Inge Jensen aus Nieblum gebohren den 1ten Sept: 1739. In ihrem Leben verspürte sie die göttliche Vorsicht zu ihrem Heil beschäftigt, auf unterschiedenen Wegen. Sie wurde zweymal verheirahtet. Ihr erster Ehemañ Dirck Cramer ruhet an ihrer Seite, mit welchen sie den 1sten Nov. 1762 in den Ehestand getreten und darin 7 glückliche und vergnügte Jahre zugebracht. Nach dessen Absterben verehlichte sie sich mit Harre Petersen. Nachdem sie das Unbeständige und Kummervolle dieses Lebens erfahren, und dadurch an ihrem Glauben geläutert worde, ist sie in den Armen ihres Erlösers entschlafen den 18 April 1775. Ihres Alters 36 Jahr 4 Monat und 3 Tage.

▲ Der Seemann waget viel, Das liebe theure Leben
Dem ungestühmen Meer Auf Brettern hinzugeben.

Der Christ wagts recht wann er das Hertz das beste Gut Aufopfert dem der es erkauft mit seinem Blut.

 

Allhier ruhen die Gebeine Dirck Cramers des weyland wohlachtbaren Westindischen Capitains aus Nieblum gebohren den 26 August 1725 in Boldixum, der in seinem Leben mit Gott viel gewagt, aber auch unter seiner Leitung viel Glück gehabt, er wagete es vom 17 Jahr an sein Leben der wilden See anzuvertraue unter vielen Proben der Göttlichen Hülfe von 1755 bis 1762 ein Schif nach 3 Theilen der Welt zuführen und es ward eine jede Fahrt in VI Jahren mit Seegen gecrönet er wagete es, auf Göttlichen Winck sich abwesend zu verbinden mit der tugendsahmen Eycke Jensen aus Nieblum ob er sie gleich nie gesehen und siehe es gelang ihm, den er führete vom 1 Nov. 1762 fast 7 Jahr in ruhe die zärtlichste Ehe er wagte es endlich hoffnungsvoll d 6 Aug 1769 über das schwartze Meer des Todes zu schiffen, und siehe er kam glücklich hinüber und anckerte nach einer44Jährigen Lebens=Fahrt in den sichern Hafen der seeligen Ewigkeit.

 

 

Folge der Prediger zu St. Johannis nach der Reformation

Aus: Neue Schleswig-Holstein-Lauenburgische Provinzialberichte 1826

 

 

Johannes Bohn

15.. – 15..

Föhringer, der zur Zeit der Reformation und danach gelebt hat. Der Wahrscheinlichkeit nach war er einer der 3 Studiosen, die die ev. Lehre zuerst im Land bekannt machten.  

Jacob Willem Hieronymus Willemann
Wilhelm von Halle

ca. 1566

Dieser hat viel Fleiß angewandt, das fast zerstreute Pastoren-Bohl und Bohlland wieder zu vereinigen.

Johann(es) Klinker

15..-1583

Aus Flensburg, im Jahre 1583 legte er seine Stelle zu St. Johannis nieder und ward Prediger zu St. Laurentii und daselbst unbilliger Weise im Jahre 1598 abgesetzt. Die Ursache der Stellen-Niederlegung war nach der nachgelassenen Nachricht des Pastoren Richardus Petri, dass er mit seinem Collegen D. Conrad Hollmann sich nicht vertragen konnte, indem dieser ihm, als ein sehr geiziger und eigensinniger Mann, in allem entgegen gewesen.

Conrad Hollmann

1583-1600

Aus Pommern, er bekam das Pastorat 1583 und starb 1600.

Magister Otto Richardi (Ocke Rörden, Ocke Rauerts, Otho Richardus)

1600-1603

1594-1597 Diakon in St. Johannis, Nieblum, Föhr, 1597-1600 Pastor in St. Nicolai, Boldixum Föhr, 1598 Heirat mit Drude Mauritius Boetius (Vater: Bernhard Mauritius Pastor in Eckernförde)

1600-1603 Hauptpastor in St. Johannis, Nieblum, Föhr

Jacob(us) Boet(h)ius

1604-1629

Er trat in den Dienst 1604 und starb an der Pest 1629. (s. Kanzelinschrift oben)

Lorenz Jacobsen / Laurentius Jacobi

1629-1667

Geboren 1597 zu Abild, im Amte Tondern, wo sein Vater Jacobus Laurentius Prediger war. Vom Propsten Mauritius zu Tondern wurde er im Jahre 1620 der Gemeinde St. Johannis als Diakonus vorgeschlagen und - nach gehaltener Probepredigt - von derselben angenommen. 1629 verwechselte er das Diakonat mit dem Pastorat. Er starb 1667. Über 40 Jahre diente er zugleich als Organist der Gemeinde. Von seinen 4 Söhnen war 3 Prediger und ein vierter Landvogt auf Osterlandföhr.

1.      Otte Laurentii Morsum auf Sylt

2.      Jacobus Laurentii Risum im Amte Tondern

3.      Bernhardus Laurentii St. Johannis auf Föhr

Bernhard Lorenzen /
Bernhardus Laurentii

1667-1673

Ein Sohn des vorigen. Dem alten Vater wurde er 1657 adjungiert und starb am 6. Juni 1673.

Jacob Lyra I  (Jakubus Lyra)

1673-1686

Von Hildesheim aus dem Fürstenthum Grubenhagen. Nachdem er fünfzehn Jahre das Diakonat verwaltet hatte, erhielt er das Pastorat 1673 und starb am 12. Dec. 1686

Peter Lobedanz / Petrus Lobedanz

1686-1692

Er wurde Pastor 1686 und starb 1692

Barthold (Bernh.) Lyra

1692-1721

Ein Sohn des Jacobi Lyra. Nachdem er 5 Jahre im Diakonat gestanden hatte wurde er 1692 Pastor und starb 1721.

Jacob(us) Lyra II

1721-1733

Des vorherigen Sohn. Er wurde seinem Vater adjungiert und starb am 7. Feb. 1733.

Peter Cramer / Petrus Cramer

1733-1742

Von Flensburg. Zum Pastoratdienst gelangt er 1733 und ward 1742 nach der Michaelikirche in Schleswig berufen, darazf im Jahre 1743 Pastor an der Domkirche daselbst.

Christian Crause

1742-1756

Aus Neustadt in Schlesien. Nachdem er mehrere Jahre Garnisonsprediger in Copenhagen gewesen war, wurde er auf Föhr Pastor 1742 und starb am 29. Oct. 1756.

Jørgen (Jürgen) Henrichsen (Hinrichsen)  

1757-1791

Aus dem Dorfe Hönschnapp in der Holsbüllergemeinde im Amte Tondern von 1757 bis 19. Apr. 1791.Davor war er einige Jahre Prediger in Galmsbull.  

Christian Friedr. Posselt

1791-1814

Ein Sohn des Pastors Posselt zu Ulderup, von 1791 bis 1814, da er als Hauptpastor und Probst nach Oldenburg in Wagrien befördert wurde. Er stand früher als Diakonus zu Niebüll, im Amte Tondern.

Moritz Carstens

1814-1850 Vakance

 

Simon Adolph Schroedter

1854-1862 Vakance

 

 

Diakone:

Boy Jensen (Lütke) 1566-1574 (1572?)
Conrad Hollmann 1574 (1572?)-1583  
Hermann König 1583-1584
Peter Becker (Pistorius) 1584-15..
Otto Richardi 1594-97
Justus Casius (Casæus) 1599-1604
Johann Odendahl 1605-1609
Henning Hagge (Hayze) 1611-1618 (Grabstein s.o.)
Lorenz Jacobsen 1620-29  
Mathias Fries 1629-1636 1633
Volquard Petrejus 1636-1657
Jacob Lyra I 1658-1673  
Peter Lobedanz 1674-ca. 1686  
Barthold (Bernh.) Lyra ca. 1687-1692  
Peter Chr. Rodtberg 1692-1726
Andreas Ravn 1726-1727
Peter Cramer 1728-1733  
Daniel Axen 1733-1749
Martin Augustini 1750-1779
Jacob Boysen 1780-1790
Edlef Hinrichsen 1790-1794
Lorenz Andr. Nissen 1794-1797
Joh. Christian Gazert 1798-1807
Lud. Christoph Arn. Friederici 1808-1815
Momme Jacobsen 1815-1848
Johs. Carl Ludw. Sievert 1849-1889

Restaurierung und Erneuerung

Dem rauen Nordsee-Klima, der Salzluft und häufigen Schlagregen ausgesetzt, bedurfte die Kirche über die Jahrhunderte immer wieder Restaurierungen. Zum Teil wurden hierbei Backsteinformate verwendet, die von der ursprünglichen Ausstattung deutlich abwichen. Bereits im 14. Jahrhundert musste die westliche Hälfte des südlichen Langhauses erneuert werden. 1662 waren Teile des Vierungsgewölbes nach einem Einsturz zu erneuern. In den Jahren 1964 und 1970/71 wurden große Teile der Außenverblendung großflächig erneuert, wobei Ziegel im ursprünglichen Maß wieder zum Einsatz kamen.
Seit dem Jahr 2006 wird die Kirche rundherum renoviert und in Stand gesetzt. Im Zuge dieser Arbeiten wurden Teile des Daches erneuert, die Fassade zu weiten Teilen wiederhergestellt und andere dringend notwendige Erneuerungen zum Erhalt der Bausubstanz durchgeführt. Der komplette Dachstuhl mit einer Größe von 1050 Quadratmetern wurde mit Blei belegt. Eine Drainage sorgt jetzt für eine Trocknung des Gebäudes, das lange Zeit unter Wasser und Feuchtigkeit zu leiden hatte. An einigen Stellen ist der Putz noch entfernt, um die Trocknung des Mauerwerks zu fördern. Das schadhafte Mauerwerk wurde von außen Partie für Partie entfernt und die geöffneten Stellen sofort wieder mit Backsteinen im ursprünglichen Format verblendet. Das Baumaterial bestand aus Backsteinen in fünf Formaten sowie einer speziell uubereiteten Speismischung, die von einer dänischen Ziegelei geliefert wurden.

 
 

Im Sommer 2010 wurde als fünfter Bauabschnitt mit der Sanierung des Innenraums begonnen. Im ersten Schritt wurde die Dielung der Orgelempore erneuert. Es wurde im Herbst das Nordquerhaus abgetrennt, ein Gerüst aufgebaut und begonnen, die Wände zu sanieren. Vor allem am Gewölbe waren erhebliche Schäden festzustellen. Mit Hilfe der alten Technik, mit Reetmattengeflechten Kalkputz aufzutragen, wurden alle Flächen wieder hergestellt. Ein Restaurator malte und ergänzte dann die Ausschmückung der Gewölberippen. Im September 2010 wurde im nördlichen Querhaus eine Staubwand über der Empore errichtet. Gewölbe und Umfassungswande wurden vom Putz befreit. Salzfraß an den westlichen Gewölbefeldern erforderte neue Putzträger aus Schilfrohrmatten. Außerdem war eine Teilerneuerung von Gurtbögen und Fensterleibungen mit nach Maß geformten Handformziegeln der Firma Falkenlöwe nötig. Der Anstrich erfolgte mit Mineralfarben nach spezieller Grundierung (KEIM-Quarzil). Wegen der sehr hohen Feuchtigkeit gab und gibt es dennoch Abblatterungen. Im Oktober 2010 wurde im südlichen Querhaus eine weitere Staubwand vom Boden bis zum südlichen Vierungsbogen hochgezogen. An der Innenseite wurde vorübergehend das Epitaph aufgehängt. Die Grabplatten an den Außenwänden des Querhauses wurden versetzt. Zwei kamen in den Vorraum unter der Orgel, die beiden anderen in das südliche Vorhaus. Großflächiger Abbruch der Ziegel an den Innenwänden sowohl auf der West- wie auf der Südseite machten es erforderlich, dass diese Wände innen neu aufgemauert wurden. Auch hierzu wurden teuere Handformziegel im Klosterformat verwendet.

Der Restaurator nahm dann die farbige Fassung der Gurtbögen im Nordquerhaus vor. Im Südquerhaus wurden gleichzeitig großflächig Granitquarder aus der Ursprungskirche freigelegt. Über die Weihnachtsfeiertage wurde die Staubwand über der Nordempore teilweise wieder geöffnet. So wurden die ersten Ergebnisse der Arbeiten für alle sichtbar. Im Januar 2011 wurde eine dritte Staubwand gezogen im Vierungsbogen zum Langhaus. Dort wurde vorübergehend eine „kleine Kirche" gestaltet. Das Epitaph wurde als Altarbild aufgehängt. Im Chorraum wurde nun der Fussboden aufgestemmt und ausgekoffert, um einen neuen Luftschacht für die Heizungsanlage möglich zu machen. Nach Abtransport des Schutts mit unzähligen Schubkarrenladungen wurde der Chorraum eingerüstet. Obwohl Taufe und Sandsteinplatten unbeschädigt zwischengelagert werden konnten, wurden Chor, Apsis und Vierung zu einer „entmutigenden" Baustelle. Große Teile der Wölbungen mussten vom losen Putz befreit und anschließend neu aufgebaut werden. Alle Pfeilervorlagen waren bis in eine Höhe von zwei Metern marode und mussten neu aufgemauert werden. Wie im Nord- und Südquerhaus waren die Arbeiten am Gewölbe sehr viel aufwändiger als erwartet. Besonders schlimm war der Zustand im Bereich der Apsis sowie am östlichen Seitenfenster im Chor. (Dort musste eine Stahlbetonbewehrung entfernt werden.) Schließlich konnten die Gewölbe farblich restauriert werden und der Fußboden im Chor neu aufgebaut werden. Die Stufen zum Altar wurden mit Holzbohlen belegt.

Die Stufen zum Altar wurden mit Holzbohlen belegt.

Die Restaurierung des Altars konnte erfolgen. Es wurde eine gründliche Säuberung und Festigung unternommen. Ergänzungen wurden nicht vorgenommen, da es keine gesicherten Vorlagen mehr gibt. Die folgenden Bilder zeigen einen Vergleich aus den Jahren 2001 und 2018.

Altarraum 2018
Altarraum im Juli 2001

Bei der Sanierung freigelegt: Das Pestfenster ("Hagioskop")

Wandnische an der Südwand des Chores noch im alten Zustand
Pestfenster

Im Rahmen der Sanierung erfuhr auch 2006 das so genannte Pestfenster ("Hagioskop") an der Südwand des Chores eine Neugestaltung. Zuvor war es über viele Jahrhunderte hinweg zugemauert.


Vor 800 Jahren standen hier Menschen vor dem Fenster, die auf Abstand bleiben mussten, weil sie krank waren. Vermutlich waren es nicht Pest- sondern Leprakranke. Leprakranke waren Aussätzige - sie waren ausgesetzt. Nach der damaligen Gesetzessituation müssen Aussätzige vom Volk abgesondert leben, wie es im 3. Buch Mose heißt: „Solange das Übel besteht, bleibt er unrein; er ist unrein. Er soll abgesondert wohnen, außerhalb des Lagers soll er sich aufhalten.“ Da sie auch nicht am normalen Gottesdienst teilnehmen durften, standen sie außen vor dem Fenster und hörten die Predigt. Vielleicht bekamen sie auch durch das Fenster das Abendmahl gereicht.  

 

Ein Hagioskop (von gr. hágios „heilig“ und skopein „sehen, betrachten“), auch Lepraspalte genannt, ist ein Mauerdurchbruch in einem mittelalterlichen Kirchengebäude, der von außen den Blick ins Innere der Kirche auf den Altar erlaubt, ein Beispiel dafür ist diese Kirche. Diese Mauerdurchbrüche waren rund, rechteckig oder auch kreuzförmig. Es gibt auch Hagioskope, die mit Mauerdurchbrüchen innerhalb der Kirche, etwa von Seitenschiffen aus, den Blick auf den Altar ermöglichen. Im 12. Jahrhundert kam es auch im Zuge großer Epidemien zur Notwendigkeit, größere Zahlen von Aussätzigen geistlich zu versorgen, die getrennt von der Gemeinde leben mussten. Diesen Kranken hatte das Dritte Laterankonzil 1179 zwar die Bildung eigener Gemeinschaften mit eigenen Priestern, eigenen Kirchen und eigenen Friedhöfen erlaubt, das war auf dem Land aber nicht immer möglich. Hagioskope finden sich daher meist in Gebieten, die im Mittelalter dünn besiedelt waren, kaum in Kirchen größerer mittelalterlicher Städte, wo Leprakranke oft in Leprosorien (Leprahäusern) untergebracht waren, die über eigene Kapellen verfügten. Nach Ende der großen Lepra-Epidemien Ende des 16. Jahrhunderts wurden Hagioskope zum Teil verfüllt oder zugemauert und erst im 19. und 20. Jahrhundert bei Restaurierungsarbeiten wiederentdeckt und wiederhergestellt. Verbreitet waren Hagioskope neben Deutschland auch in Dänemark, in Finnland, in Frankreich, in Italien, in den Niederlanden, in Schweden sowie im Vereinigten Königreich.

 
 

500 Jahre alte Zirkelspuren im Putz - Die Innensanierung der Sakristei wurde 2019 abgeschlossen.

Manche Schätze entdeckt man erst, wenn man dicht davor steht. Zum Beispiel auf einem Gerüst in der Sakristei von St. Johannis. Dort stand im November 2019 die Restauratorin Anna Klüm. Gemeinsam mit einer Kollegin sicherte sie die Malereien im Gewölbe der Sakristei. Dabei stieß sie auf die Spuren der Handwerker, die die Malereien wohl im 15. Jahrhundert auf dem frischen Putz anbrachten: Kleine Einstechlöcher und Ritze von den Zirkeln, mit denen die Ornamente vorgezeichnet wurden. Mehr als 500 Jahre später haben die beiden Restauratorinnen jetzt die Malereien gesichert, damit diese nicht abbröckeln und verloren gehen. Hier und da haben sie die Muster auch leicht retuschiert. Die Restaurierung der Malereien war der letzte Schritt bei der Innensanierung der Sakristei. Zuvor wurden die Elektrik erneuert, die Wände geweißt und der Raum an die Heizungsanlage der Kirche angeschlossen. Für diesen weiteren Sanierungsschritt gab es eine Förderung durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz über 10.000 Euro. Der Förderverein St. Johanniskirche e.V. und die Kirchengemeinde tragen aus Spendengeldern jeweils etwa 20.000 Euro der Gesamtkosten, die sich auf etwa 50.000 Euro belaufen werden. Ein weiterer Förderantrag an die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ist bereits gestellt: 2020 sollen die Fenster an der Südseite des Kirchenschiffs erneuert und weitere Überdachungen für einige historische Grabsteine auf dem Friedhof geschaffen werden. Der Schatz im Gewölbe der Sakristei soll natürlich nicht im Verborgenen bleiben. Der Kirchengemeinderat überlegt, wie die Sakristei öffentlich zugänglich gemacht werden kann. Dann wären auch die Pastorentafeln wieder zu sehen, die in der Sakristei ihren Platz haben.

 

Quelle: St. Johannis Brief 117|19, Aktuelles aus der Kirchengemeinde,  Winter 2019/2020

Friedhof

 
 

---dreieck Da St. Johannis die Pfarrkirche für viele umliegende Dörfer ist, verfügt die Kirche auch über einen großen Friedhof, der sie vollkommen umgibt. Er ist von Bäumen gesäumt. Wie auf zahlreichen anderen Friedhöfen in Nordfriesland erzählen auch hier die teils prächtigen sogenannten Sprechenden Grabsteine die Geschichte der Seefahrer aus Nieblum und umliegenden Orten. Wie auf den beiden anderen Kirchfriedhöfen von Föhr besitzt auch der Friedhof der Kirchengemeinde St. Johannis viele Grabsteine aus der Barockzeit, die ihren kunstwissenschaftlichen Ruf durch prächtige Ornamentik und kunstvolle Schriftgestaltung verdient haben. Zirka 250 der alten Steine stehen zum größten Teil noch auf ihren Originalplätzen, nur einige wenige sind ihres Werts wegen in den Schutz des Kirchenraums gestellt worden. Die Grabsteine berichten dem Besucher in hoch- oder niederdeutscher bzw. in lateinischer Sprache oft ausführlich vom Lebensweg der Beigesetzten. Der Reliefschmuck der Grabmäler ist oft sehr umfangreich ausgeführt, die Formen wiederholen sich nicht. Oft sind Bilder mit Szenen aus der Heiligen Schrift Hauptmotiv eines Steins, oft sind aber auch die Verstorbenen oder – bei Seefahrern – Schiffe abgebildet. Gemeinsam ist den Darstellungen, dass sie von einer unverbrüchlichen Glaubens- und Heilsgewissheit zeugen, die in der Figur des oft abgebildeten Jesus Christus ihr vornehmstes Symbol finden. Eine besondere Ikonographie-Tradition hat sich im floralen Motiv erhalten: Der Mann und die Söhne der Familie sind auf dem Grabstein linkerhand in tulpenähnlichen Blumen aufgeführt, die Frau und die Töchter rechterhand in Form von vierblütigen Blumen. Eine geknickte Blume weist darauf hin, dass die betreffende Person zum Zeitpunkt der Entstehung des Grabsteins bereits verstorben war. Die Häufigkeit dieses Motivs bezeugt die hohe Kindersterblichkeit früherer Jahrhunderte.

 
 

---dreieck Die Kriegerdenkmalsanlage für die toten Soldaten des 1. und 2. Weltkriegs liegt genau zwischen der St. Johanniskirche und dem Pastorat. Der Obelisk mit stumpfer Spitze ist mit bunten behauenen Feldsteinen ca. 4,5 Meter hoch aufgemauert. Er steht der Anlage vor und trägt die Widmungsplatten. In die Frontseite des Obelisken sind vom Boden aus drei Steinplatten übereinander eingelassen. Die oberste – unter einem Schmuckbalken mit gebogenen Enden – trägt den Bibelspruch 11,25 aus dem Johannesevangelium:

 

Wer an mich glaubt, der wird leben ob er gleich stürbe

 

Darunter ein Medaillon, das einen Soldatenkopf mit Stahlhelm im Halbrelief zeigt. Auf der mittleren Tafel steht die Widmung:

 

Die dankbare St. Johannisgemeinde widmet diesen Ehrenfriedhof ihren in den Kriegen 1914 - 1918 und 1939 - 1945 gefallenen tapferen Söhnen

 

Da das Denkmal in den 20er-Jahren errichtet worden ist, musste diese mittlere Platte nach dem 2. Weltkrieg ausgetauscht worden sein.

 

Die unterste Tafel zitiert unter einer Reihe aus drei Kreisen wieder einen Spruch aus dem Johannesevangelium, nämlich 15,13, darunter ein Kreuz mit je einem Kreis an den Seiten:

 

Niemand hat grössere Liebe denn die dass er sein Leben lässt für seine Freunde

 

Vor dem Denkmal liegen in langen Reihen, angelehnt an Erdwälle die Namenstafeln der toten Soldaten. Außen die der Soldaten des 1. Weltkriegs. Nach dem 2. Weltkrieg kamen die zwei inneren Reihen dazu. Geordnet nach Herkunftsort werden Name, Geburtsdatum, Sterbedatum und Sterbeort genannt.

 
 

Pastorat

Seit 2013 wird das alte Nieblumer Pastorat (ein unter Denkmalschutz stehendes Langhaus) bewohnt vom Pastoren-Ehepaar Kirsten Hoffmann-Busch und Philipp Busch und ihren Kindern. Beim Gottesdienst in der St.-Johannis-Kirche wurden sie feierlich als neues Pastorenpaar der Kirchengemeinde eingeführt.

Für die Nachfolger von Pastor Holger Asmussen in der St.-Johannis-Kirchengemeinde bedeutet der neue Dienstort einen Wechsel von der Ost- an die Nordsee, den sie sich auch gut überlegt haben. Kirsten Hoffmann-Busch ist 1969 in Hagenow geboren und aufgewachsen. 1988, noch zu DDR-Zeiten, begann sie in Rostock das Studium der Theologie. Als die theologische Fakultät in Rostock nach der Wende zusammenbrach, setzte sie ihr Studium in Berlin fort und verbrachte ein Semester in Wien. 1996 kehre Kirsten Hoffmann-Busch nach Rostock zurück und war nach dem ersten Examen zunächst als wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität Rostock tätig. Es folgte eine Zeit als Gemeindehelferin auf Rügen, das Vikariat und schließlich die erste Stelle als Pastorin in Kalkhorst, wo sie bis 2011 wirkte. Zwar ist Philipp Busch ein waschechter Schleswig-Holsteiner, doch er verbrachte nur seine ersten Kindheitsjahre im nördlichsten Bundesland, zunächst in Preetz, dann in Husum. Aufgewachsen ist Philipp Busch in Bad Homburg bei Frankfurt. Theologie studierte er in Mainz, Greifswald, Berlin und Rostock, war lange an der Universität in einem Studienreform-Projekt aktiv, um dann 2003 ein Vikariat anzutreten. Seit 2006 hatte er die erste Pfarrstelle in Klütz, Boltenhagen und Bössow inne.

 
 
 
 

Weitere Informationen:
Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde
St. Johannis auf Föhr
25938 Nieblum
info@friesendom.de
www.friesendom.de

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