Die Hauptattraktion im Botanischen Garten Bochum ist der einmalige chinesische Garten. Dieser wurde in Partnerschaft mit der Tongji-Universität Shanghai von dortigen Spezialisten geplant und von chinesischen Gärtnern errichtet. Dabei wurden die Bauteile in China vorgefertigt und in Bochum montiert. Der Chinesische Garten umfasst eine Fläche von 1000 Quadratmetern und wird von einer großen Wasserfläche dominiert. Um diese wurden verwinkelte Mauern und Felsformationen errichtet, die sich durchschreiten lassen, während ein Wasserfall über den Köpfen die Felsen hinunter rauscht. Kleine Nischen oder Felsen im Teich, der von Kois und anderen Fischen besiedelt ist, laden zum Verweilen und Entspannen ein. Hier kann man die Seele noch baumeln lassen - besonders unter der Woche, wenn der Chinesische Garten etwas weniger frequentiert wird.
Obwohl chinesische Gärten zu den wunderbaren Kleinodien zählen, weisen sie aufgrund ihres Privatbesitzes Einschränkungen vor, sowohl in der Konzeption als auch in der Praxis. Es war beispielsweise selten möglich, die landschaftliche Gestaltung der Außenmauer der klassischen Gärten in Betracht zu ziehen. Weil Qian Yuan im schönen Botanischen Garten liegt, wäre es sicherlich unangemessen gewesen, die Gestaltung der Außenmauer zu vernachlässigen, wie es sonst in klassischen Gärten üblich ist. Deswegen wurde die Gestaltung der Außenmauer hier sorgfältig konzipiert. Die im Wasser stehende Abschirmungswand mit der runden Öffnung korrespondiert mit dem eckigen Eingang. Zusammen mit dem Vorteich und der Außenmauer bilden sie den Vorgarten, der an 3 Seiten geschlossen ist. Dies entspricht genau der Feng-Shui-Theorie. Dieser halbgeschlossene architektonische Raum birgt das Geheimnis des Innengartens und die weiße Außenmauer zeigt eine Bildrolle der sich ewig bewegenden Baumschatten.
Der Zugang zu diesem Chinesischen Garten wird durch eine hohe Wand mit verschließbaren Toren zunächst versperrt. Oberhalb des Tores steht in chinesischen Schriftzeichen „Garten des Qian", das ist der Dichter Tao Yuan Ming (365-427) mit dem persönlichen Vornamen Qian. Von diesem bedeutenden Dichter stammt die Sage vom Pfirsichblütenquell, die kurz wiedergegeben werden soll: Ein Fischer, der seiner täglichen Arbeit nachgeht, entdeckt unerwartet einen Wald aus blühenden Pfirsichbäumen. Er rudert flussaufwärts, bis er das Ende des Pfirsichhains und die Quelle des Flusses erreicht, die in einer Berggrotte liegt. Aus dem Berginneren leuchtet es hell, und der Fischer begibt sich durch einen engen Zugang hinein. Im Inneren liegt eine lichte Ebene mit Feldern, Wasserflächen, schönen Häusern. Die Menschen sind glücklich und zufrieden. Sie nehmen den Fremden mit großer Gastfreundschaft auf und bewirten ihn großzügig. Nach einiger Zeit des Aufenthalts nimmt der Fischer Abschied. Auf seinem Heimweg ist er bemüht, sich den Weg genau einzuprägen, um ihn wieder finden zu können. Seine Erinnerung verblasst jedoch, und niemand hat den Weg in die Welt der glücklichen und zufriedenen Menschen je wiedergefunden.
Soweit die Sage. Betritt man nun den Garten, wird der Blick auf eine waagerechte Schrifttafel in der Eingangshalle gelenkt, die oberhalb des Fächerfensters angebracht ist. Die Schriftzeichen bedeuten etwa „Pfirsichblütenland/Oase der Ruhe außerhalb der Welt/Paradies". Die Benennung dieses Gartens nach dem Dichter Tao Yuanming in Verbindung mit der Umschreibung Paradiesgarten führt zum Symbolgehalt dieser Anlage. Ein kleines Beet unterhalb der Schrifttafel schließt den Eingangsbereich ab. Bambus und Stein sind bedeutungsvolle Elemente in dieser Komposition. Der Bambus spielt eine hervorragende Rolle in der chinesischen Kultur. Er steht für das Wesen des idealen Lebens: so wie der Bambus sich bei Wind, Schnee und anderen Belastungen neigt und sich wieder aufrichtet, ohne gebrochen zu sein, soll der Mensch sich zeitlebens in der Kunst üben, sich in sein Schicksal zu fügen, übermächtige Gefahren zu erkennen und gelassen zu bestehen, um zur gegebenen, rechten Zeit zu handeln. Dem biegsamen, aber stabilen Bambus steht der starre Stein gegenüber, der, durchlöchert und abgerundet, die Spuren äußerer Einflüsse zeigt, seine wesenseigene Festigkeit aber beibehalten hat. Dieser Stein stammt aus dem Tai-hu-See westlich von Shanghai. Mit Lochsteinen dieser Gegend werden alle original Chinesischen Gärten ausgestattet.
Ein weiteres Spruchpaar ist senkrecht an den beiden Pfosten angebracht. Auf die erste Hälfte (rechts): „Wie man von den Eremiten im Lushan-Gebirge hört“, folgt die zweite Hälfte (links): „liegt dort eine andere Welt als die irdische“.
Beginnt man nun mit dem Rundgang, fallen zur Rechten die Fensteröffnungen auf, die durch ihre dekorativen Verbauungen eher verschleiern als eröffnen. Mit diesem gestalterischen Moment soll das Interesse der Besucher für das hell durchscheinende Innere geweckt, Spannung und Neugier erhöht werden. Durch vasenförmige Türöffnungen, die auch dem Zeichen für Frieden entsprechen, gelangt der Besucher zu einem Ort, der zum ersten Mal einen weiten Überblick in das Garteninnere zulässt. Die Hauptgestaltungselemente Wasser und Stein treten deutlich hervor. Dem Wasser, weich und anschmiegsam, jede Form annehmend, ohne sich zu verändern, ist komplementär der feste Felsen zugeordnet, das mächtige Gebirge, das seit alters her als Sitz der Götter in der chinesischen Mythologie besondere Verehrung genoss. Mit der Gestaltung des Wasserfalls, der von der Wasserhalle aus gesehen vor dem Betrachter liegt, wird betont, dass das Wasser in der Lage ist, auf Dauer den harten Felsen zu besiegen: die überströmten Felsen sind in den Berg zurückversetzt, um die Leistung des fließenden Wassers zu zeigen.
Das richtige Pflanzenarrangement kann die Gartenanlage perfekt machen, wie das Tüpfelchen auf dem i. Die Pflanze ist ein wichtiges Gartenelement, welche dem chinesischen Garten eine emotionale Stimmung und einen andauernden besonderen Reiz verleiht.
Schreitet man den Wandelgang im Garten voran, gelangt man in immer schönere Gefilde. Auf dem sich schlängelnden Weg kann man mit jedem Schritt ständig abwechselnde Szenerien erleben. Es gibt Quadersteine an den Seiten, schwarze Ziegelsteine auf dem Boden, weiße Wände und Holzkonstruktionen mit schlichten Säulen und offenen Balken. Im Wandelgang wird auf weitere Dekoration verzichtet, er verfügt vielmehr über den bescheidenen, aber heiteren Stil eines Privatgartens. Die verschiedenen Jahreszeiten entfalten sich hier anmutig, und die Farben, mal in schattigem Grün, mal in strahlendem Rot, erzeugen wechselnde Stimmungen. Die Art der Wegeführung steigert den Eindruck der Größe der Gartenanlage einerseits, weist andererseits auf einen Zusammenhang mit dem menschlichen Lebensweg hin, der selten gradlinig verläuft, sondern Umwege geht und Hindernisse umläuft.
Die auffallendsten Pflanzen aus dieser Perspektive sind die Trauerweiden. Tao Yuan Ming wird der Dichter der Trauerweiden genannt, da er sie selbst in seinem Garten kultivierte. Mit ihrem frischen Austrieb symbolisieren sie den Frühling, die Jugend. Darüber hinaus steht das Bild ihrer sanft im Wind bewegten Zweige für weibliche Grazie, aber auch für Freundschaft, indem sie an die hin und her wandernden Gedanken der Freunde erinnern.
Vom Wasserfall sieht man auf die Wasserhalle (links), die verbunden ist mit der Haupthalle (rechts), beide aber stehen auf unterschiedlicher Höhe. Sie liegen eng aneinander und stützen sich aufeinander. Dadurch, dass sich die Haupthalle und die Wasserhalle in der Mitte des Gartens befinden, wird ihre Position als das Hauptgebäude im Qian Yuan hervorgehoben. Die Baukonstruktion der beiden Hallen ist nur scheinbar symmetrisch. Sie hält sich trotz der Asymmetrie im Gleichgewicht. Dies verkörpert genau das Bauprinzip der Gartengestaltung: Das Hauptgebäude des Gartens soll nicht übergroß sein. In dem in der Haupthalle angebrachten Spruchpaar heißt es: „Frischer Wind und heller Mond haben keinen Preis“ und „Ferne Berge und nahes Wasser verbinden sich allesamt freundlich“. Darin kommt deutlich zum Ausdruck, dass hier ein wichtiger Platz ist, an dem man sich an der Landschaft erfreuen und mit Freunden treffen kann.
An einer Kreuzung teilt sich der Zick-Zack-Weg, nach rechts geht es weiter in die große Halle. Rechts steht auf einer Steintafel die Legende des Pfirsichblütenlandes von Qian Yuan. „Pfirsichblütenquell“, das Gedicht, auf das sich der Garten bezieht, geht auf einen Bericht des chinesischen Dichters aus dem 4. Jahrhundert zurück.
Neben dem Gedicht geht eine Treppe hinab zu einem Raum, durch dessen kreisrunde Öffnung man einen wunderbaren Blick auf den Garten hat, mit Seerosen direkt davor. In dem kleinen Raum ist vor einiger Zeit eine Zither-Spielerin aufgetreten. Überhaupt ist der Chinesische Garten ein kultureller Ort. 2010 fand hier ein Jazzkonzert statt. Auch Lesungen wurden im Garten veranstaltet.
In der Haupthalle des Gartens befindet sich auch folgendes Spruchpaar: „Frischer Wind und heller Mond haben keinen Preis“ (rechts) und „Ferne Berge und nahes Wasser verbinden sich allesamt freundlich“ (links). Dieses sehr berühmte Spruchpaar ist in ganz China bekannt und vielerorts kann man in den Sehenswürdigkeiten kopierte Versionen entdecken. Jedoch stammt die Urform aller Phrasen aus dem Canglang-Pavillon.
Von der Wasserhalle fällt der Blick ohne Einengung auf den „Pavillon des lauen Windes in der Mondnacht", dessen Dachspitze die Figur des Kranichs ziert. Der alles überragende und überblickende Kranich steht als Symbol für ein langes Leben. Der Name „Wind-Mond-Pavillon“ wurde erst zum Ende der Bauarbeiten gewählt, inspiriert von der in der Haupthalle angebrachten Schrifttafel „Frischer Wind und heller Mond haben keinen Preis“. Aus diesem Satz wurden die beiden Schriftzeichen Wind und Mond zur Benennung des Pavillons entnommen. Der Pavillon hebt sich von den großen Felsen ab und steht direkt am Wasser. Wenn man hier einige Zeit verweilt, fühlt man sich wie in einer Schlucht. Hier ist der perfekte Ort für eine kurze Pause. Der fünfeckige Pavillon ist lebhaft in seiner Form und hat keine erkennbare Orientierung. Außerdem bereichert er die architektonische Komposition des Gartens. Es lohnt sich, auf den Durchmesser der Säulen in chinesischen Gärten zu achten. Eine Säule sollte schlank und nicht dick sein. Im Qian Yuan sind die Säulen der Wandelgänge 12 cm im Durchmesser und die Säulen des Pavillons 14 cm. Mit so schlanken Säulen erscheinen die Dächer leicht und anmutig und der Pavillon wirkt noch schöner. Die vorgelagerte flache Insel soll die Weite des Ausblicks unterstreichen und die Mächtigkeit der Felslandschaft betonen. In den Nischen der Felsen wachsen hängende Zwergpflanzen, die den Eindruck des Hochgebirges vermitteln sollen. Pflanzen sind nur sehr sparsam gesetzt worden, lediglich um den Charakter der bedeutenderen Felsen zu unterstreichen.
Dort, wo sich der Zick-Zack-Weg teilt, begleiten Reliefs chinesischer Gärten den Besucher hinunter zu einem bäuerlichen Hof mit Brunnen.
Idyllisches Kalebassen-Fenster: Die Öffnung in der Außenmauer zeigt die Form einer Kalebasse, des Gefäßes zum Schöpfen und Aufbewahren von Wasser, dem Elixier des Lebens und darüber hinaus der Unsterblichkeit.
In der anfänglichen Bauzeichnung gab es das Fenster in der Form einer Kalebasse noch nicht. Nachdem in der Bauausführung der Brunnenring gelegt und er mit der Wasserquelle verbunden worden war, gewann man den Eindruck, dass der gleichförmigen Mauer und dem einsamen Brunnen noch etwas fehlte. Deshalb entwickelte man eine Szenerie, die im Einklang mit der Umgebung einen eigenen Stil erhielt. Im Laufe der Zeit wuchsen die Pflanzen zu lebhaften Gebilden heran, die je nach Jahreszeit ihre unterschiedliche Schönheit entfalten. Üppiges Laubwerk oder nur kahle Zweige sind so schön, dass man darin Motive für die Malerei finden kann. Die kleine Szenerie befindet sich zwar am Rand des Gartens, bietet aber einen hübschen und ergreifenden Anblick. Sie ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Gartens.
Dann gelangt man zur Bootshalle. Sie ist bewusst schlicht und einfach gehalten: das Dach ist mit Reet gedeckt, die tragenden Teile sind rohe Rundhölzer ohne aufwendige Bearbeitung. Das tief herabgezogene Dach lenkt den Blick auf die Wasserfläche und das Spiegelbild des Himmels. Der Besucher wird eingeladen, in entspannender Atmosphäre mit dem Boot seiner Imagination durch die Welt zu fahren und sie in ihrer Vielfalt und Wechselhaftigkeit zu erleben.
Unter dem Reetdach ist ein Fährsteg entstanden, so dass ein Boot einfahren könnte, auch wenn es kein reales Boot gibt.
Das Errichten der Reethütte wurde schon beim ersten Entwurf festgelegt. Leider hatten die chinesischen Arbeiter damit keinerlei Erfahrungen. Die Ruhr-Universität beauftragte daher eine deutsche Fachfirma aus Hamburg mit der Ausführung. Obwohl man den deutschen Facharbeitern immer wieder den Hinweis gegeben hatten, das Dach solle "wild und natürlich" aussehen, hatten sie dennoch das Dach so angelegt, dass das Reetdach gleichmäßig dick war. Seine Kanten waren aufrecht, flach und solide, als seien sie mit dem Messer geschnitten. Es fehlte die Natürlichkeit. Daher wurde eine zusätzliche Gras-Schicht auf dem Dach angebracht, um die natürliche Wirkung des Dachs einigermaßen zu verbessern. Und so ist im Laufe der Zeit das Reetdach, durch jahrelange Witterungseinflüsse, allmählich doch noch mit dem Chinesischen Garten verschmolzen.
Die Stützen der Reethütte wurden mit verzinkten Stahl-Stützenfüßen erweitert, die fest ins Steinfundament eingespannt wurden. Damit lassen sich die Hölzer vor dem Eindringen von Feuchtigkeit schützen.
Das Spielfeld wird im »Xiangqi« von zehn waagerechten und neun senkrechten Linien durchzogen. Anders als im europäischen Schach bewegen sich die Spielsteine aber nicht auf den Spielfeldern, sondern über die jeweiligen Schnittpunkte. Insgesamt ergeben sich so 90 unterschiedliche Positionen, die von den Spielsteinen besetzt werden dürfen. In der Mitte des Spielbretts fließt ein breiter Fluss, der das Herrschaftsgebiet der zwei Gegner voneinander trennt. Über diesen Fluss können nur die offensiven Spielsteine (Soldat, Pferd, Wagen und Kanone) hinüber gelangen, um den gegnerischen General anzugreifen. Die defensiven Spielsteine (Minister, Elefant und Leibwächter) haben hingegen nicht die Fähigkeit, den Fluss zu überqueren und dienen im Spiel allein dazu, den eigenen General zu schützen.
Hinter einem kleinen Felstunnel gelangt der Besucher zu einer kreisrunden Öffnung in der Wand, hinter dem sich ein Kiefernwald offenbart. Daneben stehen zwei Trauerweiden – es sind die Lieblingsbäume des Dichters Qian Yuan und regen zum Gedankenaustausch an.
Nach Verlassen des Bootshauses verläuft der Weg im Freien. Vorbei an Trauerweide, Pfirsichbaum, am Fuß des Gebirges entlang wird der Besucher in eine Berghöhle geführt, die ihm ein Gefühl von Geborgenheit, aber auch ein weiteres sensorisches Erlebnis vermittelt: den Wechsel der Temperatur. Die Kühle der Grotte wird durch einen nach innen geleiteten Teil des Wasserfalls verstärkt. Vor Erreichen der Eingangshalle lädt der Pavillon mit seinen Sitzbänken zum Verweilen ein. Von hier aus wird der Rundblick auf die inneren Gartenanlagen frei.
Im Weiteren gelangt man zu der naturgetreuen Nachbildung einer Bergregion aus zerklüfteten Felsen, wo zwischen den Felsen ein Gebirgsbach in einer Berghöhle entspringt. Bei der Gestaltung eines chinesischen Gartens folgt man dem Prinzip: „Obwohl von Menschenhand erschaffen, scheint es von der Natur geformt zu sein“. Um die Höhe des Berges zu betonen, wurde die angrenzende Mauer mit der Absicht verringert, als Gegensatz zur Majestät des Berges zu erscheinen.
Ein paar Schritte weiter wartet der nächste Tunnel, die Innenseite des Wasserfalls. Wieder im Freien lädt der Pavillon „des lauen Windes in der Mondnacht“ auf der Rechten zum Verweilen ein.
Am gegenüberliegenden Ufer der Haupthalle steht der Wind-Mond-Pavillon, getrennt durch den Teich. Beide korrespondieren miteinander und bilden einen genau aufeinander abgestimmten Kontrast. Von diesem Aussichtspunkt des Pavillons erschließen sich dem Besucher zu allen vier Jahreszeiten, bei Morgen- und Abenddämmerung sowie an Sonnen- und Regentagen, reizvolle und abwechslungsreiche Anblicke. Hier ist die beste Stelle im Qian Yuan, um sich niederzulassen und eine Pause zu machen. Dadurch, dass der Pavillon und die Haupthalle einander gegenüberstehen, bilden sie den Mittelpunkt für den visuellen Genuss im gesamten Garten. Von hier aus kann man den Wandelgang und die benachbarte weiße Mauer betrachten, sowie, etwas entfernt, den Fährsteg mit dem Reetdach. Die einzelnen Gebäude umringen die Wasserfläche und haben alle ihre Besonderheiten. Die Haupthalle und der Pavillon bilden das eindeutigste Gegensatzpaar und bieten in ihrer harmonischen Anordnung einen vollständigen Anblick des gesamten Gebäudekomplexes.
Im Qian Yuan ist der Wasserfall der Zufluss des Teiches. Der Ablauf verbirgt sich unter dem Stein vor der Abschirmungswand (gegenüber dem Eingang des Gartens). Der Wasserstand wird dauerhaft auf einem gleichmäßigen Niveau gehalten.
Die Landschaft eines chinesischen Gartens kann man planen, doch die Spiegelungen im Wasser sind schwer vorauszusehen. Die Aufnahmen der Fotografen halten viele wunderschöne Momente fest. Manchmal werden dabei durch Reflektionen im Wasser Kunstwerke erschaffen, die dem Impressionismus ähnlich sind und damit die Schönheit des Gartens in einer Neuschöpfung beschreiben. Der Shuihui-Park, gelegen in Rugao in der chinesischen Provinz Jiangsu, ist von alters her für seine zauberhaften Wasserspiegelungen bekannt. Heutzutage werden impressionistische Bilder im Wasser auch hier im Garten von deutschen Fotografen eingefangen.
Geheimnisvolle Ecken: Es ist angebracht, in der chinesischen Gartenbaukunst Szenerien immer wieder abwechslungsreich und bildhaft zu gestalten. In der Planung wurden hier bauliche Elemente wie Fenster, das Wassertor und Steinblöcke vorgegeben.
Die Dächer des Gartens bestehen aus unzähligen Ziegeln. Sie sind harmonisch angeordnet, schwungvoll und mit Leichtigkeit, so schön wie eine Klaviertastatur. Die Dächer mit ihren gekrümmten Spitzen ragen anmutig wie tanzend hervor. Daher ist es wohl verständlich, dass die Fotografen hier mit ihren Kameras so viele lebendige Aufnahmen „erjagt“ haben. Kleine Dachziegel können manchmal Großes bewirken.
Aber warum musste das Dach 2001 restauriert werden? Der Garten wurde von Mai bis Ende November 1990 erbaut. Das Verlegen der Dachziegel war der letzte Arbeitsschritt, doch zu dieser Zeit war es in Bochum bereits Winter geworden. Während es tagsüber noch warm war, sanken die Temperaturen nachts sehr stark ab, so dass der Mörtel sofort gefror. Die anfängliche Verbundfestigkeit wurde dadurch stark beeinflusst. Durch Wind und Schnee, Frost und Pflanzenwuchs verfielen viele Ziegel von Jahr zu Jahr mehr. Dadurch gelang Wasser an das darunterliegende Tragholz. Aufgrund der vielen Beschädigungen musste der Garten, fast am Rande des Verfalls, sogar geschlossen werden. Etwa 10 Jahre nach dem Bau wurde das Dach dann aber gründlich saniert. Diesmal wurden Baumaßnahmen in der kalten Jahreszeit vermieden und eine zusätzliche, aber unsichtbare Abdichtungsschicht ins Dach eingelegt. Bis heute haben sich nur an einigen Stellen vereinzelte Ziegel gelöst. Sie stellen kein großes Problem dar und können zu gegebener Zeit repariert werden.
Die Farben der Pflanzen können den Wechsel der Jahreszeiten am besten präsentieren. Ob mit Beginn des Frühlings oder des Sommers, sie erscheinen über der Mauer oder in den Ecken des Wandelgangs und überraschen den Besucher. Die von roter Farbe durchleuchtete Herbstlandschaft ist eine von Natur aus gegebene Schönheit. Das leuchtende Rot berührt das Herz der Besucher. Es erinnert an den schönen Vers des Dichters Du Mu (803–852): „Lass den Wagen dem Ahornwald zuliebe anhalten und uns den Abend genießen. Wie rot die Ahornblätter sind!“ Der Herbst ist Erntezeit und auch die bunte Jahreszeit, wenn Rot, Orange, Gelb und Grün sich an Faszination übertreffen. Ob oben auf den Mauern oder unten auf dem Boden, überall entfaltet sich die herbstliche Farbenpracht. Herrlich, schön, edel, leuchtend. Die Farben schmücken den kleinen Garten je nach Perspektive überall verschiedenartig, aber überall entzückend.
Auf diesem Rundgang, der sich seinem Ausgangspunkt nähert, konnten längst nicht alle erwähnenswerten Aspekte beleuchtet werden. Dies ist auch nicht beabsichtigt. Vielmehr soll der Besucher selbst seine Wahrnehmung schärfen und ermuntert werden, die vielfältigen Aspekte dieser Gartenanlage und ihrer Symbolik mitzuerleben. Der Chinesische Garten ist ein Modell der Natur, facettenreich, erlebnisträchtig und anregend. Wenn der Besucher sich einlassen kann auf den meditativen Impetus dieser Gartenanlage, kann er hier Muße und Entspannung finden und eine Ahnung von der anzustrebenden Harmonie zwischen Mensch und Natur bekommen.
Die Sage vom Pfirsichblütenquell
Tao Yuan Ming 365-427. n. Chr., verdeutscht von Richard Wilhelm 1922
Zur Zeit Taiyuan der Jin-Dynastie, da lebte Ein Mann in Wuling, der vom Fischfang sich ernährte. Einst fuhr flussauf er. Er vergaß, wie weit er schon gefahren. Da fand er plötzlich einen Pfirsichblütenhain, das Ufer viele hundert Schritt umsäumend. Dazwischen stand kein anderer Baum, nur Duftgras, frisch und schön, in das sich Blütenblätter niederstreuten. Der Fischer war darüber sehr erstaunt. Er fuhr noch weiter, um des Haines Ende zu erreichen; Der Hain ging bis zum Quell des Bachs. Da stand ein Berg. Und in den Berg, da ging ein kleiner Gang. Draus schimmerte es hell hervor. Er ließ sein Boot zurück und trat hinein. Anfangs war es sehr eng, Dass grad ein Einzelner hindurch kam. Doch als er wenige Schritte vorwärts ging, Da öffnete sich’s weit und licht. Das Land war ausgedehnt und eben und viele schöne Häuser waren da. Die Felder waren gut, und zwischen schönen Wasserflächen standen Maulbeersträucher und Bambuspflanzen aller Art. Viel Pfade kreuzten sich, und aus den Dörfern klang der Hähne Krähen und der Hunde Bellen: Und Menschen liefen hin und her und säten aus. Männer und Frauen trugen Kleider, ganz wie draußen in der Welt, Greise im weißen Haar und Kinder mit ihren Zöpfchen: Alle waren glücklich und zufrieden. Als sie den Fischer sahen, da wunderten sie sich. Sie fragten ihn, woher er komme. Er erzählte alles. Da nahmen sie ihn mit sich heim, und setzten Wein ihm vor und schlachteten zum Mahle Hühner. Als man im Dorfe von dem Mann vernahm, da kamen alle her und fragten. Sie selbst erzählten: Vor alter Zeit, als Qin Shihuang das Land in Unruh’ stürzte, da seien ihre Väter mit Weib und Kind und allen Nachbarsleuten in dieses ferne Tal gekommen, seitdem sei niemand wieder je hinausgegangen, so haben sie sich von der Außenwelt getrennt. Sie fragten, wer jetzt König sei. Sie wussten nichts von der Han-Dynastie, zu schweigen von den Dynastien Wei und Jin. Der Mann erzählte ihnen alles, was er wusste. Und alle hörten ihm verwundert zu. Nun wollten alle ihn einmal bei sich zu Gaste haben, und alle setzten Wein und Speisen zur Bewirtung vor. So blieb er ein paar Tage da, dann nahm er Abschied. Die Leute in dem Lande sagten noch, es sei wohl nicht der Mühe wert, den Menschen draußen davon zu erzählen. Als er herauskam, fand er auch sein Schiff noch vor und ruderte den Weg zurück. Von Ort zu Ort behielt er alles im Gedächtnis. Als er den Heimatort erreicht, ging zum Beamten er, ihm alles zu erzählen. Der sandte Leute, mit ihm hinzugehen. Er suchte nach den Zeichen, die er sich gemerkt. Dabei verwirrten sie sich bald und haben jenen Weg nicht wieder aufgefunden. In Nanyang lebte später Liu Ziji. Der war ein tüchtiger Mann. Als er von der Geschichte hörte, da machte er sich frischen Mutes auf. Doch eh er hinkam, ward er krank und starb. Seither hat niemand nach dem Weg gefragt.
Diese wunderschöne Metapher – man vergleiche sie mit der Paradiesgeschichte der Bibel – ist ein Ur-Thema des Gartens überhaupt, der ein geheimer Rückzugsort vom Lärm und der Hektik der Zeit darstellt. Als ein Symbol der Zeitlosigkeit führt in Bochum ein Pfad, der etwas versteckt beginnt, gegen den Sonnenlauf (gegen den Uhrzeigersinn, also gegen die Zeit) durch eine stilisierte bizarre Felslandschaft hin zu einer Fischerhütte, wo ein Ruheplatz mit Schachbrett auf den Besucher wartet. Den Weg kann man dann wieder zurückgehen und dabei eine unauffällige Steinbrücke überschreiten, die symbolisch in der Mitte getrennt ist und deren Sinne die Geschichte vom Pfirsichblütenquell erklärt.
Text-Quellen:
Prof. Zhang Zhenshan, Universität Bochum
Pressestelle der Ruhr-Universität Bochum
Martin Beilmann: Der Chinesische Garten an der Ruhr-Universität Bochum
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