Bagger räumen mächtig ab
Wo Bagger im April 2014 begannen ihr Tagwerk zu verrichten, lag einst die Keimzelle für die Entwicklung Wittens zum Industriestandort. Am Hang zum Helenenberg, wo bis vor kurzem noch die Mauern zur Wetterstraße und zur Eisenbahn standen, traten drei gute Kohlenflöze an die Tagesoberfläche. Sie wurden von unseren Vorfahren schon früh mit Hilfe von Stollen abgebaut. Später förderte die Zeche Frischauf aus dem untersten Flöz im Tiefbau. Ihre unterirdischen Gewölbe hatten Ausgänge zum Gelände des "Teppichland", dem (vor-)letzten Nutzer des Areals zwischen Ruhr- und Wetterstraße bis 2012. (Für rund ein Jahr hatte der Fachmarkt Depot 24 danach den Verkauf von Restposten des Teppichlands übernommen.)
Auf dem Platz vor den Stollenöffnungen betrieben die Familien Lohmann und Brand schon um 1822 ein Eisenblech-Walzwerk, das mit der Wasserkraft aus dem Mühlengraben angetrieben wurde. Später erzeugten sie zusätzlich Eisen in einem Puddelwerk. Auf ihren Erfahrungen bauten andere Wittener Betriebe auf. Noch in meiner Kindheit arbeitete an dieser Stelle die Spatenfabrik Bredt & Co.
Das Unternehmen A. Bredt & Co. in Witten firmierte als Stahlblechwalzwerk und Schaufelfabrik, es stellte Schaufeln und andere Eisenwaren her. Das Unternehmen ging 1897 aus dem Vorgängerunternehmen A. Buß & Co. hervor, dass am Standort Witten seit 1874 Schaufeln und Spaten fertigte. Nachdem sich August Bredt aus Gotha an der Firma Buß beteiligte übernahm er den Betrieb schließlich ganz. Das Spitzenerzeugnis war nach eigener Aussage der "Ruhrspaten". Unter dem Markennamen PIK AS wurden die Schaufeln und Spaten in alle Welt geliefert. Bis zum Jahre 1960 nutzte es das Wasser des Mühlengrabens in Witten zum Antrieb der Fallhämmer eines Spaten- und Schaufelwerkes. Am 1. Juli 1971 fusionierte das Unternehmen mit ihrem Mitbewerber Idealspaten- und Schaufelwalzwerke vorm. Eckardt & Co. GmbH in Herdecke zur Idealspaten-Bredt GmbH & Co. KG. Die Fertigung wurde 1978 ganz nach Herdecke verlegt.
Von 1922 bis 1925 errichtete das Unternehmen, das damals in der Rechtsform der Aktiengesellschaft stand, etwa 1,5 km flussaufwärts das Wasserkraftwerk Hohenstein, das heute von RWE Power betrieben wird. Der Bau des Kraftwerks verteuerte sich durch die Inflation so sehr, dass das Unternehmen finanziell in Bedrängnis kam, bis die Gussstahlwerk Witten AG sich an dem Projekt beteiligte.
Kein Stein mehr auf dem anderen bleiben, denn noch im Spätsommer 2015 (August?) will eine Gastronomie-Kette auf dem Areal ein Cafe eröffnen. Und weil die Hildesheimer Konzept-Gastronomie Gastro & Soul GmbH die Ruhrstadt "als nahezu perfekter Standort" betrachtet, soll in Witten die insgesamt 28. Filiale der Gastro-Kette eröffnet werden. Zur Bereicherung des lokalen Freizeit- und Kulturangebots entsteht hier ein Café im Stil einer Kolonialvilla mit überdachter Veranda und zwei großen Terrassen, ausgestattet mit insgesamt 450 Sitzplätzen. Die Alteigentümer des Areals wollten hier ursprünglich Discounter oder eine Tankstelle ansiedeln, Gastronomie allein rechne sich nicht. Als Kompromiss schlugen sie Gastronomie plus Tankstelle vor. Stadt und Politik beharrten aber auf dem einmal beschlossenen Ziel „Freizeitwirtschaft“, und setzten sich schlussendlich durch.
März 2015: Die große Überraschung: Auf dem früheren Teppichlandgelände ist ein altes Hafenbecken entdeckt worden. Diesen Fund hatten weder der Investor noch der Verkäufer, wie er glaubhaft versichert, noch die Stadt Witten auf der Rechnung. Wann das Hafenbecken angelegt wurde, ist nicht bekannt. Mit etwa 30 Metern Länge, zwölf Metern Breite und drei Metern Tiefe hatte es in etwa die Ausmaße eines Hallenschwimmbeckens. Um die Jahre 1906, 1907 wurde das Becken vom Mühlengraben abgetrennt und teilweise zugeschüttet. Bei den Untersuchungen stieß man jetzt auf schwarze, ölbehaftete Schlämme, branchentypische Rückstände für ein Walzwerk: Das bedeutet: eine weitere waschechte Altlast. Nach den beiden halb durchgerosteten Öltanks mit einem Rest von Altöl (Heizöl oder Diesel) im Bauch und den Kellerräumen unter der Wetterstraße war das Becken die dritte böse Überraschung für den Investor.
Der ölige Bodensatz aus den 30.000 Liter fassenden Tanks wurde abgepumpt und entsorgt. Nach dem Fund der beiden Großbehälter hatten Stadt und EN-Kreis (Bodenschutzbehörde) alle Arbeiten gestoppt. Der Investor musste zuerst einen Gutachter beauftragen, das Gelände weiter zu untersuchen. Bei Bohrungen und dann auch Nachforschungen in Archiven wurde das alte Hafenbecken entdeckt.
Ein anderes Problem waren die Keller unter dem breiten Bürgersteig der Wetterstraße. Sie gehören der Stadt Witten, denn sie hatte dort 1910 Gelände von Brett & Co. zugekauft, um die Wetterstraße zu verbreitern. Die Kavernen waren bekannt, die Zugänge aber bis 2014 durch Betriebshallen verdeckt. Beim Bau des neuen Kanals durch ESW musste bereits ein Raum verfüllt werden, um diesen zu sichern. Um die Wetterstraße auf lange Sicht vor einem Einsturz zu bewahren, hatte die Stadt beschlossen, auch die anderen Keller mit Beton zu füllen.
Café Del Sol am Mühlengraben
18.06.2015
Mit rund 3,5 Millionen Euro hat der Hildesheimer Investor Gastro & Soul den Erwerb des Grundstücks am Ruhrdeich und den Bau des Café Del Sol kalkuliert. Die Besonderheit in Witten: Außer der überdachten Holzveranda wird es beim „Café der Sonne“ zwei Terrassen geben – zum Mühlengraben hin. Das Café Del Sol wird 250 Sitzplätze drinnen und 200 draußen haben. Rund 50 Voll- und Teilzeitkräfte werden dort beschäftigt sein, etwa 100 Parkplätze werden angelegt. Cocktails, Kaffee oder ein Bierchen – all das sollten Besucher eigentlich längst hier genießen können. Sogar mit Blick auf den idyllischen Mühlengraben. Doch dann wurden auf dem ehemaligen Teppichland-Gelände Öltanks und ein großes Wasserbecken entdeckt. Doch im August 2015 soll endlich das Café Del Sol am Mühlengraben eröffnen.
Mitte Juni 2015 sind die Fundamente gegossen, die ersten vorgefertigten Wandteile und das Dach aufgebaut. Das komplette Gelände wird noch mit Abbruchmaterial und Erde aufgefüllt: Und zwar etwa zwischen 1,50 Metern und 80 Zentimetern zum Mühlengraben hin. Gegen den wird das Gelände durch große Natursteine gestützt und abgegrenzt. Diese imposanten Brocken liegen schon auf dem Grundstück für ihre künftige Funktion bereit. Zur Wetterstraße hin begrenzten bisher noch hohe Bruchsteinmauern das ehemalige Teppichland-Gelände. Diese liegen jetzt schon zum Teil am Boden. Dann wird der Höhenunterschied, der etwa drei Meter vom Gehweg Wetterstraße bis hier runter zum Café-Gelände beträgt, das ja noch etwas aufgeschüttet wird, durch eine sanfte Böschung abgemildert. Aber diese Arbeiten sind Sache der Stadt.
Die Gastro & Soul GmbH aus Hildesheim brauchte als Investor einen sehr langen Atem, um trotz der zahlreichen bösen Überraschungen auf dem 8000 Quadratmeter großen Gelände an ihren Plänen in Witten festzuhalten. Denn ursprünglich sollte das Café im Kolonialstil bereits im Sommer 2014 eröffnen.
Quelle: WAZ Witten
Mit einjähriger Verspätung eröffnet am 13.08.2015 das "Cafe del Sol". Ursprünglich sollte das neue Restaurant am Ruhrdeich bereits im vergangenen Sommer öffnen. Die Bauarbeiten hatten sich allerdings - wie oben beschrieben - lange verzögert.
200 Gäste finden nun Platz auf der Terrasse des im Kolonialstill errichteten Lokals mit großer Holzveranda am Mühlengraben, innen bis zu 250. Es war ein heißer Start, denn der August hat - nicht nur den Besuchern - viele warme Tage beschert. Das Motto – „Täglich Urlaub!“ soll auch die Speisekarte bestimmen. Geöffnet ist der Betrieb mit 50 Voll- und Teilzeitkräften von 9 bis ein bzw. zwei Uhr nachts. Warm essen kann man bis Mitternacht.
wdf - wupper digitale fotografie
Alle Bilder auf diesen Seiten unterliegen dem © von Klaus-D. Wupper. Das Copyright für veröffentlichte, vom Betreiber dieses Onlineangebotes selbst erstellte Objekte bleibt allein beim Autor der Seiten.
Eine Vervielfältigung oder Verwendung solcher Grafiken, Sounds oder Texte in anderen elektronischen oder gedruckten Publikationen ist ohne ausdrückliche Zustimmung des Betreibers nicht gestattet.